Raketen als Waffen 1792 bis 1815

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    • 30.09.2006
    • 2690

    Raketen als Waffen 1792 bis 1815

    Ich bin in einer alten Ausgabe der Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges, 3. Band, 1825, auf einen interessanten Artikel über die Geschichte und Beurteilung von Raketen gestoßen und möchte Euch die relevante Passage für die Zeit von 1792 bis 1815 nicht vorenthalten:

    Inzwischen war dieser Gebrauch der Raketen auch in Europa schon bekannter geworden. Der französische General Julienne de Belaix hatte bereits einige Versuche damit angestellt, welche in seinen Elémens de fortifications von 1792 erwähnt sind, und der Bürger Chevalier legte sie im Jahre 1799 der damaligen französischen Regierung unter dem Namen: Phosphorische Raketen vor. Auch der französische Artillerie-General Lariboissière soll schon früher auf den hieraus zu ziehenden Nutzen aufmerksam gemacht haben. Da jedoch alle diese Vorschläge ohne weitere Folgen bliebe, so kann man billigerweise dem englischen General Congreve das Verdienst nicht streitig machen, in Europa den Gebrauch der Kriegsraketen in neuerer Zeit zuerst ins Leben gerufen zu haben.

    Die ersten Versuche, welche sich nur auf Brandraketen beschränkten, wurden in England im Jahre 1805 angestellt. Ueber deren weitere Anwendung in Europa gibt Paxhans, im 9ten Kap. seiner nouvelle force maritime, folgende Übersicht:

    "Boulogne wurde im Jahre 1806 mit Bomben und Raketen zugleich beworfen; die Bomben allein wirkten zerstörend, welches jedoch die Engländer den Raketen zuschrieben, und sie deshalb einführten."

    "Im Jahr 1807 haben die englischen Raketen in Kopenhagen Gebäude in Brand gesteckt, aber sie hatten bei dieser Gelegenheit eine wirksame Unterstützung an 6412 Bomben, 4966 Kugeln und einer angemessenen Zahl Karkassen, welche gleichzeitig mit ihnen in die Stadt geschleudert wurden." (Die geringe Wirkung dieses damals neuen Geschosses bei dieser Gelegenheit ist uns von ganz unpartheilischen Augenzeugen bestätigt worden.)

    "Bei dem Angriffe auf die Insel Aix, im Jahre 1809, warfen die Engländer Tausende von Raketen, ohne nur den geringsten Schaden anzurichten, und bei dem Bombardement von Vließingen war die Bewegung der Raketen so unregelmäßig, daß sie, wie die Engländer selbst erzählen, in die Batterien zurückkamen, von wo aus man sie geworfen hatte."

    "Im Jahre 1811 bedienten sich die Franzosen vor Cadix der Raketen, welche eine sehr große Weite erreichten, und die Engländer schleuderten deren eine große Anzahl gegen unsere Arbeiten, aber die einen wie die andern waren ohne die geringste Wirkung."

    "Bei Leipzig, 1813, flogen durch die Raketen einige Munitionswagen in die Luft, und einige Pferde wurden scheu; kleine Ereignisse, welche auf die Entscheidung dieser großen Schlacht nicht den geringsten Einfluß hatten." (Schwerlich wird wohl jemand die Entscheidung der Schlacht den englischen Brandraketen zuschreiben, daß sie aber hier mit einigem Erfolg angewendet wurden, giebt Paxhans wider Willen zu. Auch Wittenberg wurde während der ersten Belagerung heftig mit Brandraketen beschossen. Sie zündeten zwar an mehreren Orten, ihre Dienste standen inzwischen in keinem Verhältnisse mit ihrer Anzahl.)

    "In dem nämlichen Jahre beschossen die Engländer Danzig mit einer sehr großen Menge Raketen, wovon eine einzige das Hospital in Brand steckte. Alles dieser Stadt zugefügte Uebel entstand durch die glühenden Kugeln, Bomben und Granaten. Man sah bei dieser Gelegenheit, wie wenig Genauigkeit die Raketen gewähren, indem den 10. Okt. 1000 Stück gegen diese sehr große Stadt geschleudert wurden, von welchen 990 außerhalb dieses weiten Umfangs niederfielen." (Dieses stimmt beinah wörtlich mit den angaben eines sehr geschätzten Augenzeugen und Theilnehmers an der Vertheidigung dieser Festung überein, auch in dem Apercu des opérations des troupes alliés devant Danzig en 1813, par un officier Russe findet man dies bestätigt, und man kann daher wohl die Angaben des Lieutenants Schuh als hinlänglich widerlegt betrachten.)

    "Im Jahre 1814 haben die Raketen kaum unsere Rekruten aus dem mittägigen Frankreich, und die amerikanische Miliz von Neu-Orleans erschreckt, und 1815 hat man nicht eher gewußt, daß auch die Raketen in diesem Krieg figurirt hatten, als bis man sie nach dem Frieden im Gefolge des englischen Heeres sah."

    In Frankreich und Dänemark beschäftigte man sich gleich nach dem Bombardement von Kopenhagen damit, die Brandraketen nachzumachen. Die Franzosen wendeten sie, wie schon erwähnt wurde, im Jahre 1811 vor Cadix, und 1813 in Danzig gegen die englische Flotte an, die Dänen dagegen bewaffneten ihre gegen die Engländer ausgerüsteten Kanonenboote damit; allein in keinem dieser Fälle führten sie ein nur einigermaßen der Erwähnung werthes Resultat herbei.

    Im Jahr 1814 wurden in Oestreich die ersten Versuche mit Brandraketen durch den jetzigen Obersten Augustin gemacht. Schon 1815 befand sich eine solche Batterie bei der Belagerung von Hüningen, ohne jedoch gebraucht zu werden.
    Soweit diese interessante Passage ... was für eine Effektivität, wenn man das "nette" Erlebnis von Danzig betrachtet.

    Schöne Grüße
    Markus Stein
    "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben
  • joerg.scheibe
    Erfahrener Benutzer
    Capitaine
    • 02.10.2006
    • 592

    #2
    Thematisch dazu passend

    In der Waffenkammer des Großmeisters auf Malta zu sehen:
    Spanische "Raketen-Basis" vom Beginn des 18.Jh.
    Wenngleich die Aufnahme leider etwas verwackelt ist, kann man schön erkennen, daß die Spanier nicht mit Abschußrampen und artilleristischen Lunten gearbeitet haben, sondern eine Art Wallbüchse mit Steinschloßzündung benutzten.
    Ich mag freilich nicht daran denken, wie sich der Schütze im Feuerstrahl des Treibsatzes fühlte!

    Gruß
    Jörg
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    The light at the end of the tunnel
    is from an oncoming train.

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    • Cuirassier
      Erfahrener Benutzer
      Tambour-Major
      • 20.10.2006
      • 275

      #3
      Nach dem Tode von William Congreve fand man in seinen Unterlagen Notizen, in denen er Flugkörper mit einem Gewicht von fast 300 kg plante.....


      eigentlich ist ja ne indische erfindung....die die briten übernommen haben...
      Ein Soldat kann seinen Kopf verlieren, aber niemals einen Knopf!

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      • Latour-Maubourg
        Erfahrener Benutzer
        Sergent-Major
        • 01.10.2006
        • 196

        #4
        ganz Ursprünglich in China erfunden, aber weder in China noch Indien eine grosse Rolle gespielt.

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        • joerg.scheibe
          Erfahrener Benutzer
          Capitaine
          • 02.10.2006
          • 592

          #5
          aber weder in China noch Indien eine grosse Rolle gespielt.

          Nun, glaubt man einem Bericht, der vor wenigen Wochen auf Arte lief, überzeugten die indischen Moguln mit dem massenhaften Einsatz von Raketen die Briten, daß aus der Technik was zu machen sei.

          Auch in Europa haben die Dinger ja bis zum Zweiten Weltkrieg nicht wirklich eine Bedeutung gehabt, oder?

          Gruß
          Jörg
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          • Cuirassier
            Erfahrener Benutzer
            Tambour-Major
            • 20.10.2006
            • 275

            #6
            Im Jahre 1792 setzte das indische Militär Raketen erfolgreich gegen die Briten ein. Das veranlasste die Briten, sich näher mit dieser Art der Kriegführung zu befassen. Der Engländer Colonel William Congreve (1772-1828) experimentierte mit vorhandenen Raketen und verbesserte sie weiter. Es gelang ihm, Flugweiten von über 2.000 Meter zu erreichen.

            1896 wurden Raketen zum vorerst letzten Mal im Krieg eingesetzt. Granaten hatten diese als Waffe abgelöst. Raketen fanden ihre Anwendung nur noch als Feuerwerkskörper oder als Schiffsrettungsrakete zur Rettung Schiffbrüchiger. Daneben wurden sie noch vereinzelt und ohne größeren Erfolg im Walfang eingesetzt.
            Bis zu diesem Zeitpunkt waren Raketen relativ primitive Geräte, deren Papier- oder Papphülse an einem Stab befestigt war. Als Treibstoff kam Schwarzpulver (Salpeter, Schwefel und Holzkohle) zum Einsatz.
            Ein Soldat kann seinen Kopf verlieren, aber niemals einen Knopf!

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            • Cuirassier
              Erfahrener Benutzer
              Tambour-Major
              • 20.10.2006
              • 275

              #7
              Zu China;

              Der erste Einsatz von Raketen, der dokumentiert wurde, geht wohl auf das Jahr 1232 n. Chr. zurück. Die Chinesen setzten bei der Belagerung ihrer Stadt Kai-fung-fu Feuerpfeile gegen die mongolischen Angreifer ein.
              Bis ins 15. Jahrhundert hinein existieren viele Berichte über den Einsatz von Raketen als Kriegswaffen. In Europa wird die Rakete als Waffe erstmals im Jahre 1241 erwähnt. In der Schlacht von Liegnitz setzten die Tataren diese gegen das deutsch-polnische Heer ein.
              Neben der Verwendung als Waffe wurde die Rakete ab 1400 in China als Feuerwerkskörper eingesetzt. Von dort aus erreichte sie über Indien und Japan um 1500 auch Europa.

              In der Literatur findet sich immer wieder ein Geschichte, deren Wahrheitsgehalt aber mehr als fraglich erscheint: Um etwa 1500 soll der chinesische Mandarin Wan Hu einen Selbstversuch mit einem raketengetriebenen Stuhl unternommen haben. An dem Stuhl waren zwei Drachen und 43 (andere Quellen sprechen von 47) Pulverraketen befestigt. Nachdem sich Hu auf den Stuhl gesetzt hatte, zündeten 43 Diener gleichzeitig die Raketen an. Bei der anschließenden Explosion trat wohl nicht der gewünschte Effekt ein. Alle Beteiligten sollen getötet worden sein.
              Ein Soldat kann seinen Kopf verlieren, aber niemals einen Knopf!

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              • Drusus
                Erfahrener Benutzer
                Tambour-Major
                • 09.10.2006
                • 278

                #8
                Wenn jemand ein Buch mit wirklich sehr viel und sehr klein gedrucktem Text zu dem Thema möchte, dann soll er doch mal einen Blick hierauf werfen.


                Ich besitze es zwar, bin aber bisher noch nicht zum Lesen gekommen.

                Viele Grüße,
                Günter
                "But Linden saw another sight, when the drum beat at dead of night,
                commanding fires of death to light the darkness of her scenery." (Thomas Campbell)

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