"Rekrutenuniformen" in Russland (und anderen Ländern)

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  • admin
    Administrator
    Colonel
    • 30.09.2006
    • 2687

    "Rekrutenuniformen" in Russland (und anderen Ländern)

    Im Werk von Lieven (http://www.napoleon-online.com/forum...ead.php?t=2351) fand ich eine interessante Passage bzgl. des Ausrüstungsstandes der Russischen Armee im Laufe der Vorbereitungen zum Russlandfeldzug -ich zitere:

    Außerdem hatte man den Bedarf [MS: an regulären Uniformen] reduziert, indem man die Provinzverwaltungen anwies, alle Rekruten in sogenannten Rekrutenuniformen zu stecken, die sie auch noch während des ersten Jahres in der Armee trugen. Von grauer Farbe und aus billigem "Bauernstoff" gemacht, waren diese Uniformen dürftig und wesentlich weniger haltbar als die aus dunkelgrünem Wollstoff gefertigten Uniformröcke der regulären Infanterie. Das Kriegsministerium gab sich alle Mühe, die in den Jahren 1809 bis 1812 rasch anwachsende Armee mit Uniformen auszustatten. Allerdings große Reserven für Kriegszeiten anzulegen, was Alexander zu erreichen suchte, dazu bestand keine Chance. Als es 1812 zum Krieg kam, hielt die Intendantur Ersatzuniformen und Ausrüstungen nur für ein Viertel der vorhandenen Feldarmee bereit. Die sogenannten Rekrutenuniformen lösten sich bald in ihre Bestandteile auf, als die Soldaten sie im Felde trugen.
    Als Quelle für die Rekrutenuniformen sowie der Notmaßnahmen zur Versorgung mit Uniformstoffen bezieht sich Lieven in einer Fußnote auf die Gesetzessammlung des Russischen Reiches 1807-1824.

    Nun habe ich im Zweguintzow gesucht und bin eigentlich nur bei den "Force de l'Intérieur" fündig geworden - die sich auf die im Zitat erwähnten Provinztruppen beziehen könnten (leider habe ich den Stein an meinem anderen Wohnort und kann nicht nachschauen). Als Uniform gibt Zweguintzow für die Soldaten grauen Rock mit gelben Aufschlägen, grauen Aufschlagpatten und grauem Futter, grauen Hosen und Tschako an. Auszeichnungen am Tschako und auf den Schulterklappen kennzeichnen das Bataillon in einer Brigade jeder (Rekrutierungs-) Region.

    Jetzt würde mich natürlich interessieren, ob jemand noch weitere Belege für diese "Rekrutenuniformen" in der russischen Armee findet - und ob es ähnliche Konstellationen in anderen Armeen gab.

    Schöne Grüße
    Markus Stein
    "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben
  • Henning
    Erfahrener Benutzer
    Sergent
    • 11.10.2006
    • 131

    #2
    Hier die Rekrutenuniformen nach Viskowatow, die Bilder findet man auch in Ospreys Warrior 51 "Russian Grenadiers and Infantry 1799-1815". Dort wird in der Bildunterschrift auf Seite 13 die 27. französische Bulletin vom 27.10.1812 zitiert, wonach auf dem Schlachtfeld von Malojaroslawjets von 1700 gefallenen Russen 1100 noch die grauen Rekrutenjacken getragen haben sollen.
    Gruß
    Henning
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    Wenn man merkt, dass man auf einem toten Pferd sitzt, sollte man absteigen!

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    • HKDW
      Erfahrener Benutzer
      Colonel
      • 02.10.2006
      • 2962

      #3
      Hat jemand das Bulletin im Originaltext.
      Hier sind doch sehr widersprüchliche Angaben, auf der einen Seite sollen sich die Uniformen schell auflösen auf der anderen Seite - noch massenweise gegen Ende des Feldzuges getragen.
      Ich denke auch dass uns hier das Werk von Stein nicht weiter bringt, da müßten wir schon rußische Kollegen fragen - ob die was wissen.

      Kommentar

      • Gunter
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 01.10.2006
        • 1377

        #4
        Schaut man sich die Verluste der Einheiten 1812 an, dann muss stets ein guter Teil der Truppe diese Rekrutenuniformen getragen haben, bereits vor Borodino. Selbst wenn man die Rekruten als relativ gleichförmig uniformiert annimmt, war es mit dem relativ ebenmäßigen Bild der Truppen ganz vorbei, als man auch Angehörige der Opoltschenie einreihte. Nach Borodino war die russische Hauptarmee ziemlich am Ende. Dass Kutusow die Regimentsartillerie kurzzeitig wieder einführte ist ein bezeichnendes Signal dafür.

        Hier mal die Angaben der Viskovatov-Übersetzung von Mark Conrad:

        Before 23 May 1808 recruits were accepted from their landowner donors wearing normal peasant caftan tunics [kaftany], breeches of coarse peasant cloth [sermyazhnye shtany], and peasant shoes [chiriki] or boots [upaki] (131). [Although the word “recruit” was used, men for the army were not voluntarily recruited, but compulsorily conscripted – M.C.]

        23 May 1808 – So that recruits would have clothing suitable for service at the very start of their acceptance into the army, it was ordered that there be made for them gray cloth caftans or tailcoats [kaftany ili mundiry] of soldier pattern with covered buttons; pants and forage caps of plain peasant cloth; black neckcloths; peasant boots either smeared with clean tar [chistym degtem vymazannye] or made with the hair side of the leather on the outside [lichnye sapogi]; gray cloth pouches to substitute for knapsacks and hold any baggage. (Illus. 1843); and peasant shirts and winter coats [shuby] as before. Of these items the caftan coat, pants, neckcloth, and so-called knapsacks were made by the government and charged to the recruits’ donors, while the rest, as well as underclothing and winter and summer foot cloths [podvertki] were provided by the donors in kind (132).

        28 July 1809 – It was emphasized that recruits were to be received from their donors with new winter coats [shuby] without exception, and not half-coats [polushubki] (133).

        27 June 1812 – The forage caps with hanging tassel prescribed for recruits was replaced by low caps without tassels, of the pattern used as this time in the Army (Illus. 1844) (134).

        8 July 1812 – The cloth, linen, and other items stipulated for recruit clothing were ordered to be given by the donors in kind (135).

        Grüße

        Gunter

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        • aba
          Erfahrener Benutzer
          Tambour-Major
          • 02.10.2006
          • 275

          #5
          In der Tat ist das ein wenig bekanntes Thema. In dem Osprey Heft bringt der Autor verschiedenste Zitate bis hin zu einem Zitat aus dem Mikhailowski-Danielewsky für 1814 wonach die Russen z.T. wie Franzosen ausahen, weil die Rekruten ihre grauen Uniformen mit französischen ersetzten, die sie gefangenen oder toten Franzosen abnahmen.

          Man darf sich das alles also ziemlich buntscheckig vorstellen. Es dürfte aber den Besonderheiten von 1812 geschuldet gewesen sein. Offiziell hätten die Rekruten wohl erst ihre richtige Uniform bekommen, bevor sie aus den Ausbildungscamps an die Regimenter geschickt wurden.

          Bei Borodino hatte demnach ein russisches Regiment grüne und graue Soldaten und dann ggf. noch opolchenije im dritten Rang mit Pelzmütze und Pike.

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          • Henning
            Erfahrener Benutzer
            Sergent
            • 11.10.2006
            • 131

            #6
            Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
            Hat jemand das Bulletin im Originaltext.
            Hier sind doch sehr widersprüchliche Angaben, auf der einen Seite sollen sich die Uniformen schell auflösen auf der anderen Seite - noch massenweise gegen Ende des Feldzuges getragen.
            Ich denke auch dass uns hier das Werk von Stein nicht weiter bringt, da müßten wir schon rußische Kollegen fragen - ob die was wissen.
            Gegenfrage, was spricht dagegen?
            Aushebungen fanden 1812 stetig statt, die Rekruten kamen in die Rekrutendepots, erhielten dort wohl mehr oder weniger an Ausrüstung, und kamen dann zur Feldarmee. Dort mußten sie dann zum Teil erst mal ausgebildet werden, so schreibt Bogdanowitsch in Bezug auf das Lager von Tarutino: "In dem Lager bei Tarutino verwendete Kutusow sein Hauptaugenmerk auf die Completirung, Ausbildung und Verpflegung seiner Truppen. Im Verlauf dreier Wochen waren die Rekruten soweit ausgebildet, daß sie nach dem Ziele schießen und die nothwendigsten Bewegungen auf Commando auszuführen verstanden."
            Beim Einrücken ins Lager befanden sich nach einer Bestandsübersicht mit Kutusows Unterschrift vom 22.09./ 04.10.1812 unter den Truppen 7960 Rekruten, Quelle ebenfalls Bogdanowitsch.
            Gruß
            Henning
            Wenn man merkt, dass man auf einem toten Pferd sitzt, sollte man absteigen!

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            • HKDW
              Erfahrener Benutzer
              Colonel
              • 02.10.2006
              • 2962

              #7
              Dagegen spricht nichts, trotzdem hätte ich gerne das Bulletin gesehen oder ein Zitat bekommen.
              Es ist ein sehr interessantes Thema - und je mehr Quellen dazu, desto besser.

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              • admin
                Administrator
                Colonel
                • 30.09.2006
                • 2687

                #8
                27. Bulletin der Großen Armee

                Leider habe ich mein Bulletinsband in Berlin, aber im Netz findet man ja inzwischen (fast) alles ... hier das wörtliche Zitat aus dem 27. Bulletin

                On a trouvé sur le champ de bataille dix-sept cents Russes, parmi lesquels onze cents recrues habillées de vestes grises, ayant à peine deux mois de service.
                Das ganze Bulletin könnt Ihr hier lesen: http://www.inlibroveritas.net/lire/o...itre66249.html

                Schöne Grüße
                Markus Stein
                "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben

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                • HKDW
                  Erfahrener Benutzer
                  Colonel
                  • 02.10.2006
                  • 2962

                  #9
                  Danke für das Zitat - komischerweise taucht so ein "Rekrut" - in keiner mir bekannten Bilderhandschrift von 1813 auf.

                  Kommentar

                  • Gunter
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 01.10.2006
                    • 1377

                    #10
                    Was HK da anmerkt, ist mir auch aufgefallen. Die Bildzeugnisse zeigen die Russen doch meist recht ordentlich gekleidet. Wahrscheinlich wurden wirklich spätestens während des Waffenstillstandes 1813 ausreichend neue halbwegs vorschriftsmäßige Uniformen gefertigt.

                    Grüße

                    Gunter

                    Kommentar

                    • Tom
                      Erfahrener Benutzer
                      Chef de Bataillon
                      • 03.10.2006
                      • 1068

                      #11
                      Bogdanowitsch: 1813 ...

                      ... macht einige Aussagen zum russ. Bekleidungswesen, z.B. Bd. II, S.8ff; dazu auch einiges in den Quellen (Bericht Barclays von 1815 etc.); näheres siehe Google.

                      Gruß, Tom

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                      • joerg.scheibe
                        Erfahrener Benutzer
                        Capitaine
                        • 02.10.2006
                        • 592

                        #12
                        Bin ich nur zu blöd,

                        oder findet sich Band 1 wirklich nicht?


                        Jede Antwort ist willkommen
                        Jörg
                        The light at the end of the tunnel
                        is from an oncoming train.

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                        • Tom
                          Erfahrener Benutzer
                          Chef de Bataillon
                          • 03.10.2006
                          • 1068

                          #13
                          Bd. I



                          (Es gibt 2 Versionen, eine ist verstümmelt, das müsste ich noch mal checken...)

                          rost:

                          Gruß, Tom

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                          • HKDW
                            Erfahrener Benutzer
                            Colonel
                            • 02.10.2006
                            • 2962

                            #14
                            irgendwas Neues zum Thema - bei Bogdanovitsch?

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