Zweigliedrige Anordnung der Infanterie

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • HKDW
    Erfahrener Benutzer
    Colonel
    • 02.10.2006
    • 2971

    #31
    Interessant, vielleicht wirkte hier das englische Vorbild - Marmont, Gouvion St. Cyr, Pelet, Lamarque, Fririon waren auf der Peninsula eingesetzt...
    Liegt eventuell auch am Gelände und Zusammensetzung der Armeen.

    Kommentar

    • admin
      Administrator
      Colonel
      • 30.09.2006
      • 2692

      #32
      Im Rahmen meiner Recherchen zum besonderen Reglement der Württembergischen Infanterie (zwei- und dreigliedrig) bin ich in einer Erinnerung eines Offiziers aus dem Feldzug von 1813 auf den Hinweis gestoßen, dass Napoleon vor der Völkerschlacht die Fechtweise aller Infanterieeinheiten in zweigliedriger Formation befohlen hat.

      In der umfangreichen Correspondance générale, Band 14, findet sich auf Seite 789 tatsächlich dieser Befehl, den ich hier sinngemäß übersetzt wiedergebe:

      Duben, 13. Oktober 1813
      Mein Cousin [Berthier], erteilen Sie der Armee den kaiserlichen Befehl, dass sich ab heute die gesamte Infanterie der Armee in Bataillonen zu zwei Gliedern anstatt von drei Gliedern aufstellt. Seine Majestät erachtet die Feuerkraft und die Bajonette des dritten Gliedes als nutzlos. Wenn die Bataillone in engen Divisions-Kolonnen agiert, bietet die zweigliedrige Formation sechs Glieder und drei feuernde Glieder, was ausreichend ist, und hat den Vorteil einer Verlängerung der Breite eines Bataillons um ein Drittel. So hat diese Formation auch den Vorteil, dass zu Beginn einer Schlacht der Feind die Armee ein Drittel stärker vermutet als sie tatsächlich ist.
      Als wenig mit den Feinheiten des Reglements Betrauter hat mich ein Satz etwas verwirrt, den ich vielleicht auch nicht richtig übersetzt habe ... daher hier noch das französische Original dieser Passage: "...la formation sur deux rangs offre six rangs et trois rangs de feu, ce qui est suffisant,..."

      Wegen der Württembergischen Kampfweise liefern die Memoiren leider nur wenig Hinweise auf diese zweigliedrige Fechtweise, vor kurzem bin ich aber auf einen interessanten Hinweis gestoßen, dass der französische Divisionär im 3. Armeekorps 1812 bei einer Vorführung der Evolutionen einer württembergischen Infanterieeinheit diese negativ bewertete und meinte "er könne mit diesen überhaupt nichts anfangen".

      Schöne Grüße
      Markus Stein
      "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben

      Kommentar

      • HKDW
        Erfahrener Benutzer
        Colonel
        • 02.10.2006
        • 2971

        #33
        In der Tat der bekannte Befehl Napoleons vor der Schlacht von Leipzig, der eigentliche Grund (natürlich jetzt etwas kaschiert) war, dass seine Infanterie durch die Hin- und Hermarschiererei starke Verluste erlitt - durch die Zweigliedrige Aufstellung konnte zumindest jedoch eine Optik eines normal starken Bataillons erzeugt werden - da 600 Soldaten zweigliedrig die gleiche Frontbreite wie 900 Soldaten dreigliedrig einnahmen, verlängert hat er ja nichts sondern nur erhalten. Die andere Aussage versteh ich auch nicht ganz, ok in colonne de division dann 6 Glieder ok, aber 3 Glieder feuern???

        Kommentar

        • Sans-Souci
          Erfahrener Benutzer
          Major
          • 01.10.2006
          • 1850

          #34
          "Lorsque les bataillons se rangent en colonnes serrées par division, la formation sur deux rangs offre six rangs et trois rangs de feu; ce qui est suffisant."

          Du hast es im Prinzip richtig übersetzt, nur daß der terminus technicus "geschlossene Divisions-Kolonne" ist.

          Der Schlachtenmeister hat hier aber anscheinend etwas den Kontakt zur niederen Infanterie-Taktik verloren.

          In der geschlossenen Kolonne der Franzosen (unten ein Beispiel mit 4 Pelotons) ist der Abstand zwischen dem letzten Glied der vorderen Division (= 2 Pelotons nebeneinander) und dem ersten Glied der dahinter stehenden Division immer drei Schritt. In diesem Zwischenraum befinden sich die schließenden Unteroffiziere (hinter ihrem Peloton) und die Chefs de Division (vor der Mitte ihrer Division).

          Das bedeutet, daß bei einer Formation in Pelotons zu je zwei Gliedern das dritte Glied einer geschlossen Kolonne (also das erste der zweiten Division), nicht ohne große Unordnung am Feuergefecht teilnehmen könnte.


          leip13-7.jpg
          Zuletzt geändert von Sans-Souci; 18.08.2023, 14:42.

          Kommentar

          • HKDW
            Erfahrener Benutzer
            Colonel
            • 02.10.2006
            • 2971

            #35
            Dazu kommt noch, waren die Elite Kompanien abwesend, blieb nur noch gewöhnlich die Bataillonskolonne mit einer Kompanie Frontbreite, aber ob nun 2 oder eine Kompanie, was soll da ausreichen an Feuerkraft??

            Kommentar

            • Sans-Souci
              Erfahrener Benutzer
              Major
              • 01.10.2006
              • 1850

              #36
              Aber vielleicht sind diese "drei" feuernden Glieder nur ein Schreibfehler für "zwei" feuernde Glieder, der immer kopiert wurde ? Denn Napoleon schreibt ja selber im Satz zuvor, daß das Feuer des dritten Gliedes wirkungslos ("de nul effet") sei, weshalb sollte er es dann doch beibehalten ?

              Hier noch die früheste gedruckte Wiedergabe des Befehls, die ich gefunden habe, aus dem Spectateur Militaire von 1826:

              Kommentar

              • HKDW
                Erfahrener Benutzer
                Colonel
                • 02.10.2006
                • 2971

                #37
                Napoléon faselt vieles zusammen, da muss man die Politik dahinter verstehen, die 2 Glieder sind alleine der schwachen Stärke seiner Bataillone geschuldet, das hat überhaupt nichts mit den Feuern zu tun - aber er muss seinen Befehl verkaufen - wenn das Feuern des 3. Gliedes Null Effekt hat. warum dann 1815 wieder dreigliedrig?

                Kommentar

                • HKDW
                  Erfahrener Benutzer
                  Colonel
                  • 02.10.2006
                  • 2971

                  #38
                  @ Markus, der negative Kommentar über die Württemberger, wohl zweigliedrig aufgestellt, verwundert mich auch schon, da die Franzosen das auch schon vor 1813 des öfteren anwendeten, also dürfte Zweigliedrigkeit eher bekannt gewesen sein.


                  D'après les ordres de Reille, l'attaque des divisions Lamartinière et Maucune aurait dû partir avec ensemble de la terrasse boisée où elle était massée et cheminer lentement, les troupes ployées en colonnes ou déployées sur deux rangs, précédées et flanquées de petits détachements de tirailleurs (2).
                  (2) Ordre du 30 août (Corresp. armée de Portugal).


                  L'évacuation de l'Espagne et l'invasion dans le Midi, t. 1, p. 308.
                  https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k6541894n/f320

                  Wer war denn der franz. General??

                  Kommentar

                  • admin
                    Administrator
                    Colonel
                    • 30.09.2006
                    • 2692

                    #39
                    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
                    @ Markus, der negative Kommentar über die Württemberger, wohl zweigliedrig aufgestellt, verwundert mich auch schon, da die Franzosen das auch schon vor 1813 des öfteren anwendeten, also dürfte Zweigliedrigkeit eher bekannt gewesen sein.
                    Wer war denn der franz. General??
                    Ich habe das Zitat wieder gefunden, es findet sich im - für die württembergische Armee sehr nützlichen - Werk von Pfister Aus dem Lager der Verbündeten 1812/13, Stuttgart 1897, wo auf Seite 31 der Wortlaut eines Berichts des Kronprinzen von Württemberg (der die württembergische Division in den Krieg von 1812 führen sollte) zitiert wird:

                    Am 30. März hat der Marschall über die leichte Infanteriebrigade Revue gehalten, die sich darauf beschränkte, daß er die Truppen besah, einige Manöver machen und die vier Bataillone dann vor sich defiliren ließ. Die Manöver sind nun zwar nicht ganz geglückt. Der Marschall war aber so billig, es einzusehen und es auch zu sagen, daß dieses bloß daher rühre, weil die Truppen nicht nach dem französischen Reglement geübt seien und man daher sein Kommando nicht recht aufgefaßt habe; mit der Instruktion des einzelnen Mannes und seinem Aussehen war er ungemein zufrieden.
                    Diese Brigade bestand aus - so kann man es sagen - einer Elite der württembergischen Infanterie, nämlich den Jägern sowie der Leichten Infanterie, die sich im weiteren Verlauf des Krieges mehrfach auszeichneten.

                    Zumindest für Borodino kann ich eine dreigliedrige Aufstellung nachweisen, da dort eine Infanterie-Einheit, die von Kavallerie angegriffen wurde, das dritte Glied umdrehen ließ und sich damit erfolgreich gegen die Attacke wehren konnte.

                    Schöne Grüße
                    Markus Stein
                    "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben

                    Kommentar

                    • HKDW
                      Erfahrener Benutzer
                      Colonel
                      • 02.10.2006
                      • 2971

                      #40
                      OK, also die Württemberger hatten ein eigenes Reglement, das der Marschall nicht kannte - falls er die Manöver kommandierte, ist es dann "normal" dass es zu Missverständnissen kommen musst, das sagt nun nichts über zwei - respektive drei Glieder aus. Das sagt auch nichts aus wie die Württemberger dann im Feldzug kämpften, die Sachsen mussten ja auch das französische Reglement für den Feldzug von 1812 übernehmen.

                      Kommentar

                      • Sans-Souci
                        Erfahrener Benutzer
                        Major
                        • 01.10.2006
                        • 1850

                        #41
                        Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
                        die Sachsen mussten ja auch das französische Reglement für den Feldzug von 1812 übernehmen.
                        Gab es da einen Befehl zu ? Und von wann ? Ein neues Reglement mit ganz anderen Befehlen und teils ganz anderer Ausführung derselben übt sich ja nicht innerhalb einer Woche ein. Und erstreckte sich das dann auch auf die Gewehrgriffe der einfachen Soldaten ?

                        Kommentar

                        • admin
                          Administrator
                          Colonel
                          • 30.09.2006
                          • 2692

                          #42
                          Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
                          OK, also die Württemberger hatten ein eigenes Reglement, das der Marschall nicht kannte - falls er die Manöver kommandierte, ist es dann "normal" dass es zu Missverständnissen kommen musst, das sagt nun nichts über zwei - respektive drei Glieder aus. Das sagt auch nichts aus wie die Württemberger dann im Feldzug kämpften,
                          Das habe ich auch nicht sagen wollen, ich bezog mich nur auf die Evolutionen, die Ney wohl ausführen lassen wollte, welche die Württemberger aber nicht konnten - eben weil ihr Reglement in Teilen vom Französischen differierte. Und leider finde ich in den Memoiren bisher keine Hinweise auf die Fechtweise in Linie, die Regimentsgeschichten habe ich schon alle durch. Einzig der explizite Hinweis auf Borodino wegen dieser besonderen "Drehung" des dritten Gliedes ließ auf eine dann dreigliedrige Anordnung hinweisen.

                          Ein paar Memoiren habe ich noch, mal sehen, ob ich was finde.

                          Schöne Grüße
                          Markus Stein
                          "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben

                          Kommentar

                          • HKDW
                            Erfahrener Benutzer
                            Colonel
                            • 02.10.2006
                            • 2971

                            #43
                            Tagebuch von Hausen :

                            Ich habe die jetzige ruhige Zeit benutzt, um einmal das französische Exerzierreglement zu übersetzen, nach welchem fortan exerziert werden soll, S. 10, Brief vom 1. April

                            Hier blieben wir bis zum 1. Mai und übten die Kompanien welche auch in Fürstenau, Kl. Maasdorf, Ridenau und Ligenhagen untergebracht waren, fleißig im neuen (französischen) Exerzierreglement. S. 11 / Brief vom 28. Juni

                            Low ist noch ganz nach sächsischer Art formiert und exerziert, S. 17 (Brief vom 24. August 1812)

                            Hausen diente als Major im Regiment Rechten (das nicht bei Reynier war sondern in der Gegend um Danzig, wie auch anscheinend von Low, , aber da kann ja bestimmt Jörg Titze mehr erzählen.

                            Titze, Jörg (Herausgeber) Heinrich Carl Ferdinand Friedrich von Hausen, Tagebuch und Briefe (01.01.1812 - 02.02.1814, Heft 59, Books on Demand, 2019, Norderstedt

                            Kommentar

                            • Da Capo
                              Erfahrener Benutzer
                              Adjudant
                              • 23.10.2006
                              • 829

                              #44
                              Die Regimenter Rechten und Low sind ein exerziertechnischer Sonderfall.

                              Vom in Danzig stehenden Regiment Rechten wurde am 01.04.1812 das Ite Bataillon mobil gemacht, am 01.06. dann das IIte, dem I.Korps zugeteilt und zur Besatzung von Königsberg bestimmt. Ende Juli kam es zur Brigade de Villiers, 28te Division, IXtes Korps.
                              Das in Glogau stehende Regiment Low wurde am 01.07. mobil gemacht und kam Ende Juli in Königsberg gleichfalls zur Brigade de Villiers.
                              Hier war das Exerzieren nach franz. Reglement sicher das Gebot der Stunde, damit die Division und damit das Korps auf dem Schlachtfeld funktioniert.

                              Im (sächsischen) VIIten Korps galt weiterhin das sächsische Exerziereglement, abgesehen von ein paar Versuchen Anfang Juni durch die OHL (z.B. sechsgliedriges Karree).
                              Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

                              Kommentar

                              • HKDW
                                Erfahrener Benutzer
                                Colonel
                                • 02.10.2006
                                • 2971

                                #45
                                Danke für die Klarstellung, also nur die zwei Regimenter wurden französisch einexerziert.

                                Kommentar

                                Lädt...
                                X
                                😀
                                😂
                                🥰
                                😘
                                🤢
                                😎
                                😞
                                😡
                                👍
                                👎