Russlandfeldzug 1812

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  • muheijo
    Erfahrener Benutzer
    Capitaine
    • 01.10.2006
    • 553

    #76
    Bezuegl. des Russlandfeldzuges bin ich gænzlich anderer Meinung: Es ging nicht um Weltherrschaft (auch nicht um Indien ), es ging nicht um Preussen und Østerreich und eine møgliche Verbuendung dieser Lænder mit Russland, es ging einzig um England! England sollte (bzw. konnte nur) auf dem Kontinent besiegt werden.
    Die Kontinentalsperre und der Glaube daran, dass das die einzige Løsung gegenueber England war, wurde N zum Verhængnis.
    Russland sollte nicht "erobert" werden, es sollte zu einem "Zurueck in's System" gebracht werden, dazu war N sowohl ein Diktatfrieden als auch eine Erneuerung des Bündnisses von Tilsit recht. Letzteres hætte er wohl bevorzugt; deshalb wohl auch die Unentschlossenheit/das Hinhalten gegenueber den Polen, leider.

    Gruss, muheijo

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    • KDF10
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 19.12.2010
      • 1278

      #77
      Hallo Muheijo, auf das Thema Indien komme ich später zurück. Ein heikles Thema. Es ist bekannt, dass sich Napoleon sehr für Alexander den Großen interessiert hat. Der ist immerhin bis nach Indien gekommen. Französische Karten Indiens sollen 1812 der russischen Armee in die Hände gefallen sein.

      Für mich ein mögliches Szenario, weil es Napoleon nur um England ging, da stimme ich dir zu. Die Grande Armee schlägt Russland, zwingt Russland zu einem gemeinsamen Krieg gegen das Osmanische Reich. Die russische Schwarzmeerflotte und die osmanische Flotte einschließlich des Schiffsbaus sind auf französischer Seite. Der Handel Englands mit dem Osmanischen Reich bricht zusammen. Der Handel mit Baumwolle, Tee, Gewürzen usw. im Mittelmeer wird von Frankreich kontrolliert. Danach ein Marsch auf Indien mit der Grande Armee, Russland und den Truppen des Osmanischen Reiches und der englische Handel wäre so gut wie erledigt gewesen. Hört sich utopisch an, deshalb lass mir noch etwas Zeit.

      In meinen Augen sollten zumindest Teile Russlands dauerhaft erobert werden. "Zurück ins System" wäre zuwenig gewesen. Ein unzuverlässiger Verbündeter, der aufgrund seiner Waldbestände ein wichtiger Lieferant für den englischen Schiffbau war, sollte wieder freie Hand erhalten? Die jährlichen Schiffsverluste der englischen Kriegs- und Handelsflotte waren enorm, ohne russisches Holz wäre die englische Flotte nach wenigen Jahren zusammengebrochen. Bereits 1761 hat der britische Staatssekretär Townshend erklärt: "Will man es auf einen Bruch mit Russland ankommen lassen, so muss man auch damit rechnen, dass man im nächsten Jahr nicht über genügend Rohstoffe verfügen kann, um eine Flotte ausrüsten zu können."

      Wahrscheinlicher wäre doch, dass Napoleon mit russischem Holz in Riga französische Schiffe hätte bauen lassen. Nur eine Frage der Zeit, England ohne ausreichenden Holznachschub, die dänische Flotte als Verbündeter Napoleons und Napoleon hätte auch den Handel in der Ostsee kontrolliert. Ich bin nicht gerade ein Napoleon-Fan, aber dumm war er nicht, und diese Fakten waren ihm durchaus bekannt. Wie gesagt, im Moment alles nur Planspiele.

      Dass Napoleon dagegen nicht vorhatte, 1812 eroberte russische Gebiete zurückzugeben, dafür gibt es Belege. Aus Smolensk schrieb er, dass Frankreich künftig mit 24 Millionen Francs Mehreinnahmen rechnen könnte, weil er die dortigen russischen Salzvorkommen unter Kontrolle hatte. Zwei Quellen berichteten, dass die Grande Armee von Gärtnern und großen Mengen Saatgut begleitet wurde, was dann doch eher nach einer Kolonialisierung der eroberten Gebiete aussieht.

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      • Gunter
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 01.10.2006
        • 1377

        #78
        Es bleibt wohl ein Rätsel, was Napoleon eigentlich vorhatte, falls er Russland besiegt hätte. Einen sinnvollen Plan B hatte der Feldzug von 1812 wohl nicht, wenn er auch lange und intensiv vorbereitet worden ist. Das erkennbare Ziel war es, die russischen Streitkräfte in einer Entscheidungsschlacht zu besiegen, als das nicht klappte, versuchte man mit der Einnahme von Moskau vergeblichen einen Verhandlungsfrieden zu erzwingen. Damit war der Feldzug sogar bereits vor Borodino strategisch verloren.
        Das russische Reich hätte man vermutlich nicht mal mit der gesamten Grande Armee unter Kontrolle bringen können, da Russland ähnlich starke Kräfte verteilt auf alle Teile seine Imperiums stationiert hatte, die nur eben nicht auf einem Schauplatz zu Verfügung standen. Dass die drei Westarmeen eben nicht der Gesamtheit der russischen Truppen entsprachen, scheint vielen nicht bewußt zu sein.

        Man frage sich vielleicht auch, was Napoleon mit einen tatsächlich besiegten Russland angefangen hätte. Bei dem unterlegenen Preußen hatte er diesbezüglich ja bereits versagt und in Punkto Österreich ebenso. Daher erscheint mir eine Eroberung Russlands als Kriegsziel unrealistisch (ganz zu schweigen von Indien oder anderen Wahnvorstellungen).

        >Sein Problem war, dass Österreich und Preußen hinter seinem Rücken aufrüsteten, Preußen etwa mit dem Krümper-System. Hätte er bis 1814 gewartet, wären Österreich und Preußen militärisch wesentlich stärker gewesen, und hätten sich möglicherweise mit Russland verbündet.<

        Das hätte man aber doch wissen und darauf reagieren müssen, oder ging wie andere geistig anspruchsvollen Bereiche von Napoleons Reich auch die Spionage den Bach runter?

        Thema Alexander I. und Barclay de Tolly:
        Der Zar hat meiner Ansicht nach trotz aller Widersprüche recht klug gehandelt, da er sich der Haltung der russischen Patrioten sehr wohl bewusst war. Barclay musste auf dem Gipfel der Ablehnung gegen ihn, pro forma in die 2. Reihe gestellt werden, um die Risse im Offizierskorps nicht zum Schaden Russlands aufbrechen zu lassen. Die russische Armee von 1812 war vermutlich die beste Streitmacht, die das Land im 19. Jahrhundert überhaupt hatte, schließlich waren die Soldaten kriegserfahren und letztendlich siegreicher als alle anderen russischen Armeen. Dies war nicht zuletzt Barclays Verdienst, dem der Zar immer wieder vertraute und ihn dafür verdient zum Feldmarschall ernannte. Defizite hatte jede Armee genug, auch die immer wieder in den Himmel gehobene französische.
        Wenn man sich die Ereignisse bis zur Kommandoübernahme von Kutusow ansieht, kommt der Verdacht auf, dass der Zar sehr gut über die von Barclay gewählte und einzig sinnvolle Rückzugsstrategie informiert war. Das lief direkt zwischen Monarch und Kriegsminister ab, ohne die anderen zu informieren, wodurch am Ende der Zar in die Schusslinie der Intrigen geraten wäre. Die zwei haben die Sache ziemlich geschickt eingefädelt und waren erfolgreich damit.

        Gründe, warum die russische Armee soviele ausländische Offiziere hatte, gab es einige. Da waren zum einen die französischen Emigranten, dann eine Anzahl Preußen und andere. Der nicht geringe Teil der Baltendeutschen waren vielleicht aus von der Nationalität her Deutsche, als die sie auch von den Russen angesehen wurden, dennoch handelte es sich dabei um geborene Untertanen des russischen Reiches. Eine große Zahl "ausländischer" Offiziere ist also keineswegs ein Negativfaktor für eine Armee. Was soll man denn über die französische Armee sagen. Da würden die Elsässer nach diesem Maßstab genauso wie die Baltendeutschen als Ausländer zählen können, die vielen Holländer, Italiener, Deutschen, Iren, Polen u.a. erst recht. Sicher ist, die russische Armee hatten zu dieser Zeit Schwierigkeiten, genügend Offiziere für die vielen Neuaufstellungen und als Ersatz für die immensen Verluste zu finden. Genauso ging es Frankreich aber auch.
        Die russischen Soldaten waren mit dem Eintritt in die Armee keine Leibeigenen mehr. Nach Ableistung ihrer zugegebenermaßen mit 25 Jahren sehr langen Dienstzeit waren sie immerhin frei. In anderen kriegführenden Staaten ging es den Soldaten auch nicht besser.

        Viele Grüße,

        Gunter

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