Auch wenn es eigentlich nicht in dieses Thema gehört,
bringe ich jetzt doch noch das Gedächtniszitat einer Erzählung eines Reenactmentkameraden, der seinen Dienst in den 80er Jahren bei der BW ableistete und anläßlich eines Manövers Zeuge wurde, wie französischer Soldat wegen eines Fehlers stehenden Fußes von seinem Unteroffizier einen Satz Maulschellen fing.
Viel damals wohl auf, weil in der BW völlig unüblich.
So, wollte Ihr weiter über "demokratische" Armeen diskutieren?
J.
Bestrafungen von Soldaten
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Zitat von Gunter Beitrag anzeigenworaus schließt du, dass in einer "demokratischen" Armee das Schlagen tatsächlich grundsätzlich bestraft wird?
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@Tellensohn,
woraus schließt du, dass in einer "demokratischen" Armee das Schlagen tatsächlich grundsätzlich bestraft wird? Da haben wir doch wieder nur den Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Auch in den monarchischen Armeen konnten Vorgesetzte wegen unerlaubten Prügelns belangt werden, jedoch gab und gibt es informelle Regeln, die sebst in den Armeen der freisten Staaten jedes Recht des Schwächeren in der Praxis aushebeln. Eine Armee ist nun mal kein Ponyhof, ihn ihr hat die Gewalt immer einen höheren Stellenwert als im Zivilleben und das nicht nur nach Außen. Das lässt sich niemals wegwischen, es sei denn man schaft es, eine Zahnlose-Tiger-Armee aus um der Versorgung willen dienenden Beamten zu errichten.
Die russische Armee bestand, wie ich woanders schon schrieb, de facto aus nahezu kostenlosen Staatssklaven und nicht aus Wehrpflichtigen, entsprechend dann auch die Behandlung. Bei einer Söldnerarmee wie der britischen, der einzigen konstitutionellen Monarchie dieser Zeit, wurde ähnlich rüde bestraft. Für die Opfer wars wohl egal.
Grüße
Gunter
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Zitat von Tom Beitrag anzeigenNun, die von mir angeführten Zitate sollen beweisen, was ich vorher postuliert hatte - dass (auch) in der französischen Armee der Stock regierte, d.h. die Mannschaften mit Schlägen und menschenunwürdiger Behandlung ("wie Sklaven") in die Schlacht getrieben wurden. Daher glaube ich auch nicht daran, dass die - schon in der Revolution ziemlich hohlen - Phrasen von "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" in der späten Kaiserzeit noch von irgendjemandem in Frankreich oder in der frz. Armee ernst genommen wurden.
Mir persönlich wäre es übrigens auch ziemlich egal, ob ich situationsbedingt oder auf gesetzlicher Grundlage, von meinen Kameraden oder von meinem Vorgesetzten geschlagen werde - es tut wahrscheinlich immer gleich weh
Gruß, Tom
Nachtrag zu den Preussen: Preussen hat zwar die Leibeigenschaft abgeschafft, aber erst nach der Niederlage und also auf Druck von aussen. Sonst wäre weiterhin nichts passiert. Die Franzosen haben das 1789 aus eigener Kraft geschafft - Chapeau! - und immerhin wurde dort auch die Vorherrschaft des Adels gebrochen und, in einem zweiten Schritt, die Monarchie abgeschafft (das nun wieder erst nach Einmischung von aussen). Die Parolen "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" galten schon einige Zeit etwas, wenn auch v.a. die "Brüderlichkeit" schnell flöten ging, wobei dies eigentlich in erster Linie nur das Verhältnis zum König und eines Grossteils des Adels betraf, die durch ihre landesverräterischen Machenschaften das Vertrauen des Volkes schnell verspielt hatten. Dass Napoleon mit diesen Idealen nicht viel am Hut hatte und sie auszuhöhlen versuchte, wo er konnte, ist ja bekannt.Zuletzt geändert von Tellensohn; 15.12.2012, 16:59.
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Zitat von KDF10 Beitrag anzeigenDu hast ein merkwürdiges Verständnis zum Thema Kameradschaft.
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Russen u.a.
Was die Russen angeht, da bin ich d'accord, die waren Prügelweltmeister, nicht vergleichbar mit den Franzosen oder Preußen (von 1813). Das übermäßige Prügeln war ja auch einer der Gründe für den Dekabristenaufstand 1825 (*).
Ich denke, in der französischen Armee von 1813 ist es ähnlich "üblich" gewesen wie in der preußischen Armee von 1813: Unter bestimmten Umständen wurden die Soldaten geschlagen, i.a. galt es jedoch als ehrabschneidend. Schultze und Jordan behandeln ausführlich einen Zwist zwischen Graf Lehndorff, Kdr. des Ostpr. National-Kav.-Regiments, und einem Freiwilligen, bei dem Lehndorff (wohl im Affekt) dem Freiwilligen ins Gesicht geschlagen haben soll. Der Freiwillige wiederum hatte Lehndorff der Feigheit beschuldigt. Der Fall wurde offiziell untersucht und führte dazu, dass Lehndorff eine anstehende Beförderung (oder das EK I?) ein halbes Jahr später bekam.
Zur Frage der Öffentlichkeit: Sicherlich ist es demütigend(er), in der Öffentlichkeit geschlagen zu werden. Öffentlichkeit heißt für mich aber auch im Angesicht der Marschkolonne oder auf offener Straße. Insofern sehe ich da keinen "Vorteil" der Franzosen bei den o.g. Beispielen.
Gruß, Tom
(*) Habe mal irgendwo gelesen, dass ein preuß. Offizier ca. 1825 zuhause (an den König?) voller Entsetzen berichtet, dass er in Petersburg gehört bzw. in einem Disziplinarbuch (?) eines russ. Garde-Regiments gelesen habe, dass in diesem Regiment im akt. Jahr schon 2.000 Stockschläge verhängt worden seien.
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Zur Prügelei, hier mal ein Zitat - so denke ich - wäre das in der französischen Armee nicht passiert :
"Beim Vorbeimarsch an einem großen Landhaus, worin ein vornehmer russischer Officier einquartiert war, saehen wir, wie auf dem Vorplatze einem russischen Soldaten, der bis auf's Hemd entkleidet war, der Rücken auf die unbarmherzigste Weise durch Knutenhiebe zerfleischt wurde. Das Jammergeschrei des Unglücklichen erfüllte die Luft, und unsere Soldaten waren über diese unmenschliche Behandlung so entrüstet ...
vorzüglich da sie nach eingehender Erkundigung vernahmen, daß der Geprügelte wegen eines geringen Vergehens im Dienst, vielleicht weil er seine Kamaschenknöpfe nicht ordentlich geputzt haben mochte, zu der barbarischen Strafe verurtheilt wroden sey.
S. 279
Kleßmann : Unter Napoleons Fahnen - erinnerungen lippischer Soldaten aus den Feldzügen 1809 - 1814
Die Situation ereignete sich als die Lipper aus Danzig ausmarschieren durften und ganau den Unterschied zu den Franzosen beobachteten.
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Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
Das geschieht unter bestimmten Voraussetzungen wohl auch heute noch, selbst in so genannt demokratischen Armeen. Oder glaubt wirklich jemand daran, dass bei uns in schwierigen Situationen, wenn etwas aus dem Ruder zu laufen droht, die absolute Friedfertigkeit und Kameradschaft herrscht und ein Vorgesetzter niemals ausrastet und einem Untergebenen aufs Maul haut
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Ich finde das eben nicht egal - situationsbezogen - und dann in der Regel vergessen, bei kriegsgerichtlichen körperlichen Strafen wird alles in die Öffentlichkeit gezerrt - der Mann wie zur Schau gestellt und auch vor seinen eigenen Kameraden für ein Vergehen gedemütigt - da ist schon ein Unterschied, wahrscheinlich auch im Schmerz - die Psychosomatik lässt grüßen
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1813 - der Stock regiert allerorten
Nun, die von mir angeführten Zitate sollen beweisen, was ich vorher postuliert hatte - dass (auch) in der französischen Armee der Stock regierte, d.h. die Mannschaften mit Schlägen und menschenunwürdiger Behandlung ("wie Sklaven") in die Schlacht getrieben wurden. Daher glaube ich auch nicht daran, dass die - schon in der Revolution ziemlich hohlen - Phrasen von "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" in der späten Kaiserzeit noch von irgendjemandem in Frankreich oder in der frz. Armee ernst genommen wurden.
Mir persönlich wäre es übrigens auch ziemlich egal, ob ich situationsbedingt oder auf gesetzlicher Grundlage, von meinen Kameraden oder von meinem Vorgesetzten geschlagen werde - es tut wahrscheinlich immer gleich weh
Gruß, Tom
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@Tom
Dass auch in der französischen Armee geschlagen wurde, und nicht zu knapp, ist klar. Denn es gab und gibt immer Situationen, in denen willkürlich oder als Reaktion auf Stress, geschlagen wird.
Das geschieht unter bestimmten Voraussetzungen wohl auch heute noch, selbst in so genannt demokratischen Armeen. Oder glaubt wirklich jemand daran, dass bei uns in schwierigen Situationen, wenn etwas aus dem Ruder zu laufen droht, die absolute Friedfertigkeit und Kameradschaft herrscht und ein Vorgesetzter niemals ausrastet und einem Untergebenen aufs Maul haut (oder was auch immer; Retourkutsche auf eigene Gefahr)? Trotzdem käme es wohl keinem hier in den Sinn, die Armeen demokratischer Staaten unumwunden mit denen undemokratischer Staaten und Zeiten vergleichen zu wollen. Ausser vielleicht den Opfern unserer so genannt demokratischen Armeen, die, wenn ihnen die mögliche Analogie geläufig wäre, möglicherweise die Ansicht äussern würden, dass die ISAF die westliche Demokratie am Hindukusch ebensowenig mit Feuer und Schwert zu verteidigen habe wie damals die Armee Napoleons die Ideale der Französischen Revolution in Sachsen. (dank Guttenberg ist es jetzt ja aber schon seit einiger Zeit offiziell, dass der Westen dort seine Wirtschaftsinteressen verteidigt).
Von daher: Was sollen Beispiele für situationsbedingt ausgeteilte Prügel - dazu noch an blutjunge, kriegsunerfahrene, angstgequälte und daher als Kampfmaschinen/Kanonenfutter nur bedingt brauchbare Soldaten - in der französischen Armee beweisen? Sie sind jedenfalls nicht geeignet, den französischen Bürger mit dem preussischen Untertan oder gar dem russischen Leibeigenen auf dieselbe Stufe zu stellen. Und jeder, der mal selber gedient hat, weiss, dass selbst in den demokratischsten Staaten dem Bürger mit Eintritt in die Armee eingebläut wird, dass er ab jetzt nur noch zu Gehorsam verpflichteter Befehlsempfänger ist, der - auch in Friedenszeiten - für die Dauer seiner Dienstzeit dem Militärstrafrecht untersteht.
PS: Sehe gerade, dass HKDW ein paar Worte gepostet hat, denen ich mich nur anschliessen kann:
Zitat von HKDW Beitrag anzeigenKlar wurde auch in der französischen Armee "geprügelt" - das beschreibt ja auch Thiebault in seinen Memoiren wo er seinen Stock sogar entzwei schlägt - aber das waren keine kriegsgerichtlichen Strafen, wie z.b. bei den Engländern - sondern situationsbezogene Züchtigungen - in den guten Jahren der Grande Armée eher wohl nicht so oft - wie dann wie beschrieben 1813
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Danke Tom für das Auffrischen des Gedächtnisses.
Klar wurde auch in der französischen Armee "geprügelt" - das beschreibt ja auch Thiebault in seinen Memoiren wo er seinen Stock sogar entzwei schlägt - aber das waren keine kriegsgerichtlichen Strafen, wie z.b. bei den Engländern - sondern situationsbezogene Züchtigungen - in den guten Jahren der Grande Armée eher wohl nicht so oft - wie dann wie beschrieben 1813.
Die Savate kann ich mir schon vorstellen, aber eine öffentliche Bestrafung eben nicht, deswegen würde mich der Urtext sehr interessieren.
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Zitat von Gunter Beitrag anzeigenMan kann sich auch fragen was eigentlich demütigender war: von der eigenen Gruppe geschlagen zu werden oder von den über allem schwebenden Vorgesetzten per Gesetz, was alle gleichermaßen treffen konnte. Egalität usw. sind doch nur Worte, wenn praktisch doch nur das Recht des Stärkeren gilt. In einer de jure Ständegesellschaft sind sich alle Beteiligten ihrer Identität sicherer als in einer ideologisch behaupteten egalitären, de facto jedoch von Prinzip her trotzdem noch ständischen Ordnung.
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Behandlung durch Offiziere, frz. Armee, 1813
So, ich habe mal den Thread aus dem engl. Forum rausgesucht ( http://www.napoleon-series.org/cgi-b...read;id=133495 ), hier noch mal das Wichtigste:
+ Anon. Autor, allg. über die Behandlung der Soldaten.
[Die französischen Subalternoffiziere] "behandeln den jungen Conscribierten mit Ohrfeigen, Stockschlägen, Fußtritten, Schimpfworten, so arg, wie es leider sonst nur immer bei den deutschen Truppen der Fall war".
+ "Neueste Chronik von Dresden", Dresden: Beger, 1814, p. 71f, über die sich nähernden frz. Marschkolonnen, 1. Tag der Schlacht bei Dresden (26. August 1813): "Von den Beschwerden des schnellen Marsches ermüdet, von Hunger und Durst erschöpft, wurden die neu ausgehobenen knabenhaften Gewehrträger, die besonders unter dem leichten Fußvolke sehr zahlreich waren, von den rauhern Waffenbrüdern im eigentlichen Sinne voran getrieben, wie kläglich sie auch sich gebehrden mochten".
+ Weinhold ("Dresden und seine Schicksale im Jahre 1813", Dresden: Arnold, 1814, p. 52), über die Situation in Dresden, Anfang Oktober: "Schmutzige Lazarethgestalten grinsten Jedermann auf allen Straßen entgegen; die stolze große Armee selbst glich größtentheils einem Heere, eben zur Hektik übergehender Bettler. Wer bei dieser Kraftlosigkeit wankte, ward vom Officier mit der Faust so in das Gesicht geschlagen, daß Gewehr und Tschako auf die Straße hinstürzten. Die Disziplin war gänzlich aufgelöst".
Vionnet, p. 119, spricht von Soldaten, die von ihren Offizieren "wie Sklaven" behandelt worden seien. Rieu, p. 73, bemerkt ebenfalls, dass Soldaten, die hinter den Marschkolonnen zurückblieben, von den Offizieren geschlagen wurden.
Gruß, Tom
Frz. Quellen:
Rieu, J.-L., Mémoires. Genève: H. Georg, 1870
Vionnet, L.-J., Souvenirs d’un ex-commandant des grenadiers de la Vieille Garde. Hrsg. R. Vagnair, Paris: E. Dubois, 1899
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Die Frage ist doch, ob einfach nur das reglementierte Schlagen wegfliel und nur das willkürliche Schlagen beibehalten wurde. Die gewaltsame Praxis wurde vielleicht nur anarchischer. Verbote spielten da nur eine geringe Rolle. Prügelnde Vorgesetzte schalteten im Krieg einfach einen Gang runter, weil sie sonst von ihren Leuten beseitig wurden. Grundsätzlich änderte sich nichts.
Man kann sich auch fragen was eigentlich demütigender war: von der eigenen Gruppe geschlagen zu werden oder von den über allem schwebenden Vorgesetzten per Gesetz, was alle gleichermaßen treffen konnte. Egalität usw. sind doch nur Worte, wenn praktisch doch nur das Recht des Stärkeren gilt. In einer de jure Ständegesellschaft sind sich alle Beteiligten ihrer Identität sicherer als in einer ideologisch behaupteten egalitären, de facto jedoch von Prinzip her trotzdem noch ständischen Ordnung. Ein Problem, das wir auch heute noch haben.
Grüße
Gunter
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