Überarbeitete Fassung, gekürzt:
In Depesche Nr.10 findet sich ein kurzer Aufsatz von Friedrich Herrmann mit dem Titel "Spielleute und Musiker der österreichischen Infanterie 1815", dem einige Zeichnungen von K.K. Musikern nach einer zeitgenössischen Darstellung von Jean-Baptiste Boillot beigefügt sind (S.13f. und Tafel 2; http://www.napoleon-online.de/html/depesche.html). Dieser interessante Aufsatz hat mich dazu bewogen, nach Boillots Originalbild zu suchen und ich bin schliesslich in folgendem Werk fündig geworden:
Eugen Brixel, Gunther Martin, Gottfried Pils, Das ist Österreichs Militärmusik. Von der "Türkischen Musik" zu den Philharmonikern in Uniform, Graz-Wien-Köln: Verlag Styria (Edition Kaleidoskop), 1982, S.73, Abb. unten (s. Anhang 1). [Kolorierte Sepia-Zeichnung von Jean-Baptiste Boillot (um 1815-1818), 9.7x 15 cm. Wien, Heeresgeschichtliches Museum, Inv. Nr. BI 22739.]
Nach eingehender Betrachtung des Bildes hätte ich den Ausführungen Herrmanns doch einige ergänzende Bemerkungen hinzuzufügen bzw. die eine oder andere Korrektur anzubringen. Bitte den Text Herrmanns selber lesen um festzustellen, in welchen Punkten ich anderer Meinung bin.
Instrumente:
A: Militärtrommel mit gelb und schwarz gestrichenen Reifen, Bandolier weiss mit gelbem Beschlag;
B: nicht sichtbar [am wahrscheinlichsten: 1 Triangel oder 1 Paar Becken];
C: Schellenbaum aus Messing (gelb) mit Sonne/Stern, Halbmond und zwei Glockenhüten, Halbmond mit hellblau-grauen Rossschweifen behängt, Stange dunkelbraun. Das Bild scheint oben nicht vollständig ausgeführt; vermutlich wies die Spitze des Schellenbaum noch eine weitere Bekrönung auf, möglicherweise in Gestalt eines Doppeladlers (ikonographisch und durch erhaltene Originale belegt);
D: Ich erkenne mehr als vier Blasinstrumente, nämlich vorn: 3 Trompeten (eine in jeder Hand und eine weitere über der Brust), 1 Hörnchen an gelb-schwarzer Schnur. Am Rücken: 1 ?Posaune oder ?Zugtrompete, und 1 ?Waldhorn (über dem Schalltrichter der Posaune/Zugtrompete erkenne ich einen Abschnitt eines scheinbar kreisrunden Instruments, an den sich links ein Mundstück anschliesst);
E: Mit Sicherheit keine Oboe, sondern ein Basshorn (das ist - wie das bei den Franzosen "basson russe" genannte Instrument - ein gerader Serpent). Das Holz offenbar geschwärzt oder mit schwarzem Leder oder Tuch überzogen;
F: Klarinette unter den linken Arm geklemmt, in der Linken ein taschenähnlichert Gegenstand, den ich nicht zu identifizieren vermag. Evtl. ein Instrumentenetui für Einzelteile der Klarinette? Evtl. auch ein Metronom im Futteral? [1815 hatte Johann Nepomuk Mälzel ein Metronom ähnlicher Form erfunden, allerdings mit quadratischer Bodenplatte];
G: Grosse Trommel mit Wischer in der Rechten und Schlägel in der Linken.
Regimentszugehörigkeit der Musiker in den weissen Röcken :
Die Abzeichenfarbe (vermutlich "apfelgrün") und die Farbe der Knöpfe ("gelb") lassen m. E. darauf schliessen, dass es sich um Angehörige der Musikbanda des k.k. galizischen Infanterie-Regiments No.9 Cartoryski handelt. Dieses "deutsche" Regiment war Teil des 1815 am Oberrhein stehenden österreichischen Heeres ( im 2. Armeekorps, General der Kavallerie Fürst Hohenzollern-Hechingen, in der Division des Feldmarschall-Lieutenants Mazzuchelli; s. hier: http://books.google.ch/books?id=t00U...page&q&f=false, Dokumentenseite 517f. = Beilagenseite 63f.) und wies, soweit mir bekannt, als einziges Regiment dieses Heeres die genannten Abzeichen- und Knopffarben auf. Schwarze Stutze scheinen die Spieler "türkischer" Instrumente zu kennzeichnen, rote Stutze die Blechbläser (bzw. alle anderen Musiker?).
Regimentszugehörigkeit der Musiker in grünen Röcken:
Keine Ahnung; entweder eine andere Einheit, oder es handelt sich um ausseretatsmässige? Musiker, oder in "kleine" Uniform gekleidete reguläre? Musiker des genannten Regiments. Wer weiss...
Interessant auch, dass es offenbar eine Darstellung des Tambourmajors/Regimentstambours des 9. Regiments von Genty gibt. In Gloire & Empire 41 ist eine Darstellung ("Par W[inand]. Aerts d‘après Genty") dieses Tambourmajors abgebildet (s. Anhang 2). Signiert ist die Darstellung aber mit "René North 61". Ich vermute daher, dass es sich bei Aerts Kopie von Genty um ein anderes Bild handelt, das ich ebenfalls im Anhang gepostet habe (s. Anhang 3), und dass North sein Bild nach Aerts gezeichnet hat. Das Original von Genty kenne ich leider nicht. (Falls jemand dieses Original hat, bitte hier posten. Danke). Fragwürdig erscheint mir die Kolorierung des Bandeliers. Zeitgenössische Darstellungen legen nahe, dass es in der Abzeichenfarbe gehalten war.
Stärke und Besetzung einer K.K. Regiments-Banda z. Zt. der napoleonischen Kriege:
Die Stärke und Besetzung einer K.K. Regiments-Banda z. Zt. der napoleonischen Kriege hat (wie bei anderen Armeen auch) variiert. Ab 1806 waren 8/10 Hautboisten und bis zu 36/38 Bandisten erlaubt. Gemäss K.K. Kapellmeister Joseph Fahrbach war eine K.K. Infanteriemusik um 1800-1810 folgendermassen zusammengesetzt:
2 Flauti
1 Ottavino [=Piccoloflöte]
2 Clarinetti
2 Oboe
2 Fagotti
1 Serpente [der Begriff schliesst wohl auch das Basshorn mit ein?]
2 Corni di caccia
2 Trombe [eigtl. Trompeten; vielleicht schliesst der Begriff hier aber auch Zugtrompeten bzw.
Posaunen mit ein?]
2 Piccoli tamburi [=gewöhnliche Militärtrommeln]
1 Grande tamburo [Grosse Trommel]
1 Cimbalo [Becken]
1 Triangolo
Total: 19 Musiker
Ein Schellenbaum wird nicht erwähnt, obschon damals beliebt und üblich, wie u.a. gerade Boillots Bild zeigt.
(Fahrbach, Giuseppe, „Organizzazione della musica miltare austriaca“, in: Gazzetta musicale di Milano, 5. Jg., Nr.33,35,41,43, S.258; zit nach dieser Arbeit: http://othes.univie.ac.at/5737/, S.51)
In Depesche Nr.10 findet sich ein kurzer Aufsatz von Friedrich Herrmann mit dem Titel "Spielleute und Musiker der österreichischen Infanterie 1815", dem einige Zeichnungen von K.K. Musikern nach einer zeitgenössischen Darstellung von Jean-Baptiste Boillot beigefügt sind (S.13f. und Tafel 2; http://www.napoleon-online.de/html/depesche.html). Dieser interessante Aufsatz hat mich dazu bewogen, nach Boillots Originalbild zu suchen und ich bin schliesslich in folgendem Werk fündig geworden:
Eugen Brixel, Gunther Martin, Gottfried Pils, Das ist Österreichs Militärmusik. Von der "Türkischen Musik" zu den Philharmonikern in Uniform, Graz-Wien-Köln: Verlag Styria (Edition Kaleidoskop), 1982, S.73, Abb. unten (s. Anhang 1). [Kolorierte Sepia-Zeichnung von Jean-Baptiste Boillot (um 1815-1818), 9.7x 15 cm. Wien, Heeresgeschichtliches Museum, Inv. Nr. BI 22739.]
Nach eingehender Betrachtung des Bildes hätte ich den Ausführungen Herrmanns doch einige ergänzende Bemerkungen hinzuzufügen bzw. die eine oder andere Korrektur anzubringen. Bitte den Text Herrmanns selber lesen um festzustellen, in welchen Punkten ich anderer Meinung bin.
Instrumente:
A: Militärtrommel mit gelb und schwarz gestrichenen Reifen, Bandolier weiss mit gelbem Beschlag;
B: nicht sichtbar [am wahrscheinlichsten: 1 Triangel oder 1 Paar Becken];
C: Schellenbaum aus Messing (gelb) mit Sonne/Stern, Halbmond und zwei Glockenhüten, Halbmond mit hellblau-grauen Rossschweifen behängt, Stange dunkelbraun. Das Bild scheint oben nicht vollständig ausgeführt; vermutlich wies die Spitze des Schellenbaum noch eine weitere Bekrönung auf, möglicherweise in Gestalt eines Doppeladlers (ikonographisch und durch erhaltene Originale belegt);
D: Ich erkenne mehr als vier Blasinstrumente, nämlich vorn: 3 Trompeten (eine in jeder Hand und eine weitere über der Brust), 1 Hörnchen an gelb-schwarzer Schnur. Am Rücken: 1 ?Posaune oder ?Zugtrompete, und 1 ?Waldhorn (über dem Schalltrichter der Posaune/Zugtrompete erkenne ich einen Abschnitt eines scheinbar kreisrunden Instruments, an den sich links ein Mundstück anschliesst);
E: Mit Sicherheit keine Oboe, sondern ein Basshorn (das ist - wie das bei den Franzosen "basson russe" genannte Instrument - ein gerader Serpent). Das Holz offenbar geschwärzt oder mit schwarzem Leder oder Tuch überzogen;
F: Klarinette unter den linken Arm geklemmt, in der Linken ein taschenähnlichert Gegenstand, den ich nicht zu identifizieren vermag. Evtl. ein Instrumentenetui für Einzelteile der Klarinette? Evtl. auch ein Metronom im Futteral? [1815 hatte Johann Nepomuk Mälzel ein Metronom ähnlicher Form erfunden, allerdings mit quadratischer Bodenplatte];
G: Grosse Trommel mit Wischer in der Rechten und Schlägel in der Linken.
Regimentszugehörigkeit der Musiker in den weissen Röcken :
Die Abzeichenfarbe (vermutlich "apfelgrün") und die Farbe der Knöpfe ("gelb") lassen m. E. darauf schliessen, dass es sich um Angehörige der Musikbanda des k.k. galizischen Infanterie-Regiments No.9 Cartoryski handelt. Dieses "deutsche" Regiment war Teil des 1815 am Oberrhein stehenden österreichischen Heeres ( im 2. Armeekorps, General der Kavallerie Fürst Hohenzollern-Hechingen, in der Division des Feldmarschall-Lieutenants Mazzuchelli; s. hier: http://books.google.ch/books?id=t00U...page&q&f=false, Dokumentenseite 517f. = Beilagenseite 63f.) und wies, soweit mir bekannt, als einziges Regiment dieses Heeres die genannten Abzeichen- und Knopffarben auf. Schwarze Stutze scheinen die Spieler "türkischer" Instrumente zu kennzeichnen, rote Stutze die Blechbläser (bzw. alle anderen Musiker?).
Regimentszugehörigkeit der Musiker in grünen Röcken:
Keine Ahnung; entweder eine andere Einheit, oder es handelt sich um ausseretatsmässige? Musiker, oder in "kleine" Uniform gekleidete reguläre? Musiker des genannten Regiments. Wer weiss...
Interessant auch, dass es offenbar eine Darstellung des Tambourmajors/Regimentstambours des 9. Regiments von Genty gibt. In Gloire & Empire 41 ist eine Darstellung ("Par W[inand]. Aerts d‘après Genty") dieses Tambourmajors abgebildet (s. Anhang 2). Signiert ist die Darstellung aber mit "René North 61". Ich vermute daher, dass es sich bei Aerts Kopie von Genty um ein anderes Bild handelt, das ich ebenfalls im Anhang gepostet habe (s. Anhang 3), und dass North sein Bild nach Aerts gezeichnet hat. Das Original von Genty kenne ich leider nicht. (Falls jemand dieses Original hat, bitte hier posten. Danke). Fragwürdig erscheint mir die Kolorierung des Bandeliers. Zeitgenössische Darstellungen legen nahe, dass es in der Abzeichenfarbe gehalten war.
Stärke und Besetzung einer K.K. Regiments-Banda z. Zt. der napoleonischen Kriege:
Die Stärke und Besetzung einer K.K. Regiments-Banda z. Zt. der napoleonischen Kriege hat (wie bei anderen Armeen auch) variiert. Ab 1806 waren 8/10 Hautboisten und bis zu 36/38 Bandisten erlaubt. Gemäss K.K. Kapellmeister Joseph Fahrbach war eine K.K. Infanteriemusik um 1800-1810 folgendermassen zusammengesetzt:
2 Flauti
1 Ottavino [=Piccoloflöte]
2 Clarinetti
2 Oboe
2 Fagotti
1 Serpente [der Begriff schliesst wohl auch das Basshorn mit ein?]
2 Corni di caccia
2 Trombe [eigtl. Trompeten; vielleicht schliesst der Begriff hier aber auch Zugtrompeten bzw.
Posaunen mit ein?]
2 Piccoli tamburi [=gewöhnliche Militärtrommeln]
1 Grande tamburo [Grosse Trommel]
1 Cimbalo [Becken]
1 Triangolo
Total: 19 Musiker
Ein Schellenbaum wird nicht erwähnt, obschon damals beliebt und üblich, wie u.a. gerade Boillots Bild zeigt.
(Fahrbach, Giuseppe, „Organizzazione della musica miltare austriaca“, in: Gazzetta musicale di Milano, 5. Jg., Nr.33,35,41,43, S.258; zit nach dieser Arbeit: http://othes.univie.ac.at/5737/, S.51)
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