Preußisches Exerzierreglement für Kavallerie

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  • Kaiserulan
    Benutzer
    Tambour
    • 24.08.2008
    • 38

    Preußisches Exerzierreglement für Kavallerie

    Ich vergleiche momentan die preußischen Exerzierreglements für Kavallerie über das gesamte 19. Jahrhundert, um zu verstehen, ob sich prinzipielle taktische Elemente über den Verlauf von 100 Jahren verändert haben.
    Prinzipielle taktische Elemente wie Rangierung der Eskadrons und Manöver von Fronten und Kolonnen haben sich über die Jahrzehnte kaum verändert. Ich sehe nur einen gewissen Hang zur Vereinfachung.

    Ein Detail ist mir jedoch aufgefallen, das ich mir taktisch nicht erklären kann und wo ich hoffe, dass mir vielleicht jemand in diesem Forum weiterhelfen kann.

    Im Reglement von 1812 gehen Zugführer und Eskadronschef bei der Attacke in Fronten ins erste Glied der Eskadronfront zurück.

    Im Reglement von 1858 gibt es dies nicht mehr. Das müsste bedeuten, dass die Zugführer und Eskadronschefs vor der Front die Attacke anführten (auch beim Marsch-Marsch). Es gibt das Gemälde der Gardedragoner bei Mars-la-Tour 1870, auf dem der Rittmeister Prinz Reuß vor seiner Eskadron in die Franzosen einbricht. Also ein Indiz dafür, dass sich hier etwas geändert hatte.

    Jetzt meine Frage in die Runde: Weiß jemand den Grund für diese taktische Änderung?

    Gruss
    Kaiserulan
  • Sans-Souci
    Erfahrener Benutzer
    Major
    • 01.10.2006
    • 1841

    #2
    Das wurde schon vor 1855 geändert, in einem Exerzier-Reglement von 1812, das mit handschriftlichen Anmerkungen aus der Zeit etwa zwischen 1820 und 1830 versehen ist, steht (S. 106. S. 111 und S. 165) zu allen Gelegenheiten, wo sich Offiziere (oder auch die Estandarte ins zweite Glied) zurückfallen lassen sollen, der Vermerk:

    "ist aufgehoben" oder "fällt weg"

    Ich vermute (weiß also auch nichts sicheres), die Erklärung liegt darin, daß das Exerzier-Reglement ja vor allem in Friedenszeiten angewandt wurde, und da sah es einfach schöner oder heroischer aus, wenn die Offiziere die Attacke von vorne führten.

    Was dann im Eifer des wirklichen Gefechtes geschieht, steht vielleicht auf einem anderen Blatt, doch spornt ein Kommandeur, der an der Spitze bleibt und sich der Gefahr exponiert, seine Leute natürlich auch mehr an, selber auch nicht zurückzubleiben.

    Eine weitere Anmerkung, um 1830, zu S. 106 des 1812er Reglements:

    Die Officiere bleiben bei den Frontalbewegungen gegen das Reglement [= trotz der Vorschrift des Reglements] vor dem ersten Gliede, nachdem im Jahre 1820 in dieser Art vor Seiner Majestät exerciert worden und Allerhöchstdieselben die Sache nicht verworfen haben.

    Kommentar

    • Kaiserulan
      Benutzer
      Tambour
      • 24.08.2008
      • 38

      #3
      Danke. Das ist schon mal eine hochinteressante Information. Ich war mir nähmlich nicht sicher, ob dies 1855 tatsächlich weggefallen war. Mir ist nur aufgefallen, dass es im Reglement einfach nicht mehr erwähnt ist. Das zeigt, dass es eine bewusste Änderung war.

      1820 kann es natürlich auch eine bewusste taktische Änderung gewesen sein mit dem Ziel einer Vereinfachung. Die letzten Feldzüge waren ja noch nicht so lange vorbei. Wenn man die Reglements über das 19. Jahrhunderts anschaut, dann versuchte man ja, mit jeder Version unnötige Künsteleien wegzulassen. In der Praxis ist nur das Einfache gut.

      Interessant wäre es jetzt zu prüfen, wie diese Thematik in den friderizianischen Reglements geregelt war. Die habe ich leider nicht. Kann das jemand beantworten?

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