preußisches Feld-Proviant-Fuhrwesen 1806

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  • Da Capo
    Erfahrener Benutzer
    Adjudant
    • 23.10.2006
    • 858

    preußisches Feld-Proviant-Fuhrwesen 1806

    Nach dem preußischen Feldkriegsetat (angeführt in "Gründliche Anweisung zu dem .. Feldkriegsmagazin", Leipzig 1791) bestand das Feld-Proviant-Fuhrwesen für ein Corps von 30.000 Mann aus 2 Backofenkolonnen mit insgesamt 17 eisernen Backöfen und 6 Proviantkolonnen à jeweils 52 Wagen zzgl. einiger weiterer Wagen.

    Nun gibt die Instruktion für den Feld-Backmeister vom 16.09.1805 (sh. Ribbentrop Sammlungen 1808 - 1816) diesem auf, die eisernen Backöfen nur dann einzusetzen, wenn die Umstände eine Herstellung gänzlich aus Steinen aufgemauerter Öfen nicht gestatten.

    Weiß zufällig jemand, ob dies zu einer Reduzierung in der Mitführung der oben erwähnten Anzahl eiserner Öfen sowie allgemein zu einer sonstigen Reduzierung der Anzahl mitzunehmender Wagen geführt hat?
    Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.
  • Sans-Souci
    Erfahrener Benutzer
    Major
    • 01.10.2006
    • 1910

    #2
    Vielleicht hilft das hier, es scheint 1790 eine Änderung in der Organisation gegeben zu haben:



    Vielleicht findest Du noch was im Jany dazu ?

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    • Spaen
      Erfahrener Benutzer
      Sergent-Major
      • 26.04.2020
      • 233

      #3
      Kiesling ist eine sehr gute Quelle. Er hat Brecht aus 1867 entsprechend weiter geführt. Die Bäcker waren Zivilangestellte und wurden i.d. Regel vor einem Feldzug von den Regimentern geworben und den Kolonnen beigestellt. Mir ist nicht bekannt, ob die Kolonnen zusätzlich direkt geworben haben. Vermutung: Auf Grund der wohl nicht oder kaum vorhandenen Friedensorganisation wohl eher nicht.
      Hier noch einige weitere Informationen:
      Auf den Kopf wurde bei Roggenmehl 2 Pfd. Brot gerechnet bei 3/4 Weizen und 1/4 Roggen Verwendung 1 1/2 Pfd, wobei der Scheffel Roggenmehl mit 75 Pfd. verrechnet wird. Für 100 Pfd. Brot werden 37 1/2 Liter Wasser zum Einkneten benötigt. Es werden im Feld gemauerte Öfen und eiserne Feld-Öfen verwendet.
      Gemauerte Öfen brauchen bis zum eigentlichen Backbeginn 24 Stunden Herstellungs- und Vorbereitungszeit. Es werden ca. 1000 Steine benötigt. Die Mannschaft besteht i.d.R. aus 7 Bäckerburschen.
      Pro eiserner Ofen wird ein 6-spänniger Wagen mit 2 Knechten benötigt. Die eisernen Öfen bestehen aus 7 eisernen Ober-und Unterbügeln zu etwa 20 Zentnern. Es werden nur ca. 50% der Steine der gemauerten Öfen benötigt. Zeitbedarf für Maurer: 3 Stunden. Die gleiche Zeit wird für die Trocknungsfeuer benötigt. Jeder Backvorgang mit bis zu 200 Broten wird mit 2 Stunden berechnet. Pro Tag wird 5-6 x beschickt. Holzbedarf Erstheizung 1 Klafter, sonst 0,75 Klafter.
      Jeder von den zwei Kompanie-Brodwagen fasst den Bedarf für 3 Tage, also Vorrat für 6 Tage. Der Mehltransport erfolgt in Tonnen zu je 6 Scheffel. Pro Transportwagen werden bis zu 5 Mehltonnen geladen. Ein 6-Spänner lädt, abhängig von Witterung und Wegeverhältnissen 24 Zentner, ein Vierspänner 18 Zentner. Erfolgt ein Wassertransport laden die Kähne je nach Umstand von 500 bis 1400 Zentner.

      Die schönsten Berechnungen helfen nicht weiter wenn, wie bei Preußens 1806, die Operationspläne ständig verändert werden. Dann folgt Hunger......

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      • Da Capo
        Erfahrener Benutzer
        Adjudant
        • 23.10.2006
        • 858

        #4
        Vielen Dank für die Hinweise.

        @Sans-Souci: Schau ich mir in Ruhe an. Beim ersten Überfliegen scheint es hauptsächlich ein Umbenennen zu sein, aber das wird sich zeigen.

        @Spaen: Ribbentrop ("Sammlungen ... 1808-1816" S.362 ff.) hat am 17.07.1812 im Gouvernement Wilna einen Versuch zum forcierten backen mit mehreren Öfen unternommen.
        Zum Aufmauern der eisernen Öfen wurden durchgängig 5 - 6 Stunden und zum Ausheizen 6 Stunden benötigt. Material: 1.200 Mauersteine, 5 Fuder Lehm, 2 Fuder Sand.
        Zum Errichten der gemauerten Öfen wurden 24 Stunden benötigt und zum Ausheizen desselben 7,5 h. Material: 2.500 Mauersteine, 9 Fuder Lehm, 4 Fuder Sand.
        Der Bachvorgang dauerte bei geübten Schiffern und Mischern, gutem Mehl und trockenem Holz 4 h 35 min, ein 5maliges backen wird damit in rund 25 h erreicht.
        Die Vorgaben den Vorschrift für den Backmeister vom 16.09.1805 hat Ribbentrop ".. in der Praxis nicht bestätigt gefunden .."
        Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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        • Da Capo
          Erfahrener Benutzer
          Adjudant
          • 23.10.2006
          • 858

          #5
          Noch etwas zur Anwerbung:
          Meines Wissens nach waren die Meister der jeweiligen Zunft (Schmiede, Sattler etc. und also auch Bäcker) diejenigen, die die Gesellen oder Burschen anzunehmen hatten.
          Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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          • Tom
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 03.10.2006
            • 1090

            #6
            Danke für die interessanten Infos, zu den Feldbäckereien der Großen Armee im Sommer 1812 gibt es auch mehrere detaillierte Befehle Napoleons. Welche Quelle ist "Kiesling"? VG Tom

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            • admin
              Administrator
              Colonel
              • 30.09.2006
              • 2725

              #7
              Zitat von Tom Beitrag anzeigen
              Welche Quelle ist "Kiesling"? VG Tom
              Schau‘ mal in den Link von Sans-Souci - dort ist das Werk von Kiesling über die Geschichte des preußischen Trains direkt aufzurufen.

              Schöne Grüße
              Markus Stein

              "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben

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              • Spaen
                Erfahrener Benutzer
                Sergent-Major
                • 26.04.2020
                • 233

                #8
                Da Capo: "Zum Aufmauern der eisernen Öfen wurden durchgängig 5 - 6 Stunden und................"

                Wer vom Maurer-Gewerk etwas Ahnung hat, wird mir im folgenden beipflichten:

                Offensichtlich ist bei dem geschilderten Feldversuch mt anderen Steinformaten gearbeitet worden und somit dürfen nicht "Äpfel mit Birnen" verglichen werden. Schon zu Friedrichs Zeiten sind (bis 1806?) entsprechend größere Steinformate eingeschoben worden. Alles andere folgt dementsprechend :
                Kleinere Steine = größerer Zeitbedarf; kleinere Steine=mehr Mörtel, mehr Mörtel = längere Trocknungszeiten, weniger Fugen = höhere Wärmespeicherkapazität usw. usf.

                Zusatz: Meine Aussage zur Anwerbung basiert auf Regimentsberichten zur Feldzugsvorbereitung 1806, wobei ich die Aussage unter #5 als andere Anwerbemethode nicht ausschließen möchte.
                Zuletzt geändert von Spaen; 01.06.2023, 15:08.

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                • Da Capo
                  Erfahrener Benutzer
                  Adjudant
                  • 23.10.2006
                  • 858

                  #9
                  Wenn die Theorie (Instruktion) nicht durch die Praxis (Versuch) bestätigt wird, dann ist natürlich die Praxis falsch.

                  Herr Friedrich Wilhelm Christian Johann Ribbentrop (ab 1823 von Ribbentrop; seit 1788 im preußischen Staatsdienst, seit 1798 im Feld-Kriegs-Kommissariat tätigt und 1815 General-Intendant der preußischen Armee) wird nicht nur gewusst haben, was er da am 17.07.1812 im Gouvernement Wilna veranstaltete sondern auch wie Öfen im Feld aufzumauern sind. Letzteres ist auch für die den Versuch durchführenden Mauerer bis zum Gegenbeweis zu unterstellen.

                  Der Ribbentrop-Versuch wurde in Poniewicz im Gouvernement Wilna durchgeführt. Verfügst Du über Erkenntnisse hinsichtlich der Größen der Ziegelformen in den dasigen Ziegeleien oder der in den evtl. für den Versuch niedergelegten Gebäuden bzw. Mauern verwendeten Ziegeln? Nach allem, was ich aus der Architekturgeschichte weiß, waren die Ziegelgrößen zumindest regional reglementiert. Auch setzen die eisernen Öfen gleiche Ziegelgrößen voraus. Wenn es also unterschiedliche Ziegelgrößen in einem geografisch sehr engem Gebiet gegeben haben sollte, wie wurden dann die Bügel der eisernen Öfen belegt?

                  Der Maurer versteht landläufig unter Mörtel ein Gemisch aus Sand, Wasser, Kalk und/oder Zement. An Material für die Öfen wird aber nur Sand und Lehm gegeben. Woher kommt jetzt der Mörtel?

                  Evtl. gibt es ja in Deinem reichen Quellenschatz Erfahrungsberichte von Kommissariatsangehörigen, die den Erkenntnissen des Herrn Ribbentrop widersprechen. Das Einstellen derartiger Erkenntnisse wäre der fachlichen Diskussion und dem Erkenntnisgewinn sehr zuträglich.
                  Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

                  Kommentar

                  • Voltigeur
                    Erfahrener Benutzer
                    Tambour-Major
                    • 29.10.2006
                    • 305

                    #10
                    Hallo Alle Zusammen,

                    Das hat jetzt nicht direkt etwas mit dem Theme zutun, aber auf der Insel Lobau sind noch die Fundamente und Teile einiger Feldbäckereien aus dem Feldzug 1809 erhalten und gut sichtbar.
                    Leider habe ich kein Foto davon gemacht.

                    Grüsse vom Voltigeur

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                    • Spaen
                      Erfahrener Benutzer
                      Sergent-Major
                      • 26.04.2020
                      • 233

                      #11
                      zu #9: Lieber Da Capo, ich möchte hier keinen Fachdialog zu den Grundlagen des Bauwesens eröffnen. Deshalb gibt es meinerseits zu deinen Aussagen keinen weiteren Kommentar. (Kalkmörtel, Zementmörtel, Lehmmörtel. Schamottemörtel, Kunstharzmörtel......)

                      Nochmal zu #5:

                      Zitat aus Geschichte des 4. Train-Bataillons mit einer Aussage aus der Zeit Friedrich II:

                      " Die Handwerker wurden von den Meistern, die Bäcker von dem Oberbackmeister eingestellt und nicht vereidigt."
                      Zuletzt geändert von Spaen; 02.06.2023, 15:57.

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                      • HKDW
                        Erfahrener Benutzer
                        Colonel
                        • 02.10.2006
                        • 3033

                        #12
                        image_5561.pdf 1812 Feldbäckerei Preussen-1812-1.pdf 1812 Feldbäckerei Preussen-1812-1.pdf Sehr interessante Diskussion
                        Angehängte Dateien
                        Zuletzt geändert von HKDW; 04.06.2023, 15:50.

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                        • Spaen
                          Erfahrener Benutzer
                          Sergent-Major
                          • 26.04.2020
                          • 233

                          #13
                          Da dieses Thema wieder Erwarten für einige Leser doch interessant zu sein scheint, abschließend noch ein paar kurze Infos:

                          Zur Person Rippentrop: Das Arbeitspensum dieses Mannes ist enorm und bewunderungswürdig. Vom roten Anstrich der Wagen bis zum Knopf der Uniform regelt er im Prinzip alles, welches in
                          14 Bänden Vorschriften etc. niedergelegt ist.
                          Die enorme Arbeitskraft und das ungeheure Wissen erinnert stark an Massow während der Regierung von F II.
                          Natürlich ist speziell zum Train einiges etwas Widersprüchlich und ordnet sich erst in den Jahren bis und während der Befreiungskriege. So sollten anfangs z..B. lt. einer Anweisung an die Militair-Oekonomie-Beamten in 24 Stunden pro Ofen 1800 Stk. 4-Pfd. Brote gebacken werden. ???

                          Ursprüngliche Mobilmachungsbestimmungen von 1808 und Änderungen 1809:
                          2 eiserne Öfen pro Brigade mit einem Offizier, ein Oberbackmeister, ein Feldwebel, 4 Backmeister, ein Gefreiter, 50 Trainsoldaten, ( 30 Bäcker, 2 Maurer, 1 Schmied, 1 Sattler, 1 Stellmacher, 1 Tischler, 14 Fuhrleute,
                          Brotfuhrwesen pro Brigade: 32 Fahrzeuge mit Personal und Handwerkern
                          Mehlfuhrwesen pro Brigade: 20 Stk. 6-spännige Fahrzeuge für 4-tägigen Bedarf mit Personal und Handwerkern

                          zum Feldzug 1812: ein Offizier, ein Chirurg, ein Feldwebel, 1 Backmeister, 4 Oberbäcker, ein Gefreiter, 55 Trainsoldaten davon 14 Fuhrleute, 5 Stk. 6-spännige Fahrzeuge, Die zwei eisernen Öfen wurden nur als Notbehelf mitgeführt, örtliche Backöfen sollten grundsätzlich genutzt werden.

                          zum Feldzug 1813: Neue Instruktion zur Mobilmachung (vom 12. April für die Brigadegenerale) mit geänderter Zusammensetzung der Train -Kompanien. Z.B. Wegfall einer zweiten Brot-und Mehlfuhrwesenkolonne

                          Natürlich kann das Thema hier nur angerissen werden. So änderten sich die vorgeschriebenen Reserveportionen u.a. Bestimmungen.




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                          • Da Capo
                            Erfahrener Benutzer
                            Adjudant
                            • 23.10.2006
                            • 858

                            #14
                            zu #13: Kannst Du uns mitteilen, von welchem Datum die Anweisung an die Ökonomie-Beamten mit den 1.800 Broten ist?

                            Da 1 eiserner Ofen rund 200 (die Instruktion für den Backmeister vom 16.09.1805 spricht von 180 - 190) Stück 6pfd.ge (oder rund 300 Stück 4pfd.ge) Brote fassen soll, entsprechen 1.200 (oder 1.800) Brote einem 6maligen Backen innerhalb von 24 h (sh. Instruktion für den Backmeister vom 16.09.1805 Ziff.56).

                            Ist eigentlich bekannt, wann die eisernen Backöfen bei Preußens eingeführt wurden? Evtl hat es ja im Jahr der Einführung oder kurz davor, Backversuche gegeben, die das 6malige Backen in 24 h belegen. Es ist kaum vorstellbar, dass eine solche Festlegung nur auf theoretischen Überlegungen und Berechnungen beruht.
                            Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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                            • Spaen
                              Erfahrener Benutzer
                              Sergent-Major
                              • 26.04.2020
                              • 233

                              #15
                              Wenn ich nicht irre, war es ??: " Sammlung von Vorschriften, Anweisungen und sonstigen Aufsätzen in Beziehung auf den Dienst der Militair-Oekonomie-Beamten der Königl Preuß. Armee" S.427
                              (Seitenzahl stimmt auf jeden Fall) Die Regel war in Preußen eine 5-malige Beschickung von 150-200 Stk..

                              ".....wann die eisernen Backöfen bei Preußens eingeführt wurden? "-Ist mir im Moment auch nicht gegenwärtig, müsste ich mal in meiner Literatur/ Unterlagen recherchieren.
                              Bei FW I kann ich mich im Moment nicht erinnern davon gelesen zu haben. Dementgegen hat F II ja selbst nicht viel Neues eingeführt. Mal sehen ob irgendwo was zu finden ist. Unter F II gab es sie auf jeden Fall schon.

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