Kavallerie: Waffen, Handhabung

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  • Kaiserulan
    antwortet
    Friedrich verlangte meist mehr, als erreicht werden konnte.

    Aber er muss schon etwas von Kavallerie verstanden haben, da er sie zum letzten Mal in der Kriegsgeschichte zur effizienten, schlachtenentscheidenden Waffe formte. Alles, was danach kam, konnte die Effektivität und den Leistungsstand der Kavallerie eines Seydlitz im Siebenjährigen Krieg nicht mehr erreichen. Wobei der Leistungsabfall der preußischen Kavallerie schon in der Friedenszeit nach 1763 einsetzte.

    In der Attacke verbot Friedrich ja auch bekanntlich den Schusswaffengebrauch, da Schocktaktik, Geschlossenheit und Schnelligkeit der entscheidende Moment war und die Handhabung der Schusswaffe hier wertvolle Zeit kostete.

    Ich würde aber dennoch die Pistole als Kavalleriewaffe nicht unterschätzen. War sie doch über 150 Jahre (beginnend mit den ersten Reiterregimentern im Schmalkaldischen Krieg Mitte des 16. Jahrhunderts) die Primärwaffe der deutschen Reiterei. Wenn sie so nutzlos gewesen wäre, hätte sie sich nicht so lange halten können.

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  • Gunter
    antwortet
    "sich angewöhnen, im Trab und Galopp mit Karabiner und Pistolen akkurat und nach dem Ziele zu schießen"

    Das lässt mich ernsthaft daran zweifeln, dass Friedrich wirklich was von Kavallerie verstand. Manche seiner anderen Forderungen die Kavallerie betreffend waren genauso sinnlos.
    Da ist das sächsische Kavalleriereglement in der napoleonischen Zeit aber wesentlich realistischer, denn es bezeichnet den Karabiner als Angriffswaffe, die Pistolen als reine Verteidigungswaffe. Im Grunde galt beim Angriff aber nur der Säbel als entscheidend. Es ist ja auch kein Zufall, das in mehreren Armeen die Kavalleristen nur noch je eine Pistole bekamen. Völlig ausreichend zum Lärmschlagen, sonst aber kaum brauchbar.

    Grüße,

    Gunter

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  • Kaiserulan
    antwortet
    Bayern war bei der Kavallerietaktik im Prinzip nicht anders als Preußen. Mal davon abgesehen, dass vielleicht bis Ende des 18. Jahrhundert noch mehr als in Preußen geballert wurde.

    War es doch Friedrich der Große, welcher die Attacke allein mit der blanken Waffe als absolutes Muss definiert hatte, um durch Schnelligkeit maximale Schockwirkung zu erreichen.

    Die bayerischen Ulanen und Chevaulegers waren im übrigen noch im 70/71er Krieg mit Vorderladerpistolen bewaffnet. Auf Grund ihrer Kampfentfernung im Vergleich zu den modernen Infanteriegewehren waren sie jedoch mehr oder minder nutzlos. Nach dem Krieg wurden dann auch Karabiner eingeführt. Diese wurden dann jedoch nur mehr für das Gefecht zu Fuss verwendet. Der Mündungsknall der neuen rauchlosen Munition war so hoch, dass man die Pferde in der Regel nicht mehr an den Schuss vom Pferd gewöhnen konnte, zumal das taktisch auch keinen Sinn mehr machte.

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  • Marie_Louise
    antwortet
    Das sind äußerst aufschlussreiche Zitate aus den Reglèments, danke!

    Mich würde auch interessieren wie es diesbezüglich in der bayerischen Armee ausgesehen hat, da werde ich mich wohl einmal schlau machen müssen, obschon ich wohl denke dass das Prinzip recht verbreitet gewesen sein muss.

    Eure Zitate beweisen ja, dass das Schießen zu Pferde im Gefecht jedenfalls praktisch möglich und vor allem tatsächlich vorgesehen war, wenn auch wohl die Frage ist, welchen Stellenwert die Pistolen im Vergleich mit den Blankwaffen tatsächlich einnahmen.

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  • Kaiserulan
    antwortet
    Lassen wir doch weiter den preussischen Generalstab zu Wort kommen:

    Das Flankieren hatte der König wohl hauptsächlich im Auge, als er nach dem Kriege 1763 den für damalige Schußwaffen reichlich viel verlangten Befehl erließ, die Reuter sollten "sich angewöhnen, im Trab und Galopp mit Karabiner und Pistolen akkurat und nach dem Ziele zu schießen. (Instruktion 11.5.1763) Zur Zeit Friedrichs des Großen wurden bei der Kavallerie 12 Mann jeder Eskadron als Flankeurs ausgebildet.
    Auch die Karabiniers flankierten nicht nur mit den Pistolen, sondern auch mit ihrem gezogenen Karabiner; sie schossen in der Exerzierzeit wöchentlich dreimal nach der Scheibe, die vier bei jeder Eskadron auch außer der Exerzierzeit Diensttuenden den Sommer hindurch zweimal wöchentlich. Verlangt wurde, "daß sie womöglich zu Pferde auf 100 Schritt einen Mann zu treffen imstande sind."

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  • HKDW
    antwortet
    Da besteht halt ein enormer Unterschied zwischen dem Schießstand und im Gefecht Praxis, siehe ja auch die Versuche von Scharnhorst.

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  • Voltigeur
    antwortet
    Mit einer Pedersoli 1777er Pistole ( Logisch, Nachbau )
    stehend ( einfacher ) auf 50m mit einer Schweizer A Scheibe ( 1 mal 1m )
    war jeder Schuss ein Treffer.
    In einem Viereck von nur 20 mal 20 cm waren alle mit ihren 10 Schuss, 15 verschiedene Schützen haben das zusammen gebracht.
    Da sollte auf 50 Schritt schon einiges möglich sein, vorallem bei geschlossenen Massen wo man nicht ziehlen muss.

    Grüsse vom Voltigeur
    Zuletzt geändert von Voltigeur; 19.04.2009, 23:14.

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  • Kaiserulan
    antwortet
    "Der preussische Kavalleriedienst vor 1806" von Jany (herausgegeben 1904 vom Großen Generalstab, Kriegsgeschichtliche Abteilung II) sagt dazu:

    "Die Flankeurs machten immer zu je zweien gemeinsame Sache; sie hatten den Degen (Säbel) am Faustriemen hängen und eine Pistole aufgenommen. So ritten sie im Trabe in einer großen Acht oder in vielen kleinen Volten und hielten möglichst wenig still, vermieden auch große Zirkel, um kein sicheres Ziel zu bieten. Dabei hielten sie den Gegner fortgesetzt scharf im Auge, im günstigsten Augenblick musste geferut und dann im Weiterreiten geladen werden, worauf der begleitende Flankeur zum Schuss zu kommen suchte."

    "Im Kriege bestimmt die feindliche Kugel die Entfernung der Flankeurlinie auf 50 bis 80 Schritt."

    "In dieser Art umschwärmten die Flankeurs auch feindliche Infanterie, indem sie einzeln heranprellten, feuerten oder auch nur durch häufiges Anschlagen die Infanterie unruhig machten. Bei den geringen Schussweiten jener Zeit hatte sie diesem Verhalten wenig entgegenzusetzen. Dem Reiter aber war es möglich, aus nächster Nähe, geschlossene Massen empfindlich zu belästigen."

    "Der geübte Schütze trifft sicher nur auf 15 bis 20 Schritt."

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  • Sans-Souci
    antwortet
    Da der Ladestock der Pistole oder des Karabiners kürzer ist als der der Muskete, kann man ihn - theoretisch - leicht direkt am dicken Ende packen, mit dem kleinen Finger derselben Hand die Mündung umfassen und ihn so leicht in den Lauf stecken und weiterladen.

    Natürlich habe ich das noch nicht selber praktisch ausprobiert. Sicherlich braucht man dazu etwas Übung. Die Frage ist auch, wann es nötig sein könnte, im Trab oder gar Galopp zu laden.

    Aus dem 1812er Exerzir-Reglement für die Kavallerie der Königlich Preußischen Armee (S. 144, im vierten Abschnitt: Flankiren.):
    Um sich nicht als sicheres Ziel hinzugeben, bleiben sowohl die Flankeurs als auch die Büchsenschützen in einer fortwährenden mäßigen Bewegung in welcher auch das von neuem Laden bewirkt werden muß. [...] Das Schießen geschieht im Stillhalten, doch darf dies nur augenblicklich sein, um nicht zur Schußscheibe zu dienen.
    Man beachte den Ausdruck "mäßige Bewegung".

    Für das Verfahren bei den Preußen vor 1812 und in anderen Nationen muß man natürlich die jeweiligen Reglements konsultieren.
    Zuletzt geändert von Sans-Souci; 19.04.2009, 21:43.

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  • HKDW
    antwortet
    Was machst du mit dem Ladestock, also Laden einer Muskete im Gehen - schon möglich aber zumindest beim Ladestock in Lauf und wieder an den Ort ist ein kurzer Stopp doch vom großem Vorteil.

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  • Voltigeur
    antwortet
    Nachladen im Trab geht ohne weiteres, man verschüttet zwar einbischen, ( mit übung immer weniger ) aber für einen brauchbaren Schuss genügt es allemal. ( Scharfen Schuss )
    Nachladen war aber nicht unbedingt interessant, da war man ja schon so nahe das man den Säbel nahm.

    Grüsse vom Voltigeur
    Zuletzt geändert von Voltigeur; 19.04.2009, 18:33.

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  • HKDW
    antwortet
    Nachladen im Stehen

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  • Marie_Louise
    antwortet
    Wie muss man sich das Nachladen bei der Kavallerie eigentlich vorstellen? Im Trab oder Galopp oder wahrscheinlich sogar im Schritt wird das wohl schwer möglich gewesen sein, vermute ich einmal. Aber mitten in der Aktion deswegen durchzuparieren stelle ich mir eher suizidal vor...

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  • HKDW
    antwortet
    an die Wirkung von Pistolenschützen die im Kreis reiten und auf Infanterie schießen - glaub ich überhaupt nicht, die Pistole hat eine lächerliche Reichweite bzw. Präzision. Da konnte die Infanterie mit den Musketen schon besser wirken.
    Da galt es wohl eher das Feuer abzulocken um attakieren zu können, wenn die Infanterie laden mußte.
    Beim Plänkeln und auf Vorposten wurden ja sehr wohl der Karabiner und auch die Pistole gebraucht - Vorteil, man mußte nicht in den unberrechenbaren und gefährlichen Nahkampf mit der blanken Waffe.

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  • Kaiserulan
    antwortet
    Nun. Ganz so nutzlos kann die Pistole nicht gewesen sein.

    Im 16. und 17. Jahrhundert war sie die Hauptwaffe der Kürassiere. Da wurde bei Karakole oder Attacke erst die Pistole gebracht. Der Degen war die Sekundärwaffe. Allerdings war damals - auch auf Grund des Pferdematerials - die Attacke vorwiegend im Trab üblich.

    Selbst in der Kavallerie Friedrichs des Großen, der ja bekanntlich die Attacke ausschließlich mit der blanken Waffe befahl, gab es die Taktik der Flankeurs. Das waren erfahrene Reiter, die geschlossene Infanterieformationen einzeln mit Pistole oder Karabiner angriffen und nicht unerhebliche Verluste erzeugen konnten. Sie manövrierten in abrupten Kreisen im Trab vor den Infanterieformationen und feuerten und luden ihre Feuerwaffen nach. Das Prinzip war einfach. Die Feuerwaffen waren nicht sehr zielgenau. Ein einzelner Reiter, der abrupte Kreise ritt, war schwer zu treffen. Der Reiter gedoch hatte in der geschlossenen Infanterieformation ein großes Ziel.

    Und dann ritt die konföderierte Kavallerie im Amerikanischen Bürgerkrieg ausschließlich Revolverattacken. Das war anscheinend einfacher zu trainieren und ausserdem hatten die Südstaaten Problem, in ausreichender Stückzahl Blankwaffen zu produzieren.

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