Wirkungsweise von Lanzen

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  • Gunter
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 01.10.2006
    • 1377

    Wirkungsweise von Lanzen

    Henning,
    das würde mich in der Tat im Detail interessieren. Die Kosakenlanzen waren doch technisch nicht so viel anders als die sonstigen. Lag es vielleicht an der Stich- und Fechttechnik?

    Grüße,

    Gunter
  • Henning
    Erfahrener Benutzer
    Sergent
    • 11.10.2006
    • 131

    #2
    Ich glaube, das hat jetzt mit dem ursprünglichen Thema nichts mehr zu tun, aber bitte.
    „Mit Napoleon in Russland“ Erinnerungen des Heinrich von Roos (1812 Regimentsarzt des württembergischen Jägerregiments zu Pferd Nr.3 „Herzog Louis“)
    „Daher kam es, dass später in dem Lager, vor der Schlacht an dem Flüsschen Tschernischnja, unter der geringen Anzahl von Leuten mehrere waren, an denen die Kosaken in wiederholten Gefechten ihre Piken zu 10-15 mal eingestochen hatten; ja, es gab sogar einen Jäger, der 24 Pikenstiche aufweisen konnte. Hägele hieß dieser und war aus Leonberg gebürtig.
    Im Durchschnitt sind die Stiche von Piken selten gefährlich. Ich möchte sie im allgemeinen leichte Verwundungen nennen, denn sie haben immer nur Haut und Muskeln verletzt und ganz selten ein- und durchdringende Wunden erzeugt, es sei denn, dass sie mit besonderer Kraft geführt, gleichsam eingerennt wurden. Wichtiger hingegen, und im allgemeinen gefährlicher sind Lanzenstiche, weil sie stechend und schneidend zugleich wirken. Sie dringen in die Höhlen des Körpers ein, verletzen edle Organe und Gefäße und haben oft den Tod zur Folge.“
    Interessant finde ich, dass Roos einen Unterschied zwischen Piken und Lanzen macht. Das deutet auf Unterschiede in der Bauart hin.Glaubt man Stephen Summerfield (Cossack Hurrah), so waren die Kosakenlanzen mit bis zu 4,25m länger als die sonst üblichen Kavallerielanzen. Den Durchmesser gibt er mit rund 4cm an, was wohl im Bereich der übrigen Lanzen liegt. Auf den Bildern von Johann Adam Klein scheinen die Spitzen der Kosakenlanzen eine andere Bauform zu haben als die sonst eingesetzten Lanzen der Ulanen und Husaren. Das ist natürlich subjektiv. Aber die Kosaken hatten ihre Lanzen auch durchaus schon länger als die russische Linienkavallerie. Die Herstellung erfolgte sicherlich auch nicht in den staatlichen Waffenschmieden, sondern beim Dorfschmied um die Ecke.
    Die Fechtweise der Kosaken wich wohl auch etwas von der ihrer Gegner ab, Fricke schreibt, die Lanze wurde „…im freien Schwung „gewirbelt“. Das könnte natürlich dazu geführt haben, dass die Wunden nicht so heftig waren
    Gruß
    Henning
    Wenn man merkt, dass man auf einem toten Pferd sitzt, sollte man absteigen!

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    • Da Capo
      Erfahrener Benutzer
      Adjudant
      • 23.10.2006
      • 829

      #3
      Eine Länge von 4,25m stellt einen wunderbaren Hebelarm dar und birgt so die Gefahr eines Brechens des Lanzenschaftes in erhöhtem Maße.
      Um beim Stich mit so einer langen Lanze das Abrechen zu Minimieren dürfte der Stoß wohl eher als kurzer Ruck geführt worden sein, was wiederum mehr zu einer „Perforation“ denn zu einem Aufspießen und damit zu geringeren Verletzungen führt.
      Bleibt die Frage nach dem Material solcher Lanzenschäfte. Zu vermuten wäre so etwas Ähnliches wie Nussbaum (z.B. Haselnußschosser, die aber über 4,25m keinen dauerhaften Durchmesser von 4cm haben dürften), da Nadelhölzer zu sehr verastet und die meisten Laubhölzer zu schwer waren. Birke wäre evtl. eine Alternative.
      Was das aber mit Langbogen zu tun hat, kann ich nicht sagen.
      Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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      • Gunter
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 01.10.2006
        • 1377

        #4
        Ich würde als Grund für die geringeren Verletzungen nach o.g. Text eher die Fechtweise annehmen. Danke für diese interessante Quelle.

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        • Latour-Maubourg
          Erfahrener Benutzer
          Sergent-Major
          • 01.10.2006
          • 196

          #5
          ich würde das jetzt nicht unbedingt als ultimativen Beweis ansehen dass Uhlanenlanzen besser als Kosakenlanzen waren. nur weil der Lanzenkopf der Uhlanen die Haut stärker verletzt... ein Verletzter ist immer noch ein Verletzter, ich möchte jemand mit 25 Lanzenstichen kämpfen sehen... nach dieser Logik zufolge wäre ein Schwert die ultimatvie Waffe weil man damit Gliedmassen abtrennen kann. Dennoch natürlich eine interessante und aufschlussreiche Quelle die zeigt dass es wohl doch den ein oder anderen Unterschied gab bei den Stangenwaffen. wenn also von Piken die Rede ist, kann man davon ausgehen dass es sich um einen "angespitzten Stock" handelt, während die Lanze einen Kopf mit an den Kanten geschärftes Blatt hat.

          Soweit ich weiss hatten die Mameluken überhaupt keine Bögen. Bögen haben ihre Vorteile, aber auch Nachteile. Vorteile bestehen in erster Linie aus der Schussgeschwindigkeit und der Genauigkeit, was aber von der Fähigkeit des Schützen abhängt, was auch Gleichzeitig den grössten Nachteil der Waffe darstellt. in Bezug auf Reichweite dürfte es sich nicht viel geschenkt haben und da damals nur noch Kürassiere Rüstung trugen kann man auch die Waffenwirkung an sich Gleichsetzen.

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          • HKDW
            Erfahrener Benutzer
            Colonel
            • 02.10.2006
            • 2969

            #6
            Keegan beleuchtet doch auch dieses Thema, gab es nicht bei Belle Alliance aufzeichnungen, dass auch einige englische Kavalleristen recht hohe Stichzahlen gut überlebten? Einer der Gründe mag die Hemmung sein - immerhin bei vielen Menschen verbreitet, gezielt einen anderen Menschen zu töten, deswegen soll ja im Krieg der Zukunft alles vitualisiert sein.

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            • Latour-Maubourg
              Erfahrener Benutzer
              Sergent-Major
              • 01.10.2006
              • 196

              #7
              ich hab auch letztens das Buch gelesen "Die letzte Reiterschlacht der Weltgeschichte (Jaroslawice 1914)" wo auch berichtet wird wie die österreichischen Reiter teils mehrfach von den Lanzen der Russischen Kavallerie gestochen wurden und überlebten. Generell kann man sagen dass eine Lanze nur dann ernsthaft tödlich ist wenn man in vollem Gallop von ihr getroffen wird, in der Art Ritterlicher Reiterattacken, was aber den Nachteil hat dass die Lanze dann im Körper feststeckt oder eben abbricht, was teilweise auch aus diesem Grund erwünscht ist.

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              • schluppkothen
                Benutzer
                Caporal
                • 19.10.2006
                • 75

                #8
                Zu Da Capos Frage nach dem Material:
                Ich habe gelesen (ich glaube es war zum Thema sächsische Armee)
                das es z. B. Eschenholz war. Aus einen Stamm bestimmter Dicke kann man soundsoviele Schäfte gewinnen. Die Stämme werden gespalten, so das sie der Länge der Holzfaser nach "aufreißen". Das macht sie besonders robust und bruchsicher. Sie werden dann mittels Zieheisen in die runde Form gebracht. Dadurch kann man natürlich den Durchmesser beliebig bestimmen.
                Ich hoffe, das ich die Quelle wiederfinde und werde sie dann hier einstellen

                Um den Bezug zum Thema herzustellen, Eschenholz wurde auch für Bögen verwendet........

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                • Henning
                  Erfahrener Benutzer
                  Sergent
                  • 11.10.2006
                  • 131

                  #9
                  @ Latour-Maubourg
                  ein Verletzter ist immer noch ein Verletzter, ich möchte jemand mit 25 Lanzenstichen kämpfen sehen
                  Natürlich ist ein Verletzter immer noch ein Verletzter, aber die Quelle sagt nichts über den Zeitraum aus, in dem die Verletzungen erhalten wurden. Somit ist auch nichts über den Stand des Heilungsprozesses bekannt. Der betroffene Jäger hat seine Verwundungen doch in mehreren Gefechten erhalten. Und nach meinem minimalen medizinischen Verständniss ist es ein gewaltiger Unterschied, ob ich eine oberflächliche Fleischwunde oder eine tiefe Verletzung habe.

                  Generell kann man sagen dass eine Lanze nur dann ernsthaft tödlich ist wenn man in vollem Gallop von ihr getroffen wird, in der Art Ritterlicher Reiterattacken, was aber den Nachteil hat dass die Lanze dann im Körper feststeckt oder eben abbricht, was teilweise auch aus diesem Grund erwünscht ist.
                  Unter "ritterlichen Reiterattacken" verstehe ich, das die Lanze fest unter den Arm geklemmt wird und man stur auf den Gegner zureitet, bis das Ding irgendwann (hoffentlich) in ihm steckt. Das hat aber wenig mit der Fechtweise der napoleonischen Kriege zu tun. Wie man die Dinger benutzt kann man sehr gut in den (von einigen so verteufelten ) Reglements nachlesen. Man sollte sich auch mal den Spaß machen und das dort gelesene mit einem Besenstiel oder ähnlichem ausprobieren. Das führt meist zu einem ganz neuen Verständniss des gelesenen. Allerdings ist dabei auf genügend Raumfreiheit zu achten.
                  Gruß
                  Henning
                  Wenn man merkt, dass man auf einem toten Pferd sitzt, sollte man absteigen!

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                  • Gunter
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 01.10.2006
                    • 1377

                    #10
                    Ich denke nicht, dass die Kosaken die Lanze einlegten. Das dürfte den Unterschied zum Teil erklären.

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                    • Latour-Maubourg
                      Erfahrener Benutzer
                      Sergent-Major
                      • 01.10.2006
                      • 196

                      #11
                      Zitat von Henning Beitrag anzeigen
                      Unter "ritterlichen Reiterattacken" verstehe ich, das die Lanze fest unter den Arm geklemmt wird und man stur auf den Gegner zureitet, bis das Ding irgendwann (hoffentlich) in ihm steckt. Das hat aber wenig mit der Fechtweise der napoleonischen Kriege zu tun.
                      ach wieso? ich hab auch schon gelesen dass Kosaken einmal ein polnisches Infanteriekaree gesprengt haben, steht im Osprey Buch über die Kosaken, nach einem Zitat von Benckendorf glaube ich. Man kann davon ausgehen dass sie das mit einem "ritterlichen Reiterangriff" geschafft haben. ausserdem gibt es ja auch diese Berühmte Zeichnung wie ein Kosak als Übung einen aufgehängten Ring aufspiesst. es ist ja bekannt dass Kosaken kein Reglement hatten und wohl nach ihrem eigenen Kopf gekämpft haben. dass Uhlanen mit ihren kurzen Lanzen keine solchen Attacken reiten konnten ist klar.

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                      • Henning
                        Erfahrener Benutzer
                        Sergent
                        • 11.10.2006
                        • 131

                        #12
                        Haben sie das Karree gesprengt oder vier mal angegriffen?
                        Und zur Handhabung der Lanze beim zustechen siehe Seite 50 und 52, ebenfalls Osprey; Warrior 67.
                        Gruß
                        Henning
                        Wenn man merkt, dass man auf einem toten Pferd sitzt, sollte man absteigen!

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                        • Latour-Maubourg
                          Erfahrener Benutzer
                          Sergent-Major
                          • 01.10.2006
                          • 196

                          #13
                          sie haben es vier mal Angegriffen und dann gesprengt, jedenfalls verstehe ich das geschriebene so. Ideal wäre natürlich das original auf Deutsch(?) zu lesen.

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                          • Henning
                            Erfahrener Benutzer
                            Sergent
                            • 11.10.2006
                            • 131

                            #14
                            Der Satz "... the fourth and last charge was executed by that of Jelowaisky, which turned at ten paces from the square." heißt für mich, das der vierte Angriff kurz vor dem Karree abdrehte, nicht das es zerstört wurde. Was mich auch etwas stört ist das Fehlen von Aussagen wie "wir sind in das Karree eingedrungen", "wir haben den Feind zerstreut", "der Feind wurde geworfen" u.s.w.. Derartige Sätze finden sich normalerweise in Memoieren, die solch ein Ereigniss beschreiben, wenn es denn glückte. Aber Quellen sind ja (nach der Aussage eines neuzeitlichen "Militärbuchautoren") interpretierbar.
                            Aber evt. kann ein anwesender Experte des 1813er Feldzuges durch sein Wissen zur Lösung des Problems beitragen. Der hier geschilderte Fall bezieht sich auf das Gefecht bei Bosdorff (?) am 24. August 1813. Ich lasse mich wie immer gern eines besseren belehren.
                            Dummerweise haben wir uns jetzt wieder sehr weit vom Ausgangsthema entfernt.
                            Gruß
                            Henning
                            Wenn man merkt, dass man auf einem toten Pferd sitzt, sollte man absteigen!

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                            • Latour-Maubourg
                              Erfahrener Benutzer
                              Sergent-Major
                              • 01.10.2006
                              • 196

                              #15
                              Zitat von Henning Beitrag anzeigen
                              Der Satz "... the fourth and last charge was executed by that of Jelowaisky, which turned at ten paces from the square." heißt für mich, das der vierte Angriff kurz vor dem Karree abdrehte, nicht das es zerstört wurde.
                              richtig, aber das Zitat ist hier nicht zu ende: "[...]but invariably more than thirty Cossacks would surround them under the heaviest fire of musketry and grape, to procure them the means of remounting'.

                              Even regular cavalry rarely charged home when infantry were formed in a square."


                              Das kursive verstehe ich nicht ganz, das heisst ja wörtlich übersetzt etwa: "vermittelten ihnen die Bedeutung wieder aufzusitzen...". Polnische Infanterie kann aber nicht wieder aufsitzen also gehe ich davon aus dass es ein Englisches Sprichwort ist, etwa wie 'Beine in die Hände nehmen' oder ähnliches. ausserdem schreibt er im Fettgedruckten "charged home", das ich nur so interpretieren kann dass sie ihren angriff (erfoglreich) zu ende brachten.


                              evtl. kann unser Admin das Thema trennen.

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