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  • Tellensohn
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 16.02.2011
    • 1253

    #16
    @ Stefan Müller

    Alles paletti. Amazon hat die Versandmeldung geschickt. Mein in einem Moment des Unmuts geäusserter Verdacht hat sich somit als voreilig und unbegründet erwiesen und ich entschuldige mich hiermit in aller Form für meine Äusserung. Ärger ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber, aber ich bin halt auch nur ein Mensch...

    Beste Grüsse und nichts für ungut, T.

    PS: Die bei Amazon fördern solche Unmutsäusserungen natürlich auch, wenn sie als neuen voraussichtlichen Liefertermin den 14. Dezember angeben (vorsichtshalber, vermute ich, das versteh ich schon auch). Und dann liefern sie aber doch schon am 8. November, also nur einen Tag nach Ablauf des zuerst genannten Liefertermins. Mal intern abklären, wo die Bücher gerade sind, hätte vielleicht mehr gebracht. Na ja, Schwamm drüber...(die Vorbestellung hatte ich übrigens schon Mitte August getätigt, nicht erst im September).
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 08.11.2012, 13:27.

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    • Blesson
      Erfahrener Benutzer
      Adjudant
      • 03.10.2006
      • 778

      #17
      Eugène und Adam

      Soeben von Berliner Zinnfiguren erhalten:

      Ricardo Papi (Hrsg): Eugène und Adam - der Prinz und sein Maler - Der Leuchtenberg-Zyklus und die napoleonischen Feldzüge 1809 und 1812
      Zeughausverlag, Berlin 2012

      Ich habe gerade das Buch angelesen, und bin sehr angetan von Aufmachung und der Vorgehensweise des Autorenkollektivs:
      - Vorwort und Leben des Malers
      - Die Entstehung des Zyklus
      - Die Analyse der Gemälde

      Besonders vorbildlich finde ich die Aufschlüsselung der Gemälde, die erst im ganzen gezeigt, und dann in Einzelheiten beschrieben werden, mit vielen Details, die man als Nicht-Kenner der Italienarmee leicht übersieht. Dazu dann immer gehört immer ein Resümee der Vorgeschichte, bes. der Feldzüge, mit denen das besprochene Bild in einen größeren Zusammenhang eingeordnet werden kann. Da sich die Originale in verschiedenen Sammlungen, auch von Privatleuten befinden, kann diese auswendige Kompilation nicht genug gelobt werden. Albrecht Adam ist endlich - wie schon zuvor v. Kobell - mit einem ausführlichen Bildband gewürdigt worden.

      Wo viel Licht ist, findet sich auch manchmal Schatten. Die Aufsätze von Foramitti sind in ein wackeliges Deutsch mit oft unpassender Terminologie übersetzt worden, worüber ich noch rezensieren werde.

      Fazit, mit knapp 90 EUR nicht gerade geschenkt, aber doch sehr lohnenswert.
      Zuletzt geändert von Blesson; 10.11.2012, 01:00.
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      • HKDW
        Erfahrener Benutzer
        Colonel
        • 02.10.2006
        • 2962

        #18
        Ich bin etwas hin und hergerissen.

        Albrecht Adam war ein fantastischer Künstler und seine Bilder und Skizzen stecken voller Details.

        Dennoch, der Hauptschwerpunkt liegt auf den Leuchtenberg Zyklus - und viele andere sehr lohnenswerte Bilder, Skizzen, Entwürfe - sind oft elend klein in dem Band abgebildet.

        Das Werk Adams wird hier eigentlich nur angerissen, ich wage gar nicht zu denke - was in den Archiven, wie München, so schlummert, hier und da finden sich verstreut ja immer wieder Skizzen mit außergewöhnlichen Wert.

        Von einem ausführlichen Bildband Albrecht Adams ist dieses Werk Lichtjahre entfernt - es behandelt eben "nur" den Leuchtenberg Zyklus.

        Jedenfalls muss man den Autoren sehr dankbar sein, auch solchen Normalsterblichen wie uns - solche Schätze zugänglich gemacht zu haben.

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        • Blesson
          Erfahrener Benutzer
          Adjudant
          • 03.10.2006
          • 778

          #19
          Die folgenden Zeilen sollen keine Rezension des gesamten Werkes vorstellen, welches ich nach wie vor für sehr lesenswert halte, sondern einige Anmerkungen und einzelne Kritikpunkte aus unserer Sicht - Thomas Hemmann und mir - vorstellen.

          Methoden der Malerei

          Wir alle sind geneigt, den Zeichnungen und Gemälden Adams eine fast photographische Präzision einer Momentaufnahme zu unterstellen, was aber genauer zu untersuchen ist im Hinblick auf Szenerie, Uniformdarstellungen und Perspektive des Terrains. Zu den beiden ersten Punkten gibt der vorliegende Band genügend Auskunft, zu letzerem leider noch nicht einmal ansatzweise.

          Dabei handelt sich ausnahmslos um konstruierte Wirklichkeiten, in denen die Schlachtenszenerie nach den bekannten Standorten in die Landschaft aufgenommen wurde und oft auch mehre Phasen eines Gefechtes in eine Momentaufnahme zusammengefaßt wurden. Es versteht sich von selbst, daß Eugène als Auftraggeber immer einen prominenten Standort erhielt.

          Wir wissen, daß Adam 1812 vor Ort nach der Natur skizziert hat und auch Oktober 1809 sowie 1842 nach Tarvis und Umgebung für Studien reiste. In der Campagne hat Adam freihändig gezeichnet (S. 45, 87), bei seinen späteren Studienreisen aber sehr wahrscheinlich eine Perspektivhilfe, wie z.B. eine Camera lucida, benutzt, wie sie damals in der Landschafts- und Zimmermalerei gebräuchlich war.

          Wie kann also die Perspektive an einem Beispiel überprüft werden? Ich habe mir das Gemälde von Tarvis vorgenommen, weil die Topographie in den Alpen bis auf den heutigen Tag unverändert geblieben ist und der Talgrund nur wenig überbaut wurde. Ausgehend von dem im Gemälde leicht lokalisierbaren Standpunkt des Malers an der heutigen 2. Schlitzabrücke, wurde per Google Earth Richtung SSW auf der Erdoberfläche genommen. Die Berge sind nur geringfügig überhöht, der linke Berg (Wollerwiesenberg) ist allerdings stark verschlankt, um die Dramatik zu erhöhen. Das Ergebnis ist, daß die Bergkette am Horizont in der Lage gut getroffen wurde, in dieser Hinsicht das Gemälde also vertrauenswürdig ist.

          Beim Gemälde von Tarvis teilt der Horizont das Bild in fast zwei gleich große Hälften, ähnlich wie bei weiteren Gemälden. Der leicht erhöhte Standpunkt des Auges (ca. 3-4) m über dem Vordergrund zeigt uns Eugène als einzigen fast auf gleicher Augenhöhe. Dieser Trick des virtuellen Feldherrnhügels erlaubt auch, die dahinter stehenden Truppen zu zeigen, die ja bei der Augenhöhe eines Fußgängers von den Reitern verdeckt würden. Gleiche Techniken werden von Bagetti und anderen zeitgen. Schlachtmalern angewendet.

          Naturzeichnung (auch: Zeichnung nach der Natur, S. 290 und 291) ist ein zeitgen. Fachbegriff und bezeichnet das Zeichnen an Ort und Stelle, nicht etwa die ausgearbeitete Zeichnung im Atelier. Die Zeichnung auf S. 291 ist also kein Entwurf, sondern eine Freihandskizze und geht üblicherweise dem Entwurf eines Gemäldes voraus, d.h. sie muß umgezeichnet und vergrößert werden. Aus den Umständen ist natürlich klar ersichtlich, daß mit einer flüchtigen Skizze (Brouillon) nur das Terrain, die Positionen und einige Figuren im Vordergrund festgehalten werden können. Solche Zeichnungen wurden mit Bleistift bzw. Porte Crayon (eingespannte Graphitmine) erstellt, nicht mit Kohle. Bleistiftzeichnungen wurden häufig mit Tinte/Tusche nachgezeichnet und ggf. laviert. Die beiden Zeichnungen sind besonders bemerkenswert, als sie wirklich direkt von einem Augenzeugen aufgenommen worden sind. Der Schlesienzyklus von Kobell beispielsweise wurde nach Veduten, Karten und Augenzeugenberichten konstruiert, wo sich dann manch scheinbar getreues Abbild der Topographie nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat.

          Angehängte Dateien
          Zuletzt geändert von Blesson; 20.11.2012, 22:50.
          Do, ut des

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          • Blesson
            Erfahrener Benutzer
            Adjudant
            • 03.10.2006
            • 778

            #20
            Magborgeth (Malborghetto)

            Ich selbst habe mich 2009 schon einmal ausführlich mit den Befestigungen und dem Feldzug im 1809 im Kanaltal beschäftigt, und kann mir daher einige ausführliche Anmerkungen erlauben. Man könnte nun einwenden, daß die Verwendung zeitgen. Fachausdrücke die Lektüre erschwert, ich halte aber dem entgegen, daß nur diese allein der Sache angemessen sind und auch kurz und allgemeinverständlich erläutert werden können. Schließlich wendet sich der Band auch an den militärhistorisch interessierten, bei dem schon mehr vorausgesetzt werden darf. Hier ist nach meiner Meinung die Terminologie aus der Zeit der napoleonischen Zeit verbindlich, nicht die des 20. und 21. Jahrhunderts.

            Terminologie:

            Die improvisierten Befestigungen bei Malborgeth und am Predilpaß sind keine Festungen (S. 172) sondern Forts (ital. fortino), genauer Sperrforts, Talsperren oder Sperrpunkte (laut Veltzé, weiter ital. forte di sbarramento. frz. Fort d‘arrêt), die in Blockhausmanier (d.h. überwiegend aus Holz) aufgeführt waren. Festungen (ital. Fortezza, frz. Forteresse) werden in der gängigen militärischen Fachliteratur anders definiert (siehe z.B. glossarium artis etc.).
            Schutzsystem (S. 172) – klingt mir zu sehr nach Maginotlinie - wäre besser mit Grenzbefestigung oder vorgeschobener fester Posten zu übersetzen.

            Das Fort liegt auf einem Vorsprung, Querriegel (so in Veltzé) Sporn oder Absatz über dem Sellatal, nicht auf einem Berg oder einem Vorgebirge. Es wird von den umliegenden Höhen des Col de Gos (Gollagosch) und dem Buchkopf in Reichweite des Kleingewehrfeuers dominiert. (S. 173). Hier kann ich nur auf die vorbildliche Beschreibung im Veltzé verweisen. Diese hätten einfach nur zitiert werden müssen.

            Nicht nur Haubitzen, sondern auch Mörser sind zu Wurffeuer fähig (S. 173).

            Explosivgeschosse (ich denke sofort an Aufschlagzünder) heißen zeitgen. Bomben, bei Haubitzen auch Granaten (S. 174).

            Schutzwerk muß mit Blockhaus übersetzt werden (S. 174).

            Seitenwände werden mit Schrankwände übersetzt (S. 174).

            Die Steinpackung der Schrankwände (S. 174) kann nicht Vollkugeln widerstehen, sondern nur Kartätschen oder Kugeln der Doppelhaken. Der hohe Aufzug der Blockhäuser über drei Stockwerke liegt vielmehr nahe, daß man nicht mit einem artilleristischen Angriff rechnete. Die drei Etagen sollten Feuerüberlegenheit gegenüber einem Angreifer gewähren und besonders auf der dominierende Hangseite eine zusätzlichen Deckung der tiefer gelegenen Werke auf dem Querriegel geben.

            Blockhäuser und Batterien „waren durch Erdwälle und Palisaden verbundene Wege“, will heißen Kommunikationen verbunden (S. 175).

            Hauptmann Hensel war Ingenieuroffizier, nicht etwa Pionieroffizier (was sich u.a. in der Uniformierung ausdrückt, S. 175 und 181.) Ingenieure und Pioniere waren in der k.k. Armee getrennte Truppengattungen.

            Hauptmann Kupka war sicher Böhme, und kein Ungar von der Abstammung, wie der Name unschwer verrät. (S. 175)

            „Zwei hohe Blockhäuser… zeichneten die Festung von Malborghetto aus.“ Das ist ein wenig unpräzise: Die beiden Blockhäuser dienten als Reduits (letzte Verteidigungspunkte), wenn alle anderen Vorwerke genommen waren. (S. 175)

            Die Bezeichnung „Wege“ impliziert nach heutigen Begriffen auch Fahrwege, gemeint sind aber Fußsteige im Gebirge, die nur für kleine Trupps gangbar waren. (S. 176).

            Man spricht von Sperren einer Fahrstraße durch das Bestreichen mit Geschützen oder mittels einer Talsperre, die Blockade meint aber im Gegenteil das Unterbinden der Kommunikation einer Festung mit dem Umland (S. 176). Daher auch die Bezeichnung Sperrfort, und nicht „Blockadefort“.

            „Die Blockade konnte umgangen werden.“ soll heißen, die befestigte Stellung konnte umgangen werden. (S. 176)

            Man spricht von der Garnison einer Festung, aber von der Besatzung eines Forts (S. 175). Garnison heißt immer, daß die Befestigung eine bauliche Infrastruktur für eine permanente Besatzung hat, die das dauernde Bewohnen erlaubt, wie z.b. Kasernen, Wohnkasematten, Versorgungseinrichtungen wie Bäckereien und Magazine etc.

            Sturm (s. 177) ist auch ein zeitgen. Begriff, in der Fachliteratur wird er aber auch „Überfall“, „Gewaltsamer Angriff“ oder „Ersteigung“ (frz. Escalade) genannt, die meist sehr verlustreich ist, und auch häufig bei Festungen abgeschlagen wird. Diese steht im Gegensatz zum „förmlichen Angriff“ auf eine Festung mit Artillerie und Minierkunst.

            „Die österr. Artillerie antwortete… [ohne] besonderen Erfolg“ (S. 177). Mich wundert das gar nicht, denn die Artillerie war ja so in den gedeckten Batterien positioniert, daß sie nur die Talstraße bestreichen konnte. Außerdem wurde die hoch liegenden Batterien schnell im toten Winkel unterlaufen, so daß kein Ziel mehr zu erreichen war (Depression wohl um 5° bis 10° Grad, d.h. bei 6 Klaftern über dem Grund ca. 100 Schritte in der Horizontalen; sehr schön auf Abb. S. 183 zu sehen). Inwieweit die Streichbatterien mit den Dreipfündern geeignet waren, das Vorfeld, den Hang und den Wallfuß wirksam zu frei zu halten, kann ich an Hand der Pläne nicht richtig beurteilen. Heutzutage ist das Terrain durch die Ruinen der beiden nachfolgenden Werke stark verändert. Die Batterien waren ja gedeckt, d.h. hatten durch die Scharten heraus nur einen kleinen Streichwinkel. Die Abdeckung war aber wegen des Kleingewehr- und Büchsenfeuers von den dominierenden Höhen notwendig, besonders dann, wenn die Batterien im Rücken bestrichen werden konnten. Dieses mindert die Wirksamkeit, also brauchte man mehr Streichbatterien an allen kritischen Punkten.

            „Todeszone“ ist ein sehr phantasievoller Begriff, aber etwas ungebräuchlich und soll wohl das geräumte Vorfeld des Forts in Reichweite des Kleingewehrfeuers vulgo Schußfeld bedeuten. (S. 178).

            Wenn sich die Angreifer am Fuß oder auf dem talseitigen Hang des Vorsprungs befanden, waren sie im toten Winkel und also für die Verteidiger im direkten Schuß nicht mehr zu erreichen. Eine befristete Abwehr ist z.B. durch Rollbomben, Steinlawinen oder Sturmbalken möglich. (S. 178). Siehe Veltzé S. 385.

            Pfahlzaun muß Palisaden heißen (S. 178).

            Artillerie S. 178: Niemand erwartet hier eine tiefschürfende Abhandlung über die Wirkung der Artillerie, aber was hier steht, ist schlichtweg falsch oder irreführend. Im Schnellfeuer kann die Feldartillerie bis zu 3 Schuß pro Minute erreichen, die ballistische Reichweite lag bei ca. 1500 Metern, beim Rollschuß sogar unter günstigen Umständen bis zu 2500 Metern. Die Reichweite der Kartätschen (wenn rikoschettierend) bis zu 1000 Schritt. Die Wirkung wird aber erheblich im coupierten Terrain gemindert. Die Reichweite der glattläufigen Muskete lag bei 400 Schritten, wobei die effektive Reichweite ca. 200 Schritte betrug. Die Reichweite sagt noch nichts über die Wahrscheinlichkeit des Treffens und die Wirkung aus.

            Gewehrreichweite = Reichweite des Kleingewehrfeuers (S. 176).

            Das k.k. Generalstabswerk bestätigt übrigens den 30min Sturm auf das Sperrfort „der Verlauf zeigt deutlich, wie unzweckmäßig die Befestigung angelegt war, für deren große Ausdehnung die Besatzung nicht ausreichte.“ Veltzé, S. 388. Dennoch kann kein Zweifel bestehen, daß auch eine zweckmäßigere Befestigung und eine größere Besatzung dem Sturm einer Armee viel länger widerstanden hätte.

            Zu den Gründen, warum das Fort so schnell im Sturm genommen wurde, sind als weitere Faktoren zu nennen (S 180):
            1) Das Vorfeld war (noch) nicht freigehauen: dadurch war eine verdeckte Annäherung, besonders von der dominierende Hangseite des Buchberges möglich.
            2) Weitere Annäherungshindernisse – wie Verhack, Palisaden, spanische Reiter – fehlten, so daß die Angreifer ungehindert bis an den Fuß der Wälle herankamen.

            Die „Höhle“ an der Retourbatterie ist als Kriegspulvermagazin anzusprechen (S. 181).
            Zuletzt geändert von Blesson; 20.11.2012, 22:58.
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            • Blesson
              Erfahrener Benutzer
              Adjudant
              • 03.10.2006
              • 778

              #21
              Tarvis

              Allgemeine Bemerkungen siehe unter Malborgeth.
              Terminologie: Das k.k. Generalstabswerk spricht von einem Treffen bei Tarvis, nicht von einer Schlacht.

              Tarvis ist ein verschanztes Lager, kein Schanzenlager. (S. 185), auch keine Festung (S. 189), bestenfalls eine (Feld)Befestigung. Das k.k. Generalstabswerk spricht allerdings nur von einer (befestigten) Stellung, also scheint bei Tarvis auch kein Lager geplant gewesen zu sein.

              Die Beschreibung der Stellung ist völlig verquer geraten: Wir haben hier eine doppelt verschanzte Linie, deren erste Linie am Hang gegen das Schlitzatal aus vorgeschobene offene Schanzen wie Flechen und Halbredouten besteht. In der 2. Linie befinden sich 5 geschlossene Lünetten auf der Hochfläche von Rutte.


              Redouten (s. 172 und 185 ff)wurden aus dem italienischen „Ridotto“ übersetzt, was aber hier in der Übersetzung nur bedingt richtig ist, da Ridotto im Italienischen auch eine Verschanzung im Allgemeinen bedeutet. In diesem Fall sind es aber keine viereckigen geschlossenen Schanzwerke (=Redouten) sondern Lünetten, also fünfeckige Schanzen, die an der Kehlseite verschlossen sind, wie der Autor auch selbst schreibt (S. 185). Einem fachlich versierten Übersetzer hätte dies auffallen müssen. Das k.k. Generalstabswerk ist allerdings auch nicht eindeutig, hier werden Lünetten auch als Redouten bezeichnet, wohl wegen der geschlossenen Umwallung. Insgesamt ist die Beschreibung im k.k. Generalstabswerk wieder vorbildlich.

              Zäune müssen Palisaden heißen (S. 185). Eine Fraisierung der Schanzen an den ausspringenden Winkeln scheint zu fehlen.

              Öffnungen in den Schanzen heißen Durchfahrt oder Einlaß (S. 185).
              „Hügel von Rutte“ wird historisch bezeichnet als Hochfläche oder Plateau von Klein-Kreuth (S. 191, Karte von Veltzé).

              Schnellschritt muß Geschwindschritt oder Sturmschritt (pas de charge oder pas accéléré) heißen.

              Im Gemäldeausschnitt S. 186 fällt auf, daß Adam die Lünetten leicht überhöht (diese waren wohl nur ca. 8 Fuß hoch) und mit Scharten dargestellt hat, wohl um den dramatischen Effekt zu erhöhen. Letzteres ist leicht an dem k.k. Lageplan von Veltzé zu widerlegen, welcher die Lünetten mit Bettungen an den ausspringenden Winkeln zeigt, wo die Geschütze über die Bank feuern konnten, wie es übrigens in allen zeitgen. Lehrbüchern zu finden ist. Dies ist die gängige Aufstellung der Geschütze auf dem Wall, wenn eine Verschanzung nicht von umgebenden Höhenzügen kommandiert werden kann, und wenn ein möglichst großer Streichwinkel (Schußsektor) erreicht werden soll.

              Kavallerie S.187: Es ist dem Rezensenten eine völlig neue Erkenntnis, daß Kavallerie Befestigungen angreifen kann. Taktisch gesehen, kann sie lediglich die Zwischenräume klären, die Flanken der Sturmkolonnen decken. Selbstverständlich können Schanzen im Sturm durch die Infanterie allein genommen werden, aber das ist auch keine neue Erkenntnis.

              Predil

              Straßensperre = Fort am Predilpaß an der Mangartbrücke, S. 188. Es war nicht die Wirksamkeit der Artillerie, die ein Passieren unmöglich machte, sondern die Lage des Forts direkt auf der Paßstraße, so daß dieses Fort also – anders als Malborgeth - von Train und Artillerie nicht umgangen werden konnte.
              Zuletzt geändert von Blesson; 20.11.2012, 22:42.
              Do, ut des

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              • Blesson
                Erfahrener Benutzer
                Adjudant
                • 03.10.2006
                • 778

                #22
                Übersetzungen

                Orts- und Flurbezeichnungen: Es wäre wünschenswert gewesen, konsequent die deutschen Namen zu verwenden und den italienischen Namen (bzw. weitere slowenische, russische oder polnische Namen) in Klammern dahinter zu setzen, wie zum Beispiel
                Kanaltal anstelle von Valcanale
                Malborgeth anstelle von Malborghetto
                Tarvis anstelle von Tarvisio
                Schlitzabach anstelle von Slizzabach.
                Hochfläche von Klein-Kreuth (oder Greuth) anstelle Hügel von Rutte
                St. Michael in Kärnten statt San Michele

                Karten

                Bei den reproduzierten Karten aus dem 19. Jahrhundert ist zu fordern, daß die Beschriftung auch bei der verkleinerten Wiedergabe lesbar bleiben muß. In der Legende sollten die Quelle und das Jahr genannt werden (S. 253, S. 306). Wenn kyrillische Schrift vorkommt, sollte diese freundlicherweise übersetzt werden. Eine einheitliche Redaktion hätte hier korrigierend eingreifen müssen.
                In den modernen Karten des Schlachtfeldes sollte der vermutete Standort von Adam und der Sehkegel vermerkt werden.

                Umgangssprache versus Schriftsprache

                Wir haben teilweise katastrophale Übersetzungen, besonders, wenn ein Nicht-Muttersprachler ins Deutsche übersetzt, der Text nimmt dann einen umgangssprachlichen Ausdruck an ("verletzt" statt "verwundet", "rennen" statt "marschieren" oder "angreifen", "sich stellen" statt "ergeben", sich "trauen" statt "wagen", eine Position "umdrehen" statt "umgehen" und dgl. mehr). Auch die deutsche Sprache kennt einen Unterschied zwischen gesprochenem und geschriebenem Text.
                „Schusswechsel mit Feind“ soll wohl heißen Vorposten- oder Schützengefecht. (S. 189).

                Weiteres

                Terminologie Kriegs-Brückenbau (S. 322-323): Die Brücke über den Dnjepr ist keine Pontonbrücke, sondern eine Bockbrücke, wie auch der links neben der Brücke stehende Bock klar beweist, der nun einmal kein Geländer ist.

                Überquerung des Njemen (Memel, S. 45 und S. 87): Hier ist nur ein Boot zu sehen, der Rest sind Pontons, außerdem ist im Hintergrund ein auffahrender Pontonzug zu erkennen.

                Evolutionen der Kavallerie: „wechselt von einer zu vieren in eine Reihe zu zweien“ heißt beim Militär „Abbrechen einer Kolonne“. (S. 208).

                Artillerie im Gefecht: „.. erkennt man die abgeprotzte Artillerie, während der Train sich entfernt.“ muß heißen, „die Protze (avant train) wird nach dem Wenden zurückgefahren“. Wenn überhaupt, wären hier Munitionswagen zu sehen. (S. 208)

                Fazit

                Sogar als Muttersprachler mußte ich mich manchmal fragen, wie bestimmte Formulierungen zu verstehen sind. Aus meiner Sicht entwertet die unangemessene Übersetzung den Wert der beiden Artikel über Malborgeth und Tarvis erheblich, und hätte sich durch eine kompetente Redaktion und fachliche Kontrolle leicht aus der Welt schaffen lassen.

                Die Schlussredaktion scheint nicht stattgefunden zu haben: wir haben uneinheitliche Namen und zahlreiche Redundanzen im Text bei verschiedenen Autoren. Militärische Fachausdrucke wurden nicht konsequent angewandt.

                Sichtbar fehlte am Ende dem Herausgeber / Lektor die Zeit, die verschiedenen, heterogenen Teile des Werkes zu einem homogenen Ganzen zusammenzubinden. Bei der x-ten verschiedenen Schreibweise der Gemahlin Eugènes (Amalia Augusta, Amalia-Auguste usw., richtig: Amalie Auguste) habe ich bspw. aufgehört zu zählen. Zahlreiche Redundanzen (z.B. über die weiße Plumage am Generalshut des Prinzen Eugène), auf der anderen Seite aber auch Widersprüche (z.B. werden sich die Autoren nicht einig, ob - S. 167, 190, 194, 201, 225 - Ordonnanzoffiziere Eugènes abgebildet sind oder nicht) sind dadurch im Buch enthalten und erschweren dem Leser das Verständnis.

                Die genannten Kritikpunkte sollen daher vor allem ein konstruktives Pladoyer dafür sein, bei hoffentlich folgenden ähnlichen Werken in der Schlussbearbeitung noch sorgfältiger vorzugehen. Qualität geht hier allemal vor Zeit!


                Martin Klöffler und Thomas Hemmann
                Zuletzt geändert von Blesson; 20.11.2012, 22:36.
                Do, ut des

                http://www.ingenieurgeograph.de

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                • admin
                  Administrator
                  Colonel
                  • 30.09.2006
                  • 2687

                  #23
                  Zunächst einmal Danke für diese ausführliche Rezension des Werkes. Allerdings bin ich von dem v.a. am Schluss sehr lapidar negativen Trend etwas überrascht und auch verärgert.

                  Ich möchte an erster Stelle erwähnen, dass der verantwortliche Autor, Riccardo Papi, das Werk (übrigens komplett in Französisch und nicht in Italienisch verfasst) etwa 2 Jahre vergeblich in Frankreich zu publizieren suchte. Dank dem Zeughausverlag und dessen Lektor Stefan Müller konnte es überhaupt veröffentlicht werden, allerdings auch mit der Maßgabe, dass es in das Deutsche übersetzt wird.

                  Aufgrund des nicht geringen Umfangs mussten also mehrere Übersetzer gefunden werden - und zwar möglichst Personen, die etwas Sachverstand mitbringen; ansonsten wäre die hier formulierte Kritik sicher härter. Ich habe mich daher engagiert und mit Pierre-Yves Chauvin, Oliver Schmidt und Markus Gärtner noch weitere Personen gefunden, die in ihrer Freizeit (!!) sich die Mühe machten, teilweise krude formulierte Beiträge ins Deutsche zu übertragen ... und dabei auch darauf verzichteten, Fehler im Originaltext zu übersetzen (diese Diskussion hatten wir z.B. untereinander).

                  Das bringt mich zum nächsten Punkt: die von Euch erwähnten Redundanzen und uneinheitlichen Schreibweisen ziehen sich schon durch das Original, eben weil dort unterschiedliche Autoren die verschiedenen Kapitel bearbeiteten.

                  Ich stimme auch nicht mit dem von Euch verklausulierten Primat überein, dass die Sprache im zeitgenössischen Duktus gehalten sein sollte - als Freund der Moderne halte ich eine zeitgemäße, aber richtige Sprache für sinnvoll. Und wie erwähnt, schon in den Originalbeiträgen (in Französisch!) finden sich nicht immer die richtigen, z.b. reglementspezifischen Bezeichnungen.

                  Vom Verlag fand sehr wohl ein Lektorat statt, allerdings weniger hinsichtlich einer "Harmonisierung" über die durch die Autoren unterschiedlich ausgeprägten Artikel, mehr bzgl. der Rechtschreibung und Verständlichkeit.

                  So sehr ich die Rezension begrüße (v.a. den Abschnitt über Malborghetto oder für Altdeutsche Malborghet, da hier persönliche Erkundungen einfließen), bedaure ich die vor dem Hintergrund des oben Gesagten unangenehme Tendenz zum Schluss ... zumal man schon ins Grübeln kommt, warum man sich den Tort der Übersetzung antut.

                  Und bitte auch bedenken, dass der Verlag bei dem Preis ein nicht unerhebliches finanzielles Risiko eingegangen ist und zielstrebig das Ergebnis veröffentlichen wollte. Ich teile insgesamt - natürlich als Beteiligter - nicht die Schlussvermutung, dass die Qualität aufgrund der Zeit auf der Strecke blieb.

                  Markus Stein
                  "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben

                  Kommentar

                  • Gunter
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 01.10.2006
                    • 1377

                    #24
                    Gleich mal eine Frage. Wann habt ihr das letzte Mal ein Buch in der Hand gehabt, das nahezu perfekt war? Sowas kommt in der heutigen Zeit praktisch nicht vor. Der Zeit- und finanzielle Druck ist einfach zu groß. Man mags beklagen, aber das ist in der akademischen historischen Forschung nicht viel anders, da heißt es auch häufig - so oder garnicht. Da könnte man Themen viele Jahre genaustens unter die Lupe nehmen und jede Menge Experten mit einbeziehen, um es wirklich gründlich zu machen. Kann man alles machen, nur wer soll das bezahlen?

                    Grüße

                    Gunter

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                    • Tom
                      Erfahrener Benutzer
                      Chef de Bataillon
                      • 03.10.2006
                      • 1068

                      #25
                      La critique est aisée, mais l'art est difficile...

                      Hallo zusammen,

                      ich stimme Gunter vollkommen zu. Es ist auch ein alter Hut, dass die 1. Auflage eines Fachbuchs Fehler beinhaltet. Ich finde es grundsätzlich richtig und wichtig, auf diese Fehler konstruktiv hinzuweisen und so gewissermaßen gemeinsam an der Verbesserung der Veröffentlichung zu arbeiten. Das Papi-Buch ist ein guter und wichtiger Beitrag zu einem bisher kaum bearbeiteten Thema, aber es hat - wenn man wissenschaftliche Maßstäbe anlegt - Schwächen (teilweise von den Autoren, z.T. aber auch von den Übersetzern herrührend), die man ansprechen sollte. Sine ira et studio - ohne Zorn und Leidenschaft.

                      Als Autor weiß ich, dass Kritik manchmal schmerzt (zumal man ja selbst am besten weiß, unter welchen Schwierigkeiten man das Kind zur Welt gebracht hat), aber man sollte Kritik als das aufnehmen, was sie ist: Hinweis und Anregung zur Diskussion bzw. Verbesserung. So verstehe ich für mich auch den Begriff der "Wissenschaft": Wissen schaffen, sich der öffentlichen Kritik aussetzen und gemeinsam zu besseren Ergebnissen zu kommen (nach Hegel: These + Antithese = Synthese).

                      Viele Grüße, Thomas Hemmann

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                      • Blesson
                        Erfahrener Benutzer
                        Adjudant
                        • 03.10.2006
                        • 778

                        #26
                        Meine Lieben,

                        Niemand erwartet bei einem Bildband eine akademische Arbeit mit einem ausgearbeiteten Apparat an Fußnoten, und einer imponierenden Literaturliste wie bei Dissertationen oder Habilitationen, aber was hier verkürzt zu lesen ist, sollte schon auf dem Stand des Wissens und der Technik sein, erst recht bei der Terminologie. Noch weniger erwartet man überraschende oder neuartige Thesen.


                        Es ist wohl heute bei der guten Vernetzung nicht mehr der optimale Ansatz, ein ganzes Buch im stillen Kämmerlein zu verfassen und zu übersetzen, und dies dann dem Licht der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zwischen den Zeilen meiner und Toms Rezension steht: wäre der Text noch einmal quergelesen worden, wäre viele Fehler vermeidbar gewesen. Es gibt doch inzwischen Fachleute mit gut bekannten Kompetenzen, die sicher willens wären, den Autoren und Übersetzern beizuspringen. Ich habe ca. 4 Stunden zum Querlesen gebraucht, und ca. weitere 6 Stunden zum Zusammenschreiben, was ja überschaubar ist, wenn man nicht selber schreiben muß.


                        Wir haben leider bei der militärhistorisch interessierten Öffentlichkeit den unübersehbaren Schwund der fachliche Kompetenz vor Augen, die heute nicht mehr so selbstverständlich verbreitet ist wie noch vor hundert Jahren. Ich zolle den Kenntnissen und dem sprachlichen Niveau, wie sie z.B. aus preußischen und k.k. Generalstabswerken sprechen, allerhöchste Achtung, und würde gerne wieder an dieses Niveau aufschließen. Was folgt also daraus für die Leser? Man darf nicht mehr so viele Kenntnisse voraussetzen, man muß die Themen mehr erläutern, also mehr Fußnoten oder Glossare einbauen, und einen klaren, prägnanten Stil pflegen.
                        Zuletzt geändert von Blesson; 22.11.2012, 13:37.
                        Do, ut des

                        http://www.ingenieurgeograph.de

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                        • Gunter
                          Erfahrener Benutzer
                          Chef de Bataillon
                          • 01.10.2006
                          • 1377

                          #27
                          Dem ist sicher zuzustimmen. Ich möchte jedoch anmerken, dass die sogenannte "interdisziplinäre Zusammenarbeit" schon im akademischen Bereich nicht wirklich ihren Namen verdient. Das Problem bei Projekten mit vielen Mitarbeitern ist die Koordination. Zudem, wie will man z.B. einen freiwilligen Experten, der sich das Manuskript nochmal durchsieht, auf einen verbindlichen Redaktionsschluss festlegen? Ich weiß von einem Fall, wo bei einem Werk schon die Druckfahnen korrigiert wurden und plötzlich ein älterer Professor nochmal mit irgendwelchen Quellen ankam. Das geht dann so einfach nicht.
                          Insgesamt muss man ja auch nicht unbedingt ein Spezialist sein, um eine Publikation vor der Druckfassung nochmal querzulesen. Ein gewisses Grundverständnis und die nichtvorhandene Betriebsblindheit, die sich bei den Autoren früher oder später einstellt, reicht auch schon aus, um die Qualität heben zu helfen. Meine Mithilfe habe ich schon mehrfach angeboten.

                          Grüße

                          Gunter

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