Der Marsch von Vertus

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  • Gunter
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 01.10.2006
    • 1377

    #16
    Trommeln und Hörner sind eigentlich nur beim Zusammenspiel von Spielleuten und Musikern denkbar gewesen, weil die Signalhörner erst nach den napoleonischen Kriegen eingeführt worden sind. Über eine Zweckentfremdung von Waldhörnern der Jägermusiker wird immer wieder spekuliert, aber da müsste es überhaupt erstmal geeignete Signale gegeben haben.
    Übrigens finde ich die nachnapoleonischen russischen Signalhörner sehr interessant, da sie offenbar innen farbig bemalt waren. Kannst du mehr dazu sagen?

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    • Tellensohn
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 16.02.2011
      • 1253

      #17
      Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
      Übrigens finde ich die nachnapoleonischen russischen Signalhörner sehr interessant, da sie offenbar innen farbig bemalt waren. Kannst du mehr dazu sagen?
      Da muss ich leider passen. An innen bemalte Signalhörner kann ich mich nicht erinnern.

      Bei anderen Instrumenten (auch aus napoleonischer Zeit) kommt das hingegen recht oft vor: gelegentlich bei Waldhörnern und Serpenten, v.a. aber natürlich bei Instrumenten mit Schalltrichtern in Form eines Drachenkopfs, also bei den Buccins genannten Posaunen, v.a. aber bei den geraden Serpenten mit der irreführenden Bezeichnung "Basson russe". Das sind erstens keine Fagotte, sondern eben gerade Serpente (und heissen wahrscheinlich nur "basson" wegen ihrer äusserlichen Ähnlichkeit mit Fagotten), und zweitens sind sie nicht russisch. Verbreitet war diese Form bei den Franzosen, Italienern, Schweizern und z.T wohl auch in Deutschland. Noch nie aber bin ich auf (ohnehin rare) zeitgenössische Abbildungen russischer Musiker gestossen, die ein "basson russe" geblasen hätten. Auch Originalinstrumente, die russischer Herkunft wären, sind mir keine bekannt. Die Russen verwendeten sehr wohl gerade Serpente, aber das waren solche mit gewöhnlichem Trichter, und dieses Instrument nennt man ganz einfach "Basshorn", zu sehen bspw. hier (rechts im Bild):

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      • Da Capo
        Erfahrener Benutzer
        Adjudant
        • 23.10.2006
        • 827

        #18
        Gunter,
        kannst Du das mit den Signalhörnern bitte noch mal näher erklären.

        Die preußischen wie auch die sächsischen Jäger sowie die sächsische leichte Infanterie hatte doch in der napoleonischen (die Preußen auch in der vornapoleonischen) Zeit Hörner zum Signal geben, meist wohl ventillose sauerländer Halbmonde. Ist jetzt ein Horn zum Signal geben bei Dir ein Signalhorn?

        Die sächsische Jägermusik (die Instrumente kann ich aus den Anschaffungsrechnungen von 1809 raussuchen, falls gewünscht) wurde der der leichten Infanterie immer als Vorbild hingestellt und durfte z.B. die Gesänge bei mindestens einem Gottesdienst im Feldzug von 1813 begleiten.

        Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

        Kommentar

        • Gunter
          Erfahrener Benutzer
          Chef de Bataillon
          • 01.10.2006
          • 1377

          #19
          Da Capo,

          als Signalhorn verstehe ich in diesem Zusammenhang ein Blechblasinstrument, gespielt von einem Spielmann und keinem Musiker, das grundsätzlich zum Signalgeben bei der Infanterie und nicht vorrangig als Musikinstrument dient. Was vielleicht nicht so ganz deutlich wurde, ich bezog mich konkret nur auf Russland und den Zustand zwischen 1805 und um 1820.
          Davon separat zu betrachten sind jegliche Hörner als Musikinstrumente der Musiker, die vielleicht zum Signalgeben genutzt werden konnten, aber nicht mussten.

          Grüße

          Gunter

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          • Tellensohn
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 16.02.2011
            • 1253

            #20
            Wer sich "Selbstgespräche" (mir eher bekannt als "Erörterungen") von "Forentrollen" nicht antun will, bitte nicht weiterlesen. Mein Beitrag richtet sich ausschliesslich an @ Sans-Souci, sofern dieser sich dafür interessiert.



            Zum Marsch von Vertus - Könnte ihn gefunden haben. Möglicherweise handelt es sich um einen ursprünglich russischen Marsch und möglicherweise war er Teil des russischen Zapfenstreichs, so wie ihn FW III. 1813 kennengelernt hat.

            Unverhofft kommt oft, und so habe ich diese Information, rein zufällig, an einem Ort gefunden, wo ich sie nicht vermutet hätte, nämlich in Kastners "Manuel" von 1848. Dort finden sich im Notenanhang, S.41-43, die "Batteries et sonneries allemandes. Signaux pour les tambours, fifres et clairons de l'Infanterie prussienne. (1846)".

            Diese Signale enthalten die von Wieprecht 1838 in den preussischen Grossen Zapfenstreich integrierten Elemente des russischen Zapfenstreichs.
            Es handelt sich um folgende Nummern:

            N°.10. Appel de la Retraite Russe. Locken zum Russischen Zapfenstreich.

            N°.11. Retraite Russe. Russischer Zapfenstreich.

            N°.12. Pour la Prière. Zum Gebet.


            Hier folgte nun wohl das "Gebet" (Bortnynanskys Kol Slaven, bei den Preussen mit neuem Text "Ich bete an die Macht der Liebe"), wobei mir nicht klar ist, ob die Russen 1813 für ihren Zapfenstreich Bortnyanskys "Kol Slaven" benutzten (die Russen sagen, dass das Stück 1813 bereits bekannt war), oder evtl. doch das "Gebet der Russen" (Molitva russkikh; die Zarenhymne, unterlegt mit der Melodie von "God Save the King"). Wie auch immer, dieses Gebet dürfte gesungen, evtl. auch von Militärmusik begleitet gewesen sein.


            N°.13. Après la Prière. Nach dem Gebet.

            N°.14. Pour se séparer. Ob dieses Stück auch zum russischen Zapfenstreich gehörte oder nicht, weiss ich nicht.

            N°.15. Marche des Grenadiers Russes. Russischer Grenadier Marsch. "Pour être jouée à la Parade alternativement avec le N°.16." Für 1813, also als FW III. den russischen Zapfenstreich zum ersten Mal hörte, dürfte diese Bemerkung noch ohne Relevanz gewesen sein, für 1815 dann vielleicht schon. Auf jeden Fall natürlich für 1838.

            N°.16. Marche des Grenadiers Prussiens. Preuss. Grenadier Marsch. "Cette marche est jouée à la Parade alternativement avec la marche précédente N°.15. On doit toutefois commencer par celle-ci." Letztere Bemerkung hat natürlich auf jeden Fall für Wieprechts Arrangement von 1838 Gültigkeit, also für die Preussen. Die Russen aber dürften 1815, auf der Ebene von Vertus, ihren Grenadiermarsch sicher zuerst gespielt haben (sofern sie den preussischen Grenadiermarsch überhaupt auch gespielt haben - evtl. zu Ehren des anwesenden FW III.?).

            N°.17. Marche de l'armée. Armee-Marsch. Die Noten verraten, dass es sich bei diesem Marsch um den heute als "Parademarsch der Spielleute" bekannten, beim Aufmarsch der Truppe zum Grossen Zapfenstreich gespielten Pfeifer- und Trommlermarsch handelt. Falls dieser Marsch derselbe ist, der im Kommentar von 1827 als "russischer Armeemarsch" bezeichnet wird, dann würde sich daraus wohl ergeben, dass der "Parademarsch der Spielleute" ursprünglich ein russischer Marsch ist.

            N°.18. La Charge. Sturm Marsch. Ob dieses Stück auch zum russischen Zapfenstreich gehörte oder nicht, weiss ich nicht.

            N°.19. Appel pour la marche de parade, pas ordinaire. " " "

            N°.20. L'appel pour les tambours à la Parade. " " "


            Und jetzt kommt's:

            N°.21. Pas redoublé de Verters. Geschwind Marsch von Verters. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass es sich bei diesem Marsch "de Verters" um den Marsch "von Vertus" handelt. Titel von Kastner oder möglicherweise vom Setzer ab Vorlage falsch gelesen. Und wenn dieser Marsch anlässlich der Parade von Vertus gespielt wurde, dann handelte es sich wohl um einen Marsch der dort paradierenden Truppen, also der Russen. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe ich also davon aus, dass Kastners Nr.21 die Noten für den "Marsch von Vertus" liefert. Die Noten für Pfeifer- und Tambouren zeigen, dass es sich wohl doch primär um einen Marsch für Spielleute handelte, obgleich ich nicht ausschliessen würde, dass es auch Bearbeitungen für Militärmusik gab.

            N°.22. Marche des Grenadiers Russes. Russischer Grenadier Marsch. "Pour être jouée à la présentation par les 1er et 2e régiment de la Garde alternativement avec la Marche des Grenadiers Prussiens N°.15."

            ...





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            • Sans-Souci
              Erfahrener Benutzer
              Major
              • 01.10.2006
              • 1837

              #21
              Interessant. Obwohl sie ja offiziell zu sein scheinen, habe ich diese von Kastner zitierten Stücke im Exerzier-Regiment von 1847 nicht gefunden, jedenfalls nicht in dieser Zusammenstellung.



              In den Jahrgängen des preußischen Militär-Wochenblatts gibt laut dem Schimmelpfennig'schen Gesamt-Inhaltsverzeichnis von 1859 auch nichts zum Zapfenstreich.

              Verters und Vertus scheinen auch mir sehr wahrscheinlich identisch zu sein.

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