Zur Uniform der Musiker der 11ème demi-brigade légère um 1800/01

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  • Tellensohn
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    • 16.02.2011
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    Zur Uniform der Musiker der 11ème demi-brigade légère um 1800/01

    Ein zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Nürnberg angefertigter Stich zeigt Uniformen der sogenannten gallo-batavischen Armee, die von Dezember 1800 bis März 1801 in Nürnberg in Garnison lag. Es handelt sich vornehmlich um die Darstellung leichter französischer Infanterie, dazu auch einiger französischer Linieninfanteristen und mehrerer batavischer Soldatentypen. Bei der leichten Infanterie handelt es sich offenbar um Angehörige der 11. Leichten Halbbrigade.

    Mir sind zwei Versionen dieses Stichs bekannt. Eine findet sich in der Bibliothèque Nationale, Paris, die andere im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg. Die Pariser Version ist bei Gallica in Farbe zu sehen http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv...rg+1801.langEN, die Nürnberger Version liegt mir leider nur in S/W vor und findet sich im Anhang zu einem Artikel von Stefan Frank über die gallo-batavische Armee in Depesche Nr.16 (Tafel 3) http://www.napoleon-online.de/Depesche16.pdf. Auffallend ist, dass die Pariser Version zwei Figuren weniger zeigt. Ob die weggelassen wurden oder, umgekehrt, die Nürnberger Version um zwei Figuren ergänzt wurde, kann ich nicht sagen, spielt hier aber auch keine Rolle.

    U.a. findet sich auch die Darstellung eines Musikers der 11. Leichten Halbbrigade (Nr.6). Besonders auffallend an dieser Figur ist die Kombination von spitzem Ärmelaufschlag und roter Aufschlagpatte. Die Knopffarbe scheint "golden" zu sein, die Tressen sind deutlich "gelb". Die Abbildung in Depesche lässt die spitzen Ärmelaufschläge erkennen, leider aber nicht die Patten und die Knopffarbe. Erstere sind nach Stefan Franks Beschreibung aber vorhanden und ebenfalls rot, die Knopffarbe / Tressen werden gleichfalls als "golden" beschrieben.

    Der einzige andere Angehörige des Regiments, dessen Uniform eindeutig spitze Ärmelaufschläge (allerdings ohne Patten) aufweist, ist der Tambourmajor (Nr.10). Die Figur Nr.9, ein Sergent der Chasseurs, hat in der Pariser Version zwar auch spitze Ärmelaufschläge (mit Patten), nicht aber in der Nürnberger Version, wo sie eindeutig rund sind (ebenfalls mit Patten).

    In der Zeitschrift Figurines N°7, Decembre 1995 / Janvier 1996, S.53, findet sich nun zum Vergleich die Abbildung der Portrait-Miniatur eines anonymen Musikers, die sich offenbar in einer Privatsammlung befindet und als "Portrait d’un musicien d’une légion polonaise, vers 1800-1802" (s. Anhang) vorgestellt wird. Ich gehe mit Rigo einig, wenn er sagt:

    "En réalité, nous ne sommes pas tout à fait certain qu’il s’agisse d’une légion polonaise car,...des musiciens...français n’hésitent pas à se coiffer d’une czapska, coiffure alors très à la mode chez les instrumentistes du Consulat...Sans vouloir être absolument affirmatif, le plumet vert à sommet rouge ornant la czapska sans visière nous fait penser à un musicien d’une demi-brigade d’infanterie légère." (Ebd.)

    Meiner Meinung nach ähnelt die Uniform dieses Musikers derjenigen des Musikers der 11. Leichten Halbbrigade ganz ungemein. Massgeblichster Unterschied: die Ärmelaufschläge (mit Patten) sind rund. Die Tressen sind laut Rigo "aurore". Diese Tressen-Farbe soll während des Konsulats für Musiker typisch gewesen sein (so sprechen z.B. Funcken, Les Soldats de la Révolution Française, Paris 1988, S.99, von "galon de fonction aurore (orangé)" [für Musiker]) und sie ist wohl auch auf den Stichen in Paris und Nürnberg zu sehen (also nicht eigentlich "gelb" oder "gold"). Bei der Farbe der Knöpfe hingegen bin ich mir nicht ganz sicher, Rigo sagt dazu nichts. Rigo beschreibt die Farbe des Rockes als "gris de fer" (ebd.), m.E. könnte es sich aber auch um das Blau der leichten Infanterie handeln (evtl. ist die Farbe des Bildes heute etwas verblasst oder die Farbe des Rockes war es bereits, als der Künstler das Portrait gemalt hat?). Auch die Kopfbedeckung stimmt mit derjenigen des Musikers der 11. Leichten Halbbrigade erstaunlich überein. Der trägt m.E. gleichfalls eine Tschapka, die alles in allem ziemlich genau derjenigen der Miniatur entspricht, bis hin zur Farbgebung.

    Dass die Musiker der 11. Leichten Halbbrigade tatsächlich Tschapkas trugen wird auch durch einen weiteren Nürnberger Stich belegt, der den Abzug der Franzosen im März 1801 zeigt. Gezeigt wird ein französisches leichtes Infanterie-Regiment - es kann sich nur um die 11. Leichte Halbbrigade handeln -, an deren Spitze die mit Tschapkas versehenen Musiker der Einheit marschieren. In dieser summarischen Darstellung tragen die Musiker übrigens Uniformröcke mit runden Ärmelaufschlägen, Patten sind aber nicht erkennbar http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv...rg+1801.langEN.

    Wenn die Uniform der Musiker der leichten Infanterie um 1800/1801 nicht weitgehend standardisiert war (evtl. auch nur bei einer Reihe von Regimentern), dann würde ich nicht ausschliessen, dass der anonyme Musiker der Miniatur – trotz leichter Abweichungen bei den Details der Uniform - ein Musiker eben der 11. Leichten Halbbrigade war. Aber, um Rigo zu zitieren, "sans vouloir être absolument affirmatif".

    Mich würde nun vor allem interessieren, für wie wahrscheinlich es andere halten, dass tatsächlich spitze Ärmelaufschläge mit Aufschlagpatten gepaart wurden - und sei es in Einzelfällen - bzw. ob es dafür weitere zeitgenössische Belege gibt. Ich für meinen Teil will nichts ausschliessen. Zu oft bin ich auf zeitgenössisches Material gestossen, das dem vermeintlich einheitlichen Erscheinungsbild bestimmter militärischer Branchen, so wie es uns vornehmlich von Uniformkundlern des letzten Jahrhunderts präsentiert worden ist, oder auch den offiziellen Verordnungen, deutlich widerspricht (auf dem vorliegenden Stich findet sich übrigens noch so eine "Regelwidrigkeit": Der Rock der Figur Nr.4, ein Offizier der Linieninfanterie, weist zugespitzte statt, wie zu erwarten, unten gerade Rabatten auf, und zwar in der Pariser wie in der Nürnberger Version des Stiches). Und wenn ein Yves Martin in einem Artikel über die Uniformen der Musiker der Gardegrenadiere in Konsulat und Frühzeit des Empire feststellt, dass selbst bei den Abbildungen und Beschreibungen dieser Gardemusiker (Potrelle, Châtaignier, Hoffmann, Ladrix) kein einheitliches Bild von deren Uniform zu erhalten ist, dann will ich ihm in keinster Weise widersprechen, wenn er sagt: "Même si la notion d’uniforme existe, elle n’est en rien similaire à celle que nous lui attribuons aujourd’hui et il nous la faut comprendre selon les contraintes de cette époque: coût des matériaux, manque de drap, etc." (in: La revue Napoléon, Numéro 16, Novembre 2003, S.84).
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