Seuchen

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  • Blesson
    Erfahrener Benutzer
    Adjudant
    • 03.10.2006
    • 778

    Seuchen

    Ich möchte hier auf ein Kapitel der Kriegsgeschichte aufmerksam machen, was als wenig ruhmreich gilt, nämlich den Einfluß von Seuchen auf die Kriegssgeschichte.

    Ich habe mit großem Gewinn ff. voluminöse Buch studiert:

    Winkle, Stefan:
    Geißeln der Menschheit. Kulturgeschichte der Seuchen.
    [nach diesem Titel suchen]

    Düsseldorf; Artemis & Winkler, 1997.
    ISBN 9783538070493

    2., verbesserte und erweiterte Auflage, 1415 Seiten, Hardcover/Pappeinband.

    Der Autor, Epidemiologe, behandelt zwar die napoleonischen Kriege immer nur in dem Abschnitt "Neuzeit" der jeweiligen Seuche, dennoch ist es lohnend, das ganze Kapitel zu lesen. Die Feldzüge, Belagerungen, Feldlager waren immer begleitet von Seuchen, über deren Entstehung und Bekämpfung, aus der Sicht der heutigen mikrobiologischen Erkenntnis und Heilungsmöglichkeiten, man heute sich nur mit Gruseln wenden kann. Diese Seuchen entschieden oft Feldzüge!

    Ich habe ein Bespiel vor Augen, mit dem ich selber beschäftigt habe, die Belagerung von Torgau 1813/14: Von 30.000 Man Besatzung verließen nur ca. 5.000 die Festung bei der Kapitulation im Januar 1814: ca. 5/6 (!) fielen Fleckfieber, Ruhr und Erkältungskrankheiten zum Opfer, was durch mangelnder Hygiene, Proviant-Versorgung und Heizung, sowie fehlender Therapiemöglichkeiten begünstigt wurde. Nur ein Bruchteil war den eigentlichen Kampfhandlungen geschuldet.

    Als besonders weit verbreitet galten:

    Cholera, Wundinfektionen wie Tetanus, Ruhr, Typhus, manchmal Pest, Geschlechtskrankheiten wie Syphilis und Tripper, Fleckfieber (Nerventyphus), Pocken, Gelbsucht, Grippe...

    Nach der Lektüre kann ich nur sagen: "Glücklich, daß wir heute leben."
    Zuletzt geändert von Blesson; 14.03.2015, 20:39.
    Do, ut des

    http://www.ingenieurgeograph.de
  • HKDW
    Erfahrener Benutzer
    Colonel
    • 02.10.2006
    • 2962

    #2
    Grippe.
    Grippe wohl nicht, die erste Grippewelle kam doch erst Anfangs des 20. Jhdts nach Europa mit katastrophalen Folgen.

    Kommentar

    • muheijo
      Erfahrener Benutzer
      Capitaine
      • 01.10.2006
      • 553

      #3
      Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
      Grippe wohl nicht, die erste Grippewelle kam doch erst Anfangs des 20. Jhdts nach Europa mit katastrophalen Folgen.
      Du meinst die Spanische Grippe, die sich weltweit ausbreitete. Die Grippe war aber durchaus schon vorher vertreten, wie ich Wiki entnehmen konnte, mit verschiedenen Namensbezeichnungen:
      "Bezeichnungen für diese Krankheit differierten sehr stark: male mattone (die wütende Krankheit, Italien 1580), Schafshusten, Lungensucht, Hirnwehe, Hauptkrankheit (=Kopfkrankheit!), hirntobendes Fieber (1580), neue Brustkrankheit (1602), Schlafkrankheit (1712), (epidemisches) Flußfieber (1730, 1762, 1782), epidemischer Katarrh, epidemisches Fieber, Schnuppenfieber (1782), Spanischer Ziep (1580), Spanischer Pips, Russische oder Nordische Epidemie oder Katarrh (1782), Die Russische, Die Nordische, maladie russe, catarrhe russe, la russe, die Sibirische oder Chinesische Krankheit (in Russland), Krankheit à la mode (wegen der großen Verbreitung), Galanterie-Krankheit, Modefieber (1712), Catarrhal-Seuche (1730), Modekrankheit (1730, 1732, 1782), Blitzkatarrh (1782), le Tac (1413, vermutlich), le Horion (1413, vermutlich), Bremer Pip, Nürnberger Pipf (1580), Eiderstedtsche Krankheit (1733), Coqueluche (1414), Ladendo (1427), Coquelucha (1510), Laune (1782 bei kurzem und wenig aggressivem Verlauf), Hühnerwehe, Hühenerziep, Schafshusten, Schafskrankheit (1580), Hundskrankheit (1782), male della zucha (Italien 1580, Kürbiskrankheit wegen der heftigen Kopfschmerzen), contagiöses oder epidemisches Catarrh-Fieber (1730), synoque catarrhale (1730), le grand rhume (1730)."
      S.: http://de.wikipedia.org/wiki/Influenza

      Gruss, muheijo

      Kommentar

      • KDF10
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 19.12.2010
        • 1278

        #4
        Hallo Blesson,

        danke für den Hinweis. Kriege waren immer mit Seuchen verbunden. Angeblich haben die alten Römer die Pocken nach Deutschland gebracht. Angeblich brachten russische Truppen die Cholera nach Polen, woran Clausewitz und Gneisenau starben. Auf jeden Fall ist das ein sehr interessantes Thema, das ausführlich behandelt werden sollte. Ich glaube, ich habe das schon einmal an anderer Stelle geschrieben, bei der Belagerung von Mainz, nach der Völkerschlacht bei Leipzig, führte auch Korruption zur Verbreitung von Seuchen. Soldaten mit abgerissenen Uniformen erhielten die Uniformen von verstorbenen Typhuskranken, obwohl Stoff für neue Uniformen vorhanden war. Den hat man aber lieber für gutes Geld verkauft.

        Die eigentliche Problematik sehe ich darin, dass die Krankheiten sich nicht nur auf die Soldaten beschränkten. Sie steckten auf ihren Feldzügen auch die Zivilbevölkerung an. Dazu gibt es wenige bis gar keine Zahlen. Fakt ist, dass die russische Bevölkerung, nach dem Russlandfeldzug 1812, nach einer Volkszählung, eine Million Menschen weniger betrug. Etwa 80 Prozent davon werden keine Soldaten gewesen sein. Auch die Zivilbevölkerung starb an Typhus und Nervenfieber.

        Auf ihrem Rückzug verbreitete die geschlagene Armee Napoleons die Krankheiten auch in Deutschland. Aus Leipzig sind Berichte nach der Völkerschlacht bekannt, dass auch das medizinische Personal, dass die Verwundeten betreute, starb. Krankenschwestern und Ärzte steckten wiederum ihre Familien an und die Krankheiten breiteten sich in der Stadt aus. Wenn man die oben genannten Zahlen für Russland als Maßstab nimmt, dann kamen auf einen, an einer Krankheit gestorbenen Soldaten, vier tote Zivilisten. Ich weiß, das ist eine Milchmädchenrechnung. Lohnt sich aber mal darüber nachzudenken.

        Gruß

        Dieter

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        • KDF10
          Erfahrener Benutzer
          Chef de Bataillon
          • 19.12.2010
          • 1278

          #5
          Hallo Muheijo,

          ich traue der Wiki nicht ernsthaft zu, zu diesem Thema einen seriösen Artikel zu verfassen. Ich schreibe selber in der Wikipedia. Allerdings hast du recht, dass es die Grippe schon vorher gab. Es gibt allerdings Spaßvögel, die immer wieder Blödsinn in die Wikipedia schreiben und das geht durch, weil es von anderen kontrolliert wird, die auch keine Ahnung haben. Hühnerwehe, Hühnerziep würde ich eher mit "Hühnerauge" und nicht mit Grippe übersetzen, solange es nicht ausdrücklich einen Beleg dafür gibt. Du musst der Wikipedia nicht alles glauben. Am Ende dessen, was du oben zitiert hast, siehst du einen Wikilink. Klickst du darauf, kannst du sehen, dass einer der Autoren Eulenspiegel hieß. In Deutschland ein sehr bekannter Narr und Spaßmacher aus dem Mittelalter. Der taucht oben unter Literatur aber überhaupt nicht auf. Clever gemacht.

          Gruß

          Dieter
          Zuletzt geändert von KDF10; 19.03.2015, 19:19. Grund: Korrektur

          Kommentar

          • Bataaf
            Erfahrener Benutzer
            Sous-Lieutenant
            • 06.03.2007
            • 364

            #6
            Schindler, Untermann: Grippe, Kamm und Eulenspiegel. S, 333 ff.



            Ich glaube ich würde mehr von der Wiki halten als dass was unsere Eulenspiegel hier oben von sich gibt.

            Bataaf.

            Kommentar

            • KDF10
              Erfahrener Benutzer
              Chef de Bataillon
              • 19.12.2010
              • 1278

              #7
              Hallo Bataaf,

              danke für den Hinweis, aber in deiner Snippet-Ansicht finde ich nicht einen einzigen Hinweis auf Grippe, nur Hühnerziep, Schafshusten und Kürbiskrankheit. Haben Kürbisse die Grippe übertragen, oder was willst du mir damit mitteilen? Du bist häufig ein wenig halsstarrig, wenn du deine eigene Meinung verteidigst. Anyhow, ich habe keinen Bock mit dir darüber zu diskutieren. Im 16. Jahrhundert kannte man viele Krankheiten noch nicht. Du bist ja im Internet überaus bewandert. In meiner Heimat gab es viele Tote durch die englische Schweißkrankheit. Hast du eine Idee, was das für eine Krankheit gewesen sein könnte?

              Dieter

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              • muheijo
                Erfahrener Benutzer
                Capitaine
                • 01.10.2006
                • 553

                #8
                Eigentlich ging es mir nicht darum, jede einzelne Bezeichnung auf Wahrheitsgehalt und Quelle zu ueberpruefen. Mir ging es um die Essenz daraus, dass es næmlich die (echte) Grippe bereits vor der sogenannten span. Grippe 1919 gab. Das halte ich zumindest fuer wahrscheinlicher als die gegenteilige Behauptung, erst recht nach dem von Bataaf bereitgestellten Link. Merci!

                Über den "englischen Schweiss" streiten die Gelehrten, es wird sich wohl nicht mehr feststellen lassen, was es genau war.

                Gruss, muheijo
                Zuletzt geändert von muheijo; 20.03.2015, 14:58.

                Kommentar

                • KDF10
                  Erfahrener Benutzer
                  Chef de Bataillon
                  • 19.12.2010
                  • 1278

                  #9
                  Danke Muheijo,

                  die Grippe gab es sicherlich schon vor 1919. Da stimme ich dir zu. Zum englischen Schweiß habe ich Bücher gefunden. Besonders interessant ist das Buch von Prof. Dr. John Elliotson, das 1841 in deutscher Übersetzung erschien ("Vorlesungen über spezielle Pathologie und Therapie"), weil in dem Buch viele Krankheiten aus der Sicht der damaligen Zeit genannt werden, z. B. auch der Weichselzopf. Gibt es bei Google.

                  Gruß, Dieter

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