Nationalhymnen?

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  • Tellensohn
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    Chef de Bataillon
    • 16.02.2011
    • 1253

    #16
    Noch ein paar zusätzliche Informationen für die, die’s interessiert:

    Zur Marseillaise und zu Veillons au salut de l'empire habe ich mich bereits in einem anderen Thread geäussert :



    Die einzige mir bekannte zeitgenössische Version von Veillons au salut de l'empire findet man übrigens auf dieser Doppel-CD:



    Die ursprüngliche Fassung der Marseillaise findet man auf dieser CD:



    Die "Hymnen" der Monarchien waren in der Regel, das wurde ja schon verschiedentlich erwähnt, Hymnen auf den jeweiligen Herrscher.

    Die Österreicher hatten ihr Kaiserlied. Zur Melodie von Haydn gab es einen Text von Lorenz Leopold Haschka (1749-1827). Melodie und Text stammen von 1797. Das Original (nur 1. und 4. Strophe) kann man sich auf dieser CD anhören:



    Die englische Königshymne God Save the King ist, was die Melodie anbelangt, anonymen Ursprungs (vor 1744). Für die bisweilen behauptete Urheberschaft Lullys gibt es meines Wissens nicht den geringsten Beleg. Thomas Arne (1710-1778) hat sie um 1745 bearbeitet, der ursprüngliche Text wird teils Henry Carey (1687?-1743), teils einem anonymen Autor zugeschrieben. Die Originalversion ist auf dieser CD zu hören:



    Die Melodie von God Save the King erfreute sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts und vor allem während der Befreiungskriege einer beispiellosen Beliebtheit. Zahlreiche grössere und kleinere Staaten übernahmen sie als Repräsentationshymne mit einem jeweils auf den eigenen Herrscher zugeschnittenen Text, wobei nicht klar ist, ob zur Zeit der Befreiungskriege auch jeder Staat, der die Melodie der Hymne nutzte, auch schon über einen entsprechenden Text dazu verfügte. Jedenfalls wurde sie damals geradezu zum Erkennungszeichen der gegen Napoleon verbündeten Mächte. Ein sehr schönes Beispiel für diese Funktion der Melodie von God Save the King liefert beispielsweise Philipp Jakob Riotte, der sie ziemlich offensichtlich aus diesem Grund für sein 1813 komponiertes Werk Die Schlacht bey Leipzig oder Deutschlands Befreyung: Ein charakteristisches Ton-Gemählde für das Piano-Forte verwendet hat.

    Die Russen verwendeten die Melodie, die nach 1812 in Russland sehr beliebt war, für ihre erste Zarenhymne, die unter dem Titel Молитва русских (Molitva russkikh) ("Das Gebet der Russen") bekannt wurde. Der Text stammt von Vasily Zhukovsky (1783-1852), wurde aber erst 1815 veröffentlicht. Ob er eventuell schon vorher verfasst und inoffiziell vielleicht schon vor 1815 zur - wie erwähnt sicher schon vor 1815 gespielten - Melodie von God Save the King gesungen worden war, weiss ich nicht, offiziell anerkannt wurde er jedenfalls erst 1816. Das "Gebet der Russen" blieb bis 1833 russische Zarenhymne, als Lvov eine neue Melodie zum gleichen Text komponierte. Diese zweite Zarenhymne erhielt den Titel Bozhe, tsarya khrani ("Gott, schütze den Zar!"). Das sind einfach die drei ersten Worte des Hymnentextes. Das "Gebet der Russen" kann man sich bspw. hier anhören:

    The first national anthem of Russia, set to the tune of "God Save the King". It is sung a capella by the Valaam Ensemble, accompanied by 19th century Russian...


    Die Preussen verwendeten gleichfalls die Melodie von God Save the King, und zwar zu einem Text, der 1793 von einem gewissen Balthasar Gerhard Schumacher als "Berliner Volksgesang" publiziert wurde. Der Text begann mit den Worten Heil Dir im Siegerkranz, und war eigentlich nur eine geringfügige Umarbeitung eines Textes, der bereits um 1790 von Heinrich Harries auf den dänischen König Christian VII. verfasst worden war, ebenfalls zur Melodie von God Save the King. Heil Dir im Siegerkranz, erstmals 1795 zum Geburtstag Friedrich Wilhelms II. am 25.9.1795 öffentlich gesungen, wurde mit Beginn der Befeiungskriege äusserst populär und blieb bis 1820 konkurrenzlos, als mit dem Preussischen Volksgesang oder Borussia von Gasparo Spontini (Musik) und Joseph Friedrich Leopold Dunker (Text) eine bis 1840 gültige neue Hymne eingeführt wurde.

    Die Schweden verwendeten die Melodie gleichfalls und sangen dazu den 1805 von Abraham Niclas Edelcrantz verfasstenText Baevare Gud vår Kung.

    Zum Abschluss noch ein Bonbon für die starken Frauen im Forum: Die Melodie von God Save the King wurde in den USA schon Ende des 18. Jahrhunderts auch einem anonymen frauenrechtlerischen Text von 1793 (wohl einer Verfasserin) mit dem Titel Rights of Woman unterlegt. Zu finden ist dieses Lied auf folgender CD:



    Gruss, T.
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 11.08.2011, 15:14.

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