Chemie im Krieg

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  • Blesson
    antwortet
    Zitat von Sans-Souci Beitrag anzeigen
    Das preußische 3. Reserve-Regiment berichtet aus der Schlacht bei Dennewitz:
    Hübsches Zitat: Wahrscheinlich wurden Karkassen als Brandgeschosse von 7-pfündigen Haubitzen verschossen, weil keine kartätschen mehr verfügbar waren, vermutlich auf eine Entfernung von unter 500 Schritt. Beim Rikochettieren zerlegt sich der Satz und streut weiter wie Kartätschkugeln?

    Es wird das typische Brandverhalten von Phosphor beschrieben, welches Hauptbestandteil der sog. (Brand)sätze war.

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  • Blesson
    antwortet
    Die einzige Verwendung von Gasen ist mir aus dem Minenkrieg bekannt, nämlich der sog. Dampfkugeln, die die feindlichen Mineure aus den Minengängen vertreiben sollten. Hierfür gibt es einige Beispiele aus dem 18. JH, aber keine mir bekannte aus den napoleonischen Kriegen, da die langwierige förmliche Belagerung mittels Minen einen geringen Stellenwert hatte. Nachzulesen in Lehrbüchern der Minierkunst.

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  • Gunter
    antwortet
    Ich würde mir noch genau überlegen, wie relevant die Frage der Chemie für das Große und Ganze war. Viele technische Aspekte liefen damals in der Tat noch unter Handwerk und nicht im Bereich Wissenschaft.

    Frankreich mit Deutschland vergleichen, wie soll das gehen? Es gab doch garkein "Deutschland", da müsste man schon einzelne deutsche Staaten heranziehen, wobei sehr schnell die Gefahr der Verzettelung in einem Wust aus Details besteht.

    Viel spannender und machtpolitisch wesentlich relevanter erschiene mir ein Vergleich zwischen Frankreich und Russland. Da hat man völlig unterschiedliche politische, soziale und wirtschaftliche Strukturen sowie zudem ganz anderen Zugang zu Rohstoffen.

    Grüße

    Gunter

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  • Blesson
    antwortet
    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    @ Sabby

    Dein Vorhaben in Ehren, aber lass es lieber. Du verrennst dich da in was. Eine valable Promotion kann das nicht werden, weil schon die Prämisse ["Ich möchte gern a.)zeigen, dass der Einsatz der (ich nenn sie jetzt einfach mal so) chemischen Kriegsführung ein unehrenhaftes Verhalten ist, wie in Dennewitz (danke für den Link) und in Jena (bei Vierzehnheiligen), da die PReußen Brandgeschosse gegen die Franzosen eingesetzt haben. "] für die damalige Zeit keine Gültigkeit haben kann. Glaub's mir oder nicht.

    Bei den erwähnten sich teilenden Brandkugeln handelt es sich wahrscheinlich einfach nur um diese Art von Munition, die schon einige Zeit vor den napoleonischen Kriegen in Gebrauch war:

    http://books.google.ch/books?id=yYup...illery&f=false

    Ich pflichte Tellensohn bei: Die Verwendung von Brandgeschossen kann man in allen Artillerie-Lehrbüchern der damaligen Zeit (z.b. Scharnhorst) nachlesen. Im engeren Sinne gehören diese in das Feld der Ernst- und Lust-Feuerwerkerei.

    Der Zweck der Brandgeschosse im Kriege ist die Beleuchtung oder das In-Brand-Schiessen von Zielen. Die Verwendung dieser Geschosse in Dennewitz halte ich eher für untypisch, und sie wurde deshalb auch nicht in den Lehrbüchern für Artillerietaktik beschrieben.

    Die Rezepturen der verwendeten Brandsätze sind überliefert und aus der heutigen Sicht noch sehr handwerklich bestimmt, will also sagen vor-wissenschaftlich. Bei der gedachten Verwendung von chemischer Kriegsführung zu sprechen, ist schlichtweg irreführend und nicht etwa innovativ.

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  • Sans-Souci
    antwortet
    Ich habe keinen Anlaß anzunehmen, daß die Verwendung von Brandgeschossen gegenüber Infanterie (oder anderen menschlichen Zielen) vor 200 Jahren als "unethisch" oder unkriegerisch empfunden wurde. Ich lasse mich aber gerne auf entsprechende Quellen hinweisen ... ?

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  • joerg.scheibe
    antwortet
    wesentliche Teile meines Beitrages waren inzwischen schon von Nikolaj geschrieben.
    Deshalb raus damit
    .....

    Im Ausgleich würde mich interessieren, wer auf die kühne These gekommen ist, das Löschen von Kalk (Calciumixid zu Calciumhydroxid) sei eine Erfindung von 1804.

    Ich müßte daheim nachschauen, aber ich denke, die Methoden sind spätestens seit Vitruv aktenkundig.


    Aus ehrlichem Interesse:
    Gab es zu Napoleons Zeiten einen kriegswichtigen Einsatz von Löschkalk, der über das Aufmauern von Festungsmauern, Magazinen, Kasernen hinausging?

    Und
    Wenn Brandgeschosse gegen Infanterie unethisch waren, sind es dann auch Leuchtspurgeschosse gegen Infanterie?
    Zugegebenermaßen, die gab es vielleicht nicht zu Napoleons Zeiten, aber Fragen der Ethik waren (theoretisch zumindest) zu meinen Armeezeiten von immerhin marginaler Bedeutung.


    Verwirrt
    J.
    Zuletzt geändert von joerg.scheibe; 06.03.2013, 15:10.

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  • Nikolaj
    antwortet
    Als Beitrag zur groben Untergliederung hätt ich noch eine Palette von chemischen Konservierungsmitteln bzw. konservierenden Anstrichen bei der Pflege der Bewaffnung und Ausrüstung (z.B. Holz von Wagen und Lafetten, Leder, Stoffe für Zelte und Planen, Pflege der Metallteile) und Aspekte der Bauchemie im Ingenieurwesen (Mörtel, Konservierende Anstriche von Holz) anzubieten.

    Die von mir genannten Titel gibts übrigens alle im Volltext als pdf bei google.books. Geht schneller und billiger.

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  • Sabby89
    antwortet
    @klaus: Der Vorschlag bzgl. "chemie im Militärwesen der napoleonischen Kriege" ist einfach genial. Das ist da nicht selbst drauf gekommen bin... aber egal. Manchmal braucht man einfach "a little help from my friends".

    Ich hab mir direkt die Titel, die du empfohlen hast, aufgeschrieben und werde sie per Fernleihe ausleihen und dann über den Kopierer jage. Ich habe das Gefühl, als würde ich sie längere Zeit brauchen. So habe ich das mit der Masterarbeit auch gemacht.

    Eine ländervergleichende Studie wäre meines Erachtens nicht schlecht. Im Gegenteil. Ich glaube nicht, dass es die bisher gibt.
    Normalerweise werden immer Teilaspekte untersucht, wie das mit den Uniformen (was auch keine schlecht Idee ist, ich behalte das mal im Hinterkopf).
    Frankreich mit Deutschland zu vergleichen wäre eine epische Aufgabe. Bei den deutschen Quellen weiß ich, dass relevante Quellen in Freiburg, Berlin und Koblenz liegen. Bei den französischen Quellen gehe ich ganz klar vom Pariser Militärarchiv aus. Aber auch die Archive einzelner Regionen, von dem die chemischen Produkte verschickt wurden, oder die eine chemische "Industrie" besaßen, dürften interessant sein.

    Ich habe eine Dissertation eines Studenten vorliegen, der zufällig auch an der gleichen Uni wie ich 2008 promovierte und der beschäftigte sich mit Salpeter und Giftgas im Vorfeld und im 1 WK, genauer 1906-1915. Er hatte die chemische Industrie, die dahinter stand untersucht. Ich denke, ohne diesen Studenten nachzueifern... Aber so in die Richtung tendiere ich.

    Vielleicht eine "grobe" Untergliederung in Artillerie, Bestattungswesen (Eisenvitriol, Eisenoxidol, Kalkhydrat, Calciumoxid, Zinksulfat), Bekleidung (Uniformen) und einen Blick auf die Medizin.

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  • Gunter
    antwortet
    Chemisch interessant ist die Herstellung und Beschaffung von Schwefel und Salpeter fürs Schießpulver. Mittelbar mit der Kriegführung verbunden wären auch die Farbstoffe für die Uniformen. Da dürfte es zumindest für Frankreich schon Erarbeitungen geben. Interessant wir das dann erst richtig, wenn man die einzelnen Staaten und ihre Rüstungsmärkte vergleicht.
    Metallurgisch hat sich freilich in dieser Zeit nicht so viel getan dass das militärisch groß relevant gewesen wäre.

    Grüße

    Gunter

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  • Nikolaj
    antwortet
    Servus allseits,

    Tellensohn und Gunter haben es schon gesagt: eine spezifische "Chemische Kampfführung" gab es in den napoleonischen Kriegen nicht. Daher kann sie auch für diesen Zeitraum nicht definiert werden. Im Sinne der modernen Definitionen aber fallen z.B. Brandstoffe (wie Napalm) nicht unter die Kategorie, sie sind eine Eigene. Dass die oben beschriebene Wirkung von Brandgeschossen eintritt, weil diese sehr dünnwandig sind und ihren Inhalt beim Zerschellen dann verteilen, ist eingängig. Nichtsdestoweniger: viel Chemie ist auch in den napoleonischen Kriegen jedenfalls zu verorten, wenn auch wenig techbnologische Neuerungen.

    Wenn Dein Thema also so etwas wie "Chemie im Militärwesen der napoleonischen Kriege" wäre, wäre es in der Tat monumental. An Primärquellen stünde Dir die ganz epische Bandbreite der artillerietechnischen Lehrbücher (z.B. Scharnhorst, Decker, Hauser, Smola, Rouvroy, etc) zur Verfügung. Mit einer Stunde in google.books bekommst Du schon eine ganz ansehnliche Bibliographie.

    Zu Deiner Frage nach Kalk (wobei ich hier über den österreichischen Tellerrand nicht hinausblicke ;-): Wurde bei uns überall dort, wo kalkhaltiges Gestein ansteht, vor Ort produziert. Technologischsehr einfach, das war z.T. saisonale bäuerliche Nebenerwerbsarbeit. Wir haben bereits Grabungs- und Prospektionebefunde von einfachen Kalköfen sowohl aus dem bäuerlichen Milieu als auch temporär verwendete Kalköfen im Nahbereich von Großbaustellen (etwa Klöster, Kirchenbauten, etc.), wo auch sekundär verwendetes Material (auch römisch) gebrannt wurde. Ab den 18. Jh sukzessive auch grössere Betriebe. Überregionale Transporte gab es natürlich, ebenso hat sich inzwischen der Mythos organischer Zuschlagstoffe zur Härtung bestätigt.

    Kalk bei Begräbnissen find ich in der Schnelle nur bei Seuchen- und Schlachtengräbern, dort aber gehäuft. Möglicherweise temporär in einer Begräbnisordnung Joseph II., wenn, dann hat sichs aber nicht lang gehalten. Kalk als definiertes Kampfmittel? Fand ich nicht.

    Ciao, Klaus
    Zuletzt geändert von Nikolaj; 06.03.2013, 12:13.

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  • Sabby89
    antwortet
    "Chemische Kriegsführung" allgemein würde nichts bringen.
    Ah, vielleicht habe ich meine Gedanken auch ein wenig zu umständlich ausgedrückt.

    Es würde eher in den Bereich "chemischer" Industrie (Presser und Tulard widmen dem ein Kapitel), Naturwissenschaft und Militär gehen. Also, wie chemische Produkte das Militär veränderten, was damit so angestellt worden ist.

    Ich hab in verschiedenen Dissertationsverzeichnissen, Bibliothekskatalogen etc geschaut. Es gibt noch keine erklärende Untersuchung zu dem Thema. Ich werde allerdings noch mal in dem französischen Nationalbibliothekskatalog schauen und beim frz. und dt. Militär.

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  • Gunter
    antwortet
    @Sabby,
    da muss ich Tellensohn absolut beipflichten. Das Thema "chemische Kriegsführung" ist für die napoleonische Zeit irrelevant. Einzelne Ereignisse mit ungewöhnlicher Munition taugen eher als Anekdoten nebenbei. Brandgeschosse waren überhaupt nicht unehrenhaft, die gehörten in geringen Mengen zur Ausstattung der meisten Feldartillerieeinheiten.

    Wesentlich interessanter wäre einmal eine vergleichende Studie zur Entwicklung der Waffentechnik und den damit verbundenen Mythen. Das wäre dann freilich ein Mammutunternehmen. Außergewöhnlich innovativ und kreativ war die napoleonische Zeit technisch leider auch nicht, es ging schließlich immer wieder nur darum möglichst billig möglichst viele Soldaten auszurüsten.

    Grüße

    Gunter

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  • Tellensohn
    antwortet
    @ Sabby

    Dein Vorhaben in Ehren, aber lass es lieber. Du verrennst dich da in was. Eine valable Promotion kann das nicht werden, weil schon die Prämisse ["Ich möchte gern a.)zeigen, dass der Einsatz der (ich nenn sie jetzt einfach mal so) chemischen Kriegsführung ein unehrenhaftes Verhalten ist, wie in Dennewitz (danke für den Link) und in Jena (bei Vierzehnheiligen), da die PReußen Brandgeschosse gegen die Franzosen eingesetzt haben. "] für die damalige Zeit keine Gültigkeit haben kann. Glaub's mir oder nicht.

    Bei den erwähnten sich teilenden Brandkugeln handelt es sich wahrscheinlich einfach nur um diese Art von Munition, die schon einige Zeit vor den napoleonischen Kriegen in Gebrauch war:

    A description of types of artillery used in warfare throughout history, including the ancient engines of war; gunpowder introduced to Europe; the bombards; 16th century cannon; the 17th century and Gustavus Adolphus; the 18th century; U.S. guns of the early 1800s; rifling; the Civil War; and the change to modern artillery. Also includes the characteristics of cannon; projectiles; tools; the practice of gunnery; glossary; and selected bibliography. Many of the types of cannon described in this book may be seen in areas of the National Park system; some parks with especially fine collections are listed. Illustrated with detailed drawings.

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  • Sabby89
    antwortet
    Dass das, was Napoleon betrieben hat, keine Kriegsführung im modernen Sinne ist, erscheint klar. Auch in Bezug auf die "chemische", weil die Definition "chemische Kriegsführung" mit den sog. ABC Waffen erst ab dem 1.Wk so richtig aufkam.

    Ich hab mich gefragt, ob es wirklich so eine Art Vorgänger gab?

    Bei meiner Masterarbeit bin ich drüber gestolpert, dass die ja ihre Toten mit ungelöschten Kalk beerdigt haben. Aber Kalk wurde ebenso als "Waffe" eingesetzt, um es den Gegner ins Gesicht zu streuen, was Verbrennungen und Verätzungen herbeiführt, d.h. sie damit kampfunfähig macht.
    Ich möchte gern a.)zeigen, dass der Einsatz der (ich nenn sie jetzt einfach mal so) chemischen Kriegsführung ein unehrenhaftes Verhalten ist, wie in Dennewitz (danke für den Link) und in Jena (bei Vierzehnheiligen), da die PReußen Brandgeschosse gegen die Franzosen eingesetzt haben. Woher kamen diese Brandgeschosse? Aus welchen Materialen/ chemischen Sachen bestanden sie? Und wie "effektiv" waren sie)
    b.) woher kalk etc. importiert wurde, also es wurde ja immer für beerdigungen gebraucht.
    c.) 1804 erfolgte das chemische verfahren der umwandlung von calciumoxid auf hyroxid. dieses gemisch wurde ebenfalls in der kriegsführung eingesetzt? nur, wann und wo?
    Zuletzt geändert von Sabby89; 05.03.2013, 21:02.

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  • Sans-Souci
    antwortet
    Das preußische 3. Reserve-Regiment berichtet aus der Schlacht bei Dennewitz:

    Das Regiment wurde am 6ten September eine Zeit hindurch vom Feinde mit einer eignen Art von Brandkugeln beschossen, welche höchst schmerzhafte Wunden verursachten. Jede solche Kugel teilte sich beim Niederfallen in unzählige kleine Massen, welche die Kleidungsstücke durchbrannten und häufig die Taschenmunition der Soldaten entzündete. So verlor ein ganzer Tirailleurzug durch eine solche Brandkugel seine Patronen und wurde mehr oder minder verbrannt.
    Besonders gefällt mir, daß die Tirailleure durch den Verlust ihrer Munition außer Gefecht gesetzt wurden, das ist schon fast human für einen Krieg.

    Die gegnerische Batterie hatte sich möglicherweise verschossen und vielleicht nur noch die Brandmunition übrig. Ich glaube, es waren Italiener.

    Meines Wissens gab es aber den Begriff und das Konzept "chemischer Kriegführung" damals noch nicht. Natürlich ist auch Schwarzpulver irgendwie "chemisch". Wenn Du definierst, was genau Du unter "chemischer Kriegführung" verstehst, können wir Dir vielleicht weiterhelfen.

    Ein möglicherweise interessantes Buch zum Thema im weiteren Sinne:

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