Exzesse der württ. Kavallerie 1812

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  • Da Capo
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    Adjudant
    • 23.10.2006
    • 827

    Exzesse der württ. Kavallerie 1812

    Ein von Berthier unterzeichneter und an die Truppen des rechten Flügels von Stabschef Marchand ausgegebener Tagesbefehl vom 20.06.1812 aus Gumbinnen lautet:
    „Sr. Majestät der Kayser bezeigt der Würtenbürgischen Cavallerie seine Unzufriedenheit über die Exeße, die sie sich auf ihren Märschen erlaubt.
    Sr. Majestät befiehlt, daß der Brigade-General Subervic wegen der Unordnung die seine ihm untergebenen Truppüen verübt haben, zwey Stunden mit Arrest bestraft werde.
    Eine gleiche Bestrafung befehlen Allerhöchstdieselben für den Commandant der Würtenbürgischen Cavallerie, weil er die Ordnung in seinem Corps nicht aufrecht gehalten.
    Die Herren Generale, welche die Würtembergschen Truppen commandiren werden alle Soldaten, die sich zu plündern erlauben arretiren laßen.
    Sr. Majstät befiehlt, daß die strengsten Beyspiele auf der Stelle statuirt werden.“
    War da etwas Besonderes vorgefallen, oder waren die Württemberger dran, weil man es sich nicht mit den Nationalfranzosen verscherzen wollte?
    Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.
  • HKDW
    Erfahrener Benutzer
    Colonel
    • 02.10.2006
    • 2962

    #2
    da hatte ich mal was sehr gutes darüber gelesen, nur mal wieder wo?
    Roos, Holzhausen oder dergleichen, wo einquartierte Rheinbundoffiziere von den Kindern sich die Sporenrädchen beim Essen drehen ließen - aber die eigentliche Ursache scheint gewesen zu sein, dass die Württtenberger, wie halt andere Nationen auch, sich bereits in Polen mit dem Requirieren von Nachschub beschäftigt hatten - in der weisen Voraussicht, dass es dann in Rußland schlimmer werden würde.
    Zuletzt geändert von HKDW; 30.01.2012, 08:04.

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    • KDF10
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 19.12.2010
      • 1278

      #3
      Clausewitz hätte geschrieben, eine halbe Maßnahme. Zwei Stunden Arrest? Polen hatte 1811 eine schlechte Ernte, ebenso Preußen. 1812 wurde, wie bekannt, massiv requiriert. Der 20. Juni war ja nur vier Tage vor dem Einmarsch in Russland. Das Land dürfte weitgehend geplündert gewesen sein. Was die Württemberger betrifft lese ich das gern noch einmal nach, aber Subervic dürfte seine zwei Stunden Arrest zu einem ungestörten Mittagsschlaf verwendet haben.
      Zuletzt geändert von KDF10; 29.01.2012, 23:06.

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      • KDF10
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 19.12.2010
        • 1278

        #4
        Baron Fain schrieb in „Manuscript vom Jahre Tausend Achthundert und Zwölf“, 1. Band, Seite 62: „Er [Napoleon] hat Nachzügler auf den Straßen bemerkt [Anfang Juni 1812] und die lauten Klagen der Bauern über die Last der Tausende von Soldaten gehört, die ihre Dörfer zerstören und brandschatzen. Hiermit noch nicht zufrieden, gibt er dem Herzog von Elchingen, der auf dieser Seite das Oberkommando führt, sein lebhaftes Missfallen zu erkennen. Auch über die Westphalen beklagt man sich und auch ihrem Könige werden deshalb strenge Vorwürfe gemacht. Napoleon lässt an alle seine Befehlshaber schreiben, dass sie strenger auf Manneszucht zu halten hätten. „Nehmen sie – sagt er - die schnellsten Maßregeln, damit das Land nicht verwüstet wird; sonst wird es mit uns hier, wie mit Massena in Portugal.“ Fain war „Cabinets-Secretair“ von Napoleon.

        Zu den Württembergern lese ich noch, aber es muss definitiv was vorgefallen sein. Die 25. Kavallerie-Brigade wurde am 22. Juni aufgelöst, was Starklof ("Geschichte des Königlich Württembergischen Regiments Olga, Seite 53 f") dem kaiserlichen Zorn zuschreibt. Die württembergischen Generale von Wöllwarth und von Walsleben wurden ihres Kommandos enthoben, von Walsleben sogar arretiert. Nicht nur zwei Stunden, sondern der König von Württemberg musste erst intervenieren und holte die beiden Generale zurück. Ich recherchiere noch.
        Zuletzt geändert von KDF10; 30.01.2012, 13:21.

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        • KDF10
          Erfahrener Benutzer
          Chef de Bataillon
          • 19.12.2010
          • 1278

          #5
          Am 4. Juni 1812 erhielten die württembergischen Kavallerie-Regimenter Nr. 1, 2 und 4 den Befehl die 25. leichte Kavallerie-Brigade zu bilden. Diese vereinigte sich mit der 9. und 11. leichten Kavalleriebrigade bei Bischofsburg und traf dort am 10. Juni ein. Starklof schreibt: „Zwar blieb man hier wieder einige Tage stehen, doch waren es keine Tage der Ruhe; dem Befehl sich auf 16 Tage mit Lebensmitteln zu versehen, musste, da hierzu keine Magazine angewiesen wurden, durch Requisitionen Folge geleistet werden. Man sah sich gezwungen, in die benachbarten Dörfer und Höfe Requisitionskommandos zu schicken, welche namentlich Schlachtvieh beizutreiben hatten. Dass es dabei nicht ohne Gewaltmaßregeln abging, ist natürlich, da die polnischen Bauern keineswegs gesonnen waren, ihre Habe freiwillig herauszugeben. Von diesen liefen Klagen über Klagen beim französischen Kaiser ein. Napoleon natürlich, wollte es in diesem Augenblicke nicht mit der polnischen Nation verderben und schob somit alle Schuld auf die deutschen Truppen, obwohl sich diese bei Weitem nicht in dem Maße auf das Requirieren verstanden, wie die Franzosen, welche eine wahrhafte Virtuosität darin entwickelten. Nicht genug damit aber, ließ der Kaiser die vorgekommenen Unordnungen die Rheinbundtruppen allein und in härtester Weise fühlen.“

          Es hat also Gewalt gegeben, das gibt Starklof zu. Dass die Franzosen virtuoser beim Requirieren waren, findet man auch bei anderen Autoren. Das bedeutet aber nicht, dass die Württemberger unschuldig waren. Napoleon wollte wohl ein Exempel statuieren, wobei er sich ganz sicher nicht Truppen ausgesucht hat, über die es keine Beschwerden gab. Leider habe ich da nicht mehr herausgefunden. Für die damalige württembergische Geschichtsschreibung war das wohl eher ein Schandfleck und die Aussagen von Starklof sind, in meinen Augen, doch sehr subjektiv. Bemerkenswert ist, dass Starklof auch schreibt: „Am 25. kam die Reihe des Flussübergangs [Njemen] auf einer bei Poniemon geschlagenen Brücke an das dritte Korps. Napoleon, welcher während des Defilierens an der Brücke hielt, machte auch hier wieder seinem Unmuthe in harten Worten Luft.“ Er war also auch noch nachtragend.

          Ich will hier nicht die Württemberger verurteilen, ähnliche Vorfälle findet man auch bei den anderen Rheinbundstaaten. Das Verhältnis zwischen den echten Franzosen und den Verbündeten war alles andere als gut. Es gab Schießereien zwischen Badenern und Franzosen, in Braunschweig wurden französische Soldaten ermordet. Auch da wurde ein Exempel statuiert. Öffentliche Hinrichtungen von Leuten, die zwar straffällig geworden waren, aber mit dem eigentlichen Vorfall nichts zu tun hatten.

          Link zu Starklofs Buch:

          Zuletzt geändert von KDF10; 30.01.2012, 15:51.

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          • Gunter
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 01.10.2006
            • 1377

            #6
            Immer die alte Leier von Herrn N. Die Rheinbundtruppen mussten die Kastanien aus dem Feuer holen und sich gängeln lassen ohne Ende. Zum Dank dafür wurden sie dann immer wieder zu Sündenböcken gemacht. Kein Wunder dass sie sobald als möglich das Bündnis wechselten. Hier klingt außerdem an, dass es die französischen Truppen noch viel ärger trieben.

            Grüße

            Gunter

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            • KDF10
              Erfahrener Benutzer
              Chef de Bataillon
              • 19.12.2010
              • 1278

              #7
              Kann man so sehen. Man könnte aber auch daraus schließen, dass die Logistik des Herrn N. bereits lange vor dem eigentlichen Feldzug versagt hat.

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              • Gunter
                Erfahrener Benutzer
                Chef de Bataillon
                • 01.10.2006
                • 1377

                #8
                Das hat sie ja offenbar auch. 1812 hat N. seine Leute zumindest teilweise wissend in den Tod geführt.

                Grüße

                Gunter

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                • HKDW
                  Erfahrener Benutzer
                  Colonel
                  • 02.10.2006
                  • 2962

                  #9
                  Holzhausen bringt was über die "Irritationen" die die Württenberger bei Napoleon ausgelöst haben, nicht nur das Rquirieren, sondern auch das Kommando - er wollte wohl nicht den Kronprinz als Oberbefehlshaber, wie die kritischen Kommentare als die Kavallerie teilweise abgezogen wurden.

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                  • KDF10
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 19.12.2010
                    • 1278

                    #10
                    Der Kronprinz blieb aber Befehlshaber, bis er krank wurde.

                    Gruß

                    Dieter

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                    • Charlotte Corday
                      Erfahrener Benutzer
                      Sergent
                      • 22.11.2011
                      • 110

                      #11
                      Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
                      Immer die alte Leier von Herrn N. Die Rheinbundtruppen mussten die Kastanien aus dem Feuer holen und sich gängeln lassen ohne Ende. Zum Dank dafür wurden sie dann immer wieder zu Sündenböcken gemacht. Kein Wunder dass sie sobald als möglich das Bündnis wechselten. Hier klingt außerdem an, dass es die französischen Truppen noch viel ärger trieben.

                      Grüße

                      Gunter
                      Hallo Gunter!

                      Kann man wirklich sagen, dass die Truppen so bald wie möglich die Seiten wechselten? Hast du Belege für ein Übergehen der Truppen (als ihr Fürst noch zu Napoleon hielt) zu den Alliierten (wie bei Leipzig teilweise sächsische Kontingente). Oder haben sie überwiegend erst die Seiten gewechselt, als ihr Regent dies tat?
                      Gibt es diesbezüglich Quellen von Offizieren über den Bündniswechsel bzw. ihre Einstellung gegenüber Napoleons Feldzug 1812?

                      Was das aus dem Lande leben betraf, haben es wohl alle Truppen bunt getrieben -und nicht nur die Offiziere: Auch die Zivilpersonen aus dem Tross haben sich im Feindesland wie in einem Selbstbedienungsladen aufgeführt. Dass man dabei nicht nur Brot und Fleisch mitnahm, sondern bevorzugt auch gut zu transportierende Wertgegenstände wie Geld und Uhren und Schmuck, ist auch klar.

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                      • KDF10
                        Erfahrener Benutzer
                        Chef de Bataillon
                        • 19.12.2010
                        • 1278

                        #12
                        Hallo Charlotte,

                        darf ich antworten? Der einfache Soldat hat das getan, was ihm seine Vorgesetzten sagten, von der großen Lage hatte er keine Ahnung. Die sächsischen Kontingente bei Leipzig sind übergelaufen, ohne ihren König zu fragen. Der sächsische General Thielmann sogar schon Monate vorher. Auch die bei Leipzig übergelaufenen Württemberger haben ihren König nicht gefragt.
                        Zuletzt geändert von KDF10; 01.02.2012, 18:38.

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                        • HKDW
                          Erfahrener Benutzer
                          Colonel
                          • 02.10.2006
                          • 2962

                          #13
                          Die haben sehr wohl beim König nachgefragt, die Antwort war aber etwas kryptisch, und einige sächsiche Offiziere waren auch der Meinung der König konnte sich nicht klar ausdrücken, weil er eben unter Napoleons Beobachtung stand.

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                          • Gunter
                            Erfahrener Benutzer
                            Chef de Bataillon
                            • 01.10.2006
                            • 1377

                            #14
                            Man kann schon sagen, dass die Rheinbundtruppen so bald wie möglich die Seiten wechselten. Das erfolgte bei den Sachsen und Württembergern uneinheitlich und nicht auf Befehl des eigenen Herrschers, bei den Nassauern und Bayern schon. Einzelne Einheiten sind schon vor Leipzig übergelaufen. Das ganze war ein vielschichtiger Prozess, der das Erodieren von Napoleons Macht demonstrierte.

                            Grüße

                            Gunter

                            Kommentar

                            • KDF10
                              Erfahrener Benutzer
                              Chef de Bataillon
                              • 19.12.2010
                              • 1278

                              #15
                              Wo kamen eigentlich die Tiroler Schützen her, die auf Seiten der Allierten waren? Sind das auch Überläufer?

                              Gruß

                              Dieter

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