Guiesepe Pietro Bagetti (1764-1831)

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  • Blesson
    antwortet
    Endlich liegt mir per Fernleihe DAS Standardwerk über die franz. Ingenieurgeographen vor:

    Henri Berthaut: Les ingénieurs géographes militaires 1624 –. 1831. Bd. 1, Paris 1902

    Ich habe es kurz diagonal gelesen und viele meiner Vermutungen bestätigt gefunden. Jeweils ein Kapitel sind den Schlachten-Aquarellen und den Gelände-Reliefs gewidmet. Mehr demnächst.
    Zuletzt geändert von Blesson; 01.10.2011, 08:28.

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  • Blesson
    antwortet
    Berthaut: ingenieur géographe

    Endlich liegt mir per Fernleihe DAS Standardwerk über die Geschichte er Ingenieurgeographen vor:

    Henri Berthaut: Les ingénieurs géographes militaires 1624 –. 1831. Bd. 1, Paris 1902

    Habe es kurz diagonal gelesen und viele meiner Vermutungen bestätigt gefunden. Es findet sich jeweils ein ganzes Kapitel zu den Aquarellen und den Geländereliefs. Mehr demnächst.

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  • Blesson
    antwortet
    Da der Glockenturm von La Spinetta nicht sehr hoch ist, ergibt sich dieselbe Schwierigkeit wie bei dem ersten Bild von Marengo; die benachbarten Objekte verdecken einander, und um diesen deutlichen Nachteil zu vermeiden, mußte ich zugestehen [...], den Horizont ein wenig zu erhöhen und unsere Position höher anzunehmen als sie auf dem Turm, auf dem wir uns befanden, war. [...]
    Eben, das ist doch der schönste Beweis, wie die Perspektive eben doch dem Wunsch nach größerer Übersichtlichkeit angepaßt wurde. Das Verfahren könnte so ausgesehen haben: 1. perspektive nach der natur gezeichnet, dann 2. Umzeichnen nach einem erhöhten Standort. Das setzt aber voraus, daß der Zeichner ungefähr wußte, was sich hinter den abdeckenden Objekten befand...

    Dann wird in der gleichen Quelle die Technik des Panomarazeichnens angesprochen, wenn also mindestens 2 Perspektiven vom gleichen Standort nebeneinander gesetzt werden sollen. Platt ausgedrückt, ist das immer die Methode der Wahl, wenn die horizontale Ausdehnung der Perspektive sehr viel größer als deren Vertikale ist. In den meisten Zeichnungen Bagettis nimmt der Horizont ca. 3/4 - 4/5 der Zeichnung ein.

    Ich frage mich jetzt, was für eine Rolle denn die Situationskarten überhaupt gespielt haben; vermutlich:
    1) Standort des Zeichners zu bestimmen
    2) Lage der Truppen zu einem bestimmten Zeipunkt im Schlachtverlauf zu dokumentieren. Üblicherweise werden ja in einem Schlachtengemälde mehrere zeit-ungleiche Ereignisse kombiniert, um eine kompaktere Bildaussage zu erreichen.
    3) topographische Details, wie Bodenbewuchs und Bebauung, zu dokumentieren.

    Eine perspektivischen Ausschnitt einer karte zu erstellen, ist eigentlich kein Kunststück, wenn da nicht das Gelände wäre: Es gibt bei der damaligen Technik der Kartographie nämlich ein entscheidendes Hinderniss: Es fehlt die Kottierung mit Höhenangaben in genügender Dichte, es ist also nicht nicht möglich, nur an Hand der Situationskarte ein Gelände-Relief zu erstellen, welches für die Konstruktion der Perspektive entscheidend ist. Dazu wären zusätzliche (trigonometrische) Höhen-Vermessungen notwendig. Kurzum, die Projektion von Karten wäre bestenfalls im topfebenen Gelände (wie bei Marengo) vorstellbar.
    Zuletzt geändert von Blesson; 12.04.2011, 18:17.

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  • Tom
    antwortet
    Depot de la guerre

    Ja, vielleicht wäre noch zu ergänzen, dass Martinel nicht nach eigenen Ideen handelte bzw. Bagetti und die anderen Zeichner nach eigenem Gusto bevormundete, sondern sich der ganze Schlachtenzyklus in eine Art Strategie des Depots de la guerre (seit den bourbonischen Königen, 18. Jhd.) einordnete, nach einheitlichem Schema einerseits verherrlichende Darstellungen der Siege Frankreichs erstellen zu lassen / zu besitzen und andererseits diese Darstellungen auch zur Ausbildung künftiger Offiziersgenerationen zu verwenden.

    Alles sehr schön dargestellt in dem oben von Hans-Karl empfohlenen Werk "LA LIBERTE EN ITALIE...".

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  • Sans-Souci
    antwortet
    Das Buch Napoleone in Italia 1795, 1796 e 1800. Il manoscritto "Saluzzo 248" della Biblioteca reale di Torino e l'opera grafica di Giuseppe Pietro Bagetti. ist 1997 in Torino erschienen.

    Es enthält die detaillierten schriftlichen Instruktionen des Chefs Bagettis, Jospeh-François Marie de Martinel (1763-1829), für die Anfertigung der Schlachtenbilder. Alles auf Italienisch, teilweise aus dem Französischen rückübersetzt. Dazu die Entwurfs-Skizzen Bagettis für die einzelnen Bilder.

    Bei den Bildern in hügeligem Gelände ist es natürlich in der Regel kein Problem, einen geeigneten Punkt für die Aufnahem der Landschaft zu finden.

    Aus der Instruktion für Marengo (S. 107 f.,das fertige Bild dazu hat in der Italienischen Ausgabe Salmonts die N° 89, die Entwurfszeichnung stammt von Bagetti, das ausgeführte Aquarell von J. Parent):

    Eine fast perfekte Ebene ist immer schwer wiederzugeben, wenn man einen großen Teil von ihr sehen will und wenn man die Ereignisse zeigen will, die auf ihrer Oberfläche stattgefunden haben, nur ein sehr hohes Haus oder ein Turm hätten diesen Vorteil dazu bieten können [...] aber es gibt keine. Sie haben daher keine Wahl und trotz der [...] offenkundigen Unannehmlichkeit, einen Blickwinkel von mehr als 90° [...] zu haben, ist es notwendig gewesen, sich auf den Glockenturm von la Spinetta zu setzen und sozusagen zwei Bilder in einem zu zeichnen, da der optische Winkel fast 179° beträgt. [...]

    Da der Glockenturm von La Spinetta nicht sehr hoch ist, ergibt sich dieselbe Schwierigkeit wie bei dem ersten Bild von Marengo; die benachbarten Objekte verdecken einander, und um diesen deutlichen Nachteil zu vermeiden, mußte ich zugestehen [...], den Horizont ein wenig zu erhöhen und unsere Position höher anzunehmen als sie auf dem Turm, auf dem wir uns befanden, war. [...]
    Daraus folgt, daß die Auswahl des Standortes und was dargestellt werden sollte, durch Martinel erfolgte (seine Instruktionen lassen so gut wie keinen Spielraum für den Künstler). Das Gelände wurde dann von dem befohlenen Standpunkt aus perspektivisch direkt nach der Natur gezeichnet, ohne kartographische Aufnahme.

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  • Blesson
    antwortet
    Mir liegt inzwischen vor:

    Xavier Salmon: Bonaparte en Italie - Aquarelles de Bagetti (1764-1831)

    Ich bin auf der Suche nach einer Frage, die ich die Anatomie der Perspektive nennen möchte. Damit erreicht er eine Sicht, die dem„Virtuellen Feldherrnblick“ aufzufassen ist. Ob er wirklich der erste war, ist dann noch zu klären, auf alle Fälle ist die Methode innovativ.

    Erwartungsgemäß interessiert M.Salmon diese Fragestellung nicht, aber einige Hinweise auf die Methode der retrospektiven Erfassung finden sich schon auf S25:

    Mais comme il était impossible d’embrasser d’un seul coup d’oeil de tout le terrain, il déssiné séparement chaque objet. Puis, il a placé , d’après le plan […] et qui est exact, chaque chose en perspective à sa place.

    Weiter S. 31 ff.
    • Une analyse de le bataillie à l’aide de documents
    • Analyse des temoignes
    · Une étude du site, de so topographie et de son histoire
    · Des indications sur le point de vue à privilieger et l’heure
    · Le jour e l’anecdote choisis par le géneral directeur du dépôt.
    · Avant de livrer chacune de ses aquarelle, l’artiste s’était appliqué des relevelé sur le terrain (Anmerkung : vermutlich à la vue oder mit dem Meßtisch)

    Alles in allem recht komplexe Arbeitsschritte, die den Zeitaufwand verständlich machen.
    Zu erst ist fast durchgängig (?) der erhöhte Standort zu bemerken: Wenn wir uns in der Ebene vor einer Stadt befinden, dann wählt er eine Höhe, die in etwa Giebel oder Traufe eines zweistöckigen Hauses entspricht. Ich schätze einmal 12-15m (Siehe z.B. Einmarsch in Cremona). Damit erreicht er eine gute Übersicht des Vordergrunds.


    Da der Horizont (nahezu) senkrecht auf die Projektionstfäche (Zeichung) trifft, ist dies auch zugleich die Höhe des Beobachters. Dabei ist es gar nicht notwendig, diese Höhe wirklich zu ersteigen, denn eine Projektion (s.o. ) tut es auch.


    Das bringt einen erhöhten Gesichtskreis auf der Erdkugel wie folgt (geometrische Sichtweite auf die Kimm in der Navigation):
    Mensch ca. 1,6 m: 4,5 km
    Gebäude mit ca. 15m höhe: ca. 14km
    Zuletzt geändert von Blesson; 12.04.2011, 18:14.

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  • HKDW
    antwortet
    Klar hinter der Orschaft Lodi gibt es keinen Berg der so eine Ansicht wie Bagetti sie zeichnet - ermöglicht hätte.

    Da ich von Topographie keine Ahnung habe, denke ich hat er versucht das Schlachtfeld zu dreidimensionalisieren.
    Seine Zeichungen finde ich schon interessant, das Durcheinander, die Verwundeten usw - eigentlich recht "realistisch" dargestellt.

    Ich finde solche Übersichten immer sehr irreführend, geht man doch fast davon aus, dass auch die Generalität so ein schönes Panorama hatte.

    Ich war kürzlich mal wieder in Markkleeberg und hab mich echt gefragt wie die überhaupt eine Übersicht der Truppenbewegungen behalten konnten.

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  • Blesson
    antwortet
    Ich bleibe dabei, daß die Figuren nur sehr schematisch sind. An die Kunstfertigkeit selbst mittelmäßiger Protraitmaler kommt Bagetti nicht heran.

    Noch etwas anderes ist bei vielen Aquarellen und Studien auffallend, besonders bei der Schlacht von Marengo, wenn die Vorlage denn überhaupt von Bagetti sind, nämlich der erhöhte Standort, der in der Vogelschau eine schräge Aufsicht auf das Schlachtfeld wiedergibt. Ich verwette mich darauf, daß es diesen Turm oder Berg (meist) gar nicht gab, auf den Bagetti hätte steigen können...

    Dazu braucht man nämlich Karten, genauer Situationspläne im Maßstab 1.14400 und darunter, um per Projektion das Terrain zu Papier zu bringen...

    Jeder Architekt, und Bagetti hatte eine solche Ausbildung, lernt, von einem gegebenen Grundriß eine Schrägansicht in Zentralperspektive zu konstruieren. Neu ist bei Bagetti, daß er dies auf die Schlachtenmalerie mit dem Terrain in Kombination mit topograph. Karten anwendet?

    Übrigens hat es den Anschein, daß Bagetti die Situationskarten von seinen wirklichen Ingenieurgeographen-Kollegen "ausgeliehen" hat, also selber kaum oder doch nur wenige Terrainaufnahmen gemacht hat?
    Zuletzt geändert von Blesson; 07.04.2011, 19:04.

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  • Sans-Souci
    antwortet
    Wenn man das hier anguckt, konnte er schon Menschen malen - die Lafette der Kanone oben links auf dem Hügel sieht allerdings arg stilisiert aus:



    Und hier noch eines, wieder mit den seltsamen Lafetten:



    (Die Bilder habe ich über den oben von Tom geposteten Link gefunden: http://geog.queensu.ca/napoleonatlas...ti_basemap.htm)
    Zuletzt geändert von Sans-Souci; 06.04.2011, 22:20.

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  • Blesson
    antwortet
    Oli, Stimmt, ist zwar eine Anekdote, aber die Figuren einschließlich des Gen. Joubert garnieren nur die Landschaft. Ein Test: lassen wir die Figuren weg und wir haben immer noch eine malerische Flußlandschaft, dich auch für sich allein wirken könnte.

    Eine provokante Vermutung: machte Bagetti keine portraitähnlichen Zeichnungen, weil er diese Kunst gar nicht beherrschte (im Ggs. zu Bacler d'Albe)?

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  • Gunter
    antwortet
    Vor dem Hintergrund des oben genannten Artikels wirken die Bilder wie eine Art Satire. Bagetti hat sich scheinbar komplett der heroischen Darstellungsweise verweigert, so dass seine "Helden" fast nur als Punkte in der Landschaft zu sehen sind.

    Grüße

    Gunter

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  • Sans-Souci
    antwortet
    Hier ein anekdotenhaftes Bild von Bagetti, etwa 1803 entstanden: "Blick von den Höhen des St. Michel. General Joubert überquert unter dem Feuer des Feindes den Fluß Tanaro, um seine Truppen durch sein Beispiel mitzureißen."

    Der Titel müßte eigentlich heißen: "Das Wasser des Tanaro ist zu kalt."



    Die Szene spielte sich im April 1796 ab - als seine Leute ihm nicht folgten, ritt Joubert, immer noch von den Feinden beschossen, langsam durch die Furt wieder zurück und sagte zu seinen Soldaten:

    "Ihr habt recht, der Fluß ist unpassierbar."
    Zuletzt geändert von Sans-Souci; 06.04.2011, 18:30.

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  • Blesson
    antwortet
    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
    Ein sehr schöner Artikel - der auch zeigt, dass zwar Bagetti wußte wie eine Schlacht an und für sich ablief - aussah - aber keinen Wert als Augenzeuge (außer der Topographie)- für die Italienfeldzüge, hat.

    Ganz im Gegensatz zu Bacler d'Albe - gut aufgezeigt mit der Überquerung der Brücke bei Lodi, wo Bacler zeigt wie franz. Infanteristen nach einer Teilüberquerung ins seichtere Wasser sprangen um von dort auf die Österreicher zu feuern - Bagetti zeigt dagegen mehr ein Panorama.

    Bacler d'Albe malt eine bestimmte Begebenheit während der Schlacht, auch Personen stehen direkt im Mittelpunkt (Großaufnahme des Stabes von Bonaparte) -Bagetti topographiert.
    Die Ansätze von Bacler d'Albe und Bagetti könnten gegensätzlicher nicht sein: Hier das anektdotenhafte, erzählende Element, mit vielen Details einer fiktiven Szenerie, dort der topographische, weit ausschweifende Blick Bagettis auf das gesamte Terrain, welche den Figuren alle Individualität nimmt und zu Statisten schrumpfen läßt. Ich stelle mir vor, daß letzterer Blick der des Generalstabsoffiziers bzw. des Feldherrn ist. Es zeigt das Schlachtfeld als eine Sache des Terrains.

    Zuletzt geändert von Blesson; 06.04.2011, 21:09.

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  • Gunter
    antwortet
    Faszinierend ist die Darstellung der Artillerie. Es scheint sich um 8-pdr Kanonen zu handeln. Links sieht man eine Protze, bei der vermutlich bei einem Volltreffer in die Pferde der Lafettenkasten heruntergesprungen ist. Sehr interessant ist auch die Darstellung des arg ausgefransten Wischers.

    Grüße

    Gunter

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  • HKDW
    antwortet
    Ein sehr schöner Artikel - der auch zeigt, dass zwar Bagetti wußte wie eine Schlacht an und für sich ablief - aussah - aber keinen Wert als Augenzeuge (außer der Topographie)- für die Italienfeldzüge, hat.

    Ganz im Gegensatz zu Bacler d'Albe - gut aufgezeigt mit der Überquerung der Brücke bei Lodi, wo Bacler zeigt wie franz. Infanteristen nach einer Teilüberquerung ins seichtere Wasser sprangen um von dort auf die Österreicher zu feuern - Bagetti zeigt dagegen mehr ein Panorama.

    Bacler d'Albe malt eine bestimmte Begebenheit während der Schlacht, auch Personen stehen direkt im Mittelpunkt (Großaufnahme des Stabes von Bonaparte) -Bagetti topographiert.

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