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Eichung der Visur: Wir finden bei Scharnhorst ein Verfahren, welches über das Fluchten von Pfählen mit Holzplatten bis auf ca. 30 Schritt funktioniert. Die Visurlinie des Geschützes wird mit der Reihe Pfähle gefluchtet; die durchschlagenden Holzplatten werden so ausgewertet, daß die Horizontale Abweichung von der Visurlinie vermessen wird. Die Abweichungen sollen hauptsächlich durch das Spiel der Kugel entstehen, so daß hier eine ganze Serie von Schüssen erforderlich wird, um die Streuung durch Mittelwertbildung zu eliminieren.
G. von Scharnhorst: Handbuch der Artillerie, Band 1, Seite 112: XIII Versuche zur Bestimmung der Abweichung der Kugeln ... von der Axe der Seele.
Allerdings beantwortet das nicht die Frage, wie man die korrekte Lage von Kimme und Korn schon vor dem Gießen bestimmt. Meine Vermutung ist, daß das Korn nur ungefähr plaziert wurden, um dann nach dem Guß genau abgefeilt zu werden.
Hab jetzt mal im Malinoswski & Bonin nachgeschlagen.
1812 wurde die erste Normal-Tabelle (Nomal = zur Norm dienend) aufgestellt, mit deren Hilfe auch die kleinsten Teile des Geschützrohres nicht mehr der Willkür überlassen blieben.
1819 wurden dann lithographierte Maßtafeln und Zeichnungen für die Konstruktion der Feldkanonen veröffentlicht, die bis 1842 oder gültig blieben, auch wenn es natürlich im Laufe der Jahre noch Ergänzungen und Abänderungen im Detail gab.
Bd. 2, S. 117 (über bronzene Kanonen):
Alle seit 1827 construirten schweren Defensions- und Belagerungskanonen sind verglichen. Sie haben zu dem Ende hinten auf der höchsten Friese eine Platte zum Aufstellen des hölzernen Aufsatzes, und auf dem Kopfe ein breites Vergleichskorn, welches, wie jene Platte, mit einm Visireinschnitt von 0,05'' Tiefe versehen ist.
S. 122 (über eiserne Kanonen):
Die Visireinrichtung wurde bei den Festungsgeschützen erst in neuerer Zeit ein Gegenstand größerer Aufmerksamkeit. Die Geschütze hatten gewöhnlich nur ein Korn von unbestimmter Höhe, und dazu höchstens einen Visireinschnitt auf der Bodenfriese; daher hatte auch jedes Geschütz einen anderen Visirwinkel. Bei den 6pfündern von 1813 betrug er zwar 45 Minuten; allein [=aber] diese waren Feldgeschütze. 1824 wurde dieser Winkel für alle Festungskanonen auf 25 Minuten gesetzt; allein [=erst] seit 1830 werden sie verglichen.
Es gibt also anscheinend die Stufenfolge:
- Geschütz mit beliebigem Visirwinkel
- Gechütz mit festgelegtem Visirwinkel
- verglichenes Geschütz
Möglicherweise ist das verglichene Geschütz eines mit Einschnitt auf Korn und Bodenfries ?
Ich würde eher annehmen, daß die Visur immer geeicht war, während die Dimensionen und die Verarbeitung des Geschützrohres erst nach den Napoleonischen Kriegen "verglichen" wurden.
Aber das ist mangels Quellenbelegen im Moment leider nur Spekulation meinerseits, ebenso wie die Gleichsetzung "vergleichen = eichen".
Aber auch die Kanonen der Feldartillerie müßten doch eine geeichte Visur gehabt haben
@Oli. Deckers Anmerkung zeigt m.E., daß dem möglicherweise nicht so war.
Er habt ausdrücklich darauf ab, daß die meisten Feldgeschütze nicht verglichen waren.
Auch wenn uns das unglaublich vorkommt (nach 20 Friedensjahren).
Wat ham die die janze Zeit jemacht bei Preußens?
Gruß
Jörg
P.S. Wenn man sich dann noch ins Gedächtnis ruft, welche Pleiten es in den 30er, 40er Jahren des 19.Jh. mit den Landwehren gegeben haben soll, zweifelt man daran, daß die preußische Heerführung aus Jena was gelernt hat.
"Verglichene Kanone" ist hier wohl auch im Sinne einer geeichten Visur zu verstehen [...]
Aber auch die Kanonen der Feldartillerie müßten doch eine geeichte Visur gehabt haben, ansonsten wäre das Geschütz doch weitgehend wertlos, oder zumindest nur schwer mit Effekt zu gebrauchen gewesen ?
"
Dieser Schuß kann nur mit verglichenen Kanonen präzise gerichtet werden., die Kanonen der Feldartillerie sind aber meistens nicht verglichen....."
"Verglichene Kanone" ist hier wohl auch im Sinne einer geeichten Visur zu verstehen, d.h. die senktrechte Projektion der Visurlinie (d.h. die Linie über Kimme und Korn beim Kernschuß) fällt direkt auf die Seele der Geschützröhre. Andernfalls muß man beim Visieren rechts oder links vorhalten.... Wie man das untersuchen und markieren kann (außer mit dem Kernschuß, versteht sich) findet sich sicher bei Decker u.ä. Quellen.
Der Vergleich wird noch in einem 2. Sinne verwendet, nämlich um bei sonst konstanten Parametern, den Einfluß einer einzigen veränderlicher Größe zu untersuchen, wie z.B. den Einfluß der Kammerform (Konisch / zylindrisch etc) auf die Wurfweite der Mörser, siehe:
G. v. Scharnhorst: Handbuch der Artillerie, Band 1, Hanover, 1804, S. 101 ff:
VIII: Bei allen Versuchen, wo man Geschütze verschiedener Einrichtungen mit einander vergleicht, müssen gleiche Umstände statt finden; gleiches Gewicht der Kugeln oder Bomben, gleicher Spielraum, gleiches Pulver u,s.w. Alle diese Umstände müssen sorgfältig in dem Protokoll vermerkt werden, und da nie vollkommene Gleichheit zur erhalten ist, so muß der kleine Unterschied der Ungleichheit angemerkt werden.
Es gab im Jahre 1829 in der preußischen Armee eine Vorschrift zur Untersuchung neuer und alter Geschützröhren. Aus welchem Jahr sie stammt, weiß ich leider nicht, sie ist auf den S. 45-61 des 1829 erschienenen Leitfadens für den Unterricht in der Artillerie der Kgl. Preuß. Brigade-Schulen wiedergegeben.
Dabei wurden zunächst die Dimensionen und Verarbeitung des Geschützrohres überprüft (sehr genau, 69 Einzelüberprüfungen) und anschließend das Rohr beschossen (= überprüft, ob es das Feuern aushielt, ohne Schäden davonzutragen).
Möglicherweise ist mit "Vergleichen" diese Überprüfung gemeint. Also eine Art Eichung. In der Vorschrift wird bei der Untersuchung der in den Beständen vorhandenen Geschützrohre zwischen bei der Abnahme vom Gießer bereits vollständig untersuchten und "früher noch gar nicht vollständig" untersuchten Röhren gemacht.
Die vollständig untersuchten Röhren wurden mit zwei sich rechtwinklig kreuzenden Strichen an der Mündung gekennzeichnet.
Hast Du die genaue Quellenangabe (Seite ?) bei Decker ?
Der Unterschied war in Anwendung dieser Schusse. Der Rollschuss war durch Feldartillerie angewendet und die Kugel schlug, bei Erhohung von 15 bis 20 Grad, nach erste Aufschlage uf 600 oder 800 Schritt und nach vielen Aufschlagen noch bis 1500 Schritt weiter. Was die Rikoschetschuss betrifft, so sie war in festungskrieg angewendet entstandet sie mit schwacher Pulverlandunge und Erhohungen bei Kanonen von 3 bis 8 Grad und bei Haubitzen von 3 bis 12. Die Kugel oder Granate machten 1 oder 2 Aufschlage max. auf 600 - 800 Schritt und sprangen oben niedrige Walle und Traversen. Diese Schusse waren in Festungskrieg angewedet (erstmal: Vauban bei Ath belagerung 1697)
Zuletzt geändert von scharfschutze; 22.10.2006, 23:47.
"Den Kernschuß wendet man auf kurze Entfernungen (400 bis 500 Schritt) da an, wo man durch eine Vollkugel mehr Wirkung abzusehen glaubt als durch einen Kartätschschuß..... Dieser Schuß kann nur mit verglichenen Kanonen präzise gerichtet werden., die Kanonen der Feldartillerie sind aber meistens nicht verglichen....."
"Der Rollschuß findet auf Entfernungen über 1200 Schritt .... statt. ...
Rikoschetschüsse... kommen im Felde nicht vor."
Soweit Carl v.Decker in "Taktik der Artillerie", VRZ Verlag Hamburg, Sonderheft 7
Daraus ergeben sich für den Nicht-Artilleristen natürlich 2 Fragen:
- Was heißt Kanonen vergleichen?
- Bisher dachte ich, daß Roll- und Rikoschett-Schüsse das gleiche sind. Offensichtlich ja nun nicht.
Worin besteht der Unterschied?
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