Feldprediger

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  • wufi
    Erfahrener Benutzer
    Tambour-Major
    • 03.10.2006
    • 311

    Feldprediger

    So nebenbei aufgefallen:

    In allen Soll-Beständen taucht allgemein und egal in welchem Land immer nur EIN Feldpregiger auf. Und was machte man dann in gemischt-religiösen Einheiten?
    Je ein halber?
    Ich wage zu bezweifeln, dass die kath. bzw. ref. Soldaten der Schweizerreg. mit einem Pfaffen der anderen Seite beten wollten. :duell:
    Oder ref. Ungarn in mehrheitl. kath. Regimentern, usw. etc.
    Je l'ay emprins
  • Sans-Souci
    Erfahrener Benutzer
    Major
    • 01.10.2006
    • 1841

    #2
    Ich kann nur was zu Preußen mitteilen. Nach dem Militair-Kirchen-Reglement vom 28. März 1811 (es ersetzte das 1711 gegebene und 1750 erneuerte Militair-Consistorial-Reglement):

    Die Militairprediger "sind sämmtlich der evangelisch-lutherischen Confession zugethan. In Kriegszeiten werden bei einem jeden Corps d'Armée außerdem ein oder einige reformierte und katholische Geistliche angestellt; auch soll bei den Haupt-Lazarethen, wo es nöthig ist, ein besonderer Prediger alsdann angestellt werden." Die in der westpreußischen und oberschlesischen Brigade anzustellenden katholischen Geistlichen müssen "der polnischen Sprache mächtig" sein. [I.8].

    Zur Gemeine eines Feldpredigers gehören "alle, bei den, einem jeden Prediger angewiesenen Regimentern und Bataillonen wirklich dienstthuenden Offiziere und Soldaten, [...] ferner die Frauen und Kinder [...]". [IV, 2]

    Es ist "die Amtsthätigkeit eines jeden Militairpredigers auf die ihm angewiesene Gemeine beschränkt" [...]. [IV, 7] Also keine Trauungen, Taufen, Messen etc. für Nichtsoldaten.

    Umgekehrt darf auch kein Civilprediger "eine Amtshandlung in der Gemeine eines Militairpredigers verrichten". [IV, 12]

    Ausnahme:

    "Wenn reformierte oder römisch-katholische Militairpersonen ihre Kinder von Geistlichen ihrer Confession taufen lassen wollen: so stehet ihnen solches frei, ohne daß sie dem Feldprediger und Feldküster die Taufgebühren zu entrichten schuldig sind [...]" [V, 13]

    "Ist ein reformierter oder römisch-katholischer Geistlicher nicht an dem Orte, und tragen die militairischen Gemeine-Mitglieder einer anderen Confssion nicht ausdrücklich darauf an, sich auf eigene Kosten einen solchen Geistlichen holen zu lassen: so kommt die Taufe dem Feldprediger zu [...]" [V, 14]

    "Die obigen Bestimmungen gelten auch bei Trauungen." [V, 16]

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    • Sans-Souci
      Erfahrener Benutzer
      Major
      • 01.10.2006
      • 1841

      #3
      Zumindest das preußische Militair-Consistorial-Reglement vom 29. April 1711 ist online:

      Kommentar

      • Sans-Souci
        Erfahrener Benutzer
        Major
        • 01.10.2006
        • 1841

        #4
        Der Nachfolger des Militair-Kirchen-Reglements vom 28. März 1811 war die Militair-Kirchen-Ordnung vom 12. Februar 1832.

        Details (Stand 1841) hier:

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        • corporal
          Erfahrener Benutzer
          Tambour-Major
          • 25.04.2007
          • 306

          #5
          Beim Durchblättern des k.k. Dienstreglements für die Infanterie 1807 findet man Funktion und Aufgaben des Regiments-Caplans beschrieben (inhaltlich ziemlich ähnlich den preussischen Vorschriften, die uns Oliver Schmidt dankenswerterweise im Detail mitgeteilt hat), ohne dass da nach Konfessionen differenziert wird. An anderer Stelle wird die Mehrkonfessionalität als Faktum unterstellt und entsprechende Toleranz angeordnet.
          Die k.k. Armee war allerdings - soweit ich es zu überblicken vermag - doch überwiegend katholisch und wird sich das Problem der Notwendigkeit von Geistlichen anderer Bekenntnisse daher nur selten gestellt haben. Bei ungarischen Regimentern könnte es aber anders gewesen sein - da müsste man weiter forschen.
          Grundsätzlich könnte ich mir aber auch für die Kaiserlichen ein System wie bei den Preussen vorstellen.
          Ein Jahrhundert später gab es sogar muslimische Geistliche in der k. u. k. Armee - für die bosnischen Regimenter.

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          • Blesson
            Erfahrener Benutzer
            Adjudant
            • 03.10.2006
            • 778

            #6
            Die Geistlichkeit war auch Teil des Generalstabs bzw. Generalquartiermeisterstabs, wohl in administrativer Funktion für die untergeordneten Feldgeistlichen?

            In Deckers "Praktische Generalstabswissenschaft (niederer Teil)", Berlin, 1830, werden S. 13 genannt:

            "1) Generalquartiermeister,
            ...
            9) Pater Superior",

            gemeint ist wohl die k.k. Armee, wenn auch nicht explizit erwähnt. Die Titulatur macht mich schon Weihrauch riechen... Der Freiherr von Werklein wird es genauer beschrieben haben.

            Für den preuß. Generalstab, vermutl. ab 1823, werden auf s. 22 aufgeführt

            "II. Kollateral und Verwaltungsbehörden
            ....
            8) das kirchliche Personal"

            Das dürft vermutlich ab dem Divisionsstab aufwärts gültig sein.

            LB
            Zuletzt geändert von Blesson; 22.02.2008, 16:27.
            Do, ut des

            http://www.ingenieurgeograph.de

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            • wufi
              Erfahrener Benutzer
              Tambour-Major
              • 03.10.2006
              • 311

              #7
              Interessant. Die Reglemente lassen also Raum für individuelle Lösungen.
              Je l'ay emprins

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              • schluppkothen
                Benutzer
                Caporal
                • 19.10.2006
                • 75

                #8
                Für diejenigen, die es interessiert wie es so zuging im Leben eines Feldgeistlichen, sei diese Büchlein empfohlen:

                1813/14, Tagebuchblätter eines Feldgeistlichen des Dr. Karl August Köhler,
                Prediger der Brigade des Generalmajors von Dobschütz

                Es enthält viel interessante Details wie z.B. die Wirkung des Luftdrucks einer vorbeifliegenden Kanonenkugel, oder ein probates Mittel gegen kalte Füße des Nachts im Felde (...den Uniformrock ausziehen, mit den Füßen in die Ärmel schlüpfen und den Rest schön um die Füße wickeln )
                Auch die Belagerung von Wittenberg wird beschrieben

                Herausgegeben wurde das Büchlein (289 Seiten) von Kadettenhauspfarrer Jäkel, Berlin 1812

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                • Sans-Souci
                  Erfahrener Benutzer
                  Major
                  • 01.10.2006
                  • 1841

                  #9
                  Weitere Erinnerungen eines Feldgeistlichen:

                  Nachrichten und Bemerkungen aus den Feldzügen des Jahres 1813 und 1814, aus dem Tagebuche eines Feldgeistlichen in dem Preußischen Heere : nebst einer Beschreibung der Schlachten, von welchen der Verfasser Augenzeuge war.
                  Berlin : Maurer, 1814

                  Als Verfasser werden Ludwig Jedemin Rhesa oder auch Immanuel Karl Wilhem Cosmar genannt.

                  Interessant, weil die Mitglieder seiner Gemeine darin so gut wie gar nicht erwähnt werden. Der Autor trieb sich beim Stab seiner Brigade herum, hielt hin und wieder eine Predigt vor den versammelten Truppen, und besah sich die Landschaften und Städte, durch die er kam.

                  Die einzelnen Soldaten scheinen ihm völlig egal und jedenfalls unterhalb seines gesellschaftlichen Niveaus gewesen zu sein.

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                  • Leyermark
                    Benutzer
                    Tambour
                    • 12.09.2007
                    • 38

                    #10
                    Zitat von Sans-Souci Beitrag anzeigen
                    Interessant, weil die Mitglieder seiner Gemeine darin so gut wie gar nicht erwähnt werden. Der Autor trieb sich beim Stab seiner Brigade herum, hielt hin und wieder eine Predigt vor den versammelten Truppen, und besah sich die Landschaften und Städte, durch die er kam.

                    Die einzelnen Soldaten scheinen ihm völlig egal und jedenfalls unterhalb seines gesellschaftlichen Niveaus gewesen zu sein.
                    Dass in Memoiren Mannschaftsgrade namentlich und ausführlich benannt werden, dürfte höchst selten vorgekommen sein. Ein Prediger kümmert sich um seine Gemeinde, das ist jedem und bedarf keiner zusätzlichen Worte - Memoiren sind keine Tatsachenberichte.
                    Der Zweck von Memoiren ist es, entweder bestimmtes Verhalten zu rechtfertigen oder sich selbst ein Denkmal zu setzen. Ob er dabei dem kaschubischen Infanteriesoldaten Koslowski dabei die Sterbesakramente erteilt hat oder dem märkischen Grenadier Müller die Ehe eingesegnet hat - darüber werden sich in den seltensten Fällen Hinweise in Memoiren finden.

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                    • schluppkothen
                      Benutzer
                      Caporal
                      • 19.10.2006
                      • 75

                      #11
                      Auch Köhler spricht viel über seine Zeit bei den "hohen Tieren"

                      Körner setzte dieser Gilde 1808 mit seinem Gedicht "Des Feldpredigers Kriegsthaten" ein literarisch-ironisches Denkmal. Sie scheinen schon immer einen gewissen Ruf gehabt zu haben.
                      Wahrscheinlich hätte Theo seine helle Freude an den Bibelhusaren gehabt, wenn er sie denn noch das eine oder andere Jahr hätte erleben dürfen.

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                      • corporal
                        Erfahrener Benutzer
                        Tambour-Major
                        • 25.04.2007
                        • 306

                        #12
                        Gibt es das Werk von Köhler vielleicht irgendwo als Kopie oder als elektronische Datei?

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                        • Da Capo
                          Erfahrener Benutzer
                          Adjudant
                          • 23.10.2006
                          • 827

                          #13
                          Bundschuh gibt zu den Regiments-Kaplänen der k.uk. Armee: „ Die Regiments-Kapläne werden nach der hofkriegsrätlichen Anordnung vom 25.07.1805 von jenen Diözesan-Bischöfen präsentiert, aus deren Kirchsprengel das Regiment seine Rekruten erhält.“ Evtl. klärt dies die Konfessions-Zugehörigkeit dieser Herren.

                          Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Sonderkorps (die ihre Rekruten aus dem ganzen Reich erhalten konnten = Mineure, Pioniere, Pontoniere etc.) keine eigenen Feldgeistlichen hatten.

                          Ansonsten hatte - soweit dies auf die Schnelle zu übersehen war - jedes Regiment 1 Regiments-Kaplan, außer dem IR Jellachich No.53, welches einen Feldkaplan nebst Privatdiener mehr hatte.
                          Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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                          • corporal
                            Erfahrener Benutzer
                            Tambour-Major
                            • 25.04.2007
                            • 306

                            #14
                            Hoffe, mich nicht zu sehr zu blamieren, aber das Zitat "Bundschuh" ist mir nicht bekannt.
                            Bitte um gelegentliche Aufklärung.

                            Kommentar

                            • Da Capo
                              Erfahrener Benutzer
                              Adjudant
                              • 23.10.2006
                              • 827

                              #15
                              Hallo Michael,
                              ich meine Bundschuh – Uibersicht des bey der k.k. Osterreichischen Armee bestehenden Militair-Oeconomie-Systems, und aller dahin Bezug nehmenden Gesetze / 2 Bände. Meine Ausgabe datiert Prag 1813. Es gibt allerdings auch Ausgaben von 1812, sodaß die 1813er scheinbar nur eine Nachauflage ist.
                              Bundschuh war bei Euch Ösis das, was Ribbentrop in Preußen war.
                              Mir bekannt sind noch ein Ites (1813-1814), IItes (1814-1815) und IIItes (1816-1817) Supplement.

                              Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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