Feldzug in Ägypten

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  • KDF10
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 19.12.2010
    • 1278

    Feldzug in Ägypten

    Schon an anderer Stelle habe ich Jacques Presser erwähnt. Der schreibt in seinem Buch: "Napoleon Die Entschlüsselung einer Legende" - Taschenbuchausgabe 1979, Seite 57: "In Kairo läßt er (Napoleon) nach Pariser Rezept die Zitadelle die große Moschee bombardieren; in der Zitadelle finden so viele Erschießungen statt, dass es ihm um Pulver und Blei leid ist, so daß er schließlich lieber einen "Kopfabschneider" anstellt ; wenn ein Dörfchen bei Kairo "unzufrieden" ist und sich "schlecht beträgt", dann läßt er die Männer ausnahmslos umbringen, die Frauen und Kinder ausnahmslos umbringen, viele sterben unterwegs. Sein Henkersknecht Crouazier kehrt von einer Strafexpedition auf den Hauptplatz der Stadt (Kairo) zurück mit einer ganzen Mauleselkarawane zurück, die beim Öffnen nichts anderes als abgeschlagene Köpfe enthalten. Nach dem Geschmack unseres Ali Baba gibt es in diesem Kairo zu viele Freudenmädchen. Keine Angst, man ertränkt den Überfluß im Nil."

    Da ich das so nicht stehen lassen will, habe ich weiter recherchiert.

    1. Dafür, dass Freudenmädchen ertränkt wurden, habe ich bisher keinen weiteren Beleg gefunden.

    2. Presser verweist auf Hegemann. Ich habe mir das Buch bestellt und heute morgen erhalten. Es erschien 1927 und heißt interessanterweise "Napoleon oder Kniefall vor dem Heros". Nach kurzem Durchblättern ein sehr interessantes Buch, aber nicht jedermanns Sache. Zu wenig Quellennachweise und das Buch besteht zu einem großen Teil aus imaginären Gesprächen, allerdings auf Basis von Zitaten bekannter historischer Personen, die sich zu Napoleon geäußert haben. Das erste Kapitel beginnt wie folgt: "Da Napoleon gerade von Goethe besonders verehrt wurde und Goethe vielfach als der vollkommenste Deutsche betrachtet wird, liegt die Vermutung nahe, daß Napoleon einen Typ des Gewaltherrschers darstellt, der den Deutschen besonders gemäß und kongenial ist."

    Ich betrachte das nicht als Vergleich mit Hitler, das Buch erschien 1927 und Hitler kam erst 1933 an die Macht. Könnte man eher so deuten, dass Deutschland damals Frankreich um eine Person wie Napoleon beneidete. Auf der von Presser zitierten Seite 327 bestätigt Hegemann lediglich, dass Napoleon schrieb, dass jede Nacht einigen dreißig die Köpfe abgehauen wurden, alles andere bestätigt er nicht. Dafür schreibt er andere Sachen. Am interessantesten ist für mich ein Schreiben Napoleons vom 22. Juni an Desaix: "Ich möchte 2- oder 3.000 Neger (Zitat) von mehr als 16 Jahren kaufen, um etwa hundert in jedes Bataillon zu stecken." Hegemann schreibt weiter: "Die hier mitgeteilten Briefstellen und viele ähnliche Briefe Napoleon´s finden sich in "Correspondance inédite officielle et confidentielle etc. (1819)." Gibt es inzwischen bei Amazon und auch antiquarisch bei ZVAB. Mit ein wenig suchen kann man das auch kostenlos bei www.archive.org finden. Frage: Gab es Einheimische oder "Neger" in der Armee Napoleons in Ägypten?

    3. Der interessanteste Autor ist eigentlich Bourienne. Der war mit Napoleon in Ägypten. Er bestätigt, dass Napoleon an Reynier schrieb, dass jede Nacht dreißig Köpfe abgeschnitten wurden. Er hält das für übertrieben. Dass Napoleon manchmal übertrieb, überrascht hier wohl niemanden. Bourienne war auch Augenzeuge, wie eine Karawane mit abgeschlagenen Schädeln in Kairo eintraf. Er hielt das für richtig. Es diente der Abschreckung und die französische Armee hatte einige Wochen Ruhe. Er berichtet aber auch, dass Araber auch Franzosen den Kopf abgeschlagen haben und manche im Triumphzug durch die Straßen getragen haben.

    4. Die Kriegsführung von damals lässt sich nicht mit der heutigen vergleichen. Napoleon hat in Ägypten katastrophale Fehler begangen. Er wollte es allen recht machen und hat viele vor den Kopf gestossen. Er orderte Alkohol aus Frankreich und forderte Schnapsbrenner an, die vor Ort Alkohol herstellen sollten. Für einen Muslim wäre das noch heute unerträglich. Nach Übergriffen der Araber auf die Kopten, stellte er die Kopten unter seinen Schutz und erlaubte ihnen Waffen zu tragen. Bekanntlich gibt es in Ägypten noch heute Probleme zwischen Kopten und Muslimen
  • HKDW
    Erfahrener Benutzer
    Colonel
    • 02.10.2006
    • 2962

    #2
    Da möchte ich mal konkrete Zitate sehen, sonst kann man das ja alles vergessen.

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    • KDF10
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 19.12.2010
      • 1278

      #3
      Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
      Da möchte ich mal konkrete Zitate sehen, sonst kann man das ja alles vergessen.
      Welche Zitate meinst du? Das Buch von Presser kennst du soweit ich weiß. Das Buch von Bourrienne habe ich als Download: "Memoiren des Staatsministers von Bourrienne über Napoleon, das Directorium, das Consulat, das Kaiserrreich und die Restauration." Ich beziehe mich auf Band 2, in dem es um Ägypten geht (ab Seite 23). Mit Google habe ich da mal wieder meine Probleme, obwohl ich es da heruntergeladen habe. Deshalb hier Band 2 in der französischen Version bei www.archive.org: http://archive.org/stream/mmoiresdem.../n185/mode/2up

      Der Link müsste mit Kapitel 12 beginnen, das den Aufstand in Kairo enthält. Bei der Gelegenheit. Gibt es eigentlich ausführliche neuere Literatur über die militärischen Aspekte des Feldzuges in Ägypten? Ich finde bei Amazon nur Bücher, die sich in erster Linie mit den Erkenntnissen der Gelehrten befassen.

      Übrigens gibt es auch bei Kurz "Ausgewählte Correspondenz Napoleons I." Band 2 Angaben zu Ägypten. Schneidawind hat ein Werk mit 3 Bänden veröffentlicht unter dem Titel: "Geschichte der Expedition der Franzosen nach Ägypten". In Kircheisen "Napoleon I. sein Leben und seine Zeit", Band 3 steht auch was darüber.

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      • HKDW
        Erfahrener Benutzer
        Colonel
        • 02.10.2006
        • 2962

        #4
        Bourienne gibt es auch auf Englisch



        kein Wunder dass seine Memoiren nicht gerade bei den Napoleon Liebhabern so beliebt sind.

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        • Bataaf
          Erfahrener Benutzer
          Sous-Lieutenant
          • 06.03.2007
          • 364

          #5

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          • KDF10
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 19.12.2010
            • 1278

            #6
            Bei www.archive.org gibt es übrigens eine Menge von und zu Bourrienne

            Kommentar

            • muheijo
              Erfahrener Benutzer
              Capitaine
              • 01.10.2006
              • 553

              #7
              Um was geht es nun in diesem Thread?

              Um Kritik an Presser, um den ægyptischen Feldzug oder Bourrienne, Alkoholgenuss in muslimischen Lændern, Verhalten der Franzosen in Ægypten und møgliche Græueltaten, oder Hegemann?

              Vielleicht møchte der Threadersteller næher spezifizieren, ggf. weitere Threads mit genauem Thema aufmachen.

              Gruss, muheijo

              Kommentar

              • KDF10
                Erfahrener Benutzer
                Chef de Bataillon
                • 19.12.2010
                • 1278

                #8
                Zitat von muheijo Beitrag anzeigen
                Um was geht es nun in diesem Thread?

                Um Kritik an Presser, um den ægyptischen Feldzug oder Bourrienne, Alkoholgenuss in muslimischen Lændern, Verhalten der Franzosen in Ægypten und møgliche Græueltaten, oder Hegemann?

                Vielleicht møchte der Threadersteller næher spezifizieren, ggf. weitere Threads mit genauem Thema aufmachen.

                Gruss, muheijo
                Ich kritisiere Presser nicht, das steht mir nicht zu. Ich versuche nur Belege zu seinen Angaben zu finden. Hegemann habe ich gerade erst bekommen, gelesen habe ich das Buch noch nicht. Es geht hier speziell um Gräueltaten, aber nicht nur um die der Franzosen. Es wird weitere Threads geben. Die will ich hier kurz anschneiden, sollten wir aber hier nicht diskutieren. Es gibt recht genaue Angaben Napoleons zu den Verlusten der Franzosen in Ägypten. Erstens sind die zu niedrig und zweitens sind nach seinen Angaben die meisten an der Pest gestorben. Es gibt unterschiedliche Angaben zu den ermordeten Gefangenen bei Jaffa. Angeblich wurden die Gefangenen umgebracht, weil man sie nicht ernähren konnte. Zum Vergleich, die Engländer haben fast 3.000 gefangene Franzosen nach der Schlacht bei Abukir freigelassen, weil sie sie nicht ernähren konnten. Wenig bekannt ist auch, dass einige kleinere französische Schiffe den Nil aufwärts gefahren sind und somit die Marine das Heer Napoleons unterstützt hat. Dazu gibt es Berichte bei Bourrienne. Die widersprüchlichen Aussagen Napoleons zur Flotte in Abukir wären ein weiteres Thema. Wer will, kann gern einen dieser Thread eröffnen, wenn er dazu etwas beitragen kann.

                Gruß

                Dieter

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                • KDF10
                  Erfahrener Benutzer
                  Chef de Bataillon
                  • 19.12.2010
                  • 1278

                  #9
                  Zu Jaffa mal ein Link zu einem Buch von Johannes Willms. Ihr könnt da gern einmal nach oben oder unten scrollen, das Buch ist von 2005 http://books.google.de/books?id=WqjK...0jaffa&f=false

                  Willms schreibt (Seite 182) zu Napoleon: "Dreister kann man nicht lügen".
                  Zuletzt geändert von KDF10; 04.05.2013, 18:01.

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                  • HKDW
                    Erfahrener Benutzer
                    Colonel
                    • 02.10.2006
                    • 2962

                    #10
                    Das Thema Jaffa haben wir doch schon mal ausführlichst diskutiert - müßte doch irgendwo zu finden sein?

                    Kommentar

                    • Bataaf
                      Erfahrener Benutzer
                      Sous-Lieutenant
                      • 06.03.2007
                      • 364

                      #11
                      Jaffa ist der falsche Ort.

                      Kommentar

                      • KDF10
                        Erfahrener Benutzer
                        Chef de Bataillon
                        • 19.12.2010
                        • 1278

                        #12
                        Zitat von Bataaf Beitrag anzeigen
                        Jaffa ist der falsche Ort.
                        Wieso ist das der falsche Ort?

                        Kommentar

                        • Irene Hartlmayr
                          Erfahrener Benutzer
                          Capitaine
                          • 22.02.2013
                          • 596

                          #13
                          Zu den Abschuldigungen bezüglich Jaffa (Umbringen der Gefangenen Türken) weiß ich nur
                          Folgendes zu berichten:die besagten Gefangenen wurden deshalb nicht laufengelassen,weil
                          man sie schon bei einer anderen Gelegenheit hatte laufen lassen wobei sie einen Eid geleistet hatten,deswegen nicht mehr gegen die Franzosen zu kämpfen,den sie gebrochen hatten.Ausserdem konnte man sie nicht ernähren,angeblich.Daher hat man sie erschossen,
                          hauptsächlich wegen des Eidbruchs.Um eine Wiederholung desselben zu verhindern.
                          Napoleon dazu in späteren Jahren:es sei eine der schwierigsten Entscheidungen,die er jemals zu treffen hatte.
                          IRENE.

                          Kommentar

                          • HKDW
                            Erfahrener Benutzer
                            Colonel
                            • 02.10.2006
                            • 2962

                            #14
                            ganz so einfach ist die Situation nicht gewesen, es wurden ja auch Frauen und Kinder umgebracht - wir hatten doch da mal einen sehr guten Thread, wo dieses Thema recht ausführlich diskutiert wurde.

                            Kommentar

                            • HKDW
                              Erfahrener Benutzer
                              Colonel
                              • 02.10.2006
                              • 2962

                              #15
                              siehe



                              sehr interessant sind ja auch die Ausführungen von La Jonquiere, Band 4 S. 264 ff., unter anderem scheint ja auch ein Teil der Gefangenen nicht erschossen sondern zu tod bajonnetiert worden zu sein.

                              Bonaparte verharmlost die ganze Sachen natürlich in seiner Version, Detroye gibt genauere Zahlen, in einem Brief schreibt auch André Peyrusse :

                              On avait bien recommandé de ne pas prodiguer la poudre et on a eu la ferocité de les poignards à coups de baionnete; on a trouve parmi les victimes beaucoup d'enfants, en mourant, s'étainet attachées aus corps de leurs pères,

                              S. 271

                              La Jonquière : L'Expédition D'Égypte (1798 - 1801), Tome IV, Nachdruck, Paris 2003

                              Dazu wird auch gezeigt, dass eigentlich reichlich Lebensmittel erbeutet wurden.
                              Bernoyer :

                              (...) furent la cause de l'épouvantable massacre de troupes de cette garnison et des malheureux inhabitants de la ville. tout fut mis à feu et à sang.

                              (...)
                              ni le sexe, ni l'âge, rien fut épargné.

                              s. 145

                              Zudem eben die bekannte Geschichte der Kapitulation von ca. 1500 Soldaten, denen Schonung versprochen wurde, die dann aber nachdem sie kapitulierten massakriert wurden.

                              Bernoyer, Avec Bonaparte en Egypte 1798 - 1800 & en Syrie
                              1981
                              Das Problem war aber - dass man zuerst denjenigen die sich ergeben - Schonung zugesichert hat - egal warum, keine Konditionen - nichts.

                              Dann bringt man sie um - nicht gerade eine Ruhmestat Bonapartes.

                              La Jonquirère essaie de démêler le vrai du faux à propos de la "décision terrible" de Jaffa. Il commence par bien préciser le context : "L'assaut de Jaffa avait été suivi de scènes de pillage et de violence qui se prolongèrent jusqu'au lendemain ; le souffrance endurées depuis trois semaines et al résistance de la garnison avaient exaspéré la fureur des troupes. [...] Deux mille soldats de Djezzar environ avaient péri dans la lutte; trois mil autres avainent posé les armes sur la promesse de vie sauve faite par les aides de camp de Bonaparte, Eugène et Croisier."

                              Jonquière : L'Expédition d'Égypte (1798 - 1801(, tome I) Nachdruck Teissèdre, Paris 2003, XI

                              Die Soldaten Djezzars haben sich in guten Glauben ergeben - Bonaparte hat Wort gebrochen und nachgekartet.
                              Hätten die Soldaten Djezarrs gewußt, das das Wort Bonapartes nichts Wert ist, hätten sie sich auch nicht ergeben und der Kampf hätte dann auch mehr Opfer - auch auf französischer Seite - gegeben.
                              Später dann bei Acre hat sich so eine Politik unter Umständen gerrecht und es wurde fanatisch gekämpft.
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