Rekrutierung

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    Enfant de Troupe
    • 30.04.2009
    • 1

    Rekrutierung

    Hallo zusammen,

    ich habe da ein paar Fragen zur Rekrutierung, vllt. könnt ihr mir helfen. Und zwar gibt es alte Geschichten aus meiner Region (West-Münsterland) dass es mal "Rekrutierungsschwadronen" gab, die durchs Land gezogen sind und Bauernsöhne zwangsrekrutiert haben. Es gibt dazu auch eine ziemlich bekannte Hysterie (dessen Name mir nicht mehr einfällt) wo viele Burschen panisch in die Wälder geflüchtet sind, und sich herannahende Rekrutierungsschwadronen als Gerücht entpuppt haben - in diesem Fall.

    Wisst ihr vllt. wie die Zwangsrekrutierung im Großherzogtum Berg von statten gegangen ist und ob es sie seitens Napoleon überhaupt gab? Welche Konsequenzen resultierten bei einer Desertation, wer wurde rekrutiert - und wer nicht?

    Über eine Antwort/Hilfe würde ich mich freuen
  • Gunter
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 01.10.2006
    • 1377

    #2
    Hallo,
    grundsätzlich beruht jede Art von Wehrpflichtarmee auf Zwangsrekrutierung. Mit Ausnahme von Freiwilligen wird keiner gefragt, ob er denn gerne dienen möchte.
    Ich nehme an, dass die Rekrutierung im Bergischen auch nicht anders vonstatten ging als in anderen napoleonischen Vasallenstaaten. Es galt die Konskription, wodurch ein Teil des dienstpflichtigen Altersjahrgangs einberufen wurde. Dabei wurden wohl Nummern gezogen, so dass manche auch Glück hatten. In der Regel konnten sich Wohlhabende freikaufen, wobei mit dem Geld ein Ersatzmann bezahlt wurde, der häufig von den längerdienenden Soldaten kam. Bei der Rekrutierung gab es außerdem Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen, Verheiratete usw. Es handelte sich also nicht um keine allgemeine Wehrpflicht (die es in der Praxis sowieso kaum gibt).

    Um jetzt mal auf dein Beispiel zurückzukommen. Es wird wohl so gewesen sein, dass für die Region eine Auslosung der Dienstpflichtigen befohlen wurde und einige Leute einfach davor in die Wälder geflohen sind. Sie wurden in der Regel durch Gendarmen und andere Truppen verfolgt, die sie aufgreifen und dem Dienst zuführen sollten. Zum Teil soll die Auseinandersetzung Verweigerer/Gendarmen etc. auch gewaltsam gewesen sein. Ich denke allerdings nicht, dass da einfach Leute von der Strasse weg mitgenommen worden sind. Die Familien von Flüchtigen konnten aber bedroht werden.
    Ich hoffe, dass erhellt den Sachverhalt ein wenig.

    Viele Grüße,

    Gunter

    Kommentar

    • Blesson
      Erfahrener Benutzer
      Adjudant
      • 03.10.2006
      • 778

      #3
      Mein lieber,

      etwas Präzision schmückt auch den Fragenden: In West-Westphalen hatten wir von 1790-1815 die verschiedensten Territorien, und damit auch die verschiedensten Praktiken der Aushebung. Zum beispiel sind zu nennen:
      • Fürstbistum Münster
      • Grafschaft Steinfurt
      • Herrzogtum Arenberg
      • Preußen (1803-6 und ab 1814)
      • GHZ Berg (bis 1810)
      • Salm
      • Frankreich (1810-1813)
      Der Ausdruck "Rekrutierungsschwadronen" suggeriert so etwas wie eine unorganisierte und willkürliche Menschenjagd, was jedoch nicht der Fall war, da die Gestellungen in einem legalem Rahmen, Stichwort Konskriptionsgesetze oder Kriegsdienstpflicht, stattfanden. So etwas wie die engl. "Pressgangs" gab es nicht. Ob man dies aus späterer Sicht als moralisch gerechfertigt findet, besonders unter einer sog. Fremdherrschaft, ist hier nicht die Frage.

      Wer bei der Musterung nicht erschien, oder sogar nach der Gestellung (besonders nach Ablage des Fahneneids) desertierte, wurde von den Gendarmen verfolgt. Wenn ab 1811 auch ganze Jahrgänge für die franz. Armee vollständig ausgehoben werden sollten, so erhöhte sich natürlich der Druck. Auch unter den Preußen ging es 1813-1815 nicht weniger zimperlich zu.

      Steuerungsinstrumente, um die angestrebte Sollstärke für die Regimenter zu erreichen, waren die eingezogenen Jahrgänge, das Einziehen der bisher per Los freigestellten Tauglichen, die Erhöhung der Tauglichkeitsquote und die Reduktion der Remplacanten (Ersatzleute).

      Siehe auch meinen Aufsatz zum Thema:



      LB
      Zuletzt geändert von Blesson; 01.05.2009, 00:15.
      Do, ut des

      http://www.ingenieurgeograph.de

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