Napoleon 1805 -1815

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  • KDF10
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 19.12.2010
    • 1278

    #16
    Eigentlich wurde der Thread eingerichtet, um Polemik und Vergleiche mit Hitler auszuschalten. Es ist wenig hilfreich, wenn statt Hitler andere Vergleiche gezogen werden, etwa mit dem Irak oder Afghanistan. Auch der schlesische Krieg hat mit dem Thema Napoleon 1805 - 1815 nichts zu tun. Können wir uns bitte auf das Thema konzentrieren?

    Es wäre besser, wir würden über Quellen diskutieren, und nicht über persönliche Ansichten. Dass da auch persönliche Ansichten ins Spiel kommen, ist mit klar. Es geht hier um Napoleon, nicht um Friedrich den Großen oder George W. Bush.

    Der Zeitraum 1805-1815 ist nicht das Maß aller Dinge, der Frieden von Amiens spielt in meinen Augen durchaus eine wichtige Rolle. Napoleon 1799 - 1815 wäre wohl der bessere Titel für diesen Thread gewesen.
    Zuletzt geändert von KDF10; 10.01.2011, 12:59.

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    • HKDW
      Erfahrener Benutzer
      Colonel
      • 02.10.2006
      • 2962

      #17
      Österreich hatte die Absicht Bayern an die Nordsee zu verlagern
      KDF - wo hast du das bezüglich 1805 gefunden

      Ansonsten, wo war England nach dem Frieden von Amiens aggressiv

      Schließlich hat Bonaparte die Invasionsarmee aufgestellt und nicht England.
      Wovor hatte er soviel Angst, dass er eine Invasion Englands plante?

      Es ist meiner Meinung nach legitim sich nach Bündnispartner umzusehen, wenn man von einer Invasion bedroht wird.
      Auch hat England ein Recht seine Wirtschaftinteressen sich nicht von Bonaparte aufdiktieren zu lassen.

      @excideuil

      Lass dich nicht entmutigen weiter deine Meinung zu schreiben - auch wenn sie einigen nicht paßt.
      Zuletzt geändert von HKDW; 10.01.2011, 14:03.

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      • KDF10
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 19.12.2010
        • 1278

        #18
        Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
        KDF - wo hast du das bezüglich 1805 gefunden
        Zugegeben, ist etwas aus dem Zusammenhang gerissen, denn die österreichischen Niederlande gab es 1805 nicht mehr. Ensprechende Absichten gab es ein paar Jahre vorher. Dass Österreich sein Territorium auf Kosten Bayerns vergrößern wollte, ist allgemein bekannt. Zu den kontroversen Diskussionen hier habe ich etwas gefunden, dass in meinen Augen den Kern trifft.

        „Aus dem Königreich Westfalen, das ein (…) Musterstaat hätte werden können, (…) wurde eine Provinz rücksichtloser Ausbeutung, eine Provinz, welche die rebellische Gärung nie loswurde, weil sie sich geplündert, aber nicht regiert fand. Hier wie überall sah sich das Volk als billiges Kanonenfutter, für fremde Interessen missbraucht, dasselbe Volk, dem derselbe Monarch [Napoleon] durch seine Gesetze zum Schutz der Menschenwürde Gutes getan hatte. Dieses Paradox bestimmt das Thema Deutschland unter Napoleon.

        Und darum werden alle Zeugnisse aus dieser Zeit auch von Extremen geprägt. Sie reichen von den hass- und rachezitternden Briefen eines Kleist bis zur rückhaltlosen Verherrlichung der Erfurter Transparente. Sie reichen – die Person Napoleons betreffend – von der feindseligen Beschreibung der Oberhofmeisterin Voß bis zu Hegels „der Kaiser, diese Weltseele …“ Die um Objektivität bemühten Chronisten sind selten, und auch sie lassen eine Parteinahme deutlich erkennen. Mit Recht konnte darum Friedrich Sieburg sagen: „Wer auch die Feder führen, wer auch die Stimme erheben mag, ein gelassenes Verhältnis zu Napoleon bringt kein Deutscher auf.“

        Zitat aus Eckart Kleßmann: „Deutschland unter Napoleon in Augenzeugenberichten“ - Karl Rauch Verlag, Düsseldorf 1965, Seite 17f.

        Sieburgs Aussage scheint nach 200 Jahren immer noch aktuell zu sein.

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        • KDF10
          Erfahrener Benutzer
          Chef de Bataillon
          • 19.12.2010
          • 1278

          #19
          @HKDW: England betrieb eine sehr agressive Außenpolitik, nicht nur nach dem Frieden von Amiens. Das bezog sich aber nach 1803 vorerst weniger auf Europa, abgesehen davon, dass man Gegner Napoleons mit Geld und Waffen unterstützt hat. England kontrollierte die Meere, besonders nachdem die Niederlande von Frankreich besetzt wurden. Das haben die Engländer ausgenutzt und sich niederländische Kolonien angeeignet. 1803 haben sie Delhi erobert und ihre Position in Indien verbessert, 1806 das Kapland besetzt, 1807 Helgoland, und Kopenhagen beschossen, usw. Während auf dem europäischen Festland ein Krieg nach dem anderen folgte, haben die Engländer den Grundstein für ihr Commonwealth gelegt. Die Beteiligung englischer Landstreitkräfte auf dem europäischen Festland war minimal, auch wenn das in England heute gern anders dargestellt wird. Zieht man die Kings German Legion in Waterloo von den englischen Truppen waren da gerade mal 25.-26.000 Engländer. Soviel hat allein Sachsen 1812 für Napoleon gestellt. Selbst wenn man die Kings German Legion nicht abzieht, hat allein Bayern 1812/13 mehr Soldaten für Napoleon gestellt.

          Ging es auf der Iberischen Halbinsel wirklich um Portugal und Spanien, oder um Gibraltar? Der Verlust Gibraltars wäre eine Gefahr für den englischen Handel im Mittelmeer gewesen. Zugegeben, die Engländer hatten vergleichsweise wenig Landstreitkräfte, aber sie wären in der Lage gewesen mehr auszurüsten und im Krieg auf dem Festland einzusetzen. So etwas wie eine Landwehr war in England vorhanden.
          Zuletzt geändert von KDF10; 10.01.2011, 20:14.

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          • Tom
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 03.10.2006
            • 1068

            #20
            @Friedrich Sieburg

            Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen

            „(...). Mit Recht konnte darum Friedrich Sieburg sagen: „Wer auch die Feder führen, wer auch die Stimme erheben mag, ein gelassenes Verhältnis zu Napoleon bringt kein Deutscher auf.“

            Zitat aus Eckart Kleßmann: „Deutschland unter Napoleon in Augenzeugenberichten“ - Karl Rauch Verlag, Düsseldorf 1965, Seite 17f.

            Sieburgs Aussage scheint nach 200 Jahren immer noch aktuell zu sein.
            "Friedrich Carl Maria Sieburg (* 18. Mai 1893 in Altena/Sauerland; † 19. Juli 1964 in Gärtringen/Württemberg)", vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Sieburg

            Gruß, Tom

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            • excideuil
              Erfahrener Benutzer
              Sergent-Major
              • 24.09.2009
              • 207

              #21
              Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
              @excideuil
              Lass dich nicht entmutigen weiter deine Meinung zu schreiben - auch wenn sie einigen nicht paßt.
              Nein, ich bin nicht entmutigt, ich denke nur, dass es wenig Sinn macht. Du siehst ja, es wird einseitig die Schuld am Bruch des Friedens von Amiens England zugeschoben, dann findest du die, die die Begründung für Bonapartes Handeln bei F.II. ... suchen, sogar der Irakkrieg wird bemüht. Glaubst du ernsthaft, dass irgendein Argument deren Einstellung erschüttern könnte?

              Nehmen wir ein Beispiel aus dem Jahre 1799:

              "Mit dem Hafenstädtchen Jaffa sind zwei düstere Reminiszenzen verbunden, die für die syrische Kampagne insgesamt charakteristisch sind. Bonaparte wollte diese Kampagne von Anfang an als einen "Feldzug der verbrannten Erde" führen, also Galiläa in eine Wüstenei verwandeln. Das zeigt vor allem das Massaker an über viertausend osmanischen Gefangenen, mit dem die französischen Truppen, nachdem sie im eroberten Jaffa eine Nacht und einen Tag lang barbarisch gehaust hatten, auf Befehl Bonapartes am 8. März begannen." [1] [2] (Hervorhebung von mir)rte

              Bonaparte ein Verbrecher, ein paar Monate später ließ er seine Armee im Stich, war de facto Deserteur.
              Aber auch das werden seine Jünger zu begründen wissen.

              Grüße
              excideuil

              [1] Willms, Johannes: „Napoleon“, Pantheon, München 2009, (2005), Seiten 179-180
              [2] vergl. Jonquière, L'Expédition, IV, 266-272; zu diesem Geschehen vgl. auch die Schilderung von Eugène de Beauharnais: Mémoires du prince Eugène, I, 54-55 ([1] Seite 747)
              Zuletzt geändert von excideuil; 10.01.2011, 20:51.

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              • Latour-Maubourg
                Erfahrener Benutzer
                Sergent-Major
                • 01.10.2006
                • 196

                #22
                Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
                Ging es auf der Iberischen Halbinsel wirklich um Portugal und Spanien, oder um Gibraltar? Der Verlust Gibraltars wäre eine Gefahr für den englischen Handel im Mittelmeer gewesen. Zugegeben, die Engländer hatten vergleichsweise wenig Landstreitkräfte, aber sie wären in der Lage gewesen mehr auszurüsten und im Krieg auf dem Festland einzusetzen. So etwas wie eine Landwehr war in England vorhanden.
                zur Ehrenrettung Englands sei gesagt dass England schon seit dem Mittelalter eine Allianz mit Portugal unterhielt, die auch bis in den Ersten Weltkrieg hinein hielt.




                Ansonsten hat England noch versucht sich die damals noch Spanische Kolonie Rio de la Plata einzuverleiben, 1807 Ägypten (kommt einem bekannt vor?!), udn noch 1809 die Walcheren Expedition.

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                • Latour-Maubourg
                  Erfahrener Benutzer
                  Sergent-Major
                  • 01.10.2006
                  • 196

                  #23
                  Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
                  dann findest du die, die die Begründung für Bonapartes Handeln bei F.II. ... suchen, sogar der Irakkrieg wird bemüht.
                  wenn du meien Beiträge so verstanden hast, bzw verstehen willst, dann gibt es wohl auch bei dir nicht mehr viel was erschüttert werden kann...

                  zum Thema Massakrierung von Kriegsgefangenen siehe das entsprechende Thema im Feldzug-Unterforum.

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                  • KDF10
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 19.12.2010
                    • 1278

                    #24
                    Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
                    Nein, ich bin nicht entmutigt, ich denke nur, dass es wenig Sinn macht. Du siehst ja, es wird einseitig die Schuld am Bruch des Friedens von Amiens England zugeschoben, dann findest du die, die die Begründung für Bonapartes Handeln bei F.II. ... suchen, sogar der Irakkrieg wird bemüht. Glaubst du ernsthaft, dass irgendein Argument deren Einstellung erschüttern könnte?
                    Bitte mach weiter, kapitulieren wurde von Napoleon verboten

                    Der Irakkrieg hat hier nichts zu suchen. Es ist aber wenig hilfreich, wenn die, die das verstehen, das Handtuch schmeissen.Ich kann mit den Beiträgen von Latour-Maubourg leben, das heißt doch aber nicht, dass er recht hat. Eine Diskussion wird nur schlechter, wenn man sich der Diskussion entzieht.
                    Zuletzt geändert von KDF10; 10.01.2011, 21:45.

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                    • HKDW
                      Erfahrener Benutzer
                      Colonel
                      • 02.10.2006
                      • 2962

                      #25
                      Über den Bruch des Friedens von Amiens - schreibt ja Tulard - zwar recht kurz aber sehr treffend einiges in seiner Napoleon Biorgraphie, er gibt nicht einseitig England die Schuld - sondern zieht auch Bonaparte mit ein.
                      Da er Franzose ist, wird man ihm ja auch keine braune Brühe andichten können.

                      siehe seite 164 ff.

                      Tulard : Napoleon oder der Mythos des Retters, Tübingen 1978

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                      • KDF10
                        Erfahrener Benutzer
                        Chef de Bataillon
                        • 19.12.2010
                        • 1278

                        #26
                        Tulard hatte ab 1971 einen Lehrstuhl für französische Geschichte an der Sorbonne, Schwerpunkte Französische Revolution und Kaiserreich (Napoleon). Dies Buch ist nicht sein einziges. Seine Werke gehören nach meiner Ansicht zu den besten französischen Büchern über die Napoleonische Zeit. Vergleichbar ist Valotton, ebenfalls Professor an der Sorbonne, mit den gleichen Schwerpunkten. Valotton beschäftigte sich zudem stark mit der wirtschaftlichen Situation Europas während der Napoleonischen Zeit. Es dürfte wenig bekannt sein, aber bei Valotton nachzulesen (ich hoffe, ich irre mich da nicht, hab schon so vieles gelesen), dass Schweden bis 1809 der größte Kaffee-Exporteur Europas war. So umging man die Kontinentalsperre.

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                        • excideuil
                          Erfahrener Benutzer
                          Sergent-Major
                          • 24.09.2009
                          • 207

                          #27
                          Zitat von Latour-Maubourg Beitrag anzeigen
                          wenn du meien Beiträge so verstanden hast, bzw verstehen willst, dann gibt es wohl auch bei dir nicht mehr viel was erschüttert werden kann...

                          zum Thema Massakrierung von Kriegsgefangenen siehe das entsprechende Thema im Feldzug-Unterforum.
                          Nein, keine Sorge, ich habe nicht dich persönlich gemeint. Nein, es ist nur merkwürdig, dass immer, wenn es um Bonapartes Handeln geht, mit anderen verglichen und damit sofort relativiert wird. Sieh den von dir angegebenen Thread: obwohl es um Jaffa geht, dreht sich ganz schnell die Diskussion um den Rußlandfeldzug und die Russen allgemein. Hinzu kommt, dass sich ganz wenige zugeben, das Kind beim Namen zu nennen: Ein Massaker an sovielen Menschen ist und bleibt Mord.

                          Mein eigenes Napoleon-Bild ist kaum noch zu erschüttern. Dafür bin ich zu alt als dass sich meine Einstellungen zu den Dingen des Lebens noch einmal grundlegend ändern könnten. Daneben habe ich viel zu viel gelesen, um der jugendlichen Schwärmerei zu verfallen. Es gab mal eine Zeit in der Jugend, da war ich durchaus fasziniert von dem "strahlenden Helden", wie wohl (fast) jeder Junge. Meine erste Biografie war die von Tarlé. Allerdings bin ich über diese auf eine andere Person aufmerksam geworden: Talleyrand, mit dem Tarlé in einer anderen Biografie nicht gerade zimperlich umgeht. Mein Interesse verlegte sich weg von den Kriegen, hin zu Politik und Diplomatie. Zwingend veränderte sich das Bild des Korsen: als Militär kaum erreicht, hat seine Politik und Diplomatie ihn nach St. Helena geführt. Ein weites Feld also!
                          Das weg von dem Krieg kann auch nicht überraschen, halte ich den Krieg neben der Religion als die Geißeln der Menschheit, er verroht die Menschen, bedeutet unendliches Leid, vernichtet Mensch und materielle Recourcen. Zudem stellt er immer auch ein Vabanqe-Spiel dar. Nehmen wir Aspern. Wären die Österreicher cleverer gewesen, hätten sie möglicherweise Napoleon gefangen genommen. Dann wäre Europa vllt. der furchtbare Feldzug gen Rußland erspart geblieben ...
                          Die Geschichte ist anders gelaufen aber das Beispiel zeigt, dass Krieg viel mit der Kategorie "Glück" zu tun hat, etwas was mit Realpolitik nur wenig gemein hat.

                          Aber egal, ob man sein Gewicht auf die Kriege oder die Politik Bonapartes richtet, man darf seine Intension nie aus den Augen verlieren.
                          Nehmen wir die Ehrenlegion: Der einfache Soldat oder selbst ein Zivilist konnten jetzt "Ritter der Ehrenlegion" werden. Aus Sicht der Revolution gar keine schlechte Idee, schließlich hatten die Bürger sie gewonnen, wäre da nicht die Bezeichnung "Ritter".
                          Aber, wie dachte Bonaparte über den Orden?
                          Bei Cronin findet sich der Satz: "Mit solchem Tand werden Männer geführt."
                          Bis nach Moskau, wie die Geschichte zeigt.

                          Grüße
                          excideuil

                          [1] Cronin, Vincent: “Napoleon – Stratege und Staatsmann”, Wilhelm Heyne Verlag, München, 1997, Seite 585

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                          • Chasseur
                            Erfahrener Benutzer
                            Sergent
                            • 16.05.2007
                            • 105

                            #28
                            Salut,
                            zum Zitat von Cronin, das ist unvollständig und daher entstellt.



                            Hier der Wortlaut mit den fehlenden Stellen:


                            Ich wette, … daß man mir keine alte und neue Republik nennen kann, die keine Auszeichnungen vergeben hat. Und das nennt man Spielzeug und Flitterkram! Sehr gut! Aber mit solchem Flitterkram leitet man die Menschen. Ich würde das vom Rednerpult herab nicht aussprechen, aber in einem Rat von weisen Staatsmännern kann man alles sagen. Ich glaube nicht, daß das französische Volk Freiheit und Gleichheit liebt. Die Franzosen haben sich in den letzten Jahren der Revolution nicht geändert. Sie haben nur eine Leidenschaft, und diese nennt sich ‚Ehre'. Man muß aber diese Leidenschaft hegen und pflegen und Auszeichnungen verleihen!" (Kircheisen, Napoleon I., V 272).

                            Cordialement

                            Chasseur

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                            • KDF10
                              Erfahrener Benutzer
                              Chef de Bataillon
                              • 19.12.2010
                              • 1278

                              #29
                              @chasseur, @excideuil, endlich ein Ansatz zur Verständigung, macht weiter so.

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                              • Sans-Gêne
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                                Fourrier
                                • 06.10.2010
                                • 93

                                #30
                                "Mit dem Hafenstädtchen Jaffa sind zwei düstere Reminiszenzen verbunden, die für die syrische Kampagne insgesamt charakteristisch sind. Bonaparte wollte diese Kampagne von Anfang an als einen "Feldzug der verbrannten Erde" führen, also Galiläa in eine Wüstenei verwandeln. Das zeigt vor allem das Massaker an über viertausend osmanischen Gefangenen, mit dem die französischen Truppen, nachdem sie im eroberten Jaffa eine Nacht und einen Tag lang barbarisch gehaust hatten, auf Befehl Bonapartes am 8. März begannen." [1] [2] (Hervorhebung von mir)rte
                                Dieser (vermutlich auch wieder im Zitat) „verkürzten“ Darstellung, durch die (in heutiger Zeit immer mehr) mit militärischen Erfordernissen und Entscheidungen eines Truppenführers Unvertrauten, ein völlig falsches Bild von den Zusammenhängen in Jaffa gezeichnet wird, möchte ich gern den (vollständigen) Kommentar des Herausgebers der Wencker-Wildberg – Ausgabe von Napoleons Memoiren entgegenhalten, welche auf jahrzehntelange Forschungen der Quellen dieser Zeit beruhten, welche in der „Bibliographie des napoleonischen Zeitalters einschließlich der Vereinigten Staaten von Amerika“ (Berlin 1908 – 1912) von Friedrich M. Kircheisen gipfelten und bis heute noch internationales Renomée und Beachtung erfährt.

                                Die Erschießung der Gefangenen von Jaffa, die zum großen Teil aus der wortbrüchigen Garnison von Kalaat-el-Arisch bestand, bot den Gegnern Napoleons willkommenen Anlass schärfster Kritik. Um den Fall objektiv zu beurteilen, muss man sich die schwierige Lage vergegenwärtigen, in die Napoleon sich durch diesen plötzlichen Zuwachs an Essern versetzt sah, deren Zahl (3000) nahezu einem Drittel der ganzen französischen Armee (10 000 Mann) entsprach.
                                Tapfere Gegner hat Napoleon stets ehrenvoll behandelt und sinnlose Grausamkeit lag durchaus nicht in seinem Charakter. Außerdem legte Napoleon besonderen Wert darauf, sich mit der türkischen Regierung nicht zu verfeinden, sondern vielmehr den Sultan von seinem Bündnis mit England und Russland zu trennen und für Frankreich zu gewinnen. Wir haben gesehen, auf welch geschickte Weise Bonaparte Sympathien der ägyptischen und arabischen Notabeln zu erwecken verstand, indem er mit dem Koran kokettierte und ihnen die Möglichkeit der Wiederherstellung eines mächtigen nationalen Kalifenreiches als Lockvogel vorhielt.
                                In gleicher Weise suchte er sich mit den Türken anzufreunden. Eine großmütige Geste gegenüber den Gefangenen von Jaffa hätte ihm also auch in dem Lager des Serasliers Achtung und Gegenliebe erringen können – wenn sein Djezzar Pascha nicht ein Barbar und asiatischer Despot gewesen wäre, der sich um keine Gesetze des Völker – und Kriegsrechtes kümmerte. So ließ er nicht nur Napoleons verschiedene Briefe unbeantwortet, sondern auch dem Parlamentär, der nach Jaffa geschickt wurde, um den Pascha im Auftrag Bonapartes zur Übergabe aufzufordern, gegen jeden Brauch hinrichten und den Kopf des Unglücklichen auf einer Lanze von den Wällen herab höhnisch den Franzosen zeigen. Gefangene machte Djezzar Pascha überhaupt nicht; wer von den Franzosen den Türken in die Hände fiel, wurde erbarmungslos niedergemetzelt. Diese orientalische Art der Kriegsführung, musste Napoleons Soldaten aufs äußerste erbittern, zumal sie sahen, auf welche hinterhältige Weise die Großmut ihres Führers von der Besatzung von Kalaat-el-Arisch vergolten wurde.
                                „Hätte ich diesen Leuten nochmals das Leben geschenkt und sie wieder auf ihr Ehrenwort entlassen, so hätten sie sich sofort nach Akka begeben und es wäre nochmals geschehen, was sich hier ereignet hatte. Aus Gerechtigkeit gegen meine eigenen Soldaten und weil jeder Heerführer sich als Vater seiner Soldaten und diese als seine Kinder betrachten soll, durfte ich diese nicht hingehen lassen,“ sagte Napoleon am 21. Januar 1817 zu O’Meara.
                                „Einen Teil meiner ohnehin schon stark zusammengeschmolzenen Armee als Wache für die Wortbrüchigen abzugeben, war unmöglich. Hätte ich anders gehandelt, als ich tat, so hätte ich wahrscheinlich den Untergang meiner ganzen Armee verschuldet. Ich machte also Gebrauch von dem im Krieg geltenden Recht, Soldaten die unter solchen Umständen in Gefangenschaft geraten, erschießen zu lassen. Ich befahl, dass von der türkischen Garnison von Jaffa diejenigen, welche ich in Kalaat-el-Arisch zu Gefangenen gemacht hatte und trotz ihres gegebenen Wortes in Waffen gegen mich wiederfand, erschossen würden. Alle übrigen – es war noch eine beträchtliche Zahl – blieben am Leben. Ich würde das, was ich damals tat, befände ich mich heute in der gleichen Lage, wieder tun. Und ebenso würde auch Wellington und jeder andere General unter ähnlichen Umständen gehandelt haben.“
                                Alle entgegengesetzten Behauptungen der in militärischen Dingen unwissenden Historiker noch der napoleonfeindlichen Militärs (z.B. Lanfrey in seiner hasstriefenden „Histoire de Napoleon“ 1865-1867) vermögen keinen sachlich überzeugenden Gegenbeweis zu führen, dass Napoleon sich damals nicht in einer verzweifelten Zwangslage befand. Die eiserne unerbittliche Notwendigkeit des Krieges kennt keine rührselige Moral. Napoleon konnte und durfte nicht anders handeln, als er tat – das ist heute die Ansicht der streng objektiv urteilenden Militär – und Fachhistoriker. „Die Handlung Bonapartes ist in moralischer Hinsicht durchaus zu verwerfen“, sagt Kircheisen (a.a. O. IV, 19). „Vom militärischen Standpunkt aus betrachtet, erscheint sie indes nicht allein gerechtfertigt, sondern für die Sicherheit des französischen Heeres nahezu geboten.“ Mit diesem Urteil darf die unfruchtbare Debatte über die Erschießung der Gefangenen wohl als abgeschlossen betrachtet werden. (*1)


                                Leider war dies nur Wunsch des Herausgebers, der von Kircheisen bearbeiteten „Memoiren Napoleon I.“, denn nach einer Zeit der Objektivierung der geschichtlichen Betrachtung Napoleons und einer propagandabereinigten Aufarbeitung der Epoche von der Französischen Revolution bis zum Ende des Grand Empire, in der späten Kaiserzeit Deutschlands und vor allem in der Weimarer Republik, kamen dann die Nazis, welche mit Sieburg und anderen „bekennenden Nationalsozialisten“ den ganzen Hass in unzähligen Reprints und Neuauflagen erneut ausschütteten und den Buchmarkt in Deutschland mit abgeschriebenen Lügen und hahnebüchenen Behauptungen überschwemmten. Und dies bis heute!
                                Natürlich mag die Metapher „vom Vater und seinen Kindern“ Napoleons bezüglich seiner Soldaten, für heutige Ohren pathetisch klingen. Aber so war nun mal die Sprache dieser Zeit und selbst von Blücher ist bekannt, dass er sich dieser Metapher bediente, wenn er seine Soldaten ins Gefecht schickte und manche in den ebenso sicheren Tod.
                                Wenn man allerdings an der Oberfläche des Themas "Napoleon" von Tarlé sofort zu den Schutzbehauptungen und Zwecklügen eines Talleyrand findet, dann ist mir allerdings einiges klar.

                                *1 "Napoleon die Memoiren seines Lebens" in neuer Bearbeitung herausgegeben von Friedrich Wencker-Wildberg in Verbindung mit Friedrich M. Kircheisen, Gutenberg-Verlag Christensen & Co. Wien, Hamburg, Zürich 1930 / 31, Band V, Seite 45 und 46.
                                Zuletzt geändert von Sans-Gêne; 13.01.2011, 19:30.

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