Taktik von Kavallerieattacken

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  • Latour-Maubourg
    Erfahrener Benutzer
    Sergent-Major
    • 01.10.2006
    • 196

    #91
    Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
    Ich würde gerne nochmal das Thema Kavallerie mit Lanzen aufgreifen. Ich sehe irgendwie keinen Vorteil gegenüber Infanterie. Die Musketen sind mit Bajonett doch auch ziemlich lang. Die ganze Länge der Lanze kann vom Reiter natürlich nicht ausgenutzt werden, da hinter der haltenden Hand noch ein ziemliches Stück als Gegengewicht hinten herausragen muss. Der Abstand verringert sich nach vorn zusätzlich noch durch das Pferd. Sehe ich das also richtig, dass es eigentlich keinen Reichweitenvorteil der Lanze gegenüber dem Bajonett gibt?
    richtig, Ausnahme wären die Kosaken, deren Lanzen waren nochmal um einiges länger als die Lanzen der Uhlanen/Lanciers. Doch würden Kosaken im Normalfall natürlich kein Karee angreifen, es gibt aber auch Ausnahmen (Bosdorf z.b.). ein weiterer Unterschied ist dass bei Uhlanenregimentern nur die vordersten Reihen mit Lanzen ausgerüstet waren, die Kosaken aber durchgänig Lanzen trugen.

    Insofern sind Lanzen auch garkein Spezialmittel gegen Karrees. Ich erinnere mich da an die Erwähnung eines Gefechts frz. Lanciers gegen Infanterie, wo das Karree erst dann gebrochen worden sein soll, als ein Offizier eine Lanze wie einen Speer benutzte.

    Beim ersten Zusammentreffen von Lanzenreitern mit anderer Kavallerie mag das ggf. etwas anders gewesen sein. Grob gesehen ist die Lanze aber wohl doch eher nur eine andere Art der Stichwaffe, mit der nur anders gekämpft werden konnte, sicherlich auch manchmal flexibler als mit Säbel oder Pallasch.
    Wie seht ihr das?
    Ja, Grundsätzlich kann man schon sagen dass Lanciers anderer (mit Säbeln bewaffneter) Kavallerie im Vorteil ist, aber der Drill an der Lanze ist schwieriger wie der mit dem Säbel weshalb nicht jedes Kavallerieregiment mit Lanzen ausgerüstet wurde.

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    • Detmar
      Neuer Benutzer
      Soldat
      • 11.12.2006
      • 24

      #92
      Zwar betrachte ich mich auf dem Gebiet 1789-1815 nur als Laie, jedoch sind mir keine Ulanenregimenter bekannt, welche nur im ersten Glied die Lanze führten. Dies war vielmehr in der russischen Kavallerie bei den Husaren üblich. Was den Vorteil der Lanze betrifft, so ist dies gerade im Kampf mit der Infanterie in aufgelöster Form ein nicht unerheblicher Vorteil. Der normale Kavallerist erreicht einen am Boden liegenden Mann mit seiner Stichwaffe eher schlecht, was häufig dahingehend ausgenutzt wurde, sich überreiten zu lassen (unter Ausnutzung des Wissens, daß Pferde möglichst nicht auf am Boden liegende Körper treten) und dann hinter den Reitern herzufeuern. Ein Klassiker auf diesem Gebiet ist die Schlacht von Mars-la-Tour (16.08.1870), wo die französische Infanterie genau dies praktiziert hat und wo die preußischen Kürassiere erst Ulanen brauchten, um französische Kanoniere unter den Geschützen hervorzuholen. Der Umgang mit der Lanze ist ein sehr ausbildungsintensiver Drillteil und manche Einheit (preußische Landwehr 1813 etwa) benutzte die Lanze eher wie einen Poloschläger onder Knüppel als wie eine Stichwaffe. Übrigens - und das zum Schluß - ist die psychologische Wirkung von Blankwaffen bekannlich erheblich höher als die von Feuerwaffen.

      Gruß

      Detmar

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      • Gunter
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 01.10.2006
        • 1377

        #93
        Detmar,
        ich fürchte, das siehst du falsch. Alle Mannschaften einer Kavallerieeinheit mit Lanzen auszurüsten stellte eher eine Art Verirrung aus Unkenntnis der Lanzenreiterwaffe dar, denn die Lanzen im 2. Glied konnten rein garnichts bewirken. Besser war es, nur das 1. Glied mit Lanzen, das 2. mit Karabinern zu bewaffnen, damit sich beide in verschiedenen Situationen besser unterstützen konnten. Auf diese zweckmäßige Weise war die polnische und russische, später auch die ganze französische Lanzenreiterwaffe ausgestattet. Die russischen Husaren wurden erst ab 1812 so ausgerüstet. Bei den Ulanen war das aber schon vorher so üblich.

        Bei den Kosaken konnten alle mit Lanzen bewaffnet werden, weil sie ja nicht in geschlossenen Gliedern kämpfen sollten. Komplette Lanzenausrüstung beider Glieder konnte auch ein Armutszeugnis wie bei der Landwehr darstellen, weil Schusswaffen fehlten.

        Ein Reiter kann sehr wohl mit dem Säbel oder Pallasch einen am Boden liegenden Mann erreichen, wenn er sich Mühe gibt. Ich verweise auf diesen Artikel: http://www.napoleon-series.org/resea...s/c_sword.html

        Grundsätzlich halte ich die Ulanenwaffe 1870/71 für enorm überbewertet. Sie wurde von deutscher Seite geradezu unsinnig hochgejubelt. Man tat geradeso, als hätte es ähnliche Truppen bei den Franzosen garnicht gegeben, was definitiv falsch ist. Ich vertrete die These, dass die Ulanen und auch die Kürassiere nur deshalb zuweilen so "furchtlos" angriffen, weil ihnen wegen der nichtvorhandenen Schusswaffen (die Pistolen zähle ich wegen ihrer geringen Wirkung hier mal nicht) zur Verteidigung garnichts anderes übrig blieb, wenn sie sich nicht einfach von der Infanterie abschießen lassen wollten.

        Grüße,

        Gunter

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        • Gunter
          Erfahrener Benutzer
          Chef de Bataillon
          • 01.10.2006
          • 1377

          #94
          Latour,
          ich frage mich, inwiefern sich die Länge der Kosakenlanze wirklich auswirkte. Eine Reihe von zeitgenössischen Bildern zeigen ihren Gebrauch, wo sie etwa in der Mitte des Schaftes angefasst werden.
          Wie war das eigentlich nach dem ersten Auftreffen auf die gegnerische Kavallerieformation? Wurden die Lanzen weggeworfen und schnell die Säbel gezogen oder fochten die Leute mit den Lanzen weiter? Mit Sicherheit war es für den ungeübteren Kämpfer besser, dann vom Säbel Gebrauch zu machen. Wie hielten das die Profis? Schließlich konnten mit der Lanze auch Stiche nach hinten ausgeführt werden, was so mit anderen Blankwaffen nicht möglich war.

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          • HKDW
            Erfahrener Benutzer
            Colonel
            • 02.10.2006
            • 2962

            #95
            Den Vorteil der Lanze gegenüber des Karrees sehe ich schon, wenn sich das Karree verschossen hatte, eben durch die längere Reichweite der Lanze, wenn sie denn so lange war, also muss auch hier eine Synopsis der Lanzenlängen her. Peter Schuchardt hat ja da schon mal etwas sehr schönes darüber geschrieben.

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            • Henning
              Erfahrener Benutzer
              Sergent
              • 11.10.2006
              • 131

              #96
              Hier mal einige Lanzenlängen zum Vergleich:
              -Rußland (Piken der Kosaken ausgenommen da es für selbige keine Vorschrift gab) 2,8m – 2,9m
              -Frankreich: Rousselot gibt für die 2. Gardelanciers (Tafel 68) eine Lanzenlänge von 2,268m, für die Chevau- Legers Lanciers der Linie (Tafel 1) eine Lanzenlänge von 2,75m an.
              -Sachsen: 2,53m – 2,55m
              Gruß Henning
              Wenn man merkt, dass man auf einem toten Pferd sitzt, sollte man absteigen!

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              • Gunter
                Erfahrener Benutzer
                Chef de Bataillon
                • 01.10.2006
                • 1377

                #97
                So extrem lang ist das aber nicht. Mich würde mal interessieren, wie die Lanze angefasst werden musste, um eine größere Reichweite als mit dem Bajonett zu erreichen. Ich denke, dass das vom Fechtverhalten des Lanzenreiters abhing. Rechnet man immer ein Stück hinten als Gegengewicht, dann war man nicht viel anders dran als mit einem langen Pallasch. Der Vorteil lag dann wohl wirklich eher bei den längeren russischen Lanzen.

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                • Latour-Maubourg
                  Erfahrener Benutzer
                  Sergent-Major
                  • 01.10.2006
                  • 196

                  #98
                  also zum Thema Lanzen. ja auf den meissten Abbildungen sieht man wie die Lanze in der Mitte gehalten wird, habe aber auch mindestens auf einem Bild gesehn wie die Kosakenlanze ziemlich weit hinten gehalten wurde was ihnen einen nicht unerheblichen Reichweitevorteil gegeben hat.
                  Die Uhlanenlanze war ziemlich kurz für eine Lanzenwaffe und wurde normalerweise im Handgemenge nicht weggeworfen. Eine klassische Mittelalterliche Lanze z.B. wie die der Polnischen Hussaren war normalerweise 3-4 Meter lang und wurde nur zum Ansturm verwendet. viel wichtiger war dass die Lanze hohl war und beim Auftreffen auf gepanzerte Gegner (so wie es damals noch üblich war) zerbrach (damit der Reiter nicht durch den Aufprall vom Pferd geworfen wurde) und dann mit Schwert bzw Säbel weitergekämpft wurde. Frühneuzeitliche Ungarische und Polnsiche Hussaren hatten auch noch eine weitere Blankwaffe, in Deutschladn als Panzerstecher bekannt und war essentiell ein langer ungebogener Säbel, so wie der Pallasch in der Napoleonsichen zeit, nur länger. dieser wurde verwendet falls nach dem ersten Ansturm noch ein weiterer ausgeführt werden konnte/sollte und die Lanze schon zerbrochen war.

                  Jedenfalls unterscheidet sich die Lanze der Uhlanen wesentlich von deren der Ritter etc durch ihre Beschaffenehit und ihre Einsatzweise. die Uhlanenlanze war natürlich auch für den Ansturm gedacht, war aber nicht dafür vorgesehen zu zerbrechen (vor allem da auch das Gewicht von Pferd & Reiter nicht dafür ausgelegt war) und deshalb verkürzt wurde um auch noch im Nahkampf von Nutzen zu sein. Dieser Lanzentyp entspricht am ehesten der Lanzen die im Mittelalterlichen Orient benutzt wurden und im frühen Mittelalter in Europa, bevor das eigentliceh Rittertum begann.

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                  • Detmar
                    Neuer Benutzer
                    Soldat
                    • 11.12.2006
                    • 24

                    #99
                    Gunter,

                    wie ich schon Eingangs sagte, als selbstbetrachteter Laie auf dem Gebiet Napoleon I. lernt man gern dazu.

                    Ich schrieb nicht, dass es unmöglich ist, einen am Boden liegenden Menschen mit dem Säbel/Pallasch zu erreichen, jedoch ist es eben ein wenig schwieriger. Die dankenswerter Weise von Dir gestellte Quelle führt ja auch eine nette Anzahl von Beispielen auf. Jedoch – da waren ja fast nur Burschen dabei, die sich nicht mehr wehren konnten. Einer konnte aber und hat dem Reiter gleich gezeigt, was eine Harke ist. Und man muß sich eben nach unten beugen. Zuzüglich dem bekannten Pferdematerial eher im Rahmen der Attacke grenzwertig.

                    Beim Einsatz wird man die Lanze tunlichst nicht aus der Hand geben, schließlich bietet sie die Möglichkeit, sich Gegner möglichst weiträumig vom Leibe zu halten. Entsprechende Varianten finden sich in den Reglements. Möglich ist natürlich auch ein Drehen (sowohl von Lanze wie Pferd), was man darin jedoch vergeblich suchen wird.
                    Im direkten Kampf zwischen Reitern (und hier spreche ich von 1870) hatten daher die Ulanen auch geringere Verluste als ihre Kollegen. Gegenüber Infanterie ist zu sehen, zu welchem Zeitpunkt man zusammentraf und in welcher Verfassung diese war (wurde ja auch schon einmal an dieser Stelle besprochen).

                    „Furchtloses“ Angreifen findet sich übrigens auch auf französischer Seite bei besser bewaffneten Reiterregimentern. Das Ergebnis war jedoch meist nicht befriedigend. Und die Lanciers Frankreichs waren auch nicht so zahlreich wie in Deutschland (23 Regimenter – ohne Reserveregimenter - gegen 9 bei den Franzosen – ohne spätere Marschformationen). Ihr Ruhm wird immer von anderen Truppen überdeckt, obwohl sie es waren, die von der Kavallerie das einzige deutsche Geschütz im Gefecht eroberten.
                    Insgesamt hat aber auch die französische Kavallerie die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt.

                    Vielleicht kann man dieses interessante Thema „Deutsche Reiterei – Bewaffnung, Einsatz, Erfolg ?“ für 1870/71 als Extrathema im neuen Unterforum diskutieren. Was sagt der Administrator?

                    Gruß

                    Detmar

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                    • Gunter
                      Erfahrener Benutzer
                      Chef de Bataillon
                      • 01.10.2006
                      • 1377

                      Latour,
                      so eine Abbildung kenne ich auch. Sie zeigt Kosaken beim Üben mit einem aufgehängten Ring.

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                      • Gunter
                        Erfahrener Benutzer
                        Chef de Bataillon
                        • 01.10.2006
                        • 1377

                        Detmar,

                        bis auf die ersten Gefechte war die frz. Kavallerie 1870/71 vorsichtiger als die deutsche. Beim Kampf der Ulanen gegen Infanterie meine ich in den Quellen eine Art "Flucht nach Vorn"-Verhalten ausgemacht zu haben, eben weil sie sich nicht mit geeigneten Schusswaffen wehren konnten. Das galt vor allem für kleine Detachements, bei denen die Ulanen ja auch oft eingesetzt wurden. Das Hauptproblem dabei ist eindeutig der Platz.

                        Grüße,

                        Gunter
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                        • Detmar
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                          Soldat
                          • 11.12.2006
                          • 24

                          Gunter,

                          des Problems der unterlegenen Bewaffnung war man sich auf deutscher Seite nach den ersten schlechten Erfahrungen durchaus bewusst. Abhilfe boten da entweder der Einsatz erbeuteter Chassepots (z.B. fast bei der gesamten badischen Reiterei) oder in der zweiten Hälfte des Krieges das Mitführen von Infanterie auf Wagen. Die Vorsicht findet man auch auf deutscher Seite (je nach kommandierendem Offizier unterschiedlich ausgeprägt), der Nachteil war für die Franzosen bei Kriegsbeginn das Fehlen ausreichender Informationen über die gegnerischen Bewegungen (mit den bekannten Ergebnissen). Während des Volkskrieges hatte man hingegen hier den Ausgleich durch die Tätigkeit der Bevölkerung und der Franktireurs.
                          Allerdings erschließt sich mir hier noch nicht ganz das von Dir beschriebene „Platzproblem“.
                          Die „Flucht nach vorn“ traten in der Regel alle deutschen Truppen an, um mit dem Zündnadelgewehr dicht genug an den Gegner zu kommen.

                          Gruß

                          Detmar

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                          • Gunter
                            Erfahrener Benutzer
                            Chef de Bataillon
                            • 01.10.2006
                            • 1377

                            Detmar,
                            das Platzproblem tauchte beim Nahkampf mit der Lanze in geschlossener Formation auf. Da dürfte der Vorteil nach dem ersten Kontakt mit dem Gegner vorbei gewesen sein, da man einfach (auch mit dem Gegner gemischt) zu dicht stand, um die Lanze nach allen Seiten einsetzen zu können. In solchen Situationen waren Säbel praktischer. Beim Kampf in geöffneter Ordnung, z.B. einzeln gegen Plänkler oder bei einer Schwärmattacke dürfte dagegen genug Platz zum effektiven Einsatz der Lanze gewesen sein. Das setzte natürlich eine gute Ausbildung des Reiters voraus. Ungeübte Truppen konnten sicher nur die Lanze einlegen, auf den Gegner zureiten und wussten dann nicht mehr, was sie so recht mit ihrer Waffe anstellen sollten.

                            Grüße,

                            Gunter

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                            • Cuirassier
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                              Tambour-Major
                              • 20.10.2006
                              • 275

                              oder wussten gar nix damit anzufangen....blücher regte sich sehr über die westfalen auf....selbige konnten mit der lanz gar nich umgehen, im nahkampf ( melee) völlig sinnlos, im gegenteil....eher schädlich für den träger....

                              jügel zeigt die in seiner bildersammlung von 1822?...die komplette lanzenhandhabung....
                              Ein Soldat kann seinen Kopf verlieren, aber niemals einen Knopf!

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                              • Sans-Souci
                                Erfahrener Benutzer
                                Major
                                • 01.10.2006
                                • 1841

                                Kannst Du mir die Quelle für Blüchers Bemerkung über die lanzenschwingenden Westphalen (das Landwehr-Kavallerie-Regiment ?) geben ?

                                Die Serie von Lieder und Jügel ist, soweit ich weiß, von 1821.

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