Einquartierungen / Entschädigungen

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  • joerg.scheibe
    Erfahrener Benutzer
    Capitaine
    • 02.10.2006
    • 592

    Einquartierungen / Entschädigungen

    Hallöchen,

    soweit ich weiß, war die standardisierte Unterbringungsmöglichkeit durchmarschierender Truppen die Einquartierung (Biwak usw. will ich hier nicht thematisieren).
    Der Quartierwirt war m.W. auch zur Erbringung von Versorgungsleistungen verpflichtet (Stroh, Holz, Wasser usw.), wofür er im Nachgang entstandene Kosten bei der Ortsobrigkeit geltend machen konnte.
    Was gehörte denn eigentlich zu den normalerweise zu erbringenden Leistungen?
    Gab es für die Entschädigung irgendwo fixierte Kopfpauschalen?
    (Also, z.B.: "1 Mann x (Stroh+Holz+Licht) = 2 Groschen" oder so?

    Gruß
    Jörg
    The light at the end of the tunnel
    is from an oncoming train.
  • admin
    Administrator
    Colonel
    • 30.09.2006
    • 2687

    #2
    Originaldokumente

    Ich hab' zwar (noch) nichts über die genauen Regularien der Einquartierung gefunden (müsste mal im Morvan nachschauen), aber da ich bei Ebay gerade interessante Originaldokumente ersteigert habe, die sich mit der Thematik Einquartierung, Proviantierung und Abgaben befassen, füge ich Einige als Scan bei.

    Es handelt sich um:
    • 2 Quartierbefehle 1814
      Diese wurden wohl dem Hausbesitzer übergeben, mit der Zahl der einzuquartierenden Soldaten und Pferde; ich denke, mit diesen Belegen konnte dann die finanzielle Kompensation eingefordert werden (aber das müsste weiter geprüft werden).
    • 1 Aufforderung zur Zwangsabgabe von Getreide und Stroh 1813
      Interessant der sehr rigide Ton, denn es wird offen mit der Exekution bei Nichtbefolgen gedroht - ein im September 1813 wohl notwendiges Verfahren, um die "abtrünnigen" Bewohner zu den Abgaben zu zwingen.
    • 2 handgeschriebene Steueranweisungen 1812
      Man müsste jetzt mal nachrechnen, wie hoch die hier ausgewiesene Grund- sowie Commulansteuer nach heutigen Maßstäben wäre.
    Ich denke, sehr anschauliche Dokumente.

    Schöne Grüße
    Markus Stein
    Angehängte Dateien
    "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben

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    • Sans-Souci
      Erfahrener Benutzer
      Major
      • 01.10.2006
      • 1841

      #3
      "Exekution" kommt aus dem Latein und bedeutet wörtlich "Ausführung".

      Generell bedeutet es die Vollstreckung eines Urteil (im heutigen Sprachgebrauch nur noch die Vollstreckung eines Todesurteils) oder auch die Zwangsvollstreckung.

      Wenn in dem Requisitionsschein die Exekution angedroht wrd, hat der Bauer also die Wahl, die Sache selber abzuliefern, oder sie von Beauftragten der Behörden holen zu lassen, in letzterem Fall werden Strafgebühren fällig. Getreide und Stroh ist er aber so oder so quitt.

      Kommentar

      • admin
        Administrator
        Colonel
        • 30.09.2006
        • 2687

        #4
        Zitat von Sans-Souci Beitrag anzeigen
        "Exekution" kommt aus dem Latein und bedeutet wörtlich "Ausführung".

        Generell bedeutet es die Vollstreckung eines Urteil (im heutigen Sprachgebrauch nur noch die Vollstreckung eines Todesurteils) oder auch die Zwangsvollstreckung.

        Wenn in dem Requisitionsschein die Exekution angedroht wrd, hat der Bauer also die Wahl, die Sache selber abzuliefern, oder sie von Beauftragten der Behörden holen zu lassen, in letzterem Fall werden Strafgebühren fällig. Getreide und Stroh ist er aber so oder so quitt.
        Ey Danke für die Klarstellung ... das fehlt mir halt als "Nicht-Lateiner" (bin jedoch froh, eher den Naturwissenschaften und dem Französischen in der Schule gefrönt zu haben) ... ich dachte echt - auch vor dem Hintergrund des Zeitpunktes - an einer möglichen "Todesstrafe".

        Markus Stein
        "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben

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        • Blesson
          Erfahrener Benutzer
          Adjudant
          • 03.10.2006
          • 778

          #5
          Ein sehr lesenswertes Werk ist:

          Über die Leitung des Einquartierungswesen in Kriegszeiten nach festen und billigen Grundsätzen - Ein Handbuch für die mit diesem Geschäft beauftragten Militair- und Zivilbeamten von. F.W. v. Mauvillon, Essen, 1829
          Trotz des späten Erscheinungsjahrs nimmt Mauvillon überwiegend Bezug auf die Einquartierungen vor 1815. Eine weitere Quelle ist natürlich Ribbentrop - beide Quellen beschreiben das Einquartierungswesen aus der Sicht der Beamten, die mit ihren Vorschriften das sich regelmäßig einstellende Chaos in den Griff zu bekommen suchten. Dennoch sehr lesenswert.

          Vom Wirth waren im Quartier für den einzelnen Mann zu stellen:
          - Verpflegung und Getränke nach den vorgeschriebenen Sätzen
          - Schlafplatz
          - Holz

          evtl. auch Medikamente, Verbandsmaterial für Verwundete.

          Pauschale Kostenentschädigungen wurden durch das Kriegskommissariat geregelt.

          LB
          Do, ut des

          http://www.ingenieurgeograph.de

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          • scharfschutze
            Benutzer
            Caporal
            • 18.10.2006
            • 60

            #6
            Zitat von joerg.scheibe Beitrag anzeigen
            Was gehörte denn eigentlich zu den normalerweise zu erbringenden Leistungen?
            Gab es für die Entschädigung irgendwo fixierte Kopfpauschalen?
            (Also, z.B.: "1 Mann x (Stroh+Holz+Licht) = 2 Groschen" oder so?

            Ich kenne die genaue Bestimmungen fuer Unterhaltung der Truppen von schlesische Gebiet (1806-9) und Infomationen kommen von Archive. Sehr interessant in dieses Thema ist:
            - Bassewitz M.F., Die Kurmark Brandenburg im Zussammenhang mit den Schicksalen des Gesammtstaates während der Zeit vom 22 IX 1806 bis zu Ende des Jahres 1808, Leipzig 1851 – 51, Bd. I – II;
            - Schmid K.E., Ueber vertheilung der Kriegsschäden und die Einquartierung insbesondere, Hilburgshausen, 1808.

            Also z. B. in 1808, nach Regulation von 14 IV, jeder Wirt bekam Entschaedigung fur Einqart. der Truppen in folgende Hohen:
            -Gem., Corp., Serg. - 10 Silb. Gr (taeglich);
            -Feldfebel- 20 S.Gr (taeglich);
            -Lieut. - 1 RThl 17 S.Gr 6 Pf (taeglich);
            -Capt. - 2 RThl 10 SGr (taeglich) und
            -Oberst-Lieut. - 3 RThl 10 SGr (taeglich).

            Auch war in diese Regulation vorschrieben, dass Off. (von Obrist bis Mareschall) von General-Serrvis-Casse in Breslau die sogennate Tafelgelde bekamm aber fuer jeder Wirt auch 15 Sgr. pro Kopf bestimmt war.

            -Mortier (als General-Gouverneur fuer Schlesien) - 200 RThl (taeglich);
            -und General - 34 RThl.

            Kommentar

            • joerg.scheibe
              Erfahrener Benutzer
              Capitaine
              • 02.10.2006
              • 592

              #7
              @scharfschuetz,
              herzlichen Dank!
              So was in der Art suchte ich.

              Jörg
              The light at the end of the tunnel
              is from an oncoming train.

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              • Madame de Canisy
                Erfahrener Benutzer
                Sergent
                • 03.10.2006
                • 148

                #8
                Quartiergeld im Sauerland in Hessisch-darmstädtischer Zeit

                Die Frage ist zwar schon beantwortet, aber da ich gerade etwas zum Thema gefunden habe, will ich das nicht vorenthalten.

                Ich beschäftige mich gerade mit den Truppendurchmärschen durch das Sauerland nach der Völkerschlacht bei Leipzig. Hier haben hauptsächlich russische Truppen Quartier genommen. In den "Heimatblättern des Kreises Olpe" gibt es dazu umfangreiche Literatur und in einer Fußnote schreibt der Autor Fritz Wiemers:

                Nach einer Verordnung vom 7.5.1814 wurde das volle Quartiergeld eines gemeinen Soldaten mit 30 Stübern, das eines Unteroffiziers mit 45 Stübern gerechnet; der Offizier rechnete zu 3 Gemeinen, der Stabsoffizier zu 4, ein Obrist zu 12, ein General zu 18 Gemeinen.
                Hinweis: 29 Stüber = 1 Thaler

                Von wem die Verordnung stammt oder aus welcher Quelle der Autor diese Angaben hat, kann ich leider nicht nachvollziehen. Aber da unsere Heimatforscher schon immer sehr akkurat waren, wird es wohl "Hand und Fuß haben".
                Adrienne-Louise-Hervé Carbonnel de Canisy

                "Ein jeder soll nach seiner Fasson selig werden." Friedrich II von Preußen

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                • cadenzer
                  Neuer Benutzer
                  Cantinière
                  • 08.01.2007
                  • 9

                  #9
                  Etappengelder / Einquartierungskosten

                  Durch lokale Forschungen, insbesondere die Auswertung der hiesigen Bürgermeisterrechnungen aus der Napoleonzeit, ist mir aus der im heutigen Baden-Württemberg gelegenen Ortschaft Dahenfeld (die damals zum Deutschordensgebiet um Neckarsulm und ab 1806 zum Königreich Württemberg gehörte) bekannt, daß im Februar 1793 der mit seiner Einheit durchmarschierende Hauptmann Lutz der Ortsobrigkeit ausdrücklich bestätigt, daß sie alles, was die "RHEINISCHE MARSCHORDNUNG" bezüglich Bequartierung, Verpflegung und Vorspann vorschrieb, wohl erfüllet habe. Grundlage scheint damals also eine Rheinische Marschordnung gewesen zu sein, zu der ich keine näheren Details liefern kann.

                  1793 wurden in die Kasse des (rechnenden) Bürgermeisters an Etappengeldern gezahlt: 8 Kreuzer für jede Kostportion (auch Mundportion genannt), 18 Kreuzer für jede Pferdsration und 30 Kreuzer für jeden Vorspann mit einem Landwagen. Das übergeordnete Amt Neckarsulm zahlte zusätzlich zu jeder Mundportion, Pferdsration etc. einen Zuschuß in die Gemeindekasse. Trotzdem deckten schon in der Frühphase, die Einnahmen aus Etappengeldern die durch "Heermarsch und Einquartierung" verursachten Kosten nicht.

                  Gereicht wurden von den Ortsbewohnern: Brot, Wein, Fleisch und für die Pferde Hafer und Heu. Aus dem unfernen Jagsthausen heißt es in bezug auf die dort 1813 einquartierten russischen Verbände, sie hätten "zu dem vielen Essen den Branntwein gesoffen wie das Wasser".

                  Detailliertere Hinweise und Quellenangaben erteile ich auf eMail-Anfrage gerne.

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