Übergang der Sachsen am 18.10.1813

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  • Gunter
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 01.10.2006
    • 1377

    #76
    Zitat von muheijo Beitrag anzeigen
    Fuer das "Kaltstellen" durch N. spricht auch seine Aufgabe nach der Rueckkehr von Elba: Davout als Kriegsminister? Der Mann hætte ein Korpskommando gebraucht, ob nun im belgischen Feldzug oder an den anderen Fronten.
    Das sehe ich anders. Davout war als Kriegsminister genau richtig. Er konnte das, hatte viel Erfahrung im Aufbauen von Armeen, er war zuverlässig, loyal und hielt die Stellung. 1814 hatte das mit dem Halten von Paris nicht so geklappt, was einen maßgeblichen Ausschlag zum Ende des Kaiserreichs gab. Davout wäre die ideale Besetzung gewesen, wenn man an zwei Fronten zugleich aktiv operieren wollte. Das war aber 1815 so weder beabsichtigt noch möglich. Soult war auch bereits Kriegsminister gewesen, bei ihm hat man den Eindruck, dass Napoleon ihn eher mitnahm, damit er unter Kontrolle blieb.

    Grüße

    Gunter

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    • Gunter
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 01.10.2006
      • 1377

      #77
      Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
      Und was war mit Scharnhorst, Gneisenau, Yorck von Wartenburg, Moreau, usw.?
      Das sind Vertreter einer verschwindenden Minderheit. Eine solche Minderheit mag entscheidend sein, aber das sagt nichts über die Haltung der Masse der Offiziere aus.

      Grüße

      Gunter

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      • Tom
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 03.10.2006
        • 1073

        #78
        @Davout 1813

        Hallo Gunter,

        wir sind zwar bei einem neuen Thema, gleichwohl spannend.

        Hamburg war natürlich 1813 sehr wichtig zur Sicherung der linken Flanke der in Sachsen und Schlesien aufgestellten Großen Armee, insofern war das Kommando in HH eine ehrenvolle Abordnung. Allerdings erwartete Napoleon, dass Davout nach Ablauf des Waffenstillstands die Offensive Oudinots auf Berlin wirkungsvoll unterstützte - zu diesem Zweck ermutigte N. Davout sinngemäß mit der Bemerkung, ihm gegenüber stünden nur minderwertige Truppen (nämlich das zusammengewürfelte Korps Wallmoden). Tatsächlich ließ sich Davout von Wallmoden bei Schwerin festhalten und von wenigen Kosaken imponieren, während Wallmoden Mitte September über die Elbe eilte, um die seinerseits von Davout detachierte Division Pecheux zu vernichten. Auch im Rest des Feldzuges 1813 zeigte Davout wenig Energie (*), nicht zu vergleichen mit dem Verhalten des Marschalls bei Auerstedt, Abensberg und Saltanowka. M.E. war Davout inzwischen klar geworden (wie auch Talleyrand u.a.), dass zwischen den Interessen Napoleons und Frankreichs eine große Lücke klaffte, sehr deutlich ist dies dann 1815 in Davouts letzten Reaktionen ggü. dem flüchtigen N. zum Ausdruck gekommen.

        Gruß, Tom
        (*) Zugegebenermaßen aber bei der Verteidigung der Festung HH - aber da sehe ich eher das Bestreben, die eigene milit. Ehre zu retten und nicht in Gefangenschaft geraten zu wollen, zugleich glaubte Davout vermutlich, so am besten den milit. Interessen Frankreichs zu dienen (Fesselung von verbündeten Truppen, die nach einer möglichen Eroberung HH's für die Invasion in Frankreich frei geworden wären).

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        • Tellensohn
          Erfahrener Benutzer
          Chef de Bataillon
          • 16.02.2011
          • 1253

          #79
          Zitat von Tom Beitrag anzeigen
          M.E. war Davout inzwischen klar geworden (wie auch Talleyrand u.a.), dass zwischen den Interessen Napoleons und Frankreichs eine große Lücke klaffte, sehr deutlich ist dies dann 1815 in Davouts letzten Reaktionen ggü. dem flüchtigen N. zum Ausdruck gekommen.
          "in Davouts letzten Reaktionen ggü. dem flüchtigen N." Die da wären?

          Meines Wissens hätte Davout Napoleon auch nach der Schlacht von Waterloo die Treue gehalten und wollte weiterkämpfen. Erst als deutlich wurde, dass Napoleon nicht mehr wirklich am Weitermachen gelegen war, unterstützte Davout die 2. Abdankung Napoleons und organisierte bzw. erzwang (unter der Androhung, ihn zu verhaften) seine Abreise. Das ist doch unterm Strich eine ganz andere Einstellung gegenüber Napoleon als Leute wie Talleyrand sie hatten (sonst hätte Davout ja das Kriegsministerium gar nicht erst übernommen). Von wegen Napoleon nicht mit den Interessen Frankreichs vereinbar. Wenn schon, dann hat er sich letztlich gegen Napoleon gekehrt, weil Napoleon nicht mehr kämpfen, aber dennoch Kaiser bleiben wollte, aber eben kein Kaiser der harten Hand mehr, kein Militärdiktator. Ich sehe Davout als Hardliner (was er ja in Hamburg unter Beweis gestellt und rein militärisch erfolgreich durchgezogen hatte), der mit einem schwach und zögerlich gewordenen Napoleon nichts mehr anfangen konnte. Bei Talleyrand war's bekanntlich ganz anders. Der wollte sowohl den Kaiser als auch den Kämpfer Napoleon schon lange loswerden und war längst schon zum Parteigänger der Bourbonen geworden.
          Zuletzt geändert von Tellensohn; 16.04.2013, 14:27.

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          • Da Capo
            Erfahrener Benutzer
            Adjudant
            • 23.10.2006
            • 829

            #80
            @Gunter
            Mit den Hoyers verwechselst Du etwas.

            Es gab den Johann Gottfried Hoyer, Pontonnier-Oberstleutnant seit 15.11.1810 und immer Pontonnier, nie Artillerist. Er scheint der einzige Stabsoffizier in der sächsischen Armee nach 1810 gewesen zu sein, der eine Kompanie inne hatte.

            Es gab den Gustav Gottfried v.Hoyer, (ab 25.07.1812) Oberst im Artillerie-Korps und 1812 Chef der Artillerie des mobilen Korps.
            Gleichfalls mit in Russland war der andere Johann Gottfried aber v.Hoyer, Major und Chef der Reserveartillerie des mobilen Korps, welcher 46jährig im Verlaufe des Feldzuges starb.
            Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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            • Gunter
              Erfahrener Benutzer
              Chef de Bataillon
              • 01.10.2006
              • 1377

              #81
              @ Da capo,

              danke für den Hinweis, du bist der Experte. Bei den Hoyers kommt man sehr leicht durcheinander, da Vater und Sohn, beide Pontoniere, gleich hießen und die Literatur da vieles durcheinander wirft. Gerade ihre Publikationen scheinen mir häufiger falsch zugeordnet zu werden. Ich hatte mal einen Artikel für die sächsische Biografie vorbereitet, den dann aber lieber gelassen, weil das zu schwer entwirrbar war. Man will ja auch nichts falsches rausbringen.

              Grüße

              Gunter

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              • Gunter
                Erfahrener Benutzer
                Chef de Bataillon
                • 01.10.2006
                • 1377

                #82
                Zwischen Davout und Napoleon dürfte es schon länger gekriselt haben. Erst "klaut" Nappi ihm seinen Sieg bei Auerstedt, dann gibts Kritik wegen seiner Administration in Polen, dann hört er in Russland nicht auf ihn usw. Mich wundert sowieso, warum N. in einer derart untergeordneten Position in Russland einsetzte. Bei Borodino hatte er nur einen Teil seines Korps unter seinem Kommando. Statt so einem Topmann wie Davout übergibt N. seinem unerfahrenen Bruder das selbstständige Kommando über mehrere Armeekorps. Genau dasselbe im Norden der Hauptfront. Warum Oudinot und nicht der als erfahrenere Davout? Was das auch wieder die Eifersucht auf einen möglichen Supersieg Davouts? Waren die übrigen Truppen im Vergleich zu Davouts derartiger Schrott, dass N. nicht allein auf sie vertrauen wollte?

                Grüße

                Gunter

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                • KDF10
                  Erfahrener Benutzer
                  Chef de Bataillon
                  • 19.12.2010
                  • 1278

                  #83
                  Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
                  Zwischen Davout und Napoleon dürfte es schon länger gekriselt haben. Erst "klaut" Nappi ihm seinen Sieg bei Auerstedt, dann gibts Kritik wegen seiner Administration in Polen, dann hört er in Russland nicht auf ihn usw. Mich wundert sowieso, warum N. in einer derart untergeordneten Position in Russland einsetzte. Bei Borodino hatte er nur einen Teil seines Korps unter seinem Kommando. Statt so einem Topmann wie Davout übergibt N. seinem unerfahrenen Bruder das selbstständige Kommando über mehrere Armeekorps. Genau dasselbe im Norden der Hauptfront. Warum Oudinot und nicht der als erfahrenere Davout? Was das auch wieder die Eifersucht auf einen möglichen Supersieg Davouts? Waren die übrigen Truppen im Vergleich zu Davouts derartiger Schrott, dass N. nicht allein auf sie vertrauen wollte?

                  Grüße

                  Gunter
                  Das sind äußerst interessante Fragen, die einen eigenen Fred wert wären. Erst einmal gehörte Davout zum französischen Adel, aber nicht von Napoleons Gnaden. Zweitens waren beide zur gleichen Zeit in Brienne. Sind da bereits die Probleme zwischen N. und Davout entstanden? Ich habe ein ganz altes Schulbuch: "Hülfsbuch für die erste Unterrichtsstufe in der Geschichte" von Prof. Dr. Ludwig Stacke (Dritter Teil, 1882). Ist natürlich keine klassische historische Quelle, aber da heißt es auf Seite 150: "Seine geistige Überlegenheit benutzte er (Napoleon) zur Herrschaft über seine Mitschüler; zwei von ihnen, und gerade sehr beschränkte, wußte er so an sich zu fesseln, daß sie sich demütig zu seinen Werkzeugen gebrauchen ließen." War Davout einer von den Beiden? Damit will ich nicht behaupten, dass Davout beschränkt war. Beschränkt ist relativ. Es wäre aber möglich, dass er sich bereits da Napoleon untergeordnet hat und N. mit ihm machen konnte was er wollte. Wie erwähnt, das wäre wirklich einen eigenen Fred wert.

                  Grüße

                  Dieter

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                  • Tellensohn
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 16.02.2011
                    • 1253

                    #84
                    Davout war das Gegenteil von beschränkt und er hat sich Napoleon m.E. aus freien Stücken untergeordnet, d.h., weil Davout fand, Napoleon vertrete im Grossen und Ganzen das, wovon er persönlich überzeugt war. Hat also meiner Meinung nach weder mit Dummheit noch mit Unterwürfigkeit zu tun, sondern damit, dass Davout, trotz adliger Herkunft ein erklärter Vertreter der neuen Ordnung und Gegner der Bourbonen, für sich entschieden hatte, Napoleon, den er offensichtlich noch bis zum Sommer 1815 als den besten aller möglichen Herrscher über Frankreich und - trotz allem - noch immer als den Bewahrer etlicher Errungenschaften der Revolution betrachtete, zu stützen.

                    Es fällt jedenfalls auf, dass er einerseits - anders als viele seiner Marschalls- und Generalskollegen (meist nichtadliger Herkunft) - trotz aller Beleidigungen und Benachteiligungen durch Napoleon weder als beleidigte Leberwurst zum Feind überging noch sich, um seine Karriere zu retten, den Bourbonen andiente, sondern diesen nach der 1. Abdankung Napoleons den Treueid verweigerte und sich ins Privatleben zurückzog, sich Napoleon dann während der Hundert Tage ohne grosses Tamtam als Kriegsminister zur Verfügung stellte, und schliesslich, nach der 2. Abdankung Napoleons, den Bourbonen erneut die Gefolgschaft verweigerte und ins Exil ging.

                    Das zeigt, dass Davouts Entscheidungen letztlich weder auf Karrieredenken noch auf auf dem Wunsch, sich selber Vorteile zu verschaffen, noch auf Angst um die eigene Person basierten, sondern auf persönlichen Überzeugungen. Dieser Mann hatte Rückgrat, denn er ordnete sich nur denen unter, deren Tun er für richtig hielt und verweigerte sich denen, deren Tun er nicht unterstützen konnte. M.E. Ausdruck einer starken, selbstbestimmten Persönlichkeit, nicht eines schwachen, lavierenden Charakters.

                    Dass er Napoleon zuletzt die Abreise aufnötigte war kein Liebesdienst an den Bourbonen, es war im Prinzip ein letzter Dienst an einer alten, längst erkalteten Freundschaft. Napoleon hätte versuchen können, nach Amerika zu fliehen. Dass er diese Gelegenheit nicht ergreifen wollte, ist nicht Davouts Schuld.
                    Zuletzt geändert von Tellensohn; 16.04.2013, 19:32.

                    Kommentar

                    • Tom
                      Erfahrener Benutzer
                      Chef de Bataillon
                      • 03.10.2006
                      • 1073

                      #85
                      Davout & Napoleon

                      Ich kann all die positiven Eigenschaften Davouts unterschreiben, sehe aber gerade deshalb ("Rückgrat") spätestens seit 1813 einen Widerspruch zwischen ihm und N. Die Waldheimer "Terrorbefehle" Napoleons von Anfang Mai (~07.05.1813) gegen die Hamburger Bevölkerung modifizierte der Marschall (d.h. er entschärfte sie), obwohl ihm dies eigentlich strikt untersagt war. Schwertmann, 101f, (*) zitiert einen Brief Davouts an N. vom 20.06.1813 (nach der von Mazade herausgegebenen Korrespondenz):

                      "... Ich betrachte es als meine Pflicht, Euerer Majestät zu sagen, dass ich glaube, dass es in Ihrem Interesse ist, diese Leute nur mit Geld zu bestrafen, und im übrigen Schwamm drüber."

                      Die Tochter Davouts, Marquise de Bloqueville, berichtet sogar, sie habe einen Brief in Händen gehabt, der begonnen habe: "Niemals werden E.M. aus mir einen Herzog Alba machen! Ich würde lieber meinen Marschallstab zerbrechen, als Befehlen gehorchen, deren Ausführung zu bereuen der Kaiser der erste sein würde. Der Krieg ist schon schrecklich genug, ohne noch unnütze Grausamkeiten hinzuzufügen." (Schwertmann, 48).

                      Nach meiner Bewertung sah Davout politisch klarer, über den Tag hinaus. Er ahnte, dass eine zu harte Bestrafung Hamburgs - Erschießungen usw. - eines Tages auf Frankreich zurückfallen würde. Ich unterstelle, dass Davouts 100%ige Loyalität eben primär seinem Vaterland - Frankreich - und dessen Interessen galt. Diese konnten mit Napoleons Interessen zusammenfallen, taten es aber in den späten Jahren des Kaiserreichs immer weniger. Im selben Maße wuchs der innere Abstand zwischen Davout und Napoleon. (Dass Davout nicht zu den Bourbonen überlief, spricht nicht gegen meine These.)

                      Gruß, Tom
                      (*) Schwertmann, A., Hamburgs Schicksal im Jahre 1813 nach den Befehlen Napoleons und in den Händen Davouts. Diss., Greifswald, 1911. Vgl. auch Holzhausen: Davout in Hamburg, sowie Henke: Davout und die Festung Hamburg-Harburg.
                      Zuletzt geändert von Tom; 16.04.2013, 20:20.

                      Kommentar

                      • Tellensohn
                        Erfahrener Benutzer
                        Chef de Bataillon
                        • 16.02.2011
                        • 1253

                        #86
                        Zitat von Tom Beitrag anzeigen
                        Ich unterstelle, dass Davouts 100%ige Loyalität eben primär seinem Vaterland - Frankreich - und dessen Interessen galt.
                        Das sehe ich anders.

                        Wenn es ihm in erster Linie um Frankreich gegangen wäre und nicht darum, dass dieses Frankreich weiterhin von Napoleon beherrscht wurde, hätte er ja Hamburg gar nicht zu halten brauchen, sondern gleich kapitulieren können. Das hätte Napoleons Untergang beschleunigt, die Alliierten hätten noch mehr Truppen noch schneller nach Frankreich schicken können.

                        Nein, Davout hat a) Napoleons schlimmste Befehle zu dessen Nutzen abgemildert, um generell das politische Überleben Napoleons nicht durch von diesem aus Wut befohlene Schandtaten völlig zu verunmöglichen (Zitat: "Ich würde lieber meinen Marschallstab zerbrechen, als Befehlen gehorchen, deren Ausführung zu bereuen der Kaiser der erste sein würde.") [wobei ich denke, dass Davout davon überzeugt war, dass auch der Mensch Napoleon seine Befehle irgendwann bereuen würde. Ich hoffe, hier nicht schon wieder erklären zu müssen, dass Napoleon kein A.H. war.], und b) Hamburg mit allen für ihn akzeptablen Mitteln halten wollen, um Napoleon mehr Zeit und Erfolgschancen für die militärische Verteidigung Frankreichs zu verschaffen.

                        Gruss, T.
                        Zuletzt geändert von Tellensohn; 16.04.2013, 21:22.

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                        • Tom
                          Erfahrener Benutzer
                          Chef de Bataillon
                          • 03.10.2006
                          • 1073

                          #87
                          Tulard über Auseinanderdriften der Interessen Frankreichs und Napoleons

                          Hier noch ein schönes Zitat von Tulard über das Auseinanderdriften der nationalen Interessen Frankreichs und Napoleons seit 1807 - ich könnte es nicht besser formulieren (das vollständige Interview unter http://www.zeit.de/online/2006/34/ze...te-jean-tulard ):

                          "Bis zum Frieden von Tilsit 1807 befand sich Napoleon noch im Einklang mit der Nation. Danach begann sein hemmungsloser Egoismus. Mit der Schaffung eines neuen Adels verärgerte er Aristokratie und Bürgertum, seine ruinöse Wirtschaftspolitik vernichtete den selbst geschaffenen Aufschwung, seine Gewaltmaßnahmen führten zum Polizeistaat. Außenpolitisch setzte zur gleichen Zeit mit dem Spanien-Feldzug 1808 sein Niedergang ein. Es war der erste Krieg, der gänzlich ungerechtfertigt war, weil Frankreich ihn begonnen hatte, ohne gegen eine Koalition antreten zu müssen. Spätestens mit dem verheerenden Russland-Feldzug verlor er jegliche Unterstützung."

                          Ich denke, dass ist nicht nur Talleyrand, sondern auch anderen nicht "beschränkten" Köpfen, z.B. Davout, aufgefallen.

                          Gruß, Tom
                          Zuletzt geändert von Tom; 17.04.2013, 08:10.

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                          • Tellensohn
                            Erfahrener Benutzer
                            Chef de Bataillon
                            • 16.02.2011
                            • 1253

                            #88
                            Schönes Zitat, dass aber nicht die Haltung Davouts gegenüber Napoleon erhellt.

                            Davouts Loyalität mag zu 100% seinem Vaterland, nicht (mehr) unbedingt zu 100% der Person Napoleons gegolten haben, aber Napoleon blieb für ihn stets der beste, weil seiner Ansicht nach einzig verfügbare Garant für die Souveränität und das Wohl des neuen Frankreich.

                            1813/14 war es wohl Davouts Überzeugung, dass eine optimale Ausgangslage für allfällige Friedensverhandlungen mit den Alliierten geschaffen werden musste, die es erlaubt hätte, Frankreich als unversehrte und souveräne Grossmacht - die es für ihn damals (und da hatte er wohl recht) nur unter und nicht ohne einen Napoleon geben konnte - zu erhalten. Die Rechnung ging nicht auf, Frankreich wurde invadiert und verlor seine Souveränität, die Bourbonen waren fremdbestimmt. Einem solchen Frankreich galt Davouts Loyalität ganz klar nicht.

                            Wohl deshalb hat sich Davout im Frühjahr 1815 erneut aktiv für die Sicherung von Napoleons Herrschaft eingesetzt. Das hätte er sicher nicht getan, wenn er Napoleon nicht gewollt (oder einen anderen gangbaren Weg gesehen) hätte. Nichts und niemand zwang ihn dazu, Napoleon noch einmal zu stützen und Frankreich dem Risiko eines neuen Krieges auszusetzen. Er tat es - unter den gegebenen Möglichkeiten - aus völlig freien Stücken.

                            Auch für ihn mag Napoleon nicht (mehr) die Wahl seiner Träume gewesen sein, aber ein souveränes Frankreich unter Napoleon erschien ihm ganz offensichtlich immer noch tausendmal erstrebenswerter als ein Frankreich unter den erzreaktionären und unter der Fuchtel von Frankreichs Feinden stehenden Bourbonen. Er hoffte ganz offensichtlich darauf, dass Napoleon es noch einmal richten würde. Als Napoleon zum zweiten Mal scheiterte, hat er resigniert, ihn aufgegeben. Aber die Seiten hat er nie gewechselt.

                            Gruss, T.

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                            • HKDW
                              Erfahrener Benutzer
                              Colonel
                              • 02.10.2006
                              • 2969

                              #89
                              Die Antwort Davouts mit interessanten Kommentar kann man in Band 4 von Davouts Corresspondance S. 175 / 176 nachlesen.

                              Napoléon behandelte ja sogar treueste Untergebene roh und beleidigend - Berthier z.b. und er macht sich auch im Vorfeld vom Feldzug 1812 über die akribische Vorbereitung Davouts lustig - siehe Coppens Buch über den 1812 Feldzug.

                              Kommentar

                              • Tom
                                Erfahrener Benutzer
                                Chef de Bataillon
                                • 03.10.2006
                                • 1073

                                #90
                                Davout, Carnot, Lafayette, ...

                                Die Haltung Davouts zu N. (1813) habe ich versucht, mit den Zitaten nach Schwertmann / Mazade / Bloqueville zu charakterisieren.

                                Die zähe Verteidigung HH's 1813/14 sollte in erster Linie - wie ich oben ebenfalls ausgeführt habe - dazu dienen, verbündete Truppen vom Kriegstheater in Frankreich abzuhalten.

                                Im Übrigen haben ehrliche Patrioten wie Davout, Carnot und Lafayette in einer solchen Situation wie 1814/1815 eigentlich nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera: Einerseits wollen sie ihr Vaterland schützen, andererseits stehen ausländische Invasion, ein egoistischer Militärdiktator oder ein rückwärts gerichteter König (der "nichts vergessen und nichts dazu gelernt hat") zur Auswahl. Man entscheidet sich dann vmtl. für das kleinste Übel, hier aus Sicht der Genannten wohl Napoleon. Begeisterung sieht anders aus

                                Gruß, Tom
                                Zuletzt geändert von Tom; 17.04.2013, 08:54.

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