MDR TOPNEWS: Völkerschlacht überrollt Sachsen

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  • Harper
    Erfahrener Benutzer
    Sergent-Major
    • 12.07.2012
    • 180

    #16
    Sicherlich geben die Art der Darstellung der Ereignisse durch den MDR und die dabei vorgetragenen Fakten dem Kenner des Geschehens mannigfaltige Möglichkeiten, sich an den diversen Fehlern bzw. Unrichtigkeiten nach Herzenslust abzuarbeiten.
    Gleichwohl bleibt es ein interessanter Versuch, die Vorgänge rund um die Völkerschlacht und politischen Hintergründe dem geneigten Fernsehzuschauer und damit einem größeren Publikum als die maximal einige Tausende umfassenden Zuschauer, die sich am Sonntag vor Ort einfinden werden, näher zu bringen.
    Entgegen so mancher Erwartung, findet die Kleinserie auch in diversen Medien eine erstaunlich positive Resonanz - auch vor dem Hintergrund einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema. Zu vgl. insoweit etwa bei Spiegel - Online.

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    • Tellensohn
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 16.02.2011
      • 1253

      #17
      Zitat von Harper Beitrag anzeigen
      Sicherlich geben die Art der Darstellung der Ereignisse durch den MDR und die dabei vorgetragenen Fakten dem Kenner des Geschehens mannigfaltige Möglichkeiten, sich an den diversen Fehlern bzw. Unrichtigkeiten nach Herzenslust abzuarbeiten.
      Gleichwohl bleibt es ein interessanter Versuch, die Vorgänge rund um die Völkerschlacht und politischen Hintergründe dem geneigten Fernsehzuschauer und damit einem größeren Publikum als die maximal einige Tausende umfassenden Zuschauer, die sich am Sonntag vor Ort einfinden werden, näher zu bringen.
      Welchen Sinn macht es, einem grösseren Publikum Vorgänge und Hintergründe auf unterhaltsame Weise näher bringen zu wollen, wenn ganz objektiv betrachtet eine ganze Reihe von Unrichtigkeiten vermittelt werden? Schlamperei verkehrt die (behauptete) Absicht ins Gegenteil. Die, die interessiert sind, werden sich vielleicht umfassender informieren. Bei allen anderen bleibt im besten Fall nichts, im schlechtesten Fall die Desinformation hängen.

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      • Letort
        Benutzer
        Tambour
        • 03.10.2007
        • 35

        #18
        @ joerg.scheibe
        Das dauernde Hervorheben der Sachsen führe ich auf die lokale Verbundenheit des Senders zurück.
        Nicht ganz. Es stellt den Bezug der Sendung zu Leipzig (und seinen Einwohnern) dar, die Schauplatz der Schlacht ist und welche die unmittelbaren Lasten der Schlacht zu tragen hat.

        Der Zuschauer wird informiert, auf welcher Seite gerade die sächsische Landesregierung steht. Zur Erinnerung, die Sachsen waren ebenfalls der ständigen Kriege leid. Zumal Sachsen 1813 Hauptkampfplatz war. Aber die Sachsen haben bis zur Völkerschlacht treu zu Ihrem König gestanden und dieser zu Napoleon. Und das war dann die Krux, welche dargestellt wird.

        Schaut Euch einmal die Dokumentation "Sachsen am Abgrund" an:



        Insgesamt finde ich die Sendung TOPNEWS gut, weil das Sendeformat einer gewissen Unbedarftheit entlarvt wird. Es wird spekuliert, eine hundertprozentige Gewissenheit über alle Fakten gibt es nicht. Stattdessen werden viele greifbare Details präsentiert (einige sind natürlich auch falsch. Das passiert aber bei TOPNEWS mit Gegenwartsbezug gleichfalls). M.E. sollten wir unter diesem Aspekt die Sendung sehen und begreifen.

        Im Anschluss an den vierten Teil findet ein Chat zur Sendung statt.

        Link anbei: http://www.mdr.de/voelkerschlacht/scribble100.html

        Gruß

        Letort
        Zuletzt geändert von Letort; 17.10.2013, 07:41.

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        • Gunter
          Erfahrener Benutzer
          Chef de Bataillon
          • 01.10.2006
          • 1377

          #19
          Also wirklich, soll denn über die Völkerschlacht etwa aus der Sicht z.B. eines Schweizer Bergdörflers berichtet werden? Sachsen war DER Hauptkriegsschauplatz 1813, das kann man drehen und wenden wie man will.

          Grüße

          Gunter

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          • Irene Hartlmayr
            Erfahrener Benutzer
            Capitaine
            • 22.02.2013
            • 596

            #20
            Zitat: Beitrag 7
            "welche Freiheitsrechte Franzosen 1813 hatten,die Preußen nicht hatten...".... ?

            Lieber Tom!
            Bitte erläutern...

            IRENE.

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            • Tom
              Erfahrener Benutzer
              Chef de Bataillon
              • 03.10.2006
              • 1067

              #21
              Vergleich bürgerl. Rechte in Frk. vs. Preußen 1813/14

              Zitat von Irene Hartlmayr Beitrag anzeigen
              Zitat: Beitrag 7
              "welche Freiheitsrechte Franzosen 1813 hatten,die Preußen nicht hatten...".... ?
              Lieber Tom!
              Bitte erläutern...
              IRENE.
              Wohlan, ich denke, nach den Stein-Hardenberg'schen Reformen waren die bürg. Rechte 1813/14 in beiden Ländern etwa vergleichbar (Niederlassungsfreiheit, relative Reisefreiheit, Gewerbefreiheit, freie Berufswahl, ...). Eine Verfassung gab es nur in Frankreich, ob die darin beschriebenen Rechte immer gewährt wurde, lasse ich dahingestellt sein. Im Zweifel wurden ganze Regionen (32. Mil.-Div. in Norddeutschland) unter Kriegsrecht gestellt und damit die bürg. Rechte außer Kraft gesetzt.

              Im polit. Bereich gab es m.W. in beiden Ländern die Möglichkeit, an kommunalen und Wahlen zu Stände-/Provinzialvertretungen teilzunehmen (Frk.?). Eine Nationalversammlung gab es in Preußen nicht, in Frk. nur pro forma (der Senat war bis 1814 eine reine Abnickveranstaltung), also realiter kein Unterschied.

              Meinungs- und Pressefreiheit dito, in beiden Ländern konnte Kritik an der Regierung bestraft werden (Gefängnis, Verbannung, ...).

              Freiheit von der Wehrpflicht: In Frankreich pro forma nur Konskription, realiter selbst Zugriff auf die Jugend der oberen Zehntausend ("Ehrengarden" / "otages"). In Preußen immerhin Befreiung von der Wehrpflicht aus religiösen Gründen möglich (Mennoniten, Juden). Über die Prügelstrafe beim Militär hatten wir hier schon ausführlich diskutiert: In Frankreich formal verboten, de facto geduldet; in Preußen nach Versetzung in die II. Klasse des Soldatenstandes erlaubt.

              Habe ich noch wichtige Bereiche vergessen?

              Gruß, Tom
              Zuletzt geändert von Tom; 11.01.2014, 16:03.

              Kommentar

              • Irene Hartlmayr
                Erfahrener Benutzer
                Capitaine
                • 22.02.2013
                • 596

                #22
                Zitat von Tom Beitrag anzeigen
                Ein paar persönliche Eindrücke von der gestrigen Auftaktsendung:

                Pro
                + M.E. interessantes Format mit Reportern an den verschiedenen Brennpunkten des Geschehens, "Live-Schaltungen", "Pressekonferenz" des franz. Armeesprechers u.ä. -> hier wird der Zuschauer mit modernen TV-Berichtsmethoden auf ein historisches Ereignis eingestimmt.

                Contra
                + Wer sich auf die Informationen des eingeladenene Experten (oder der Reporter / Untertitel) verließ, geriet leicht auf den Holzweg. Einige Kostproben (alles, wie oben gesagt, zum Schlachtgeschehen am 16.10.1813: Schlachten bei Wachau und Möckern), Zitate von mir sinngemäß zusammengefasst:
                - "Napoleons Garden stehen im Norden, ihnen gegenüber die Preußen". Stimmt im ersten Teil nicht, im zweiten Teil halb (im Norden kämpften Preußen / I. AK Yorck und Russen / Korps Langeron und Sacken, letztere in weniger heftige Kämpfe verwickelt als die Preußen bei Möckern.)
                - "Im Süden (bei Wachau) kämpfen die Österreicher und Russen". Stimmt halb, natürlich kämpften dort auch die Preußen (II. AK Kleist, außerdem in der Reserve die preuß. Gardebrigade).
                - "Napoleon hat sich ein für ihn vorteilhaftes Schlachtfeld ausgesucht". Stimmt halb, so frei war er am 14./15.10. gar nicht mehr in der Auswahl seines Schlachtfeldes, dazu hatten ihn die Verbündeten schon zu eng umfasst. Allenfalls ein Durchbruch nach Norden oder Westen wäre für ihn noch möglich gewesen, gleichbedeutend mit dem Eingeständnis der Niederlage. Bspw. Marmont kritisiert die Auswahl des Schlachtfeldes ("auf dem Boden eines Trichters").
                + Reporter: "Ein österr. General [gemeint war Meerveldt] ist gefangen, wahrscheinlich weil er kurzsichtig ist und die weißen österr. mit den sächsischen Uniformen verwechselt hat." Völliger Blödsinn, an der Stelle, wo Meerveldt gefangen wurde, haben keine Sachsen gekämpft, nur Polen und Franzosen.
                + Reporter: "Bei der 'Einheit' des Generals Yorck werden französische Gefangene hart angefasst". Erneut so ein Surrogat, gemeint ist das I. preuß. AK Yorck, ob franz. Gefangene misshandelt wurden, steht dahin - auf jeden Fall nicht von den im Bild gezeigten preuß. Gardeinfanteristen - die waren nämlich im Süden eingesetzt (s.o.).
                + Untertitel "Brandenburgische Husaren vernichten französische Eliteeinheit". Wieder so ein Schmarrn, da hat jemand Knötels Bild der auf angebliche Garde-Mariniers einhauende Brandenburgische Husaren für bare Münze genommen. Näher kommen wir der Realität, wenn wir den Brandenburgern noch die Litauischen Dragoner, Mecklenburger Husaren, Ostpreuß. Nationalkavalleristen und andere preuß. Kavallerie zugesellen und sie einige Bataillone franz. Marineartillerie sprengen lassen.

                Wenn mir außerdem jemand mal erklären könnte, welche wesentlichen (Freiheits-)Rechte die Franzosen 1813 besessen haben (ich meine hier: tatsächlich, nicht nur auf dem Papier), die z.B. die Preußen nicht besessen hätten, wäre ich sehr dankbar - das sind m.E. auch immer solche Mythen, die durch die Geschichtsnarrative, neudeutsch "Meistererzählungen", vagabundieren...

                Gruß, Tom
                Zitat von Tom Beitrag anzeigen
                Wohlan, ich denke, nach den Stein-Hardenberg'schen Reformen waren die bürg. Rechte 1813/14 in beiden Ländern etwa vergleichbar (Niederlassungsfreiheit, relative Reisefreiheit, Gewerbefreiheit, freie Berufswahl, ...). Eine Verfassung gab es nur in Frankreich, ob die darin beschriebenen Rechte immer gewährt wurde, lasse ich dahingestellt sein. Im Zweifel wurden ganze Regionen (32. Mil.-Div. in Norddeutschland) unter Kriegsrecht gestellt und damit die bürg. Rechte außer Kraft gesetzt.

                Im polit. Bereich gab es m.W. in beiden Ländern die Möglichkeit, an kommunalen und Wahlen zu Stände-/Provinzialvertretungen teilzunehmen (Frk.?). Eine Nationalversammlung gab es in Preußen nicht, in Frk. nur pro forma (der Senat war bis 1814 eine reine Abnickveranstaltung), also realiter kein Unterschied.

                Meinungs- und Pressefreiheit dito, in beiden Ländern konnte Kritik an der Regierung bestraft werden (Gefängnis, Verbannung, ...).

                Freiheit von der Wehrpflicht: In Frankreich pro forma nur Konskription, realiter selbst Zugriff auf die Jugend der oberen Zehntausend ("Ehrengarden" / "otages"). In Preußen immerhin Befreiung von der Wehrpflicht aus religiösen Gründen möglich (Mennoniten, Juden). Über die Prügelstrafe beim Militär hatten wir hier schon ausführlich diskutiert: In Frankreich formal verboten, de facto geduldet; in Preußen nach Versetzung in die II. Klasse des Soldatenstandes erlaubt.

                Habe ich noch wichtige Bereiche vergessen?

                Gruß, Tom
                Wie stand es mit anderen bürgerlichen Rechten:Gleichheit vor dem Gesetz,
                Laaizität des Staates, Religionsfreiheit,Recht auf Besitz.....
                Immerhin wurden die "Rechte" Erst durch die Reformen St.Ha.eingeführt,also
                als "Gegenmaßnahme".
                On Frankreich konnten die männlichen Personen von einigem Wohlstand an
                kommunalen Wahlen teilnehmen,und "Wahlmänner" bestimmen,die wiederum
                in Gremien vertreten waren.Etwa so wie in den USA.
                Bitte um Erläuterung des Wortes " Abnickveranstaltung". Der Senat war eine
                "Versorgungsanstalt" für alle möglichen Personen prominenter Art.Immerhin
                hat er Napoleon 1814 abgesetzt.
                Und wie stand es mit dem Kriegsrecht in Preußen?

                Und wie stand es mit den jeweiligen "bürgerlichen Gesetzbüchern" in beiden
                Ländern? Im Detail,das wäre eine Abhandlung wert.(Anregung).

                ES BLEIBT DIE TATSACHE,DASS MAN IN FRANKREICH DAMIT FRÜHER DRAN WAR.

                Irene.

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                • Tom
                  Erfahrener Benutzer
                  Chef de Bataillon
                  • 03.10.2006
                  • 1067

                  #23
                  Forts. Disk. bürgerl. Rechte in Frk. vs. Preußen 1813/14

                  Die Sache ist komplex, es gibt nicht hier "schwarz" und dort "weiß", sondern viele Graustufen.

                  Ich konzediere, dass Frankreich früher als Preußen (resp. irgendein dt. Staat) eine Verfassung bzw. Verfassungen eingeführt hat (um 1790?). Was nützte dies aber dem Pariser Bürger, Adligen oder fremden Besucher (Schlabrendorf), wenn er während der Septembrisaden 1792 fürchten musste, seinen Kopf als Pikenspitzenverzierung durch die Gegend getragen zu sehen (immerhin ca. 20.000 Terroropfer in Paris)? Da waren die Rechtssicherheit und der Schutz von Leib, Leben und Gut in Preußen doch wesentlich besser.

                  Preußen hatte Ende des 18. Jhd. im "Allg. Landrecht" eine recht moderne Gesetzgebung (m.W. mit Gleichheit aller vor dem Gesetz), auch der Rechtsschutz durch die ordentlichen Gerichte war anerkannt gut (berühmt das Berliner Kammergericht oder auch schon die Müller-Gerichtsaffäre unter Friedrich dem Großen). Man stelle daneben die Terrorurteile in Frankreich, z.B. gegen den Herzog von Enghien (in einer Phase, als die wilden Revolutionszeiten eigentlich schon lange vorüber waren)...

                  Religionsfreiheit gab es 1813 - wie in Frankreich - auch in Preußen: Reformierte, Lutheraner, Mennoniten, Katholiken, Juden, alles war erlaubt. Der preuß. Staat war freilich nicht laizistisch, das ist der moderne deutsche Staat (der ja z.B. die Kirchensteuern einzieht) übrigens auch nicht, jedenfalls nicht in Reinform.

                  Kriegsrecht in Preußen: Gab es nicht (ist mir jedenfalls nicht bekannt). M.W. galten nur besondere Bestimmungen für die Verteidigung von Festungen (Belagerungszustand), wie auch in anderen Ländern, darunter Frankreich.

                  Zum frz. Senat unter Napoleon: Dieser war bis 1814 ein reines Akklamationsgremium - jede, aber auch wirklich jede Regierungsvorlage (z.B. die zahlreichen Aushebungen) wurde eilig durchgewunken, erst nach dem Russlandfeldzug regte sich bei ganz wenigen Abgeordneten Widerstand. Die de-jure-Absetzung Napoleons in 1814 - als Paris bereits von den Verbündeten besetzt und Napoleon de facto von russischen, preußischen und österreichischen Bajonetten vom Thron gestoßen war - kann man nicht ernsthaft als Bsp. einer Selbstständigkeit oder von Widerstand des Senats interpretieren.

                  Gruß, Tom
                  Zuletzt geändert von Tom; 12.01.2014, 14:01.

                  Kommentar

                  • Irene Hartlmayr
                    Erfahrener Benutzer
                    Capitaine
                    • 22.02.2013
                    • 596

                    #24
                    Zitat von Tom Beitrag anzeigen
                    Die Sache ist komplex, es gibt nicht hier "schwarz" und dort "weiß", sondern viele Graustufen.

                    Ich konzediere, dass Frankreich früher als Preußen (resp. irgendein dt. Staat) eine Verfassung bzw. Verfassungen eingeführt hat (um 1790?). Was nützte dies aber dem Pariser Bürger, Adligen oder fremden Besucher (Schlabrendorf), wenn er während der Septembrisaden 1792 fürchten musste, seinen Kopf als Pikenspitzenverzierung durch die Gegend getragen zu sehen (immerhin ca. 20.000 Terroropfer in Paris)? Da waren die Rechtssicherheit und der Schutz von Leib, Leben und Gut in Preußen doch wesentlich besser.

                    Preußen hatte Ende des 18. Jhd. im "Allg. Landrecht" eine recht moderne Gesetzgebung (m.W. mit Gleichheit aller vor dem Gesetz), auch der Rechtsschutz durch die ordentlichen Gerichte war anerkannt gut (berühmt das Berliner Kammergericht oder auch schon die Müller-Gerichtsaffäre unter Friedrich dem Großen). Man stelle daneben die Terrorurteile in Frankreich, z.B. gegen den Herzog von Enghien (in einer Phase, als die wilden Revolutionszeiten eigentlich schon lange vorüber waren)...

                    Religionsfreiheiheit gab es 1813 - wie in Frankreich - auch in Preußen: Reformierte, Lutheraner, Mennoniten, Katholiken, Juden, alles war erlaubt. Der preuß. Staat war freilich nicht laizistisch, das ist der moderne deutsche Staat (der ja z.B. die Kirchensteuern einzieht) übrigens auch nicht, jedenfalls nicht in Reinform.

                    Zum frz. Senat unter Napoleon: Dieser war bis 1814 ein reines Akklamationsgremium - jede, aber auch wirklich jede Regierungsvorlage (z.B. die zahlreichen Aushebungen) wurde eilig durchgewunken, erst nach dem Russlandfeldzug regte sich bei ganz wenigen Abgeordneten Widerstand. Die de-jure-Absetzung Napoleons in 1814 - als Paris bereits von den Verbündeten besetzt und Napoleon de facto von russischen, preußischen und österreichischen Bajonetten vom Thron gestoßen war - kann man nicht ernsthaft als Bsp. einer Selbstständigkeit oder von Widerstand des Senats interpretieren.

                    Kriegsrecht in Preußen: Gab es nicht (ist mir jedenfalls nicht bekannt). M.W. galten nur besondere Bestimmungen für die Verteidigung von Festungen (Belagerungszustand), wie auch in anderen Ländern, darunter Frankreich.

                    Gruß, Tom
                    Danke für Ausführungen!
                    Hier "schwarz" und dort " weiß" gibt es Nirgendswo.Und auf keinem Gebiet.
                    Die Verfassung(en) hatte ich eigentlich nicht im Sinne,es gab schon viele.
                    Worauf es ankommt:dass man sich daran hält.
                    Es gab vor der französischen Verfassung schon vorher zwei:
                    Korsika und Polen.
                    Was die Revolution in Frankreich anbelangt,so bin ich der Meinung dass diese
                    von den meisten Leuten überbewertet wird,weil die Meisten sich einbilden dass
                    dabei die drei Schlagworte Freiheit,Gleichheit und Brüderlichkeit zur Anwendung
                    kamen; was natürlich nicht der Fall war.Siehe Terror.
                    Die Ausbreitungstendenzen Frankreichs wurden von den Revolutionären begonnen-dafür hat man dann Napoleon die Schuld in die Schuhe geschoben.
                    Und was den Herzog von Enghien anbelangt,so ist das ein Einzelfall der mit dem
                    Ausmass des Terrors nicht vergleichbar ist.Das Theater das man mit diesem Fall macht(und machte) finde ich übertrieben.Ähnliches Unrecht gab es in deutschen
                    Landen vor der Revolution zu Hauff,von Russland ganz zu schweigen.Und darüber hat sich Niemand aufgeregt,höchstens ein paar Dichter(Schiller).
                    Was die Gleihheit vor dem Gesetz anbelangt,so bin ich skeptisch dass dies in
                    Ländern wo noch die Aristokratie vorherrschte,der Fall gewesen sein soll.!
                    Kannst Du mir den entsprechenden Paragraphen nennen ??
                    Und wie stand es mit der Leibeigenschaft ??? Ist das "Gleichheit vor dem Gesetz"?
                    Für mich bleibt es dabei dass Napoleon diejenigen Errungenschaften der Revo-
                    lution implementiert hat,die Hand und Fuß hatten und in der damaligen Zeit
                    verwirklichbar waren.
                    Allerdings mit einigen Rückschritten,dass Napoleon ein Diktator war ist ja klar.
                    Die diversen Revolutionäre konnten keine Ordnung schaffen und halten,auch
                    keine Stabilität.Das hat erst das Konsulat geschafft.
                    Dass der Senat eine " Versorgungsanstalt" war,habe ich festgehalten.

                    Immerhin ist der " Code Civil" um die Welt gegangen und steht im geistigen
                    Weltkulturerbe der UNESCO.
                    Ist das mit preußischen Einrichtungen auch so ?
                    Würde mich interessieren.!

                    Viele Grüsse,
                    IRENE.

                    Kommentar

                    • Tom
                      Erfahrener Benutzer
                      Chef de Bataillon
                      • 03.10.2006
                      • 1067

                      #25
                      Forts. Disk. bürgerl. Rechte in Frk. vs. Preußen 1813/14 (II)

                      Zu den Details des Allg. Landrechts (ALR) siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Allgeme...ischen_Staaten (interessanterweise wird es in Teilbereichen heute noch angewandt, das wusste ich bisher nicht). Das ALR ist vmtl. nicht Weltkulturerbe, aber immerhin war es 1794 "... der erste und bis heute einzige neuzeitliche Versuch einer umfassenden und zusammenhängenden Kodifikation des Zivilrechts, des Strafrechts und weitere Teile des öffentlichen Rechts in einem einzigen Gesetzbuch" (Wikipedia).

                      Der Wikipedia-Artikel erwähnt auch den bereits angezogenen Müller-Arnold-Fall ( http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCller-Arnold-Fall ), Stichwort Unabhängigkeit der Justiz. Ich glaube nicht, dass es im ALR einen Paragraphen gab, der besagt "Alle Bürger sind vor dem Gesetz gleich", aber das war vielleicht schon selbstverständlich. Auch anderes Selbstverständliches war nicht geregelt, beispielsweise gab es in der preuß. Armee (in der Militärstrafgesetzgebung) bis 1806/07 keine Regelung, die Strafen für die Desertion von Offizieren festlegte...

                      Zum Thema "Leibeigenschaft": In einigen Teilen Preußens gab es die "Erbuntertänigkeit" als Quasi-Leibeigenschaft. De jure wurde die Erbuntertänigkeit 1810 (?) abgeschafft. Meine ursprüngliche These (keine wesentl. Unterschiede in den Freiheitsrechten zwischen Frankreich und Preußen) bezog sich ja ausdrücklich auch auf das Jahr 1813 bzw. die Befreiungskriege, d.h. auf Preußen nach den Stein-Hardenberg'schen Reformen.

                      Gruß, Tom
                      Zuletzt geändert von Tom; 12.01.2014, 22:22.

                      Kommentar

                      • Irene Hartlmayr
                        Erfahrener Benutzer
                        Capitaine
                        • 22.02.2013
                        • 596

                        #26
                        Zitat von Tom Beitrag anzeigen
                        Zu den Details des Allg. Landrechts (ALR) siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Allgeme...ischen_Staaten (interessanterweise wird es in Teilbereichen heute noch angewandt, das wusste ich bisher nicht). Das ALR ist vmtl. nicht Weltkulturerbe, aber immerhin war es 1794 "... der erste und bis heute einzige neuzeitliche Versuch einer umfassenden und zusammenhängenden Kodifikation des Zivilrechts, des Strafrechts und weitere Teile des öffentlichen Rechts in einem einzigen Gesetzbuch" (Wikipedia).

                        Der Wikipedia-Artikel erwähnt auch den bereits angezogenen Müller-Arnold-Fall ( http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCller-Arnold-Fall ), Stichwort Unabhängigkeit der Justiz. Ich glaube nicht, dass es im ALR einen Paragraphen gab, der besagt "Alle Bürger sind vor dem Gesetz gleich", aber das war vielleicht schon selbstverständlich. Auch anderes Selbstverständliches war nicht geregelt, beispielsweise gab es in der preuß. Armee (in der Militärstrafgesetzgebung) bis 1806/07 keine Regelung, die Strafen für die Desertion von Offizieren festlegte...

                        Zum Thema "Leibeigenschaft": In einigen Teilen Preußens gab es die "Erbuntertänigkeit" als Quasi-Leibeigenschaft. De jure wurde die Erbuntertänigkeit 1810 (?) abgeschafft. Meine ursprüngliche These (keine wesentl. Unterschiede in den Freiheitsrechten zwischen Frankreich und Preußen) bezog sich ja ausdrücklich auch auf das Jahr 1813 bzw. die Befreiungskriege, d.h. auf Preußen nach den Stein-Hardenberg'schen Reformen.

                        Gruß, Tom

                        Hallo Tom!
                        Danke für die links,ich habe nachgelesen.
                        Dass Du Dich ausdrücklich auf das Jahr 1813 bezogen hast,habe ich mitgekriegt.
                        Schon Anfangs.Keine Sorge!
                        Allerdings kann ich Dir nicht ganz folgen,wenn Du schreibst dass hier eine
                        Gleichwertigkeit vorliegt.Der Code Civil war fortschrittlicher.In Preußen wurde,
                        genauso wie in ÖSTERREICH,nach wie vor der Adel begünstigt.Von Gleichheit
                        Aller vor dem Gesetz also keine Rede.
                        Nebst anderen Unterschieden.
                        Wie ich schon schrieb,waren die Stein-Hardenbergschen Reformen ja ein Gegen-
                        zug gegenüber Frankreich,um hier Paroli bieten zu können.

                        Gruss,
                        IRENE.

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                        • Tom
                          Erfahrener Benutzer
                          Chef de Bataillon
                          • 03.10.2006
                          • 1067

                          #27
                          Preuß. Allg. Landrecht vs. Stein-Hardenberg'sche Reformen

                          Zum Preuß. Allg. Landrecht (ALR): Im bereits zitierten Wikipedia-Artikel heißt es dazu: "Auch die Rechte des Adels wurden weiter gefestigt und die bestehende Sozialordnung wie der Zunftzwang beibehalten. Dadurch konservierte das ALR im Wirtschaftsleben bestehende Besitzstände und bremste die Entwicklung eines bürgerlich geprägten Staatswesens."

                          Aber: Durch die Stein-Hardenberg'sche Reformen von ca. 1810 wurde der Zunftzwang aufgehoben, auch durften fortan adlige Güter von Jedermann, also auch Bürgerlichen gekauft werden. Damit scheinen - zumindest de jure - die Benachteiligungen der Bürgerlichen aufgehoben worden zu sein. Im Militär analog: Seit den Scharnhorst'schen Reformen durften Bürgerliche Offizier werden, formal hatten sie keinerlei Nachteile mehr ggü. dem Adel.

                          Mir ist natürlich bewusst, dass die gesellschaftliche Realität anders ausgesehen haben mag, de facto hatte der Adel in Preußen sicherlich mindestens bis 1918 Privilegien. Andererseits glaube ich aber auch nicht, dass bspw. in Frankreich alle wirklich "gleich" waren, auch in Frk. gab und gibt es (ungeschriebene) Privilegien. Modernes Beispiel: Die "Enarchen", d.h. die Absolventen der Elitehochschulen ENA (und St. Cyr) kommen merkwürdigerweise immer in die höchsten Ämter (z.B. waren fast alle Präsidenten der letzten Jahre an der ENA, auch Hollande), da können die Nicht-Enarchen sich abstrampeln, wie sie wollen .

                          Gruß, Tom

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                          • Irene Hartlmayr
                            Erfahrener Benutzer
                            Capitaine
                            • 22.02.2013
                            • 596

                            #28
                            Zitat von Tom Beitrag anzeigen
                            Zum Preuß. Allg. Landrecht (ALR): Im bereits zitierten Wikipedia-Artikel heißt es dazu: "Auch die Rechte des Adels wurden weiter gefestigt und die bestehende Sozialordnung wie der Zunftzwang beibehalten. Dadurch konservierte das ALR im Wirtschaftsleben bestehende Besitzstände und bremste die Entwicklung eines bürgerlich geprägten Staatswesens."

                            Aber: Durch die Stein-Hardenberg'sche Reformen von ca. 1810 wurde der Zunftzwang aufgehoben, auch durften fortan adlige Güter von Jedermann, also auch Bürgerlichen gekauft werden. Damit scheinen - zumindest de jure - die Benachteiligungen der Bürgerlichen aufgehoben worden zu sein. Im Militär analog: Seit den Scharnhorst'schen Reformen durften Bürgerliche Offizier werden, formal hatten sie keinerlei Nachteile mehr ggü. dem Adel.

                            Mir ist natürlich bewusst, dass die gesellschaftliche Realität anders ausgesehen haben mag, de facto hatte der Adel in Preußen sicherlich mindestens bis 1918 Privilegien. Andererseits glaube ich aber auch nicht, dass bspw. in Frankreich alle wirklich "gleich" waren, auch in Frk. gab und gibt es (ungeschriebene) Privilegien. Modernes Beispiel: Die "Enarchen", d.h. die Absolventen der Elitehochschulen ENA (und St. Cyr) kommen merkwürdigerweise immer in die höchsten Ämter (z.B. waren fast alle Präsidenten der letzten Jahre an der ENA, auch Hollande), da können die Nicht-Enarchen sich abstrampeln, wie sie wollen .

                            Gruß, Tom
                            Ja,so wird es wohl immer sein:manche sind eben doch gleicher als Andere!!
                            Ich fürchte daran wird kein Gesetzbuch und keine Gesellschaftsordnung jemals
                            etwas dran ändern.Auch in den USA ist es so: wer die Eliteschulen absolviert
                            hat,hat es leichter in ein höheres Amt zu kommen.Und wer höher oben sitzt,
                            kann es " sich richten" (u.U.)wenn er etwas angestellt hat-auch wenn Alle vor dem Gesetz " gleich" sind. Derlei liegt in der menschlichen Natur.


                            Gruss,
                            IRENE.

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                            • KDF10
                              Erfahrener Benutzer
                              Chef de Bataillon
                              • 19.12.2010
                              • 1278

                              #29
                              Zitat von Tom Beitrag anzeigen

                              Mir ist natürlich bewusst, dass die gesellschaftliche Realität anders ausgesehen haben mag, de facto hatte der Adel in Preußen sicherlich mindestens bis 1918 Privilegien. Andererseits glaube ich aber auch nicht, dass bspw. in Frankreich alle wirklich "gleich" waren, auch in Frk. gab und gibt es (ungeschriebene) Privilegien. Modernes Beispiel: Die "Enarchen", d.h. die Absolventen der Elitehochschulen ENA (und St. Cyr) kommen merkwürdigerweise immer in die höchsten Ämter (z.B. waren fast alle Präsidenten der letzten Jahre an der ENA, auch Hollande), da können die Nicht-Enarchen sich abstrampeln, wie sie wollen .

                              Gruß, Tom
                              Beschäftige dich mal mit dem Arbeitsrecht unter Napoleon. Ein ganz interessantes Thema, dass den Code Civil in ein ganz anderes Licht stellt. Arbeiter waren ihren Dienstherren ausgeliefert, weil Napoleon ein Arbeitsbuch einführte. Dass musste man abgeben, wenn man eine Stelle antrat. Gefiel einem die Stelle nicht, konnte man nur wechseln, wenn der Dienstherr das Arbeitsbuch auch herausrückte. Tat er das nicht, bekam man keine neue Stelle und musste Betteln. Ich habe noch so ein Arbeitsbuch von meinem Urgroßvater. Keine Sorge, ich bin nicht 150 Jahre alt. Das Thema Arbeitsbuch wurde später dankend aufgegriffen. Habe ich jetzt wieder was Falsches geschrieben?

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                              • excideuil
                                Erfahrener Benutzer
                                Sergent-Major
                                • 24.09.2009
                                • 207

                                #30
                                Warum der MDR-Auslandskorrespondent in Russland von Moskau aus berichtet, ist mir schleierhaft.
                                Es sollte sich eigentlich inzwischen auch bis zum MDR herumgesprochen haben, daß seit Peter dem Großen bis 1918 nicht Moskau sondern St. Petersburg die Hauptstadt des Russischen Reiches war.
                                L.
                                Na, ja, da wäre ich nicht so kritisch, denn wie sah es denn zeitgenössisch aus? Sicherlich war St. Petersburg defacto Hauptstadt, aber selbst Napoleon sagte:

                                "Eine oder zwei Schlachten werden mir den Weg freimachen. Moskau ist die wahre Hauptstadt des Reiches: Sobald ich es eingenommen habe, wird es zum Frieden kommen." (Zamoyski, 1812, Seite 157)

                                Grüße
                                excideuil

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