General Blüchers Marsch auf Lübeck 1806

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  • Tom
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 03.10.2006
    • 1068

    #31
    Diss. zum Thema

    Es gibt zum Kriegsrecht 1813-15 auch eine Dissertation (habe sie im Bücherschrank, aber - wie so vieles - noch nicht gelesen )

    Titel: Das Kriegsrecht in den Deutschen Befreiungskriegen 1813-1815
    Verfasser:
    Schönlank, Kurt
    Erschienen: Berlin : G. Schade, 1910
    Umfang: 92 S. 8".
    Anmerkung:
    Rostock, Jur. Diss. v. 20. Nov. 1910, Ref. Hübner

    (aus http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html )

    Gruß, Tom

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    • Sans-Souci
      Erfahrener Benutzer
      Major
      • 01.10.2006
      • 1841

      #32
      Zitat von Lutz Langer Beitrag anzeigen
      Ich würde Blücher also eher vorwerfen, nicht nur Lübeck geschadet zu haben, sondern auch nochmals viele Preußen unsinnig hat sterben lassen. Die ehrenvolle Kapitulation wäre sinnvoller und eigentlich auch ehrenwerter gewesen (was in der Militärgeschichte häufig weniger so gesehen wird, weil hier Menschleben oft wenig zählt).
      Man kann natürlich Jesus vorwerfen, daß er sich nicht aktiver für den Umweltschutz eingesetzt hat, oder Leonardio da Vinci, daß Frauenrechte für ihn ein Fremdwort waren ... oder den Azteken oder Mayas ihre Menschenopfer.

      Generell bringt es aber wenig Erkennntis und Verständnis für frühere Zeiten oder andere Kulturen, wenn wir sie auf das Prokustesbett unserer heutigen Wertvorstellungen spannen.

      Oli,
      der natürlich trotzdem froh ist, heute und in Deutschland mit unseren heutigen Wertvorstellungen zu leben

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      • Tellensohn
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 16.02.2011
        • 1253

        #33
        Zitat von Sans-Souci Beitrag anzeigen
        Man kann natürlich Jesus vorwerfen, daß er sich nicht aktiver für den Umweltschutz eingesetzt hat
        Zitat von Sans-Souci Beitrag anzeigen
        Generell bringt es aber wenig Erkennntis und Verständnis für frühere Zeiten oder andere Kulturen, wenn wir sie auf das Prokustesbett unserer heutigen Wertvorstellungen spannen.
        Da Umweltschutz damals ganz objektiv gesehen absolut nicht von nöten bzw. absolut kein Thema war und ergo auch nicht von irgend jemandem "gedacht" werden konnte, ist das Beispiel mehr als nur unpassend.

        Und wenn wir schon bei Jesus sind: Gerade der und seine Anhänger haben ja gezeigt, dass man schon vor 2000 Jahren durchaus ein ganz anderes Welt- und Menschenbild haben konnte als damals "üblich". Es hat zu allen Zeiten Menschen gegeben, die sich eine andere, insbesondere gerechtere und menschlichere Welt gewünscht haben und auch dafür eingetreten sind. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob das viele oder wenige waren. Entscheidend ist, dass die andere Welt "gedacht" werden konnte. Und deshalb ist es auch alles andere als richtig, kategorisch ein Denken in früherer Zeit und ein Denken in heutiger Zeit zu behaupten und ein einheitliches Denken aller Mitglieder einer Kultur als gegeben vorauszusetzen.

        Gruss, T.

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        • Sans-Souci
          Erfahrener Benutzer
          Major
          • 01.10.2006
          • 1841

          #34
          Überspitzte Argumente oder Behauptungen machen manchmal eine Positon deutlicher. Ich wollte aber damit niemandem auf seine religiösen Füße treten.

          Natürlich glaube ich auch nicht, daß jeder Soldat, der damals im Kampf fiel, das für gut und richtig hielt. Sonst hätten es ja auch keine Maßnahmen gegen Desertionen zu geben brauchen ...

          Damals - wie heute auch - gab es in der Gesellschaft ein weites Spektrum an ethischen und Moralvorstellungen. Man sollte (denke ich) sich eben nur nicht durch seine persönliche Moral den Blick auf die Motivationen der Menschen früherer Zeiten oder anderer Kulturen verhängen.

          Bei der Beurteilung der Entscheidungen Blüchers bis zur Kapitulation ist daher in meinen Augen die Frage sinnlos, wieviele "Preußen" (und Lübecker und Franzosen, die ja auch an ihrem Leben hingen) er dadurch "unsinnig hat sterben lassen", sondern stattdessen ist es meiner Meinung nach relevant zu wissen, was er für Möglichkeiten sah, vielleicht doch noch einen Teil seiner Truppen für den König einsatzfähig zu halten, und aus welchen Gründen und Überzeugungen heraus er bereit war, dafür Menschenleben und das Wohl einer Stadt zu opfern - wieso es also für Blücher sebst eben doch "sinnvoll" war.

          Einn anderen Menschen verstehen bedeutet ja nicht, daß man genauso denken und handeln muß wie er.

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          • Tellensohn
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 16.02.2011
            • 1253

            #35
            Zitat von Sans-Souci Beitrag anzeigen
            Überspitzte Argumente oder Behauptungen machen manchmal eine Positon deutlicher. Ich wollte aber damit niemandem auf seine religiösen Füße treten.
            Gegen überspitzte Argumente habe ich nichts einzuwenden. Voraussetzung dafür, dass ein Argument überhaupt überspitzt werden kann, ist jedoch, dass es von einem plausiblen Grundgedanken ausgeht. "Umweltschutz" und "Jesus"? Witzlos. "Frauenrechte" oder "Menschenopfer" dagegen - da hätte (hat?) schon Jesus sicher nicht nur "Bahnhof" verstanden...

            Mir bist du übrigens nicht auf irgendwelche religiösen Füsse getreten. Es ist einfach so, dass eine Person, die vor 2000 Jahren gelebt hat (Jesus oder eine andere), "Umweltschutz" schlicht nicht hätte denken können. Ergo taugt das Beispiel noch nicht einmal als "überspitztes" Argument. Und um Jesus radikales Querdenken/Andersdenken zu attestieren, braucht(e) man damals wie heute kein Christ zu sein.

            Den weiteren Erläuterungen in deinem letzten Beitrag stimme ich im übrigen zu.
            Zuletzt geändert von Tellensohn; 11.11.2012, 14:54.

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            • KDF10
              Erfahrener Benutzer
              Chef de Bataillon
              • 19.12.2010
              • 1278

              #36
              Zitat von Sans-Souci Beitrag anzeigen
              Damals - wie heute auch - gab es in der Gesellschaft ein weites Spektrum an ethischen und Moralvorstellungen. Man sollte (denke ich) sich eben nur nicht durch seine persönliche Moral den Blick auf die Motivationen der Menschen früherer Zeiten oder anderer Kulturen verhängen.
              Ein ziemlich heißes Eisen und etwas unüberlegt, deine Formulierung. Wir beurteilen das nun mal aus heutiger Sicht und die Motivationen von Keitel, Himmler und anderen interessieren heute so gut wie Niemanden. Die genannten Personen gehören auch zu den früheren Zeiten. Kein Vorwurf an Dich. Wie erwähnt, nur etwas unüberlegt.

              Kommentar

              • Sans-Souci
                Erfahrener Benutzer
                Major
                • 01.10.2006
                • 1841

                #37
                Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
                etwas unüberlegt
                Nein.

                Die Auseinandersetzung mit historischen Ereignissen und Beschäftigung mit Menschen und ihren Entscheidungen muß für mich tatsächlich sine ira et studio stattfinden.

                Ich sehe keinen Sinn darin, in der Geschichte herumzuwandern und alles hier und da mit Werturteilen zu etikettieren, und ginge es um Völkermorde in der Antike oder im 20. Jahrhundert. Von uns hat es hoffentlich keiner nötig zu betonen, daß er persönlich es besser finden würde, wenn die Menschheitsgeschichte völlig von Taten frei wäre, die wir heute als Verbrechen empfinden. Und an der Welt, wie sie heute ist, ändert sich durch so eine Beurteilung auch nichts. An der Welt wie sie war, und den Menschen, wie sie waren, sowieso nichts. Moralische Urteile darüber sind heiße Luft.

                Um zum Thema zurückzukommen, Blüchers "Rechtfertigung" hab ich oben schon zitiert (11.02.2012 18:10), der Einfachheit halber hier nochmal:

                [...] Was den Vorwurf betrifft, daß ich mein eigenes Vaterland, Mecklenburg, nicht verschont, so scheint es, als wolle der gütige Autor mich einem Kommandanten einer Festung gleichstellen, der die, ihm auf Ehre, Pflicht und Gewissen anvertraute Feste aus wahrer Herzensgüte übergibt, damit sein und seiner Verwandten Häuser nicht zerschossen werden. Nach meinen Grundsätzen ist Pflichterfüllung das Erste, was einem Manne von Ehre obliegt. Lübeck betreffend, so war es für mich schmerzhaft, dessen braven Bewohnern so viel Unangenehmes zufügen zu müssen. Wäre aber bei Lübeck das befolgt worden, was ich befohlen, das geschehen sollte und konnte, so würde ich, wenn ich das Unglück für die Stadt auch zehnmal größer vorausgesehen hätte, dennoch die Besetzung nicht unterlassen haben. Mein Zweck, die Feinde so lange zu beschäftigen, bis daß die russischen Armeen herankämen, und dadurch Preußen und Schlesien zu retten, würde dann in größerem Maße erreicht worden seyn.
                Man könnte demnach glauben, daß seine Ansicht vom Obersten von Massenbach nicht geteilt wurde, der Abschnitt in der Zeitschrift "Lichtstrahlen" mit der Kritik an Blücher beginnt hier:



                Leider geht es Massenbach in seiner Kritik anscheinend nur darum, daß sich Blücher am 26. Oktober nicht an das Korps Hohenlohes angeschlossen hatte. Massenbach führt das im nächsten Heft der "Lichtstrahlen" weiter aus:



                Hätte Blücher den Befehl erfolgt, wären Mecklenburg und Lübeck verschont geblieben - und vor allem hätte Hohenlohe bei Prenzlau nicht kapitulieren müssen. So jedenfalls Massenbach, dem die Hauptschuld an dieser Kapitulation zugemessen wurde, auch wenn die eigentliche Verantwortung natürlich beim Fürsten Hohenlohe lag.

                Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
                Den weiteren Erläuterungen in deinem letzten Beitrag stimme ich im übrigen zu.
                Schön, daß wir uns in den wesentlichen Dingen einig sind.

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                • Gunter
                  Erfahrener Benutzer
                  Chef de Bataillon
                  • 01.10.2006
                  • 1377

                  #38
                  Vollkommen off topic, aber das mit dem Umweltschutz stimmt so nicht in seiner Absolutheit.

                  Grüße

                  Gunter

                  Kommentar

                  • muheijo
                    Erfahrener Benutzer
                    Capitaine
                    • 01.10.2006
                    • 553

                    #39
                    Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
                    Ein ziemlich heißes Eisen und etwas unüberlegt, deine Formulierung. Wir beurteilen das nun mal aus heutiger Sicht und die Motivationen von Keitel, Himmler und anderen interessieren heute so gut wie Niemanden. Die genannten Personen gehören auch zu den früheren Zeiten. Kein Vorwurf an Dich. Wie erwähnt, nur etwas unüberlegt.
                    Jedesmal, wenn du das 3.Reich und dessen herrschende Verbrecherbande hier zum Vergleich heranziehst, trittst du in's Fettnæpfchen.
                    Ich wuerde empfehlen, diese Gestalten kuenftig in diesem Forum einfach wegzulassen. Was du hier so "nebenbei" - ich sage zu deiner Entlastung "unueberlegt" - von dir gibst, ist eigentlich unertræglich.

                    Die Motivationen von Keitel, Himmler und "anderen" interessieren auch heute noch. Und sie sind auch heute noch brandaktuell.
                    Diese Herren und deren Anhænger, Unterstuetzer und Mitlæufer wussten auch seinerzeit schon ganz genau, was Recht und Unrecht ist, zumindest hætten sie es wissen muessen/kønnen. Und die Judenverfolgung und sæmtliche Kriegsverbrechen waren auch seinerzeit schon erkennbares Unrecht, vom Ausmass gar nicht zu sprechen.
                    Sorry, mir wird es jedesmal schlecht - willst du bewusst diese Verbrechen bagatellisieren, oder warum legst du immer wieder diese Nazi-Schallplatte auf?

                    Zu Bluecher: Vielen Dank an Sans-Souci fuer die neuen Aspekte.

                    Gruss, muheijo

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                    • Tellensohn
                      Erfahrener Benutzer
                      Chef de Bataillon
                      • 16.02.2011
                      • 1253

                      #40
                      Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
                      Vollkommen off topic, aber das mit dem Umweltschutz stimmt so nicht in seiner Absolutheit.

                      Grüße

                      Gunter
                      Hätte Sans-Souci "Umgang mit der Umwelt", "Umgang mit der Natur" oder "Umgang mit der Schöpfung" gesagt, dann hätte ich es sicher widerspruchslos geschluckt...

                      Gruss, T.

                      Kommentar

                      • KDF10
                        Erfahrener Benutzer
                        Chef de Bataillon
                        • 19.12.2010
                        • 1278

                        #41
                        Zitat von Sans-Souci Beitrag anzeigen
                        Ich sehe keinen Sinn darin, in der Geschichte herumzuwandern und alles hier und da mit Werturteilen zu etikettieren, und ginge es um Völkermorde in der Antike oder im 20. Jahrhundert. Von uns hat es hoffentlich keiner nötig zu betonen, daß er persönlich es besser finden würde, wenn die Menschheitsgeschichte völlig von Taten frei wäre, die wir heute als Verbrechen empfinden. Und an der Welt, wie sie heute ist, ändert sich durch so eine Beurteilung auch nichts. An der Welt wie sie war, und den Menschen, wie sie waren, sowieso nichts. Moralische Urteile darüber sind heiße Luft.
                        Wäre ich böswillig, könnte ich dir unterstellen, dass du moralische Urteile zum Dritten Reich für heiße Luft hältst. Ich habe dich schon verstanden, da liegt nicht das Problem. Ich wehre mich nur dagegen, dass in der napoleonischen Zeit Kriegsverbrechen zur Natur der Sache gehörten. Egal, ob sie von Blücher oder von Napoleon begangen wurden. Zu Napoleon solltest du mal Jacques Presser lesen.

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                        • Sans-Souci
                          Erfahrener Benutzer
                          Major
                          • 01.10.2006
                          • 1841

                          #42
                          Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
                          Ich wehre mich nur dagegen, dass in der napoleonischen Zeit Kriegsverbrechen zur Natur der Sache gehörten.
                          Dann bring doch einfach zeitgenössische Belege dafür !

                          Wenige Messages weiter oben habe ich einen Beleg gebracht, daß sich Blücher selbst keines Verbrechens bewußt war. Denkbar wäre natürlich, daß er einfach auf plumpe Art und Weise Taten verbrämen wollt, die auch von ihm selbst als Verbrechen empfunden wurden. Aber das müßte mit Quellen belegt werden, oder zumindest Indizien dafür gebracht werden.

                          Daß der Begriff "Kriegsverbrechen" vor 200 Jahren eine ganz andere Bedeutung hatte als heute, hatten wir übrigens hier schon herausgefunden (dritter Eintrag, von mir):



                          Ceterum censeo (keine Angst, ich werde das hier nicht wiederholen): Meiner Meinung nach haben tatsächliche oder vermeintliche Parallelen zum Dritten Reich, oder auch die persönliche Ethik der Teilnehmer hier, nichts mit der Thematik zu tun und helfen auch nicht, die (vielfältigen) Überzeugungen und Ansichten der Napoleonischen Zeit zu verstehen.

                          PS. Und selbst wenn ich persönlich ein Neonazi wäre, oder Anarchist, oder Royalist, oder Wasweißich, würde das nichts am sachlichen Inhalt meiner Argumente ändern. Wir sollten hier über die napoleonische Zeit diskutieren, und nicht über die Ansichten und Weltanschauungen der Teilnehmer. Dafür gibt es gewiß andere Foren.
                          Zuletzt geändert von Sans-Souci; 12.11.2012, 18:52. Grund: Schriftgröße der Relevanz angepaßt

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                          • Mephisto
                            Erfahrener Benutzer
                            Capitaine
                            • 01.10.2006
                            • 625

                            #43
                            Lutz Langer:
                            Ich würde Blücher also eher vorwerfen, nicht nur Lübeck geschadet zu haben, sondern auch nochmals viele Preußen unsinnig hat sterben lassen. Die ehrenvolle Kapitulation wäre sinnvoller und eigentlich auch ehrenwerter gewesen (was in der Militärgeschichte häufig weniger so gesehen wird, weil hier Menschleben oft wenig zählt).

                            Sans-Souci hatte bereits am 10.02.2012 geschrieben:
                            Die Untersuchungskommission schrieb am 5. Aprl 1810 in ihrem Gutachten über das Gefecht von Lübeck und die Kapitulation von Ratkau:
                            Zitat:
                            [...] sind wir der unvorgreiflichen Meinung, daß dem commandirenden General [Blücher] nirgends eine Verletzung seiner Pflichten gezeugt werden kann [...]
                            Also kein Fehler ...
                            Ich würde gerne im Zusammenhang mit der derzeitigen Diskussion auf Letzteres zurückkommen.
                            „Die Immediat-Kommission zur Untersuchung der Kapitulationen und sonstigen Ereignisse des letzten Krieges und die Regiments-Tribunale“ ist auf alle Kapitulationen sowohl „im freien Felde“ als auch die von Festungen eingegangen. Diverse Entlassungen, Kriegsgerichtsverfahren und Freisprüche sind dort enthalten. Lübeck/Ratekau gehörten zu den untersuchten Kapitulationen. Blüchers Entlastung dort war vollständig. Nach dem Urteil der Kommission hatte er seine Pflicht erfüllt. Ich würde vermuten, die kampflose Aufgabe/Kapitulation der letzten kämpfenden Armeeteils hätte hingegen zu einer Verurteilung geführt.
                            Wir wissen, Pflichterfüllung war ein hohes Gut in der der damaligen Wertevorstellung. Meines Wissens hat damals niemand Blücher diese Verschwendung von Menschenleben vorgeworfen. Hobel – Späne... Er wurde im Gegenteil später sogar zum Nationalhelden, der als einer von wenigen die Fortsetzung des Kampfes gewagt hatte.
                            Den „Vorwurf“ von Lutz das Opfer von Menschenleben zugunsten der Pflichterfüllung billigend in Kauf genommen zu haben, kann es nur nach heutigen rechtsstaatlichen Maßstäben geben.
                            Auch die „Ehre“ von heute ist nicht die „Ehre“ von damals. Kampfloses Kapitulieren war unehrenhaft per se – da überlagerte vielleicht das damalige Ehrgefühl die Vernunft (Frage nach dem Sinn). Das mögliche Opfer von Menschenleben wurden nmE gar nicht berücksichtigt. Der Soldat war damals noch Krieger und nicht Bürger in Uniform.
                            Lübeck jedenfalls hat Blüchers Ehre damals nicht geschadet.
                            Zuletzt geändert von Mephisto; 12.11.2012, 22:43.
                            Gruß
                            Mephisto

                            "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
                            nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

                            Kommentar

                            • Tom
                              Erfahrener Benutzer
                              Chef de Bataillon
                              • 03.10.2006
                              • 1068

                              #44
                              Blücher & Kapitulation von Ratekau

                              Bei der Bewertung der Operationen Blüchers unter militärischen Gesichtspunkten steht im Vordergrund, dass Blücher beträchtliche Teile der Grande Armée band und somit von der Verfolgung der geschlagenen (anderen) preußischen Heeresteile abhielt. Die exzentrische Bewegung Blüchers (von Mecklenburg Richtung Nordwesten) ist hierfür der beste Beleg.

                              Für den Rest der preußischen Armee kam es darauf an, möglichst die Oder und die Weichsel als bedeutende Stromhindernisse zwischen sich und den Gegner zu bringen, um sich in Ostpreußen retablieren zu können, was ja auch zum Teil gelang. Insofern hat Blücher nach Ansicht der Zeitgenossen, aber auch nach der Einschätzung Höpfners und Lettow-Vorbecks, richtig gehandelt.

                              Gruß, Tom
                              Zuletzt geändert von Tom; 13.11.2012, 11:17.

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                              • corporal
                                Erfahrener Benutzer
                                Tambour-Major
                                • 25.04.2007
                                • 306

                                #45
                                Zur Sache (Blücher) selbst kann ich nichts beitragen.
                                Weil Sans-Souci aber wegen seines Zuganges und seiner Methodik angegriffen wird, kann ich einfach nicht anders als meine vehemente Unterstützung für seinen - mE in der historischen Forschung einzig korrekten - Ansatz auszudrücken.
                                Wir maßen uns heute an, alle früheren Zeiten nach unseren Vorstellungen be- und verurteilen zu müssen. Keine Sorge - in hundert oder mehr Jahren wird über uns genauso geurteilt werden!
                                Jede Suche nach einem allein gültigen Naturrecht endet in dem - für den Suchenden idR intellektuell peinlichen - Moment der Entdeckung, wie viele verschiedener solcher Systeme schon "gefunden" wurden.

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