Napoleon, ein Aggressor?

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  • excideuil
    Erfahrener Benutzer
    Sergent-Major
    • 24.09.2009
    • 207

    Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
    Ich verstehe die Zahlen nicht.
    Die Zahlen geben den Gesamtexport der betreffenden Länder, nicht den Export in das jeweilige andere Land an. Die Zahlen sind in Millionen Franc angegeben. Erbe hat den Edelmetallwert der Währungen zur Grundlage genommen. Daraus ergibt sich ein Verhältnis von 1 Pfund = 27,146 Franc.
    Die höhere Summe ist der Export Englands.

    Grüße
    excideuil
    Zuletzt geändert von excideuil; 13.04.2012, 20:26.

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    • excideuil
      Erfahrener Benutzer
      Sergent-Major
      • 24.09.2009
      • 207

      Zitat von muheijo Beitrag anzeigen

      Ich denke es verdient eine næhere Beleuchtung.
      Bezüglich des Handelsvertrages von 1786 habe ich in einem älteren Lehrbuch diese Passage gefunden:

      "England blieb trotz des Verlustes seiner amerikanischen Kolonien die stärkste See-und Kolonialmacht. Seine sich sprunghaft entwickelnde Industrie warf schon damals billige Waren auf den europäischen Markt und schädigte das französische Gewerbe schwer. Im Jahre 1786 schloss Frankreich einen Handelsvertrag mit England ab, der zwar den Absatz franz. Weine und Luxusartikel in England erleicherte, aber dafür die Einfuhrzölle auf engl. Industriewaren herabsetzte. Die engl. Industrieerzeugnisse konnten jetzt in Frankreich billiger als zuvor verkauft werden. Dadurch wurden etwa 200000 Handwerker und Arbeiter arbeitslos."
      (Quelle: Lehrbuch für den Geschichtsunterricht, 7. Schuljahr, Volk und Wissen, Volkeigener Verlag Berlin, 1952)

      Grüße
      excideuil

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      • KDF10
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 19.12.2010
        • 1278

        Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
        Bezüglich des Handelsvertrages von 1786 habe ich in einem älteren Lehrbuch diese Passage gefunden:

        "England blieb trotz des Verlustes seiner amerikanischen Kolonien die stärkste See-und Kolonialmacht. Seine sich sprunghaft entwickelnde Industrie warf schon damals billige Waren auf den europäischen Markt und schädigte das französische Gewerbe schwer. Im Jahre 1786 schloss Frankreich einen Handelsvertrag mit England ab, der zwar den Absatz franz. Weine und Luxusartikel in England erleicherte, aber dafür die Einfuhrzölle auf engl. Industriewaren herabsetzte. Die engl. Industrieerzeugnisse konnten jetzt in Frankreich billiger als zuvor verkauft werden. Dadurch wurden etwa 200000 Handwerker und Arbeiter arbeitslos."
        (Quelle: Lehrbuch für den Geschichtsunterricht, 7. Schuljahr, Volk und Wissen, Volkeigener Verlag Berlin, 1952)

        Grüße
        excideuil
        Ich bin überrascht, ein Lehrbuch für den Geschichtsunterricht, 7. Schuljahr, aus der DDR als Quelle? Allerdings positiv überrascht, was man in der DDR im 7. Schuljahr lernen konnte. Dass etwa 200.000 Arbeiter und Handwerker arbeitslos wurden, kann ich nicht bestätigen, was nicht heißt, das es so war. Fakt ist, diesen Vertrag gab es, die englische Tuchindustrie war der französischen wirtschaftlich weit überlegen und es gab dadurch viele arbeitslose Handwerker und Bauern. Für nicht wenige westliche Historiker ist dies ein Baustein der 1789 zur Revolution führte.

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        • Mephisto
          Erfahrener Benutzer
          Capitaine
          • 01.10.2006
          • 625

          Wie kann man dieser Überlegenheit begegnen? Es gibt zwei Möglichkeiten: Man stellt sich - nach Lunéville und Amiens - in einem friedlichen System der Auseinandersetzung auf der Grundlage des gegenseitigen Vorteils oder man sucht die aggressive Konfrontation.
          Napoleon wählte die zweite Möglichkeit: Die Verweigerung eines Handelsvertrag mit England und die Sperrung des franz. Einflussgebietes für engl. Waren sollte die engl. Wirtschaft treffen und die franz. Wirtschaft vor Konkurrenz schützen.

          Angesichts der Zahlen wird deutlich, dass England, wollte man wirtschaftlich überleben, kein anderer Weg blieb als sich mit den zu Gebote stehenden Mitteln zu wehren.
          Die "schleichende" Ausdehnung des franz. Einflussgebietes machte es den Engl. natürlich einfach, Verbündete auf dem Kontinent zu finden. (3. Koalition)
          Hallo Excideuil,

          Ich kann Dir folgen, teile allerdings Deine Schlussfolgerung überhaupt nicht.

          Dadurch dass Napoleon sein Land eben nicht durch Englische Waren überschwemmen lassen wollte
          ohne Ausgleich in Form von Exporten, schützte N seine Wirtschaft und sein Land.
          England wollte exportieren und nicht importieren (nach dem Motto: "aber trotzdem wollen wir alle Freunde sein") - eine nmE recht bornierte Erwartungshaltung.

          Dieses Handelsabkommen war eben keine "Grundlage für einen gegenseitigen" sondern vielmehr für einen recht einseitigen Vorteil - nämlich den Englands.
          Der Verzicht auf ein "einseitiges" Handelsabkommen ist für mich kein feindlicher Akt sondern ein adäquates Mittel der Wirtschaftspolitik - für Dich offenbar doch.
          War also N feindlich/aggressiv weil er "nein" zu sagen wagte?!
          Als Napoleon sich darauf nun nicht einliess, erfolgte die Kriegserklärung durch England und infolgedessen das Lager in Bolougne.
          So wird für mich ein Schuh draus.
          Zuletzt geändert von Mephisto; 15.04.2012, 22:04.
          Gruß
          Mephisto

          "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
          nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

          Kommentar

          • excideuil
            Erfahrener Benutzer
            Sergent-Major
            • 24.09.2009
            • 207

            Zitat von Mephisto Beitrag anzeigen
            Hallo Excideuil,

            Ich kann Dir folgen, teile allerdings Deine Schlussfolgerung überhaupt nicht.

            Dadurch dass Napoleon sein Land eben nicht durch Englische Waren überschwemmen lassen wollte
            ohne Ausgleich in Form von Exporten, schützte N seine Wirtschaft und sein Land.
            England wollte exportieren und nicht importieren (nach dem Motto: "aber trotzdem wollen wir alle Freunde sein") - eine nmE recht bornierte Erwartungshaltung.

            Dieses Handelsabkommen war eben keine "Grundlage für einen gegenseitigen" sondern vielmehr für einen recht einseitigen Vorteil - nämlich den Englands.
            Der Verzicht auf ein "einseitiges" Handelsabkommen ist für mich kein feindlicher Akt sondern ein adäquates Mittel der Wirtschaftspolitik - für Dich offenbar doch.
            War also N feindlich/aggressiv weil er "nein" zu sagen wagte?!
            Als Napoleon sich darauf nun nicht einliess, erfolgte die Kriegserklärung durch England und infolgedessen das Lager in Bolougne.
            So wird für mich ein Schuh draus.
            Hallo Mephisto,

            Dank dafür, dass du meinen wirtschaftlichen Ansatz teilst.

            Ich habe diesen Ansatz gewählt, weil die Wirtschaft nun einmal das Maß der Dinge ist.
            Ich stelle nicht in Abrede, dass Frankreich England in der Frage einer leistungsfähigen Industrie unterlegen war. Auch stelle ich nicht in Abrede - auch wenn die Ausführungen aus einem DDR-Lehrbuch stammen - dass die Handelsvertragserfahrungen von 1786 eher negativ für Frankreich waren.

            Ich stelle auch nicht in Abrede, dass Engl. als größte wirtschaftliche Macht auf den Export angewiesen war. Ich habe nur meine Probleme damit, dass Frankreich diese Tatsache völlig negiert und versucht hat, dies mit hohen Zöllen, mit Verschließen von Märkten zu verhindern. Da ist es völlig normal, dass Engl. im Gegenzug versucht hat, seine wirtschaftlichen Interessen eben auch mit Mitteln des Krieges, mit Hilfe von Subsidien, mit Gewinnung von neuen Märkten, was auch immer durchzusetzen.

            Anders gesagt, es ist völlig verständlich, dass das in der franz. Revolution siegreiche Bürgertum jetzt expandieren will. Ich kritisiere nur die Wahl der Mittel. Und die zeigen, dass Frankreich nicht einmal den Versuch gemacht hat, mit Engl. eine Einigung zu erzielen.

            Grüße
            excideuil
            Zuletzt geändert von excideuil; 16.04.2012, 01:14. Grund: Orthografie

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            • Mephisto
              Erfahrener Benutzer
              Capitaine
              • 01.10.2006
              • 625

              Coquebert war nach London gesandt worden, um dort zu erklären,
              „die französische Regierung würde den Import aller englischer Waren in Frankreich zulassen, doch nur unter der Bedingung der sofortigen Ausfuhr französischer Waren des gleichen Wertes. »

              Fournier sieht einen direkten Zusammenhang mit dem Krieg in der
              „Weigerung des englischen Ministers Hawkesbury und dessenVerlangen nach einer wenigstens zeitweiligen Rückkehr zum Handelsvertrag von 1786, der Frankreich ungünstig gewesen war“
              und dass diese
              „die Schwierigkeiten einleiteten, die dann zum Bruch führten.“
              Fournier verweist in einer Fussnote auf Driault, La politique exterieure du Premier Consul, 1800-1803

              Hallo Excideuil,

              Ich sehe das genau von der anderen Seite.
              Nicht Frankreich sondern England hätte Verständnis zeigen sollen.
              Entweder man gab Frankreich die Chance wirtschaftlich "nachzurüsten" oder eben nicht.
              Das französische Bürgertum wollte nach meinem Verständnis durch die "Expansion" mehr "nachziehen" als vorpreschen.
              England hat nicht den Versuch gemacht, Frankreich das Gleichziehen zu gestatten - man wollte es weiterhin in Abhängigkeit halten und den eigenen, ungleich höheren Profit schützen.
              Nichteinmal Walfanggründe mochte man teilen.
              Das nenne ich einen harten Kurs fahren.
              Gruß
              Mephisto

              "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
              nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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              • Mephisto
                Erfahrener Benutzer
                Capitaine
                • 01.10.2006
                • 625

                Die Streitigkeiten nur auf den Handel zu reduzieren - wäre meines Erachtens zu einfach.
                Hallo HKDW,

                Das tun wir auch nicht.
                Aber Geld regiert die Welt - und nach meiner Auffassung waren Holland, die Schweiz, Malta, Elba...usw. nur von englischer Seite vorgeschobene Gründe/Gründchen, um den krieg wieder aufzunehmen.
                Gruß
                Mephisto

                "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
                nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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                • excideuil
                  Erfahrener Benutzer
                  Sergent-Major
                  • 24.09.2009
                  • 207

                  Zitat von Mephisto Beitrag anzeigen
                  Coquebert war nach London gesandt worden, um dort zu erklären,

                  „die französische Regierung würde den Import aller englischer Waren in Frankreich zulassen, doch nur unter der Bedingung der sofortigen Ausfuhr französischer Waren des gleichen Wertes. »
                  Hallo Excideuil,

                  Ich sehe das genau von der anderen Seite.
                  Nicht Frankreich sondern England hätte Verständnis zeigen sollen.
                  Entweder man gab Frankreich die Chance wirtschaftlich "nachzurüsten" oder eben nicht.
                  Das französische Bürgertum wollte nach meinem Verständnis durch die "Expansion" mehr "nachziehen" als vorpreschen.
                  England hat nicht den Versuch gemacht, Frankreich das Gleichziehen zu gestatten - man wollte es weiterhin in Abhängigkeit halten und den eigenen, ungleich höheren Profit schützen.
                  Nichteinmal Walfanggründe mochte man teilen.
                  Das nenne ich einen harten Kurs fahren.
                  Hallo Mephisto,

                  Dank für deine Antwort!

                  Zunächst weise ich daraufhin, dass mein Nick ein franz. ist! Kein engl.! Meine Argumentation ist daher nicht proengl. sondern unter der Prämisse des Verständnis der engl. Seite zu verstehen.

                  Dein Zitat, ich habe es wiederholt, zeigt nur die Nichtverhandlungsbereitschaft der franz. Seite: Das Verlangen einer Gleichwertigkeit der Exporte kommt einer Erpressung gleich. So ein Vertrag kann nur unter wirtschaftlich gleichwertigen Partnern und selbst dann nur unter staatlicher Kontrolle funktionieren. Mit freiem Markt und Handel, mit Wirtschaft zum gegenseitigen Vorteil hat dies nichts zu tun.
                  Im vorliegenden Fall wäre noch zu untersuchen, ob Frankreich überhaupt in der Lage gewesen wäre, für Engl. brauchbare Exporte in der Größenordnung zu liefern.

                  Sorry, Frankreich war nie von England wirtschaftlich abhängig, insofern verstehe ich deine Argumentation nicht.

                  Na, ja, ich weiß nicht, ob Wirtschaft Verständnis haben kann. Wirtschaft muss wachsen. Insofern konnte Engl. wenig Verständnis für einen sich erhebenden Konkurrenten haben. Verständnis sollte daher wohl (zunächst)eher auf der Seite des wirtschaftlich Unterlegenen sein, mit Überlegungen zu Zöllen, Marktteilungen ... in Europa und Übersee.

                  Grüße
                  excideuil

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                  • Mephisto
                    Erfahrener Benutzer
                    Capitaine
                    • 01.10.2006
                    • 625

                    Für mich ist das die „Nichtverhandlungsbereitschaft der Engländer“…J
                    Nicht Napoleon hat erpresst – er hat sich an die Buchstaben des Friedensvertrages gehalten.
                    Da stand nun mal nix von Abschluss eines Handelsabkommens.
                    Die freie Marktwirtschaft war damals noch nicht erfunden aber offensichtlich das Ziel der Engländer.
                    Leider deckte sich dies Ziel nicht mit denen Frankreichs (um die Politik nicht nur auf seine Person (Ns) zu beschränken). Das kann ich ihm und anderen heute nicht vorwerfen. Wirtschaftskriege gibt es heute noch offen oder verschleiert – sind aber eben keine militärischen Konflikte…

                    „Agree to not agree“ ist heute in England eine übliche und von mir sehr geschätzte Phrase.
                    Leider hiess es damals von Seiten der Engländer wohl eher „Friss oder stirb“.
                    Napoleon hat sich weder in Amiens noch später erpressen lassen – und als England ihm den Krieg erklärt hat – war er in Deinen Augen der Bösewicht.
                    Gruß
                    Mephisto

                    "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
                    nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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                    • Mephisto
                      Erfahrener Benutzer
                      Capitaine
                      • 01.10.2006
                      • 625

                      Zunächst weise ich daraufhin, dass mein Nick ein franz. ist! Kein engl.! Meine Argumentation ist daher nicht proengl. sondern unter der Prämisse des Verständnis der engl. Seite zu verstehen.
                      Selbstredend!
                      Ich halte mich generell (vielleicht zu Deiner Verwunderung) eher für anglophil und stark frankophob.
                      Dies sollte aber meine Argumentation zu diesem (historischen) Thema nicht beeinträchtigen.
                      Zuletzt geändert von Mephisto; 16.04.2012, 11:56.
                      Gruß
                      Mephisto

                      "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
                      nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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                      • excideuil
                        Erfahrener Benutzer
                        Sergent-Major
                        • 24.09.2009
                        • 207

                        Tulard schreibt:
                        "Zum ersten Mal seit April 1792 befand sich Frankreich wieder im Frieden. Die Nachricht vom Frieden von Amiens wurde in allen Bevölkerungsschichten mit Begeisterung aufgenommen, vor allem aber in den Häfen. Erhielt man nicht Martinique, den Senegal und die indischen Handelsstationen zurück, und konnte man nicht auf ein Wiederaufleben des Kolonialhandels hoffen?" [1/Seite 202]

                        England gab Kolonien zurück. Heißt dies nicht auch, dass England bereit war, den "Kolonialkuchen" zu teilen?

                        Weiter Tulard:
                        (1) "Der Friede von Amiens war nur ein Waffenstillstand. Seine Unterzeichnung hatte Bonaparte zum Konsul auf Lebenszeit gemacht; sein Bruch machte aus ihm einen Kaiser.
                        (2) Bei den Verhandlungen waren die wahren Probleme ausgeklammert worden: Zur großen Enttäuschung der britischen Geschäftswelt war kein Handelsvertrag unterzeichnet worden. Frankreich nahm nicht nur den beherrschenden Platz auf dem Kontinent ein - es entschied beim Reichsdeputationshauptschluss vom Februar 1803 über die Umbildung Deutschlands, festigte seinen Einfluss in Norditalien und verstärkte seinen Druck auf die Batavische Republik-, es entwickelte auch eine Kolonialpolitik in großem Stil. Mit Konstantinopel, wohin Brune als Botschafter aufbrach, wurde Frieden geschlossen; nach seiner Rückkehr aus Ägypten prophezeite Sébastiani in einem Bericht, der im Moniteur erschien, eine Rückeroberung des Landes durch Frankreich; Decaen wurde zum Generalkapitän der indischen Handelskontore ernannt, Cavaignac zum Kommissar für die Handelsbeziehungen in Maskat (Oman). Nach Santo Domingo (Haiti) schickte Bonaparte seinen Schwager, den General Leclerc, um dort die Ordnung wiederherzustellen.
                        (3) Wenn auch die Expedition im Dezember 1803 entgültigt scheiterte, wenn auch Bonaparte im Mai des gleichen Jahres Luoisiana, das Spanien wieder an Frankreich abgetreten hatte, an die Vereinigten Staaten verkaufte, so blieb die Bilanz doch beunruhigend für England. [1/Seite 209]

                        Dröseln wir das Ganze auf:
                        (1) Der Konflikt zwischen Frankreich und England wurde damit von Bonaparte zur Sicherung seiner persönlichen Macht genutzt:
                        "Zwar war die Initiative von England ausgegangen, aber der Krieg nützte den Plänen Bonapartes: nachdem die Sanierung der Finanzen gut voranging, die Republik gefestigt und die Gefahr von außen beseitigt war, bestand die Gefahr, dass das revolutionäre Burgertum den ersten Konsul, dessen persönliche Macht immer größer wurde und der die Freiheiten zu bedrohen schien, verdrängen würde. Das Bild des Retters musste um jeden Preis aufrechterhalten werden: "Ein Erster Konsul gleicht nicht diesen Königen von Gottes Gnaden, die ihre Staaten wie ein Erbstück betrachten; er braucht aufsehenerregende Taten, und das bedeutet Kriege", soll Bonaparte bekannt haben." [2/Seite 202]

                        Das bedeutet wohl, dass Bonaparte den kommenden Krieg zur Legitimierung seiner Herrschaft nach innen nutzte. Damit stellt sich die Frage, ob der Krieg tatsächlich den Interessen Frankreichs diente oder nur denen eines Einzelnen?

                        (2) Nach meinem Verständnis fand der Versuch statt, sowohl auf dem Kontinent als auch in den Kolonien eine beherrschende Stellung zu erreichen. Und dies unter versuchtem wirtschaftlichen Ausschluss Englands. Kann man ernsthaft glauben, dass England den Versuch, "zu überholen, ohne einzuholen", um eine frühere Phrase zu gebrauchen, widerspruchs- und reaktionslos zuläßt?

                        (3) Deutet sich hier nicht schon die Überdehnung der Kräfte Frankreichs an?

                        Fazit: Aus der letzten Frage ergeben sich weitere: Zeigt sich damit nicht schon, dass Frankreich den wirtschaftlichen Konfrontationskurs nicht durchhalten werden kann? Blieben nicht jetzt nur noch 2 Möglichkeiten, nämlich 1. eine ernsthafte Verständigung mit England oder 2. der Krieg? Aber, wem nützt der Krieg tatsächlich, Frankreich oder Bonaparte?

                        Grüße
                        excideuil

                        [1] Tulard, Jean: Geschichte Frankreichs Band 4: Frankreich im Zeitalter der Revolutionen 1789-1851, DVA, Stuttgart, 1989

                        [2] Tulard, Jean: Napoleon oder der Mythos des Retters, Wunderlich, Tübingen, 1978

                        Kommentar

                        • excideuil
                          Erfahrener Benutzer
                          Sergent-Major
                          • 24.09.2009
                          • 207

                          Ich komme mit ein paar interessanten Zahlen auf das Thema zurück.

                          Betrachten wir einmal das Exportvolumen GB und Frankreichs in Mill. Franc von 1800 - 1830:

                          Jahr GB Frankreich
                          1800 1023 271
                          1801 1102 304
                          1802 1246 325
                          1803 1102 346
                          1804 1037 380
                          1805 1034 375
                          1806 1110 455
                          1807 1010 385
                          1808 1012 341
                          1809 1287 341
                          1810 1315 377
                          1811 893 328
                          1812 1132 419
                          1813 - 354
                          1814 1235 346
                          1815 1401 422
                          1820 988 543
                          1830 1040 453
                          (Quelle: Erbe, Michael: Revolutionäre Erschütterung und erneuertes Gleichgewicht – Internationale Beziehungen 1785 – 1830, Ferdinand Schöningh, Paderborn – München – Wien – Zürich, 2004, Seite 93

                          Deutlich wird, dass es Frankreich nicht gelang, trotz seiner hegemonialer Stellung auf dem Kontinent und der Kontinentalsperre, den Gegner GB als Wirtschaftsweltmarktführer auch nur ansatzweise zu gefährden.
                          Ohne Frage war auch GB in Schwierigkeiten wie das Jahr 1811 zeigt, dennoch war GB mit seiner Industrie und seinem Bankenwesen, nicht zuletzt zum Schuldendienst in der Lage, erfolgreich Paroli zu bieten.

                          Um den Schuldendienst GB zu illustrieren:
                          Die staatlichen Verbindlichkeiten GB beliefen sich 1815 auf 400 Mill. Pfund (10.845 Mill. Franc) Dennoch hatte GB aufgrund des Welthandels genügend Kredit. Daher auch die Möglichkeit, zwischen 1793 und 1816 an Subsidien über 60 Millionen Pfund (1.628 Mill. Franc) aufzubringen. (Quelle: ebenda, Seite 64)

                          Einseitig Napoleon die "Schuld" an der falschen Wirtschaftspolitik ans Revers zu pappen, geht natürlich fehl. Ich erinnere da einmal daran, dass N. 1799 als "Degen" für Ruhe und Ordnung angedacht war. Die Ideen des Wirtschaftkrieges gegen GB und auch zur Kontinentalsperre stammen allerdings schon aus der Revolution. N. hat sie dann "nur" umgesetzt.

                          Erstaunlich auch das Jahr 1820. Frankreich, räumlich verkleinert schafft eine nie dagewesene Bilanz und dies in Friedenzeiten und ohne destruktive wirtschaftliche Maßnahmen! Krieg und Konfrontation sind wirtschaftlich betrachtet eben untaugliche Mittel.

                          Grüße
                          excideuil

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                          • Mephisto
                            Erfahrener Benutzer
                            Capitaine
                            • 01.10.2006
                            • 625

                            Hallo Excidieul,

                            Ist schon etwas her - und ich habe Schwierigkeiten mich wieder reinzufinden.
                            Zuerstmal ist Dein neuerliches Posting aus meiner Sicht einwandfrei und bietet mir keinen Anlass zu Protesten.
                            1811 war vielleicht genau das Jahr, in dem N Die Engländer hätte in die Knie zwingen müssen. Seine Ausgabe von Lizenzen unterhöhlte sein eigenes System und retttete England vor Hungerrevolten, wenn ich mich recht erinnere.

                            Bei deinem vorherigen Posting hätte ich damals schon widersprechen müssen, denn folgende Zeile sehe ich nicht so:
                            England gab Kolonien zurück. Heißt dies nicht auch, dass England bereit war, den "Kolonialkuchen" zu teilen?
                            Es ist hier nur die Hoffnung ausgedrückt, die auf franz. Seite geherrscht haben mag aber doch nicht erfüllt wurde.
                            Gruß
                            Mephisto

                            "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
                            nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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                            • KDF10
                              Erfahrener Benutzer
                              Chef de Bataillon
                              • 19.12.2010
                              • 1278

                              Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
                              Ich komme mit ein paar interessanten Zahlen auf das Thema zurück.

                              Betrachten wir einmal das Exportvolumen GB und Frankreichs in Mill. Franc von 1800 - 1830:

                              Jahr GB Frankreich
                              1800 1023 271
                              1801 1102 304
                              1802 1246 325
                              1803 1102 346
                              1804 1037 380
                              1805 1034 375
                              1806 1110 455
                              1807 1010 385
                              1808 1012 341
                              1809 1287 341
                              1810 1315 377
                              1811 893 328
                              1812 1132 419
                              1813 - 354
                              1814 1235 346
                              1815 1401 422
                              1820 988 543
                              1830 1040 453
                              (Quelle: Erbe, Michael: Revolutionäre Erschütterung und erneuertes Gleichgewicht – Internationale Beziehungen 1785 – 1830, Ferdinand Schöningh, Paderborn – München – Wien – Zürich, 2004, Seite 93

                              Deutlich wird, dass es Frankreich nicht gelang, trotz seiner hegemonialer Stellung auf dem Kontinent und der Kontinentalsperre, den Gegner GB als Wirtschaftsweltmarktführer auch nur ansatzweise zu gefährden.
                              Ohne Frage war auch GB in Schwierigkeiten wie das Jahr 1811 zeigt, dennoch war GB mit seiner Industrie und seinem Bankenwesen, nicht zuletzt zum Schuldendienst in der Lage, erfolgreich Paroli zu bieten.

                              Um den Schuldendienst GB zu illustrieren:
                              Die staatlichen Verbindlichkeiten GB beliefen sich 1815 auf 400 Mill. Pfund (10.845 Mill. Franc) Dennoch hatte GB aufgrund des Welthandels genügend Kredit. Daher auch die Möglichkeit, zwischen 1793 und 1816 an Subsidien über 60 Millionen Pfund (1.628 Mill. Franc) aufzubringen. (Quelle: ebenda, Seite 64)

                              Einseitig Napoleon die "Schuld" an der falschen Wirtschaftspolitik ans Revers zu pappen, geht natürlich fehl. Ich erinnere da einmal daran, dass N. 1799 als "Degen" für Ruhe und Ordnung angedacht war. Die Ideen des Wirtschaftkrieges gegen GB und auch zur Kontinentalsperre stammen allerdings schon aus der Revolution. N. hat sie dann "nur" umgesetzt.

                              Erstaunlich auch das Jahr 1820. Frankreich, räumlich verkleinert schafft eine nie dagewesene Bilanz und dies in Friedenzeiten und ohne destruktive wirtschaftliche Maßnahmen! Krieg und Konfrontation sind wirtschaftlich betrachtet eben untaugliche Mittel.

                              Grüße
                              excideuil
                              Das sind wirklich interessante Zahlen. Hast du oder jemand anders auch Vergleichszahlen für den Zeitraum vor der Revolution in Frankreich? Erstaunlich finde ich, dass trotz des Austritts Russlands aus der Kontinentalsperre Ende 1811, das Exportvolumen Frankreichs 1812 insgesamt gestiegen ist. Wenn man das Exportvolumen am Warenwert aufhängt, ergibt sich natürlich die Frage, ist das Exportvolumen mengenmäßig gestiegen oder sind nur die Waren teurer geworden? Noch gewaltiger ist die Steigerung der englischen Exporte wenn man 1811 und 1812 vergleicht. Waffenlieferungen an Russland spielen da sicherlich auch eine Rolle. Auch die Tatsache dass sich Schweden auf die Seite der Engländer und Russen geschlagen hat. Nach Lefebvre war Schweden der größte Kaffeeexporteur Europas.

                              Gruß

                              Dieter

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                              • excideuil
                                Erfahrener Benutzer
                                Sergent-Major
                                • 24.09.2009
                                • 207

                                Nein, Zahlen von vor 1800 habe ich nicht.
                                Aber welche zu Rußland:

                                Jahr Export
                                1803 2,9
                                1804 3,1
                                1805 2,7
                                1806 2,9
                                1807 2,5
                                1812 18
                                1813 17,2
                                1814 25,2
                                1815 28,4
                                1820 28,8
                                1830 35,3
                                (Quelle: Erbe, Michael: Revolutionäre Erschütterung und erneuertes Gleichgewicht – Internationale Beziehungen 1785 – 1830, Ferdinand Schöningh, Paderborn – München – Wien – Zürich, 2004, Seite 93
                                Ich habe keinen Jahrgang ausgelassen, das sind alle Zahlen, die im Buch vorliegen!)

                                Überdeutlich wird wohl, dass Rußland als Exportmacht bezogen auf Frankreich oder GB von der absoluten Summe her nicht die geringste Rolle spielte. Dennoch hat der Zar die Notbremse in Bezug der Exporte/Kontinentalsperre gezogen hat. Dies bedeutet, dass selbst dieser relativ geringe materielle Wert teilw. extentielle Folgen für die russische Wirtschaft hatte. Sichtbar wird, dass die Exporte danach größer wurden.
                                Bezüglich des Handels Frankreichs mit Rußland ist anzumerken, dass der Umfang marginal war, das franz. Bürgertum daher aus wirtschaftlicher Sicht einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Rußland negativ gegenüberstand.

                                Grüße
                                excideuil

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