Preussische Militärkapelle

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  • Tellensohn
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 16.02.2011
    • 1253

    Preussische Militärkapelle

    Hallo,

    Auf der Hülle des Plattenalbums "So leben wir, so leben wir...500 Jahre deutsche Militärmusik" (TELDEC LC 0366, 1977) findet sich unter anderem die unten angehängte Abbildung mit der Legende: "Preussisches Hoboisten-Corps um 1790 (mit Janitscharen-Schlagzeug)". Weitere Angaben fehlen.

    Ein "Hoboisten-Corps" mit Janitscharen-Schlagzeug müsste man eigentlich richtigerweise als "Türkische Musik" bezeichnen, und das Jahr 1790 scheint mir verfrüht. Ich glaube die Uniform nach der Vorschrift von 1798 zu erkennen, würde diese Militärkapelle also in die Zeit zwischen 1798/99 und 1805/06 datieren. Ob ich damit richtig liege?

    Hat jemand genauere Angaben zur Herkunft dieses Bildes? Könnte es sich beim Hersteller des Bildes um August Leopold Ramm handeln, der ja auch das von Merta publizierte Werk über die Uniformen nach der Vorschrift von 1798 geschaffen hat? Hat jemand ein besseres Foto dieses Bildes, oder weiss jemand, ob irgendwo ein besseres Foto dieses Bildes zu finden ist? Gibt es davon evtl. eine kolorierte Fassung? Erkennt jemand, um welches Regiment genau es sich handelt?
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 23.09.2011, 07:33. Grund: Besseres Foto eingescannt
  • HKDW
    Erfahrener Benutzer
    Colonel
    • 02.10.2006
    • 2969

    #2
    Naja - die "türkische" Musik war ja da schon etabliert und Hoboiseten würde schon stimmen, vorne die Musik und dahinter die Trommler vom Regiment, sieht schon gut aus, der richtige Paradeschritt wird auch gezeigt.

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    • Tellensohn
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 16.02.2011
      • 1253

      #3
      Also Datierung kommt hin?

      Kleiner Nachtrag zu den Begriffen "Hoboisten-Corps" und "Türkische Musik": Im strengen Sinn umfasste ein "Hoboisten-Corps" ausschliesslich Oboen, Fagotte und Hörner, später auch Klarinetten (in der Regel je 2). In Preussen gehörte aber früh schon auch eine Trompete dazu. Eine "türkische Musik" umfasst sowohl die traditionellen Musikinstrumente des "Hoboisten-Corps" als auch sogenanntes "türkisches Schlagwerk" (zuerst Becken und Tambourin, dann auch Triangel und Grosse Trommel, schliesslich Schellenbaum und Glockenspiel), und ausserdem weitere Instrumente wie Trompete, Serpent, Posaune, u.a. Umfasst eine Kapelle all die genannten Instrumente ausser dem "türkischem Schlagwerk", spricht man von einer "Harmoniemusik", wobei die Hinzufügung von Klarinetten zum traditionellen Hoboisten-Sextett aus 2 Oboen, 2 Fagott und 2 Hörnern auch schon ausreichen konnte, um von einer "Harmoniemusik" zu sprechen. Darin zeigt sich: es gab keine wirklich verbindliche Einheitlichkeit der Begriffe. Zu den Feinheiten der begrifflichen Abgrenzung und zur Frage, wann wo welche Instrumente eingeführt wurden, empfehle ich als Einstieg folgendes Werk (mit weiterführender Bibliographie):

      Hofer, Achim, Blasmusikforschung. Eine kritische Einführung, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1992.
      Zuletzt geändert von Tellensohn; 04.03.2011, 12:49.

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      • Tellensohn
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 16.02.2011
        • 1253

        #4
        Zu diesem Bild habe ich inzwischen nähere Informationen (aus A. E. Haswell Miller / N. P.Dawnay, Military Drawings and Paintings in the Collection of Her Majesty The Queen, 2 Vols., London, 1970):

        Es handelt sich um ein Aquarell, das in der Royal Collection aufbewahrt wird (op.cit., Volume Two, S.49, Cat.No.354; Volume One, Plate 162). Der Maler ist unbekannt .

        Dargestellt ist die Regimentskapelle des Infanterie-Regiments No.13 "von Arnim" während einer Parade Unter den Linden, Berlin. Das rechts zu sehende Gebäude ist das Palais des Prinzen Heinrich, die heutige Humboldt-Universität.

        Blaue Uniformen, weisse Abzeichen, Knopffarbe silbern. Der allen voran getragene Schellenbaum ist messingfarben mit schwarzem und weissem Rossschweif und schwarzem Adler auf rotem Schild [das unmittelbar dahinter getragene Instrument ist wohl als eine frühe Form des militärischen Glockenspiels anzusehen. Der Musiker, der es spielt, scheint es mit einem kleinen Hämmerchen anzuschlagen]. "Gelbe" Trommeln.

        Im Katalog wird als Entstehungszeit "About 1795" angegeben, in der Legende der Bildtafel heisst es "About 1790".

        Laut Klaus-Peter Merta, Uniformen der Armee Friedrich Wilhelms III., Berlin 1993, S.131) war Alexander Wilhelm von Arnim von 1794-1806 Chef des Regiments und das Regiment war von 1796 bis 1806 in Berlin stationiert. Wie gesagt entsprechen die Uniformen meines Erachtens dem Reglement von 1798, weshalb ich eine Entstehungszeit nicht vor 1798 weiterhin für wahrscheinlich halte.
        Zuletzt geändert von Tellensohn; 22.09.2011, 10:38.

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        • HKDW
          Erfahrener Benutzer
          Colonel
          • 02.10.2006
          • 2969

          #5
          da stimm ich zu, die Kopfbedeckung ist hier ja schon wieder mehr der übliche "Dreispitz" und nicht der flache Zweispitz von 1792

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          • Tellensohn
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 16.02.2011
            • 1253

            #6
            Hier die passende Musik zum Bild:

            "March alla Turke", vor 1800

            Komponist: Anonym

            Quelle: Manuskript MM 183 der Deutschen Staatsbibliothek Berlin.

            Interpret: Bläser des Heeresmusikkorps 6 Hamburg, Ltg. Johannes Schade

            Album: LP So leben wir, so leben wir...500 Jahre deutsche Militärmusik / CD Marschmusik am brandenburgisch-preussischen Hofe 1685-1823 in historischen Originalbesetzungen

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            • Sans-Souci
              Erfahrener Benutzer
              Major
              • 01.10.2006
              • 1847

              #7
              Falls jemand einen Scan der Tafel aus Military Drawings and Paintings in the Collection of Her Majesty The Queen haben will (s/w) - schickt mir eine E-Mail:

              sans-souci@gmx.de

              PS. Schönes Stück, etwas langweilig, aber was konnten die Leute damals für mein heutiges Stilempfinden ?

              Hier ein paar weiterere Märsch, auch für Hoboisten instrumentiert:

              Dessauer:



              Hohenfriedberger:



              "aus der Zeit Friedrichs des Großen":



              Coburger:



              Und, zum Kontrast, der Pariser Einzugsmarsch von 1814:

              Zuletzt geändert von Sans-Souci; 23.09.2011, 20:17.

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              • Tellensohn
                Erfahrener Benutzer
                Chef de Bataillon
                • 16.02.2011
                • 1253

                #8
                @ Sans-Souci

                Musik auf YouTube: Da hatten wir ja denselben Gedanken (s. Unterforum "Kunst")

                Den Marsch aus der Zeit Friedrichs des Grossen und den noch älteren "Dessauer" habe ich allerdings weggelassen - wegen der für die Zeit um 1800 nicht mehr ganz aktuellen Instrumentierung...

                Das Bild der preussischen Militärkapelle habe ich heute neu eingescannt (s. ersten Beitrag des Threads). Es handelt sich um das Bild aus Haswell Miller / Dawnay...

                Mir gefällt ja die Musik ganz gut, gerade auch die von "türkischen" Instrumenten begleiteten Stücke . Mich wundert es einfach immer wieder, dass sich so viele, die so sehr um Authentizität bemüht sind, wenn es um Uniformen etc. geht, mit der zeitgenössischen Musik so gar nichts anzufangen wissen. Aber ich gebe Dir ja recht, es ist halt eine Frage des Geschmacks. Für mich gehört zeitgenössische (Militär)Musik einfach dazu. Die ist für mich so wichtig wie zeitgenössische schriftliche oder ikonographische Quellen. Mit den modern arrangierten, allzu blechernen Humba-Humba-TäTäRä-Versionen alter Märsche kann ich jedenfalls nichts anfangen (ich liebe den Klang von Klarinetten...). Von den vielen unechten Märschen "aus napoleonischer Zeit" will ich schon gar nicht reden. Da wird mir einfach nur übel... Man hört aber natürlich schon, wie sich die Musik im Lauf der Jahre verändert und die anfänglich dominierenden Holzbläser den Blechbläsern zunehmend weichen müssen. So richtig fällt das aber glücklicherweise erst ab dem 2. Viertel des 19. Jahrhunderts ins Gewicht...

                Gruss, T.
                Zuletzt geändert von Tellensohn; 24.09.2011, 00:09.

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                • HKDW
                  Erfahrener Benutzer
                  Colonel
                  • 02.10.2006
                  • 2969

                  #9
                  Ich finde die zeitgenössische Musik sehr interessant und hörenswert, gibt sie doch auch ein Zeitgefühl wieder.

                  Ich denke nur an die schönen Revolutionslieder in "Musketier mit Hieb und Stich" aska L'marriage de l'an 2"

                  Zum Bild - besserer Scan, im Hintergrund - der Musketier scheint doch den zweiklappigen Hut zu haben?

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                  • Tellensohn
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 16.02.2011
                    • 1253

                    #10
                    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
                    Zum Bild - besserer Scan, im Hintergrund - der Musketier scheint doch den zweiklappigen Hut zu haben?
                    Völlig ausschliessen will ich das nicht. Das Buch und damit das bessere Foto habe ich auch erst kürzlich in die Hände bekommen. Über die Hutform bin ich mir jetzt zwar auch nicht mehr hundertprozentig sicher, aber ich tendiere immer noch dazu, eher die neuen Hüte zu erkennen. Die zweiklappigen Hüte waren doch vorn mit dem königlichen Monogramm versehen (wie im Anhang zu sehen; aus Bleckwenn, Unter dem Preussen-Adler), oder war das nicht generell so? Ich kann hier nicht wirklich eines erkennen. Aber wenn tatsächlich zweiklappige Hüte gemeint sein sollten, dann müsste man als Entstehungszeit des Bildes wohl am ehesten den Zeitraum zwischen 1796 (Stationierung des Regiments in Berlin) und 1798/99 (Einführung der neuen Hüte) annehmen. Einverstanden?
                    Zuletzt geändert von Tellensohn; 24.09.2011, 07:45.

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