Ö - Uniform Tafeln 1792

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  • HKDW
    Erfahrener Benutzer
    Colonel
    • 02.10.2006
    • 2971

    Ö - Uniform Tafeln 1792

    Bei der ASK Brown Sammlung kann man eine sehr schöne Tafelserie sehen von Uniformtafeln mit Wasserfarben gemalt, teilweise sehr interessant, Freikorps, auch Train mit Dreispitz.
    Sind das nun Kopien von anderen Serien? Besonders auffällig ist ja auch, dass auch spätere und zumindest eine frühere - als 1792 - Darstellung zu finden sind, mal Austrian Uniforms 1792 eintippen, da würden mich mal ein paar Meinungen interessieren, wie auch zu dieser bizarren Tafel

  • Tellensohn
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 16.02.2011
    • 1253

    #2
    Über den Daumen gepeilt würde ich sagen:

    "1792" ist sicher mal wieder eines jener Fantasiedaten, die in der AKS Brown Sammlung leider ziemlich häufig anzutreffen sind (wenn die nur kompetenteres Personal hätten...).

    Abgesehen von der "bizarren Tafel", auf die ich noch zu sprechen komme, finden sich hier Uniformdarstellungen aus der Zeit von ca. 1790 (das O'Donnell Freikorps etwa wurde 1790 aufgestellt) bis nach 1806 (man sieht einen "deutschen" Infanteristen mit entsprechendem Tschako und einen Kürassier mit hohem Raupenhelm, auf dem "F. I." zu lesen ist). Ich halte die Serie für zeitgenössisch (von einem oder mehreren Künstlern gezeichnet?).


    Die "bizarre Tafel" stammt m.E. auch vom Ende des 18. oder vom Beginn des 19. Jahrhunderts. Sie könnte sich auf dieses Regiment beziehen:

    http://de.wikipedia.org/wiki/K.u.k._...E2%80%9C_Nr._8:

    "Im Jahre 1619 versuchten die niederösterreichischen protestantischen Stände mit der so genannten Sturmpetition von Kaiser Ferdinand II. in der Wiener Hofburg Zugeständnisse zu erreichen. Noch während dieses Vorgangs brachen fünf Kompanien des in Krems stationierten Dampierr’schen Arkebusier Regiments (auch bekannt als Dampierre-Kürassiere) unter dem Arsenal-Hauptmann Gilbert von St. Hilaire nach Wien auf. Auf Donau-Tschaiken eingeschifft, kamen sie am 5. Juni 1619 in der Stadt an, drangen durch das Fischertor in die Residenz ein und schüchterten die Protestanten dermaßen ein, dass diese ihr Vorhaben aufgaben."

    Dazu passt, dass das Regiment 1626 in ein Kürassier-Regiment umgewandelt wurde. Gilbert von St. Hilaire wird hier als "Arsenal-Hauptmann" (?) bezeichnet und nicht unter den Regimentsinhabern genannt, aber in folgendem Werk von 1832 wird er als "Oberst" bezeichnet:



    Die Uniformierung scheint mir frei erfunden, vielleicht auf einem alten Stich des späten 17. oder frühen 18. Jhdts. basierend. Obschon Kürassiere und Dragoner während des Türkenkriegs von 1788/89 für kurze Zeit mit alten Helmen aus dem 17. Jhdt. ausgestattet wurden, deuten Helm und insbesondere die Form des Kürass m. E. darauf hin, dass der Künstler versucht hat, das Aussehen der Truppe um 1626 wiederzugeben. Der Uniformrock entspricht allerdings der Zeit um 1700.


    Weshalb nun diese Darstellung in dieser Serie? Ich kann nur raten. Vielleicht war das hier der Anlass:

    "Dafür wurden dem Regiment von Kaiser Ferdinand II. nachstehende Privilegien verliehen, die noch von Kaiser Franz I. bei der Säkularfeier im Jahre 1810 bestätigt wurden:

    Das Regiment darf in Dienstfällen unter Trompetenschall und mit fliegenden Estandarten durch die k. k. Hofburg und in die Reichshaupt- und Residenzstadt Wien marschieren, auch auf dem kaiserlichen Hofburgplatze (Franzensplatze) sich aufstellen und durch drei Tage allda für die freie Werbung den Werbetisch aufschlagen. Von dem Regimente wird dann vor der dem Regiments Kommandanten in der Hofburg pro-forma einzuräumenden Wohnung, wohin die Regiments Estandarten zu bringen sind, die Wache bezogen und dem jeweiligen Regiments Kommandanten ist bei solcher Gelegenheit gestattet, unangemeldet in voller Rüstung vor Sr. Majestät dem Kaiser zu erscheinen.
    Das Regiment hat auch die Versicherung, niemals reduciert oder aufgelöset zu werden, so lange es fortfahren wird, den bisherigen Ruhm zu behaupten, und endlich die Auszeichnung, dass kein Mann des Regimentes wegen Verbrechen, worauf die Todesstrafe gesetzt ist, in demselben hingerichtet, sondern in solchen Fällen der Schuldige zur Vollziehung solcher Strafe jederzeit zu einem anderen Regimente abgegeben werde."

    (zit. nach obigem Wiki-Artikel).

    Vielleicht wurde die "bizarre Tafel" anlässlich eben dieser "Säkularfeier" von 1810 gemalt und den übrigen Uniformtafeln hinzugefügt (ich weiss nicht, wie so eine Säkularfeier ablief. Gab es da Aufzüge, bei denen einzelne Soldaten in "historischen" Uniformen auftraten bzw. was man dafür hielt? Dann könnte es natürlich auch sein, dass dieser seltsame Reiter nicht nach einem alten Stich o.ä. gemalt wurde, sondern einen "verkleideten" Umzugsteilnehmer darstellt?) Die ganze Serie wäre dann also entweder um 1810 entstanden oder - falls über längere Zeit angefertigt - bis um 1810 fertiggestellt worden?
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 06.11.2012, 09:00.

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    • Gunter
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 01.10.2006
      • 1377

      #3
      Wieder eine Menge Unklarheiten. Wie 1626 sieht der Rock allerdings wirklich nicht aus.
      Was die Säkularfeiern betrifft, so würde es mich auch interessieren, wie sowas um 1810 in Österreich begangen wurde. Mir sind solche Veranstaltungen zumindest für Sachsen detailierter erst aus späterer Zeit bekannt und da gehörten Aufführungen in "historischen" Uniformen meist dazu.

      Grüße

      Gunter

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      • R Adlington
        Neuer Benutzer
        Enfant de Troupe
        • 25.08.2010
        • 1

        #4
        Pardon my contributing in English but my experience has been that the members of this forums English is far in advance of my German. I agree that this interesting series of prints is another example from many at Brown that the origins of which are likely to remain a mystery. It is unusual in having a figure from the past, such as this odd Cuirassier. Although the majority of the plates certainly are of figures around 1792, there are also several that show soldiers of a later date, such as the Infantyman wearing a shako

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        • HKDW
          Erfahrener Benutzer
          Colonel
          • 02.10.2006
          • 2971

          #5
          I agree with all that - still I am not convinced that this plate shows a 17th century cuirassiers - it could well be a very odd revolutionary outfit.

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          • Tellensohn
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 16.02.2011
            • 1253

            #6
            Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
            it could well be a very odd revolutionary outfit.
            Da möchte ich dir doch entschieden widersprechen, und zwar wegen des Uniformrocks. Selbst wenn man annimmt, dass in der Frühzeit der Revolutionskriege alte Helme und sogar die für das 17. Jahrhundert ganz typischen Kürasse mit separaten Schulterstücken vorübergehend an einzelne Einheiten ausgegeben worden sind (was ich bezweifle), möchte ich behaupten, dass man mit 100% iger Sicherheit ausschliessen kann, dass in den 1790er Jahren auch noch Uniformröcke im Stile der Zeit um 1700 an die kämpfende Truppe ausgegeben wurden. Einzig denkbarer Anlass für so etwas wäre m.E. die schon erwähnte Teilnahme an einem Aufzug in "historischer" Uniformierung.
            Zuletzt geändert von Tellensohn; 07.11.2012, 18:02.

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            • Tellensohn
              Erfahrener Benutzer
              Chef de Bataillon
              • 16.02.2011
              • 1253

              #7
              Zitat von R Adlington Beitrag anzeigen
              It is unusual in having a figure from the past, such as this odd Cuirassier.
              @ R Adlington

              My suggestion was that this strange figure may have been meant to represent a participant in a pageant (perhaps taking place on the occasion of the so called "Säkularfeier" of 1810), deliberately outfitted as a cuirassier of "ye days of olde", with a 17th century cuirassier helmet and partial cuirassier armour (breast- and backplate, shoulder pieces), as well as a coat dating from around 1700.

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              • Nikolaj
                Erfahrener Benutzer
                Sergent
                • 27.12.2009
                • 122

                #8
                Servus allseits,

                ...in der Tat, eine bizarre Abbildung! Hier einige Anmerkungen:

                "Regiment St. Hilaire" - definitiv nein
                Laut Wrede (Band 3) war, wie ja schon Tellensohn festgestellt hat, Gilbert de Saint-Hilaire niemals Inhaber bzw.auch nie Obrist-Commandant dieses Regimentes. Er war zum Zeitpunkt des Geschehens (1619): "Arsenal-Hauptmann und Stadtquartier-Obrist", also Chef des Arsenals (was keine Kompaniekommandantenstelle ist, sondern die eines Obristen) und Garnisonskommandant. Nachdem er nach der Rettung Kaiser Ferdinands II. nicht nur in den Freiherrnstand erhoben, sondern auch zum "erblichen Arsenal-Hauptmann" und "Chef des Obersten Schiffsamts" (eine Generalsstelle) gemacht wurde (Vgl. Hormayr, Taschenbuch..., N.F. 11, 1840) können wir annehmen, dass er kein Kavallerist war. Vielmehr schiffahrtskundig, sein Verdienst lag wohl eher darin, die Arkabusiere eingeschifft und transportiert zu haben.

                Die Story an sich war und ist in Österreich sehr stark glorifiziert worden. Glaubt man diversen Quellen, war Ferdinand II. gerade dabei, nach alter Prager Sitte aus dem Fenster zu fallen ;-) (Graf Thonradl soll ihn, mit dem uncharmanten Ausruf: "Ferdinandule, non subscribes?" (Ferdl, willst net unterschreiben?) aus dem Fenster gehalten haben).
                Das Privileg der Dampierre-Kürassiere wurde denn auch 1819 von Kaiser Franz I. erneuert.

                Zu der gezeigten Uniform:
                wie ihr schon gesagt habt: keinesfalls um 1619! Der Helm erinnert ein wenig an die im 17. Jh übliche "Zischägge", die Glocke ist aber stark antikisiert, der Nackenschutz liegt zu sehr an und die Helmraupe ist ebenfalls eine antike Anleihe. Es fehlt das Naseneisen und die Wangenklappen. Die Zischägge kam bald nach 1700 ab, erlebte aber 1788 während des letzten Türkenkrieges eine zweijährige Renaissance.
                Rock zeigt eine Fasson um 1700
                Der türkisch anmutende Säbel - kenne ich keine Parallele
                Gamaschen statt der Reitstiefel, was im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jh für Dragoner üblich war, (allerdings kniehoch), niemals für Kürassiere.

                In Summe: eine stark anachronistische und idealisierte Darstellung. Meine Vermutung: der Zeichner hat hier tatsächlich mit dem St-Hilaire-Mythos gespielt. Tellensohns Idee, dass hier ein lebendes Bild anläßlich der Sekularfeier Pate gestanden hat, hat mE Einiges für sich. Tatsächlich gab es bei solchen Feiern lebende Bilder in alten UNiformen, allerdings erst später (ab der 2.H/19.Jh?) Ich werde in die Richtung weiterschauen und dann berichten.

                Ciao, Klaus

                Kommentar

                • Tellensohn
                  Erfahrener Benutzer
                  Chef de Bataillon
                  • 16.02.2011
                  • 1253

                  #9
                  Zitat von Nikolaj Beitrag anzeigen
                  Das Privileg der Dampierre-Kürassiere wurde denn auch 1819 von Kaiser Franz I. erneuert.
                  Also nicht 1810, wie im Wiki-Text steht?

                  Zitat von Nikolaj Beitrag anzeigen
                  Der Helm erinnert ein wenig an die im 17. Jh übliche "Zischägge", die Glocke ist aber stark antikisiert, der Nackenschutz liegt zu sehr an und die Helmraupe ist ebenfalls eine antike Anleihe. Es fehlt das Naseneisen und die Wangenklappen.
                  Der dargestellte Helm ist sicher nicht ein korrekt wiedergegebenes Exemplar eines Helms des 17. Jahrhunderts. Es gab aber im 17. Jahrhundert durchaus antikisierende Helme (nicht unbedingt von Kürassieren und nicht unbedingt im Feld getragen), und natürlich auch ganz andere Helmtypen als die "Zischägge". Die Wangenklappen sind aber da, wenn auch sehr schmal dargestellt, möglicherweise stilisiert nach Art der antiken Künstler, die Wangenklappen oftmals auf lächerliche Streifen ohne jede Schutzfunktion reduziert darstellten, damit das Gesicht des Helmträgers nicht verdeckt wurde. Nehmen wir aber mal an, dass der Künstler weder stilisiert hat noch einfach völlig unfähig war, einen Helm des 17. Jhdts. korrekt wiederzugeben. Dann liegt vielleicht wirklich ein neu angefertigter antikisierender Pseudo-Helm vor, vielleicht aber auch ein alter Helm des 17. Jhdts., der entsprechend modifiziert wurde. Für den Kürass, der ja auch nicht völlig den realen Vorbildern entspricht, könnte ähnliches gelten.

                  Zitat von Nikolaj Beitrag anzeigen
                  Tatsächlich gab es bei solchen Feiern lebende Bilder in alten UNiformen, allerdings erst später (ab der 2.H/19.Jh?)
                  Da gab es doch aber auch noch die Tradition des barocken Reiterfests, des "Carrousel". Von denen hat es doch eigentlich seit dem 17. Jahrhundert immer wieder mal welche gegeben. Und da traten ja gerade antikisierende Figuren recht prominent in Erscheinung. Im frühen 19. Jahrhundert dann auch pseudo-mittelalterliche (ich denke da bspw. an das Fest "Der Zauber der Weissen Rose" in Potsdam im Jahr 1829). Apropos: Beethoven hatte doch den Marsch Nr.1 F-Dur WoO18 ursprünglich für das Pferdekarussell in Laxenburg im Jahr 1810 komponiert. Ob unser Reiter auch bei einem derartigen Anlass aufgetreten sein könnte?
                  Zuletzt geändert von Tellensohn; 08.11.2012, 13:55.

                  Kommentar

                  • Nikolaj
                    Erfahrener Benutzer
                    Sergent
                    • 27.12.2009
                    • 122

                    #10
                    Servus,

                    Ja, das mit "1810" ist halt die Wiki :-). Lt. Militär-Schematismus und Wrede wurde das Privileg 1819 erneuert.

                    Ansonst bin ich Deiner Ansicht. Ans höfische Milieu hatte ich ursprünglich nicht gedacht. Antikisierende Helme wären dort zu Anfang des 19.Jh durchaus noch denkbar, und auch - gerade aus dem besonderen Anlass (die Rettung des "Ferdl" war ja bei Habsburgs ein ganz besonderer Mythos) - ein Fest in höfischem Rahmen. Ich bin eben auf der Suche nach zeitgenösischen Berichten (Soweit online möglich - ANNO).

                    Ciao, Klaus

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