Verschwendung von Infanteriepatronen ?

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  • Sans-Souci
    Erfahrener Benutzer
    Major
    • 01.10.2006
    • 1847

    Verschwendung von Infanteriepatronen ?

    In H. Klugmanns 1863 in Luxemburg erschienener Geschichte des Infanterie-Regiments Nr. 20 findet sich auf S. 121 eine pauschale Übersicht des Munitionsverbrauchs des Regiments im sechsmonatigen Feldzugs in Schleswig im Jahre 1848.

    Es wurden verbraucht, "mit Einschluß der verloren gegangenen und unbrauchbar gewordenen Patronen und Zündhütchen":

    21.576 Patronen, 14.382 Zündhütchen (1. Bataillon)
    35.094 Patronen, 16.883 Zündhütchen (2. Bataillon)
    37.885 Patronen, 51.084 Zündhütchen (Füsilier-Bataillon)
    __________________________________________________
    94.555 Patronen, 82.349 Zündhütchen (im ganzen Regiment)

    Da beim Perkussionsgewehr für jeden Schuß ein Zündhütchen benötigt wird, bedeutet das, daß auf 2 bis 3 verschossene Patronen 1 Patrone kam, die verloren ging (bei den beiden Musketier-Bataillone), bevor sie im Gefecht eingesetzt werden konnten. Dabei ist der Verlust von Zündhütchen noch gar nicht mit eingerechnet.

    Geht man von 60 Patronen pro Mann für die Dauer des Feldzuges aus (also 60.000 ausgegebene Patronen pro Bataillon), ist das immer noch ein Verlust von im Durchschnitt etwa 7 (1. Bataillon) oder gar 18 (2. Bataillon) nicht verschossenen, aber verlorengegangenen Patronen pro Mann.

    Die Patronen für das Perkussionsgewehr waren aus Papier gewickelt und entsprachen im Prinzip denen der Napoleonischen Zeit.

    Hat jemand vergleichbare Zahlen aus der Napoleonischen Zeit schon einmal gesehen und eine Erklärung für diesen hohen Verlust an Munition ?

    Überraschend auch das umgekehrte Verhältnis mit einem Mehrverbrauch an Zündhütchen beim Füsilier-Bataillon (noch nicht mit Zündnadelgewehren ausgestattet). Eine Erwähnung, daß es irgendwann bei den Musketier-Bataillonen einen Mangel an Zündhütchen gegeben und das Füsilier-Bataillon ausgeholfen hätte, habe ich nirgendwo gefunden.

    Das Regiment hatte im Feldzug 1848 bei einer Kriegsstärke von etwa 3000 Mann an Unteroffizieren und Mannschaften 31 Mann und and Verwundeten 99 Mann Verluste. Eventuell in den Patronentaschen der Gefallenen zurückgebliebene Patronen sind also keine ausreichende Erklärung.
    Zuletzt geändert von Sans-Souci; 12.12.2007, 19:10.
  • Sans-Souci
    Erfahrener Benutzer
    Major
    • 01.10.2006
    • 1847

    #2
    Aus Friedrichs II. "Instruction für die General-Majors von der Infanterie" vom 12. Februar 1759:

    Weil Ich auch gesehen gabe, daß die Bursche aus Bärenhäuterei, wenn sie eine Weile im Feuer gewesen, vorgeben, sie haben sich verschossen, so soll den Burschen gesagt werden, dass der erste, so in der Bataille Patronen wegschmeissen wird, mit 36mal Spiessruthenlaufen gleich darauf bestrafet werden soll [...]
    Solche pazifistischen Anwandlungen einzelner Soldaten dürften aber auch nicht die Hauptursache für den Patronenverlust sein.

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    • joerg.scheibe
      Erfahrener Benutzer
      Capitaine
      • 02.10.2006
      • 593

      #3
      Oli, ich würde "pazifistische Anwandlungen" wohl sarkastisch durchgehen zu lassen.
      Irgendwo habe ich mal gelesen, daß eine leere Patronentasche im Prinzip Anspruch manifestierte, aus der Feuerlinie genommen zu werden.

      Wenn ich Patronen wegwerfe, steigere ich also meine Chancen zu überleben.

      Ob das 1848 immer noch so gehandhabt wurde, weiß ich aber nicht.

      Gruß
      Jörg
      The light at the end of the tunnel
      is from an oncoming train.

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      • ibreh
        Erfahrener Benutzer
        Sergent-Major
        • 12.03.2007
        • 185

        #4
        Hallo Jörg,

        für den 7 jährigen Krieg stimmt das mit dem aus der Feuerlinie herausziehen bestimmt nicht für den einzelnen Mann, und sowas kann ich mir auch für später nicht vorstellen (womit ich natürlich nicht sage ein Patronen wegwerfen wäre da nicht passiert!).
        Und wenn ein geschlossenes Bataillon die Patronen wegwarf, denke ich das wäre aufgefallen. Es gibt auch immer wieder Hinweise über Muni-Nachschub während der Kämpfe, teils durch Wagen, teils durch Mannschaften anderer (nicht in Kämpfe verwickelter) Bataillone. Und nicht zuletzt wurde teilweise auch zum Bajonettangriff übergegangen wenn die Muni aus war. Ich denke also, darauf rechnen das ein Bataillon rausgezogen wurde wenn die Muni eng wurde, konnte man auch nicht.

        Herbert

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        • Caupo
          Neuer Benutzer
          Cantinière
          • 20.03.2007
          • 6

          #5
          Bei Steinschloß würde ich ja sagen, daß ein Teil der Patronen bei Zündversagern als Zündpulver aufgebraucht wurde. Paßt allerdings nicht bei Perkussionswaffen und erklärt nicht die Menge.

          Kann es sein, daß ein Teil der Munition und der Zündhütchen durch falsche Lagerung unbrauchbar wurde und entsorgt werden mußte? Gibt es dazu Quellen?

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          • Sans-Souci
            Erfahrener Benutzer
            Major
            • 01.10.2006
            • 1847

            #6
            Über verdorbene Munition stand in der Regimentsgeschichte nichts.

            Möglicherweise könnte eine Erklärung sein, daß Soldaten, die - natürlich mit geladener Muskete - auf Wache stehen, nach der Wache den geladenen Schuß mit dem Kugelzieher herausholen. Dafür braucht man kein Zündhütchen, aber die Patrone ist natürlich trotzdem unbrauchbar geworden.

            Dann müßte aber noch die Zündhütchenvergeudung beim Füsilier-Bataillon erklärt werden. Weiß jemand etwas über die Versagerquote bei Zündhütchen ?

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