Ich denke, dass es sich bei den beiden Sytemen Auftags- und Befehlstaktik keinesfalls nur um ein Problem der Theorie handelt. Das sogenannte "Frontschwein" hat in dieser Thematik überhaupt keine Relevanz, weil es am Ende der Befehlskette steht und es in den Führungsvorgang überhaupt nicht in dem Maße eingebunden ist, wie die Offiziere. Auch ein Einheitsführer wird mit dieser Thematik relativ wenig zu tun haben, ein Zugführer noch weniger. Von einem Bataillonskommandeur wird allerdings schon erwartet, dass er den entscheidenden Unterschied zwischen Befehls- und Auftragstaktik verstanden hat. Für die höheren Kommandostäbe ist das Verständnis dieses Unterschieds unverzichtbar. Heutzutage wird jeder angehende Leutnant, der in naher Zukunft als Teileinheitsführer eingesetzt wird, auf den entsprechendenTaktiklehrgängen an der Offiziersschule nicht auf der Kompanieebene ausgebildet, sondern in die Lage des Bataillonskommandeurs versetzt, damit von Anfang an bei den jungen Offiziersanwärtern die Umsetzung der Absicht der übergeordneten Führung eingeübt werden kann. In diesem Punkt unterscheiden sich Befehls- und Auftragstaktik diametral voneinander. Die zweite erfordert von der höheren Ebene ein sehr gesundes Vertrauen in den richtigen lageorientierten Entschluss der Unterführer. Auf die eigenständige Lagebeurteilung wird deshalb in der heutigen Offiziersausbildung als ein verständlicher Schwerpunkt gesetzt. Diese eigenständige Lagebeurteilung hat in der Schule der Auftragstaktik deshalb auch einen ganz anderen Stellenwert als in der Offiziersausbildung von Armeen, die überwiegend befehlstaktisch ausgerichtet sind. Dort wird auf den eigenständigen Entschluss weniger Wert gelegt und das Verantwortungsgefälle ist dort eben auch sehr unterschiedlich angelegt.
Dies führte unter anderem auch zu der äußerst schwierigen Situation 1990, als entschieden werden musste, wie mit einem Großteil der NVA-Offiziere verfahren werden sollte, als es um eine weitere Verwendung in der Bundeswehr ging. Wie sollte es realisiert werden können, befehlstaktisch ausgebildete NVA-Offiziere in ein System zu übernehmen, das auftragstaktisch organisiert ist. Das lässt sich ohne langfristige "Umschulung" kaum bewerkstelligen.
Vor diesem Hintergrund ist die Ausrichtung auf Befehls- oder Auftragstaktik alles andere als ein theoretisches Problem, weil es grundlegend in die Offiziersausbildung und weite Teile der grundsätzlichen Menschenführung eingreift. Daraus resultiert auch, wie ein Generalstab die operative Planung seiner Truppe organisiert und das eigene Offizierskorps zu selbstständigem Denken und Handeln erzieht
Ich persönlich sehe, bezogen auf die napoleonischen Kriege, die Generalstabsarbeit unter Blücher/Scharnhorst/Gneisenau viel mehr in Richtung Auftragstaktik gehen als bspw. die Ausrichtung Napoleons, bei dem der Schwerpunkt der operativen Führung typische Zeichen von Befehlstaktik offenbart. Selbstverständlich sagt die Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen Führungs- oder Befehlssystem nichts über die Güte der operativen Planung aus.
Aber ein typisches Beispiel für die Widrigkeiten napoleonischer Befehlstaktik bietet der Feldzug von 1815. Mal abgesehen davon, dass die Stabsarbeit in der improvisierten Armee du Nord eher suboptimal organisiert war, hätte eine genaue Darlegung der operativen Absicht durch Napoleon und ein besser ausgebildetes, sich an den Maßstäben eigener Lageeinschätzung und Entschlsussfindung orientiertes Handeln der Unterführer wohl nicht zu solchen operativen Fehlleistungen ausgeweitet. Ein in Auftragstaktik geschultes Armeeoberkommando und Generäle, die lange Jahre in eigener Lagefeststellung und Entschlussfassung geübt gewesen wären, hätte vermutlich die operative Lage Quatre-Bras - Ligny anders eingeschätzt und das sinnlose Hin- und Hermarschieren des I. Korps unter Drouet d'Erlon wäre vermutlich unterblieben.
Ein weiteres gutes Beispiel ist die operative Planung Napoleons hinsichtlich der Schlacht von Bautzen, die in ihrer Anlage alle Möglichkeiten eines entscheidenden Umfassungmanövers bot, das aber augenscheinlich scheitern musste, weil die Generalität zum einen über die Absicht des Oberkommandierenden nicht restlos aufgeklärt war, sie aber des Weiteren auch gar nicht in der Lage war, die für die Umsetzung einer solchen Planung erforderliche eigene Handlungs-, Beurteilung- und Entschlusskraft an den Tag zu legen. Die französische Generalität war dazu einfach nicht ausgebildet. Ein Offizierskorps, das nach den heutigen Grundsätzen des Führens nach Auftrag ausgebildet worden ist, hätte diese operative Planung möglicherweise zum Erfolg führen können.
Dies führte unter anderem auch zu der äußerst schwierigen Situation 1990, als entschieden werden musste, wie mit einem Großteil der NVA-Offiziere verfahren werden sollte, als es um eine weitere Verwendung in der Bundeswehr ging. Wie sollte es realisiert werden können, befehlstaktisch ausgebildete NVA-Offiziere in ein System zu übernehmen, das auftragstaktisch organisiert ist. Das lässt sich ohne langfristige "Umschulung" kaum bewerkstelligen.
Vor diesem Hintergrund ist die Ausrichtung auf Befehls- oder Auftragstaktik alles andere als ein theoretisches Problem, weil es grundlegend in die Offiziersausbildung und weite Teile der grundsätzlichen Menschenführung eingreift. Daraus resultiert auch, wie ein Generalstab die operative Planung seiner Truppe organisiert und das eigene Offizierskorps zu selbstständigem Denken und Handeln erzieht
Ich persönlich sehe, bezogen auf die napoleonischen Kriege, die Generalstabsarbeit unter Blücher/Scharnhorst/Gneisenau viel mehr in Richtung Auftragstaktik gehen als bspw. die Ausrichtung Napoleons, bei dem der Schwerpunkt der operativen Führung typische Zeichen von Befehlstaktik offenbart. Selbstverständlich sagt die Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen Führungs- oder Befehlssystem nichts über die Güte der operativen Planung aus.
Aber ein typisches Beispiel für die Widrigkeiten napoleonischer Befehlstaktik bietet der Feldzug von 1815. Mal abgesehen davon, dass die Stabsarbeit in der improvisierten Armee du Nord eher suboptimal organisiert war, hätte eine genaue Darlegung der operativen Absicht durch Napoleon und ein besser ausgebildetes, sich an den Maßstäben eigener Lageeinschätzung und Entschlsussfindung orientiertes Handeln der Unterführer wohl nicht zu solchen operativen Fehlleistungen ausgeweitet. Ein in Auftragstaktik geschultes Armeeoberkommando und Generäle, die lange Jahre in eigener Lagefeststellung und Entschlussfassung geübt gewesen wären, hätte vermutlich die operative Lage Quatre-Bras - Ligny anders eingeschätzt und das sinnlose Hin- und Hermarschieren des I. Korps unter Drouet d'Erlon wäre vermutlich unterblieben.
Ein weiteres gutes Beispiel ist die operative Planung Napoleons hinsichtlich der Schlacht von Bautzen, die in ihrer Anlage alle Möglichkeiten eines entscheidenden Umfassungmanövers bot, das aber augenscheinlich scheitern musste, weil die Generalität zum einen über die Absicht des Oberkommandierenden nicht restlos aufgeklärt war, sie aber des Weiteren auch gar nicht in der Lage war, die für die Umsetzung einer solchen Planung erforderliche eigene Handlungs-, Beurteilung- und Entschlusskraft an den Tag zu legen. Die französische Generalität war dazu einfach nicht ausgebildet. Ein Offizierskorps, das nach den heutigen Grundsätzen des Führens nach Auftrag ausgebildet worden ist, hätte diese operative Planung möglicherweise zum Erfolg führen können.
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