Der Vaterländische Krieg 1812 aus Sicht der UDSSR

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  • KDF10
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 19.12.2010
    • 1278

    #31
    Ich war zwar noch nie in Russland, habe aber einige Russen kennengelernt. Ein Feindbild habe ich da nicht gefunden. Ganz im Gegenteil. Meine allererste Begegnung war eine Schiffsbesichtigung mit einigen Kunden, wenige Jahre nach der Wende. Ein deutsches Containerschiff, unter liberianischer Flagge mit russischer Besatzung. Kein Scherz war wirklich so. Es gab Schnittchen und Getränke an Bord, Gastfreundschaft pur. Da wenigstens der Kapitän und sein 1. Offizier englisch sprachen, klappte das auch mit der Unterhaltung einigermaßen. Meine Kunden waren beeindruckt und ihr "Feindbild" (falls sie überhaupt eines hatten) zerstört.

    Tatsache bleibt aber, dass in der UDSSR das Geschichtsbild verfälscht wurde. Das heutige Russland ist dabei das aufzuarbeiten. In nun etwas mehr als 21 Jahren lassen sich aber schlecht 70 Jahre Kommunismus aufarbeiten, schon gar nicht in der Geschichte. Wir hatten ja nunmehr bereits fast 67 Jahre Zeit nur 12 Jahre Geschichte aufzuarbeiten, was bei einigen immer noch nicht angekommen ist.

    Ansonsten stimme ich Grex und Gunter zu. Es war wohl mehr Deutschenhass auf die damals unter den Zaren in Russland lebenden Deutschen oder Neid wenn sie dann auch noch Karriere machten.

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    • Gunter
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 01.10.2006
      • 1377

      #32
      Die heutige Situation in Russland kann man schwer einschätzen. Man hat es ja meist mit überdurchschnittlich gebildeten Leuten zu tun, die offen und aufgeklärt sind und differenziert denken. Zu Zeiten der DDR wurde bei den wenigen inoffiziellen Kontakten doch recht deutlich, dass Deutsche für die Sowjetbürger alles Faschisten waren, was wohl auch so gelehrt wurde.

      Grüße

      Gunter

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      • Colonel
        Erfahrener Benutzer
        Sergent
        • 27.07.2008
        • 155

        #33
        Lieber Gunter,

        zur heutigen Situation einverstanden. Zur Situation vor der Wende, sowohl bei offiziellen als auch bei inoffiziellen Kontakten, kann ich nicht zustimmen. Von Deutschenhass habe ich nur sehr am Rande etwas mitbekommen. Auch damals sahen es die meisten Gesprächspartner differenziert.

        Viele Grüße

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        • Da Capo
          Erfahrener Benutzer
          Adjudant
          • 23.10.2006
          • 829

          #34
          Hallo Gunter,

          ich kenne zwar die Kontaktbasis für Deine Aussage nicht, aber ich vermute eher eine statistisch unrelevante Größe.

          Bei meinen diversen Kontakten mit Bürgern der SU ist mir nie Deutschenhass offen untergekommen. Die Völker der SU waren viel zu gastfreundlich, als dir so etwas offen an den Latz zu knallen. Natürlich hatten die alten Herrschaften, die da ordensgeschmückt in Parks herumsaßen Probleme mit den Deutschen, aber die hätten wir wohl auch, wenn wir ihre Erlebnisse gehabt hätten. Auch überwog eindeutig der Stolz auf die eigene Leistung, denn der Hass. Und spätestens beim Wodka war sch…egal woher du kamst.

          Da hatten sie untereinander viel mehr Probleme. Die Balten, Ukrainer, Kasachen etc. pp. mochten alle die Russen nicht und umgekehrt.
          Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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          • Gunter
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 01.10.2006
            • 1377

            #35
            Die Probleme gab es nach meinen Erfahrungen eher mit Angehörigen der jüngeren Generationen. Da ging schon mal einer im Suff auf einen klapprigen Opa los und beschimpfte ihn als Faschist und deutsche Schüler wurden von Offizierskindern mit Steinen beworfen. Um die Situation beurteilen zu können, muss man schon unterscheiden, ob die eigenen Kontakte nun Urlaub, beruflich oder Alltag waren. Das Verhältnis zur örtlichen Garnison kann ich nur als gespannt bezeichnen, denn für die unmittelbaren Nachbarn war das auf Dauer nicht so leicht zu ertragen, denn auch die harmlosesten Zivilisten wurden als potentiell feindlich angesehen. Das war schon einen ganzen Zacken anders als bei den offiziellen Besuchen bei den "Freunden".

            Grüße

            Dr. S.

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            • KDF10
              Erfahrener Benutzer
              Chef de Bataillon
              • 19.12.2010
              • 1278

              #36
              Bin zwar nur ein Wessi, aber schon der gesunde Menschenverstand sagt mir das Gunter recht hat. Durch meine Verwandten in Güstrow kann ich nur bestätigen, dass das Verhältnis in Garnisonsstädten besonders gespannt war. Dort wurde ein Mädchen von einem russischen Soldaten in einem militärischen Sicherheitsbereich erschossen. Es hatte auf Anrufe nicht reagiert, weil es taub war. Das wurde vertuscht. Liebe Mit-Wessis, glaubt einfach mal, was ein Ossi (nicht böse gemeint, Gunter) schreibt. Wir/ich können uns nämlich garnicht vorstellen, was da wirklich abgegangen ist.
              Zuletzt geändert von KDF10; 24.01.2012, 14:48.

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              • HKDW
                Erfahrener Benutzer
                Colonel
                • 02.10.2006
                • 2969

                #37
                Beschränken wir uns doch wieder bitte auf die Auswertung zeitgenössischer Literatur - Grex hat das ja sehr schön analysiert.

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                • Grex
                  Benutzer
                  Tambour
                  • 10.01.2012
                  • 34

                  #38
                  Georgier

                  Ich habe noch ein interessantes Detail: „Operation Bagration“ war der Deckname einer wichtigen Offensive der Roten Armee gegen die deutsche Heeresgruppe Mitte im Juni 1944. Die Tatsache dass der populäre General als Symbolfigur für die Wende im Kriegsgeschehen gewählt wurde zeigt 1) dass Bagration im russischen Bewusstsein für Draufgängertum, Angriff und Erfolg steht (im Gegensatz zu Barclay – ich rede von Perzeption, nicht der Realität) 2) das Bagration als Georgier unter der Herrschaft des Georgiers Stalin zum positiven Helden prädestiniert war. Nicht umsonst waren die beiden Soldaten, die ausgewählt wurden, als Siegeszeichen die Flagge auf dem Reichstag zu hissen, ein Russe und ein Georgier. Dieses Volk war auch nach Stalin recht beliebt bei den Russen, ihr Image unter den Sowjetvölkern kann man vielleicht mit dem der Italiener in Europa vergleichen. Es ergibt sich also aus Sicht der sowjetischen Historiker und Ideologen ein „rundes“ Bild: Kutusow, der Russe als der gelassene Sieger, Bagration, der Georgier, als der heißblütige, leider zu früh dahingeraffte Held, und Barclay, der unsympathische Deutsche, der mit seinen deutsch Untugenden beinahe alles verbockt hätte.

                  Bleibt noch anzumerken, daß Bagration auch in der Realität zu Barclays schärfsten Gegnern gehörte.
                  Zuletzt geändert von Grex; 25.01.2012, 10:06. Grund: Schriftbild geändert

                  Kommentar

                  • KDF10
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 19.12.2010
                    • 1278

                    #39
                    Was hat Bagration geleistet? Er hat den Friedensvertrag von Tilsit ausgehandelt! Er hat die Schlacht von Mohilew gewonnen! In Smolensk hat er sich mit der Nachhut als letzter zurückgezogen! In Borodino verblutete er auf dem Schlachtfeld. Stand alles so in der Wikipedia, bis ich das geändert habe. All das ist falsch. Manch einer mag jetzt hier die Nase rümpfen: Wikipedia, oh Gott! Ja, das stimmt! Aber es wird gelesen und von Zeitungen zitiert. Letztes Jahr berichtete eine hannoversche Tageszeitung in einem Artikel über Gehrden (liegt westlich von Hannover), dass die Gehrdener 1812 gegen Napoleon gekämpft haben! Holla? Gehrden gehörte 1812 zum Königreich Westphalen, und die Gehrdener sind mit Napoleon in Russland untergegangen.

                    In der Wikipedia lebt die Tradition des Stalinismus weiter. Dort schreiben Leute, die das nicht anders gelernt haben. Natürlich haben die Franzosen Wjasma angezündet, dass die Russen das auf ihrem Rückzug bereits vorher gemacht haben wird verschwiegen. Kutusow konnte in Wjasma nicht eingreifen, er war zu weit weg. Stimmt auch nicht. Über die "Operation Bagration" gibt es dort übrigens auch einen Artikel.

                    Warum schreibe ich das über die Wikipedia? Hier gibt es reichlich Fachleute, die sich dort mal anmelden sollten. Dem Admin würde ich sogar vorschlagen hier ein neues Forum zu eröffnen: "Historischer Mist in der Wikipedia".

                    Gruß

                    Dieter

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                    • Gunter
                      Erfahrener Benutzer
                      Chef de Bataillon
                      • 01.10.2006
                      • 1377

                      #40
                      @Dieter,

                      es ist doch klar, dass bei einem Projekt wie der wikipedia auch viel Mist dabei sein muss. Aus eigener Erfahrung mit dem Erstellen von Lexika u.a. Nachschlagewerken mit wissenschaftlichem Anspruch weiß ich wieviel Mühe das kostet, sowas richtig gut hinzubekommen. Das kann der Ottonormalwikipedianer garnicht leisten. Übrigens muss man sich bei wikipedia noch nichtmal anmelden, um Änderungen vorzunehmen.

                      Grüße

                      Gunter

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                      • KDF10
                        Erfahrener Benutzer
                        Chef de Bataillon
                        • 19.12.2010
                        • 1278

                        #41
                        Weißt du, die sich nicht mal anmelden sind mir tausendmal lieber als die angeblichen Fachleute. Mitten im Artikel grüßen die ihre Freundin, bringen ein paar vorpubertäre Sprüche und das verschwindet nach ein paar Minuten, weil irgendein Administrator das löscht. Die selbsternannten Fachleute sind das Problem, und die sind angemeldet. Da wird dann der Begriff Zar in Kaiser umgeändert. Das ist ja auch nicht so falsch. Überall wo dann Zar steht, wird das in Kaiser umgeändert. Stimmt nicht ganz, an einige Artikel trauen sie sich mit ihrer Meinung nicht ran. Vor Rasputin und Ermordung der Zarenfamilie kapitulieren sie. Sie bewegen sich dann lieber auf Nebenkriegsschauplätzen. Wenn du das reklamierst, fällt eine ganze Meute über dich her, auch deutschsprachige Russen. Momentan schreib ich da nur noch über Geckos, mein zweites Hobby.

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