Das Meter

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  • Blesson
    Erfahrener Benutzer
    Adjudant
    • 03.10.2006
    • 778

    Das Meter

    Ich finde, daß die Wissenschaften in diesem Forum bisher zu kurz kommen, obgleich in der Zeit der Aufklärung und franz. Revolution viele bahnbrechende Entdeckungen gemacht wurde, die hier eben auch vorgestellt oder diskutiert werden sollten. Deswegen mache ich den Anfang:

    Nur wenige wissen, das sich unser heutigen dezimalen metrischen System, insbesondere das aus dem Erdumfang abgeleitete Meter, aus der Zeit der französischen Revolution herleiten, wo in der Gunst der Stunde die verwirrende Vielzahl der Maßsysteme über Bord geworfen und durch das Dezimalsystem ersetzt wurden.

    Ein Stück dieser revolutionären Wissenschaftsgeschichte wurde jüngst aufbereitet, ist dabei äußerst exakt recherchiert und außerordentlich kurzweilig zu lesen. Wieder mal ein Angelsachse, der uns vormacht, wie man mit dem Thema umgehen kann.

    Ken Alder: Das Maß der Welt - Die Suche nach dem Urmeter.
    Hier eine Kurzfassung:
    Mit der Akribie des Wissenschaftlers recherchiert, mit der Eleganz des Romanciers geschrieben - ein Leseabenteuer aus dem Bereich der Wissenschaftsgeschichte. Im Jahre 1792, mitten im Chaos der Französischen Revolution, sind zwei Astronomen akribisch dabei, eine ebenso weit reichende Revolution, nicht nur in der Geometrie, einzuläuten. Sie wollen das bislang herrschende Gewirr von unterschiedlichen Maßen und Gewichten durch ein demokratisches, metrisches System ersetzen. Das so genannte Meter soll von der Krümmung der Erde abgeleitet, exakt berechnet und zum Maß aller Dinge werden. Dieses ehrgeizige Vorhaben gerät zum gefährlichen Abenteuer. Beim Vermessen des französischen Meridianbogens schleicht sich zwischen zehntausenden präziser Daten ein kleiner, aber verhängnisvoller Fehler ein. Der zunächst verschwiegene Rechenfehler gerät einem der Wissenschaftler zum persönlichen Schicksal. Doch am Ende wurde gerade durch diesen Fehler die Wissenschaft revolutioniert. Die Welt erhielt ein neues Maß, das heute 95 Prozent aller Menschen nutzen und die Welt zusammenwachsen ließ. Ken Alder erzählt von menschlicher Erfindungsgabe und der sinnlichen Leidenschaft für Zahlen. Ein Sachbuch, das buchstäblich neue Maßstäbe setzt. "Ein banales Ding (der Meter) mit einer fantastischen Geschichte. Der amerikanische Wissenschaftshistoriker Ken Alder hat sie ausgegraben und ein Buch daraus gemacht. 'Das Maß der Welt - Die Suche nach dem Urmeter' heißt das Werk. Ein Thriller.
    Ken Alder hat die Stationspunkte der Meridianvermessung auch selbst erkundet, genauso wie ich es mit einigen erhaltenen trigonometrischen Punkten des Colonel Tranchot im Rheinland und Belgien tat. Wer mit einem Theodoliten auf einem Kirchturm schon einmal ein aufziehendes Gewitter heranrollen sah, kann schon einiges mehr von dieser Pionierleistung nachvollziehen.

    Ken Alder ist allerdings nicht der erste, der das Thema entdeckt hat, sondern ein Franzos', übrigens Prof. für Mathematik an der Sorbonne, dessen Buch von 1987 auch auf Deutsch erschienen ist:

    Denis Guedij: Die Geburt des Meters oder wie die beiden Astronomen Jean-Batiste Delambre und Pierre Méchain aus dem Geist der Aufklärung in den Wirren der Französischen Revolution das Maß aller Dinge fanden. Ullstein-Verlag, 1998
    Letzt genanntes Werk hält sich nach meiner Einschätzung übrigens genauer an den Bericht von Delambre:

    Grundlagen des dezimalen metrischen System oder Messung des Meridianbogens zwischen den Breiten von Dünkirch und Barcelona ausgeführt in den Jahren 1792 und den in den folgenden von Méchain und Delambre.
    Ostwald's Klassiker der exakten Wissenschaften, Leipzig, Verlag Wilhelm Engelmann, 1991
    LB
    Zuletzt geändert von Blesson; 10.07.2007, 23:26.
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  • Madame de Canisy
    Erfahrener Benutzer
    Sergent
    • 03.10.2006
    • 148

    #2
    Kann man eigentlich in einigen Worten erklären, wie das Meter definiert ist? Es hat also jedefalls mit der Erdkrümmung zu tun. Aber wie wurde der Meter festgelegt? Falls es nicht in kurzen Sätzen klappt, dann müsste ich wohl doch das Buch kaufen ...
    Wurde im selben Zusammenhang nicht auch der Liter festgelegt? Ich habe mal irgendwann gehört, dass ein Liter einem Kilo Wasser bei Zimmertemperatur entspricht. Demnach müsste das Gewicht vorher vereinheitlicht worden sein. Ich nehme mal an, dass all diese Dezimalsysteme aus der Revolutionszeit stammen?
    Wie genau ist das Ur-Meter denn? Soweit ich weiß, ist es eine flache Eisenstange. Diese müsste ja bei verschiedenen Temperaturen verschieden lang sein (oder dick). Oder gibt es da "Lagerungsvorschriften"?
    Adrienne-Louise-Hervé Carbonnel de Canisy

    "Ein jeder soll nach seiner Fasson selig werden." Friedrich II von Preußen

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    • Blesson
      Erfahrener Benutzer
      Adjudant
      • 03.10.2006
      • 778

      #3
      Liebe Demoiselle, oder vielleicht doch schon Madame?

      eins nach dem anderen, also zuerst zum Meter: Man defniert zuerst den Kilometer als den 10.000ten Teil eines Viertels des Erdumfangs am Äquator. Ein Meter ist dann per Definition der 1000ste Teil eine Kilometers. Da der Äquator nicht ganz gut direkt zu vermessen ist (die ein- und unteilbare Republik hätte dort z.B. Kolonien mit genügender Ausdehnung, sagen wir mind. 1000 km haben müssen), beschränkt man sich stattdessen darauf, einen des Meridianboges (Nord/Südrichtung) in Frankreich zu vermessen, der natürlich, wie könnte es anders sein, durch die Sternwarte von Paris verläuft. Der Meridiankreislänge stimmt bei einer Kugel genau mit dem Äquatorlänge überein, bei einem Bratapfel immerhin ungefähr, was sich durch einige Korrekturen in den Griff bekommen läßt. Vulgo, mehr Messsungen und erhöhter Rechenaufwand sind der Preis dafür, daß man nicht in ungesunden äquatorialen Sümpfen messen muß.

      Die Differenz der beiden Breitengrade von Dünkirchen und Barcelona ist dann der zu messende Bogen. Da nun die Erde an den Polen abgeplattet ist, muß man dies und andere Faktoren (Reduktion auf Meereshöhe etc.) durch diverse Korrektur berücksichtigen. Die eigentliche Längenmessung über eine Dreieickskette ware die große Herausforderung. Diese Länge wurde natürlich noch in den alten Maßen, den Toisen, gemessen, da das Meter ja erst noch definiert werden mußte. Wenn wir zum Beispiel 10° Breitengraddifferenz messen, dann erhalten wir den 10/90ten Teil des Meridianbogens, was dann 10.000 x 10/90 Kilometern entspricht. Daraus bestimmt man die Länge des Meters im Vergleich zu den alten Toisen, die auf Srupel genau zu messen waren. Der Urmeter ist aus Platin, welches eines geringe Wärmeausdehnung hat und noch heute zu Sèvre mit konstanter Raumtemperatur aufbewahrt wird.

      Voilà, Grundprinzip und Lösung.

      Leider kam ein klitzekleiner Rechenfehler vor, so daß der Äquatorumfang heute nicht genau 40.000 km sondern ein bißchen mehr ist, da man den einmal festgelegten Meter nicht mehr ändern wollte. Roma locuta, causa finita. Wie es dazu kam, ist in dem Buch von Ken Alder spannend nachzulesen.

      Wer der Sache auf den Grund gehen will, liest die Abhandlung von Delambre, gleichfalls in Ostwald's Klassiker abgedruckt.

      LB
      Zuletzt geändert von Blesson; 10.07.2007, 23:21.
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      • wufi
        Erfahrener Benutzer
        Tambour-Major
        • 03.10.2006
        • 311

        #4
        @ Mme
        Das meiste was Dezimal aufgebaut ist, stammt aus der Revolutionszeit. Die alten Masse waren zumeist Hexal- (/6) u. Duodezimalsystem (/12).

        Das mit der Def. für Liter stimmt (1Kilo Wasser bei 4C (alte Def.))

        (1 Kilo = 1dm3 Wasser(alte Def.))


        Interessant ist auch das system usuel, das sich auf das Dezimalsystem abstützte, aber dennoch in ca. altvertraute Masse wiederbrachte.
        Je l'ay emprins

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        • HKDW
          Erfahrener Benutzer
          Colonel
          • 02.10.2006
          • 2962

          #5
          Leider setzten sich andere Dezimalsysteme nicht durch, der schöne Kalender oder aber auch die Uhrzeit.

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          • muheijo
            Erfahrener Benutzer
            Capitaine
            • 01.10.2006
            • 553

            #6
            Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
            Leider setzten sich andere Dezimalsysteme nicht durch, der schöne Kalender oder aber auch die Uhrzeit.

            apropos, den wievielten hætten wir denn eigentlich nach revolutionskalender?
            gibt's da vielleicht einen "umrechnungs-link"?

            gingen die uhren zur revolutionszeit tatsæchlich auch anders?

            gruss, muheijo

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            • HKDW
              Erfahrener Benutzer
              Colonel
              • 02.10.2006
              • 2962

              #7
              Haricot, tridi, 23 messidor, an 215, einen Umrechungskalender bzw Programm gibt es.

              Die Uhren gingen wohl nicht anders - obwohl man auch um Musée de Carnavalet auch 5 Stunden Uhren sehen kann, aus Metall, Umrechnungsschablonen, mit den 2 Uhrsystemen und einen Faden gab es auch, zu sehen in :

              Seifert, Siegfried, Die Zeit schlägt ein neues Buch in der Geschichte auf, Weimar 1989, noch in der DDR gedruckt (sowas konnten wir im Westen nicht herausgeben, viel zu revolutionär )

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              • wufi
                Erfahrener Benutzer
                Tambour-Major
                • 03.10.2006
                • 311

                #8
                Zur Zeiteinteilung:

                Wenn ichs recht im Kopf habe, hat der Konvent 1793 ein entsprechendes Gesetz verabschiedet (1Tag=10h à 100min à 100sec). Praktische Probleme (entsprechende Uhren mussten ja erst konstruirt werden) verzögerten die Einführung bis nach Robespierres Sturz. Und da der Wohlfahrtsausschuss die treibende Kraft gewesen war, versandete das Projekt anschliessend.
                Je l'ay emprins

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                • Madame de Canisy
                  Erfahrener Benutzer
                  Sergent
                  • 03.10.2006
                  • 148

                  #9
                  Auf www.republique.de (eine Seite zur Französischen Revolution) wird immer das aktuelle Revolutionsdatum und die passende Zeit angezeigt. Dort ist der Kalender auch noch mal erklärt.

                  Ich fand den Kalender schon immer sehr verwirrend, ebenso die Uhrzeit. Dies sind so alltägliche Dinge, dass ich mich nur SEHR schwer umgewöhnen könnte. Aber da ging es den Franzosen wohl ähnlich, denn es waren wohl alle sehr erleichtert, als die Kalenderreform wieder rückgängig gemacht wurde.
                  Es gibt wohl nur noch drei (mechanische) Uhren weltweit, die Dezimalstunden anzeigen können. Eine davon müsste sich in Versailles befinden.

                  @ Blesson
                  Vielen Dank für die Definition des Meters, obwohl mich die Erklärung der Berechnung doch ziemlich verwirrt hat. Aber die Naturwissenschaften waren noch nie meine Stärke. Und frag bloß nicht meinen Physik-Lehrer von damals, wie gut ich umrechnen konnte ... ich hab's gehasst.
                  (Übrigens tatsächlich "Demoiselle" im wahren Leben.)
                  Adrienne-Louise-Hervé Carbonnel de Canisy

                  "Ein jeder soll nach seiner Fasson selig werden." Friedrich II von Preußen

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                  • Blesson
                    Erfahrener Benutzer
                    Adjudant
                    • 03.10.2006
                    • 778

                    #10
                    Exkurs 1: Geographische Meile

                    Nach so einigen Ausschweifungen zum Dezimalsystem möchte ich zum Anfangspunkt, dem Meter, zurückkehren.

                    Die Idee, die Längenmaße auf eine Erdkonstante zu beziehen, die man sich unveränderlich dachte, ist an sich nicht neu; auf den kleinmaßstäblichen Karten der Zeit, den chorographischen und geographischen Karten, mit 1:1000.000 und kleiner, sind die Maßstäbe in geographischen Meilen angegeben, die sich wie folgt herleiten:

                    Eine geographische Meile ist definiert als der 15. Teil eines Längengrads am Äquator (4 Bogenminuten entsprechen 1 / (360 x 15)), also bei der heutigen genau bestimmten Länge des Äquators 7421,60 m = 7,42160 km. Das Problem war und ist immer noch die Längenmessung des Äquators bzw. eines Meridianbogens in bekannten Maßen, aus denen sich dann die geographische Meile berechnen ließ. Man könnte hier bemäkeln, daß man hier immer noch die alte Teilung des Vollkreises in 360° zu Grunde legte. In der Messung des Meridianbogens ist aber die eigentliche Pioniertat von Méchain und Delambre zu sehen.

                    Nun wurde die geographische Meile offenbar nur in der Kartographie verwendet, und die Idee, diese in Zehnerteilungen in handlichere Einheiten entsprechend dem Meter zu teilen, ist wohl von den Geodäten nicht in Erwägung gezogen worden. Salopp gesagt, man muß schon manchmal über den Tellerrand sehen, um anderen in die Suppe spucken zu können.

                    LB
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                    • Blesson
                      Erfahrener Benutzer
                      Adjudant
                      • 03.10.2006
                      • 778

                      #11
                      Exkurs 2: Toise

                      Die Toise (Klafter = 1,948 m = 1/2 Ruthe) war das übliche Längenmaß für die franz. Geometer bis zur Einführung des Meters. Da Geometer von jeher praktisch veranlagt sind, hat man schon lange vor dem Dezimalsystem statt mit einer Unterteilung in 6 Teile = 6 pied du Roy = Fuß lieber mit 5 Teilen gerechnet. Nötigenfalls auch mit 1/10 des 10 Teiles für die Doppeltoise = Ruthe.

                      Dies entspricht im damaligen deutschen Reich z.B. der rheinländischen Ruthe, die anstatt in 12 Füße in 10 Werk- oder Landmesserfuß geteilt wurde.

                      Da nun den Längeneinheiten immer eine gewisse Willkür innewohnt, hätte man auch die Toise als Grundlage nehmen können: also 10er Teilungen mit millitoise, centitoise, decitoise und beim Vielfachen mit kilotoise oder myriatoise bestimmen können. Voilà, man hätte das Dezimalsystem auf der Basis der Toise festsetzen können. War aber politisch nicht durchzusetzen. Offenbar konnte sich vor der Revolution nicht vorstellen, daß ein Maß für Landvermessung auch für Stoffe oder Feinmechanik oder Schreinerhandwerk gut sein konnte.

                      LB
                      Zuletzt geändert von Blesson; 13.07.2007, 23:57.
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                      • joerg.scheibe
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                        Capitaine
                        • 02.10.2006
                        • 592

                        #12
                        Sieht es nicht vielmehr danach aus, als sollte mit der Festlegung: "Die Grundeinheit der Längenmessung ist der x millionste Theil des Meridians durch Paris" die Vernunft in Gestalt der Wissenschaft zur Basis der Beziehungen zwischen den Menschen und Dingen gemacht werden?
                        Diese Herangehensweise schließt die Anlehnung an irgendeine Erkennnis solcher Lohnknechte wie Landmesser, Schreiner, Schneider doch sowieso aus.

                        Jörg
                        The light at the end of the tunnel
                        is from an oncoming train.

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                        • HKDW
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                          Colonel
                          • 02.10.2006
                          • 2962

                          #13
                          Ich denke aber eben auch, dass Toise - oder poid - eben schon begrifflich besetzt war, da hatte dann jeder seine geistige Vorstellung davon wie schwer oder wie lang das Ding war - für seinen Landstrich zutreffend.
                          Meter - war eben neu - für jeden - aber auch für jeden eben gleich, sowohl im tiefesten Preußen - wie höchsten Sachsen, wie auch in Frankreich.
                          Andererseits - man lese Memoiren, hing man ja (auch der illuminierte Kaiser der Franzosen) doch noch sehr der alten Maßeinheit Toise oder Lieue an.

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                          • Blesson
                            Erfahrener Benutzer
                            Adjudant
                            • 03.10.2006
                            • 778

                            #14
                            Exkurs 3: Genauigkeit des Urmeters

                            Nachdem nun die Länge des Meridianbogens in Toisen bestimmt war, konnte daraus die Länge des Meters rechnerisch in Toisen festgelegt werden. Wie genau konnte nun das Normalmaß gefertigt werden?

                            Auf Vorschlag von Lenoir wurden nun 19 gleiche Urmeter aus Platin gefertigt, deren Abweichung durch einen Komparator (eine Art Mikrometerschraube mit Lupe) bestimmt wurde. Dabei fand sich, daß alle Stücke sich um weniger als 1/600.000 Meter unterschieden, also 1/600 mm = 0,00166..mm, so protokolliert am 26. Juni 1806 von der Kommission. Ein erstaunliches Ergebnis.

                            Méchain und Delambre: Grundlagen des metrischen Systems, Ostwalds Klassiker der Wissenschaften, Nr. 181, Kap. Definitives Meter, S. 192.
                            Do, ut des

                            http://www.ingenieurgeograph.de

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                            • Blesson
                              Erfahrener Benutzer
                              Adjudant
                              • 03.10.2006
                              • 778

                              #15
                              Exkurs: Genauigkeit des Meridianvermessung, teil 1

                              Wie genau war eigentlich die Bestimung des Meters aus der Messung des Meridianbogens zwischen Dünkirchen und Barcelona?

                              Ich bin gerade dabei, der Sache nachzugehen. Wir haben zwei Größen, die als unabhängig zu sehen sind:
                              1. Die Länge des Meridianbogens, welche auf einer Basismessung bei Melun und einer Triangulation beruhte
                              2. Die Breitengrade der Anfangs- und Endpunkte.
                              Es ist heute bekannt, daß Méchain in Barcelona einen systematischen Fehler von 3 Bogensekunden machte, von dem ich annehme, daß er die größte Auswirkung auf die Genauigkeit der gesamten Messung hatte. Der Lenoirsche Repetitionskreis, der auch für die Messung des Breitengrads diente, konnte bei 10-20 Repititionen eine Genauigkeit von 1 Bogensekunde erreichen, mit 3 Sekunden Abweichung also gar nicht so übel.

                              Was bedeutet dies in Zahlen und im Vergleich zum Urmeter?

                              3 Bogensekunden machen eine Distanz 92,7660m am Äquator.
                              Der gesamte Meridianbogen wurde zu 551583, Toisen gemessen, also umgerechnet ca. 1075,0364 km. Also ein relativer Fehler von 8,6* 10**-5, mithin für einen Meter 0,086 mm. Kling erst einmal wenig. Aber die Vergleichsstäbe waren auf eine Toleranz von1/600 mm Oder 0,0017mm bestimmt, mithin war der systematische Fehler schon recht gut meßbar und war etwa das 50fache größer als die Toleranz des Urmeters.

                              Übrigens kam die Sache erst aus dem Nachlaß Méchains ans Tageslicht, und auch Delambre publizierte den Fehler nicht, da er fürchtete, so das ganze System in Frage zu stellen. Immerhin vernichtete er die Akten nicht, sondern ließt sie versiegeln, auf daß die Nachwelt dies entdecke.

                              LB
                              Zuletzt geändert von Blesson; 15.07.2007, 00:04.
                              Do, ut des

                              http://www.ingenieurgeograph.de

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