Übergang der Sachsen am 18.10.1813

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  • Sans-Souci
    Erfahrener Benutzer
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    • 01.10.2006
    • 1841

    #46
    Gunter, Clausewitz und die anderen (ca. 30-40 ?) preußischen Offiziere 1812 entschieden sich doch, in russische Dienste zu treten, weil sie nicht für Napoleon streiten wollten. Hätte Napoleon den Rußlandfeldzug gewonnen und Preußen wäre mit Frankreich verbündet gebklieben, wären sie wohl kaum in preußische Dienste zurückgekehrt. Geschweige denn wieder aufgenommen worden ... aber das wäre ein eigenes Diskussionsthema.

    Gibt es eine Liste oder wenigstens Statistik der sächsischen Offiziere, die

    1) vor der Schlacht bei Leipzig
    2) nach der Schlacht bei Leipzig
    3) nach der Teilung Sachsens 1815

    aus dem sächsischen Dienst in fremde Dienste übertraten ? Ich nehme an, sie haben alle vorher den Abschied erhalten ? Oder gab es auch Deserteure, die trotzdem eine Anstellung bei den Allierten als Offizier erhielten ?

    Und sicherlich gab es sowohl unter den preußischen Offizieren 1812 wie auch unter den sächsischen Offizieren 1813 sowohl die "Karrieristen" wie auch die "aufrichtigen Patrioten". Wer welche Motivation hatte, läßt sich wahscheinlich höchstens bei wenigen zweifelsfrei feststellen.

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    • Mephisto
      Erfahrener Benutzer
      Capitaine
      • 01.10.2006
      • 625

      #47
      Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
      Die Frage die sich mir langsam stellt, was war die Motivation überzulaufen, mitten auf dem Schlachtfeld.
      Naiverweise hatte ich bisher immer gedacht - ein guter Grund wäre gewesen dadruch das Königreich Sachsen überhaupt am Leben zu erhalten, jetzt scheint es so als wären es nur karriergeile Offiziere gewesen - die nichts anders im Sinn hatten als befördert zu werden - egal bei welcher Armee.
      Hallo HKDW,

      Ich habe den gleichen Gedanken.
      Sicherlich waren die einfachen Soldaten königstreu und Napoleon scherte sie wohlmöglich nichts oder wenig.
      Sicherlich war ihnen wohl auch egal, für wen sie nunmehr fechten sollten, solange es für "die sächsische Sache / die des Königs" war.
      Das einige Offiziere ihnen eine Entscheidung abnahmen, die sie selbst vielleicht nicht zu treffen im Stande waren, ist eine Sache.
      Deren Motive sind zumindest fragwürdig.
      Eine andere Sache ist die "Legende" dass die Truppe "wie ein Mann" freiwillig Napoleon verlassen hätte - zu allem Überfluss auch noch aus "deutschem" Nationalgefühl. Nein, man ist vielmehr hinterhergestolpert.
      Zuletzt geändert von Mephisto; 10.04.2013, 21:31.
      Gruß
      Mephisto

      "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
      nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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      • Mephisto
        Erfahrener Benutzer
        Capitaine
        • 01.10.2006
        • 625

        #48
        Zitat von Tom Beitrag anzeigen
        Der Bericht über die Revue am 09.10.1813 auf S. 25f, aber - wie gesagt - ohne Aussage über die Aufnahme der Rede Napoleons durch die sächs. Offiziere / Unteroffiziere. Vielleicht eine gekürzte Ausgabe?
        Tom, Sans-Gene,

        Weshalb sich die Nachfrage nach Zitaten eigentlich erübrig, denn was nicht drinsteht, kann man nicht zitieren.
        Das bringt es dann wohl leider auf den Punkt...
        Gruß
        Mephisto

        "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
        nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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        • joerg.scheibe
          Erfahrener Benutzer
          Capitaine
          • 02.10.2006
          • 592

          #49
          @Mephisto,

          die meisten der hier vorgebrachten Argumente scheinen schlüssig zu sein.

          Allerdings stellt sich mir eine Frage:

          Warum ist es -bei (weitgehendem) Nichtvorliegen gegenteiliger Aussagen- für Dich inakzeptabel, den einfachen Soldaten in irgendeiner Weise zuzugestehen, daß sie einfach die Schnauze voll hatten, ihre Haut für eine offensichtlich verlorene Sache zu Felde zu tragen, bei der sie das auch noch an der Seite von Leuten taten, die das Heimatland eben dieser einfachen Soldaten wie feindliches Territorium betrachteten (glaubt man einem Landsmann dieser einfachen Soldaten, dem Baron v.Odeleben).

          Alle Diskussion (mindestens der letzten Woche) will belegen, daß die Soldaten von ihren Offizieren hinters Licht geführt wurden.

          Wenn es keine Quellen gibt, die den Soldaten irgendeine Entscheidung zugestehen, so gibt es -für mich- auch keine, die eben dieses "Hinters-Licht-Führen" des Kollektivs belegt, zumindest im Lichte der hier angeführten Zitate.

          Vielmehr scheint es so zu sein, daß von zwei Prämissen ausgegangen wird:
          - Thilemann war ein karrieregeies A....
          - Preußen war das verkörperte Böse, wobei vor allem dieses Wissen aus dem später erfolgenden "sächsischen Landraub" und der später erfolgenden massiven antisächsischen Propaganda begründet wird.

          Gruß
          Jörg
          The light at the end of the tunnel
          is from an oncoming train.

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          • HKDW
            Erfahrener Benutzer
            Colonel
            • 02.10.2006
            • 2962

            #50
            Eine andere Sache ist die "Legende" dass die Truppe "wie ein Mann" freiwillig Napoleon verlassen hätte - zu allem Überfluss auch noch aus "deutschem" Nationalgefühl.
            Das ist aber auch nicht behauptet worden, ich denke mal von keinem hier in diesem Thread, was die einfachen Soldaten gedacht haben, ist müßige Spekulation, den niedrigesten Dienstrang von Memoiren - aus Sachsen die ich gelesen habe - waren Unteroffiziere, aber die Stimmung war sicherlich Anti - Napoleonisch, auch runter bis zum einfachen Soldaten, denn auch die waren nicht dumm, sondern konnten sehr wohl sehen wie es in ihrem Land abging.

            Genauso falsch sind natürlich die (auch nicht hier genannt) Anschuldigung Napoleonischer Legendenbilder - die Sachsen würden eine Hauptlast an der Niederlage tragen, da sind wir uns hier wohl auch einig.

            Ansonsten siehe - ich muss halt abwarten was die Bibel über die Sächsische Armee Da Capo - in seinem Vortrag im Oktober zu diesem Thema bringen wird.

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            • Mephisto
              Erfahrener Benutzer
              Capitaine
              • 01.10.2006
              • 625

              #51
              Zitat von joerg.scheibe Beitrag anzeigen
              Wenn es keine Quellen gibt, die den Soldaten irgendeine Entscheidung zugestehen, so gibt es -für mich- auch keine, die eben dieses "Hinters-Licht-Führen" des Kollektivs belegt, zumindest im Lichte der hier angeführten Zitate.
              Hallo Jörg,
              Das sehe ich nicht so und verweise auf
              Friedrich August Wilhelm Böhme, Oberkanonier Fussbatterie Dittrich (Mein Posting vom 04.04.,21:32)

              Der Thread wurde mehr oder weniger eröffnet unter "Befreiungskriege" und "nationales Erwachen" (hing unter Buchrezension).
              Der Übergang der Sachsen wird und wurde als Ausdruck desselben dargestellt.
              Das eben (nationales erwachen der einfachen Soldaten) habe ich verneint.
              Gruß
              Mephisto

              "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
              nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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              • HKDW
                Erfahrener Benutzer
                Colonel
                • 02.10.2006
                • 2962

                #52
                Das eben (nationales erwachen der einfachen Soldaten) habe ich verneint.
                __________________
                Wie willst du das verneinen oder bejahen, das bleibt sowohl in der einen - wie in der anderen Sicht Spekulation - je nach political correctness eben

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                • muheijo
                  Erfahrener Benutzer
                  Capitaine
                  • 01.10.2006
                  • 553

                  #53
                  Als Quelle steht mir "Oktober 1813 Die Vølkerschlacht bei Leipzig" von Hans Pohle zur Verfuegung.

                  Demnach ist es eine Entscheidung der Offiziere gewesen, ob und wie man ueberlæuft - zu mindest bei den Württembergern:

                  "Am 18.Oktober - es mag ungefæhr 10 Uhr gewesen sein, (...) - stunden sæmtliche Offiziere der Brigade beisammen, als ob sie Barolle empfingen vom Herrn General; die Brigade stand in Zugskolonne, beide Regimenter nebeneinander. Es waren noch alle abgesessen; ich lehnte auf meinem Sæbel gestuetzt und sah der Unterredung der Herrn Offiziere zu und dachte bei mir selbst - hier wird etwas Bedeutendes verhandelt."
                  Soweit der Bericht des wuerttemberg. Reiters Benedikt Peter, zitiert aus diesem Buch.
                  Die Brigade ging dann bei einer angeordneten Attacke, angefuehrt von Normann, der dann ein weisses Tuch statt des Sæbels zog, ueber.
                  Die Mannschaften wussten davon bis zum letzten Moment nichts. Peter berichtet, dass er seinem Zug noch Anweisungen fuer den Sturm auf die Artillerie gegenueber gab: (...)

                  Dannach:

                  Zeschau hatte nun Meldung vom Uebergang der leichten Brigade erhalten und bemerkte auch bei seinen Leuten eine gewisse Unruhe. Seine Offiziere drængten ihn, beim Kønig um Erlaubnis zur Aufgabe zu erlangen.

                  (...)

                  Inzwischen war bei den Sachsen nach 14 Uhr die Antwort ihres Kønigs Friedrich August eingetroffen. Zeschau wurde eindeutig mitgeteilt, dass die Soldaten Treue zu zeigen haben. Es wurde nun diskutiert, wie der Befehl auszulegen sei. Seine zweideutige Formulierung liess verschiedene Deutungen zu. General Ryssel war gewillt, mit seiner Infanterie ueberzugehen und Raabe mit seiner Artillerie dann auch.
                  (...)

                  Soweit aus dem Buch - alles in allem wohl eine Sache der Offiziere, nicht des gemeinen Soldaten. Und einig waren sie sich auch nicht, Zeschau war damit nicht einig.

                  Was aber sicher auch stimmt: die Mannschaften haben diese Entscheidung dann mitgetragen.
                  Ueber deren Motive kann man nur spekulieren:
                  War es, um angesichts der am 18. Okt. offensichtlichen Niederlage einfach mit dem Leben davonzukommen, oder war es tatsæchlich "die deutsche Sache" oder der oft genannte Napoleon-/Franzosenhass?
                  Aber wære der Hass auf Napoleon/die Franzosen und die deutsche Sache so wichtig gewesen bei einem fuer Napoleon siegreichen Ausgang der Schlacht?

                  Gruss, muheijo

                  Kommentar

                  • Tom
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 03.10.2006
                    • 1068

                    #54
                    Bericht Frenzels

                    Der niedrigste Dienstgrad mit veröffentlichten Erinnungen, den ich kenne, war Frenzel (Soldat im IR Pz. Clemens?, müsste ich noch mal nachsehen). Er schreibt zum Übergang bei Paunsdorf (Erinnungen, S. 175, Unterstreichung von mir):

                    "Nun aber trat ein Ereignis ein, welches ohnstreitig unter die seltensten und interessantesten Vorfälle der Weltgeschichte gehört. Die sächsische Division, von Vaterlandsliebe begeistert, entzog sich nehmlich mitten im Laufe dieser mörderisch großen Völkerschlacht den Reihen ihres mächtigen und übermüthigen Alliierten und ging mit den Waffen in der Hand zu dem jenseitigen Heere über. Die sächsischen Kommandanten hatten den französischen Zwang schon längst zum Überdruß, den übermüthigen Dränger zu verlassen und zu den Verbündeten überzugehen [hatten sie schon länger vor]. Auch sämtliche Offiziere des Korps mochten ihre Zustümmung gegeben. Die Stümmung der Mannschaften hatte sich längst dafür ausgesprochen. Umgeben von französischen Generalen und Truppen mußten die Sachsen einen günstigen Zeitpunkt zur Ausführung abwarden."

                    Ich denke, daraus gehen die Motive (einerseits Vaterlandsliebe, andererseits Abneigung gegen den bisherigen Alliierten) und die (Zu-)Stimmung der Mannschaften doch recht deutlich hervor.

                    Gruß, Tom
                    Quelle: http://www.amazon.de/Christian-Fried.../dp/3939888117
                    Zuletzt geändert von Tom; 11.04.2013, 18:54.

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                    • Gunter
                      Erfahrener Benutzer
                      Chef de Bataillon
                      • 01.10.2006
                      • 1377

                      #55
                      Wie wird der Wortlaut des königlichen Befehls genau angegeben? Oder wird das nur allgemein erwähnt?

                      Grüße

                      Gunter

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                      • HKDW
                        Erfahrener Benutzer
                        Colonel
                        • 02.10.2006
                        • 2962

                        #56
                        Tom 1 : 0 für dich, die Aussage ist nun mal ganz klar - aber ich seh die Haarspaltereien und Spekulationen schon wieder kommen, dann würden mich aber Zitate in dieser Qualität interessieren.

                        Kommentar

                        • Sans-Souci
                          Erfahrener Benutzer
                          Major
                          • 01.10.2006
                          • 1841

                          #57
                          Hier noch eine Darstellung des Übergangs der Sachsen:



                          Nach kurzer Unterbrechung geht es dann hier weiter:



                          Asters Quellen im Detail kenne ich nicht, doch hatte er offenkundig Zugang zu Akten in den sächsischen Archiven.
                          Zuletzt geändert von Sans-Souci; 12.04.2013, 13:16.

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                          • KDF10
                            Erfahrener Benutzer
                            Chef de Bataillon
                            • 19.12.2010
                            • 1278

                            #58
                            Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
                            @KDF,

                            um nur bei Clausewitz zu bleiben, da lag die Sache anders. Seine Engagement in der russischen Armee war vorübergehend und wohl auch so angelegt. Die in preußische Dienste getretenen sächsischen Offiziere hatten dagegen wohl die Sache Sachsens aufgegeben und schon mal beim wahrscheinlichen neuen Dienstherrn angeheuert.

                            Thielmann scheint ja sehr von sich überzeugt gewesen zu sein. Sein Problem: weder wollten ihm die anderen Offiziere folgen, noch war er in einer ähnlich günstigen Lage wie York. Seinen Befehlen zuwidergehandelt hatte er ohnehin, da blieb nur die Flucht nach vorn.

                            Um das Königreich Sachsen am Leben zu erhalten war ein partieller Übergang der Armee ohne Erlaubnis des Königs kein gangbarer Weg.Wie man sowas richtig machte, wurde erst 1866/67 vorgeführt. Vor dem Hintergrund der preußischen Begehrlichkeiten hatte Sachsen nach 1813 eigentlich keine Chance und auch keine eigene Einflussmöglichkeit, so oder so.

                            Grüße

                            Gunter
                            Lieber Gunter,

                            das glaube ich nicht. Versuche mal, dich in die Situation von Thielmann zu versetzen. Rechts und Links von dir wird in Borodino alles niedergemetzelt. Kannst du dir vorstellen, dass das Thielmann vollkommen egal war? Da waren Soldaten, die er seit Jahren kannte.Clausewitz hat 1812 überhaupt nichts geleistet, mal abgesehen von Tauroggen. Er war einfach nur dabei, so wie viele Jahre später Peter Scholl-Latour. Irgendwelche Bericht über Siege von Clausewitz?

                            Kommentar

                            • Gunter
                              Erfahrener Benutzer
                              Chef de Bataillon
                              • 01.10.2006
                              • 1377

                              #59
                              Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
                              Versuche mal, dich in die Situation von Thielmann zu versetzen. Rechts und Links von dir wird in Borodino alles niedergemetzelt. Kannst du dir vorstellen, dass das Thielmann vollkommen egal war? Da waren Soldaten, die er seit Jahren kannte.
                              Was hat das mit dem Thema zu tun? Tauroggen war wesentlich entscheidender als jeglicher Schlachteneinsatz von Thielmann. Außerdem hat Clausewitz auch an Borodino teilgenommen. Es war Oberquartiermeister des I. russischen Reservekavalleriekorps. Der Einsatz dieser Truppe hat letztlich verhindert, dass Napoleon Teile seiner Garde einsetzte und der russichen Armee den Rest gab. Die Positionen beider Personen waren natürlich nicht vergleichbar.

                              Grüße

                              Gunter

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                              • muheijo
                                Erfahrener Benutzer
                                Capitaine
                                • 01.10.2006
                                • 553

                                #60
                                Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
                                Er war einfach nur dabei, so wie viele Jahre später Peter Scholl-Latour. Irgendwelche Bericht über Siege von Clausewitz?
                                Genau, und fuer 2014 ist Scholl-Latour's Lebenswerk "Vom Kriege" angekuendigt.

                                Gruss, muheijo

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