Präzision zeitgenössischer Abbildungen

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    Erfahrener Benutzer
    Tambour-Major
    • 02.10.2006
    • 275

    Präzision zeitgenössischer Abbildungen

    Da es normalerweise ausgeschlossen ist, die Präzision der Wiedergabe von zeitgenössischen Abbildungen zu überprüfen, möchte ich einmal einige Fotos vorstellen, die ich zufällig im Fundus der NYPL entdeckt habe. Sie zeigen Smolensk Ende des 19. Jahrhunderts/Anfang des 20.Jahrhunderts.

    Es ist m.E. dennoch erstaunlich, wie korrekt die entsprechenden Ansichten Adams und Faber du Faurs die Topographie und einzelne Gebäude, insbesondere die Kirchen wiedergeben ! Diese umso mehr, als die Zeichnungen ja erst Jahre später auf Basis von Skizzen ausgearbeitet worden sind.

    Beste Grüße

    Alexander
    Angehängte Dateien
  • Blesson
    Erfahrener Benutzer
    Adjudant
    • 03.10.2006
    • 778

    #2
    Die Anwort ist denkbar einfach: Es wurden Zeichenhilfen für die Perspektive verwendet, da nur die wirklich Begabten eine korrekte Projektion als Freihandzeichnung zu Papier bringen konnten.

    Die Konstruktion der Perspektive war übrigens auch Unterrichtsfach, wie in zeitgen. Lehrbüchern der Mathematik (Freiherr von Wolff etc.) nachzulesen ist. Wer konstruktiv begabt und geschult ist, wie z.B. Baumeister vom Schlage Schinkels, kann auch eine Perspektive aus einem Grundriß und einem Schnitt heraus entwickeln. Ingenieur- und Artillerieoffiziere (z.B. Faber du Faur), Ingenieurgeographen wurden gleichfalls im Zeichnen ausgebildet. Mit der Erfindung der Zeichenhilfen kamen dann auch mittelmäßige Talente zum Zuge, die im einfachsten Fall nur die Umrisse auf dem Papier nachzuzeichnen brauchten.

    Die bekanntesten Instrumente waren:

    1) Camera obscura
    2) Camera lucida (wohl erst nach 1807?)
    3) Quadratisches Netz
    4) Mechanische Zeichnenhilfen, wie bei George Adams und Encycl. brittannica beschrieben.

    Einiges davon ist auf meiner Website www.ingenieurgeograph.de unter dem Stichwort Zeichnen zu finden. Welches Instrument in den o.g. Zeichnungen verwendet wurde, läßt sich wohl erst bei starker Vergrößerung erschließen: Das quadratische Gitternetz ist am wohlfeilsten und läßt sich auch gut transportieren. Dann müßten auf der Zeichnung Spuren eines Gitters zu sehen sein, wie z.B. bei vielen Zeichnungen Wilhelm von Kobells.

    Weiter ist die besonders kompakte Camera lucida für den Feldgebrauch denkbar, sie dürfte aber auf dem Kontinent selten verbreitet gewesen sein, da brit. Importware. Im Laufe des 19. JH entwickelte sie sich zur beliebesten Zeichenhilfe, z.B. für die sog. Zimmer- und Portraitmaler.

    Die Camera obscura und die anderen mechanischen Zeichenhilfen dürfen wegen ihres Gewichts und wegen ihrer Ausmaße für den praktischen Feldgebrauch ausscheiden, sie waren daher eher bei den Landschaftsmalern üblich. Die Camera obscura ist zudem nur bei extremen Kontrasten zu gebrauchen, denn bei schwachen Lichtverhältnisse ist nur ein grauer Teppich wahrnehmbar.

    Ein solchermaßen entstandenes Abbild nannte man nach der Natur gezeichnet.

    Wenn eine Zeichnung auf eine Leinwand kopiert oder vergrößert werden sollte, kam der Pantograph zum Einsatz, oder auch wieder das bekannte Gitter.

    LB
    Zuletzt geändert von Blesson; 20.06.2007, 23:07.
    Do, ut des

    http://www.ingenieurgeograph.de

    Kommentar

    • aba
      Erfahrener Benutzer
      Tambour-Major
      • 02.10.2006
      • 275

      #3
      Vielen Dank Blesson

      interessantes Thema (auch die website), vor allem wenn man bedenkt wie "wenig" Zeit bis zum GPS Navigationssystem vergangen ist.

      "Das Maß der Welt", Die Suche nach dem Urmeter (über Triangulation zur Revolutionszeit), habe ich vor zwei Jahren gelesen und kann das Buch nur empfehlen - wenn man sich für Technikgeschichte interessiert.

      Adam hat jedenfalls Gitternetze verwendet, die auf Vorzeichnungen auftauchen (z.B. im Katalog zur Ausstellung im Stadtmuseum München 1982).

      Ich hätte aber nicht gedacht, dass die "freihändig" erzielten Ergebnisse so gut waren. Abgesehen davon sah Smolensk Ende des 19. Jahrhunderts offenbar kaum verändert aus.

      Ach ja : Eine französische Vermessergruppe am Theodoliten gibt es sogar als 30mm Zinnfiguren.

      Schönen Abend

      Alexander

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      • HKDW
        Erfahrener Benutzer
        Colonel
        • 02.10.2006
        • 2969

        #4
        Man muss auch wirklich die Ausbildung der damaligen Leute in Betracht ziehen, zudem hat der "Mangel" an Technik besondere Fähigkeiten geschärft, die für uns heute unerheblich sind.

        Bald wird ja auch niemand mehr Karten lesen können - weil es ein GPS gibt, da wird man sich dann auch fragen, wie haben die nur damals (20 JHDT) den Weg gefunden und so schöne Karten gezeichnet?

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