Napoleon, ein Aggressor?

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  • Tellensohn
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 16.02.2011
    • 1253

    @ Gunter

    Dass die Briten eine aggressive Politik betrieben, ist klar. Dass sie die Seemacht Nr.1 waren, sowieso.

    Als störend empfinde ich, wenn als "Steigbügelhalter" für das Erstarken des britischen Imperiums explizit und als einziger Napoleon genannt und ihm damit zumindest implizit die "Schuld" auch noch für den Aufstieg Englands zur führenden Weltmacht des 19. Jahrhunderts in die Schuhe geschoben wird.

    Dafür waren wie gesagt zahlreiche Faktoren verantwortlich. England hatte seine Position als grösste Seemacht der Welt schon im 18. Jahrhundert gefestigt (wenn nicht gar schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts), und die kontinentaleuropäischen Gegner Napoleons trugen wie erwähnt durch ihr Verhalten genauso viel oder genauso wenig wie Napoleon zum noch weiteren Ausbau des britischen Imperiums bei.

    Und was sich nun einmal auch nicht wegdiskutieren lässt, ist, dass aufgrund ihres ausgesprochen aggressiven, pragmatischen und zielgerichteten "Naturells" (welche Umstände und Faktoren auch immer dieses "Naturell" geformt haben mögen und gleich, ob man es mag oder nicht) den Briten selber das vielleicht grösste "Verdienst" an ihrem eigenen Aufstieg zukommt.

    Es ist auch nicht so, dass ich denke, die Briten wären sich ihrer eigenen Stellung nicht bewusst gewesen. Ich sage nur, dass auch die Briten nicht wirklich wissen konnten, ob die von ihnen angestrebten Ziele tatsächlich auch erreicht werden würden. Aber sie haben zweifellos alles daran gesetzt, sie zu erreichen, und haben sie im Verlauf des 19. Jahrhunderts auch erreicht. Wie gesagt, wohl nicht immer nur als Folge der Schwäche ihrer Gegner oder sonstiger für die Briten glücklicher Umstände, sondern auch aufgrund ihrer (mir auch nicht unbedingt sympathischen) "konsequenten Art".

    Ironie des Schicksals: Im 20. Jahrhundert haben sie ihr Empire verloren, obschon sie militärisch und wirtschaftlich weiterhin obenauf schwangen. Gerade diese Entwicklung zeigt, dass es eben immer auch unberechenbare oder nicht ohne weiteres erkennbare Faktoren gibt, die selbst ein scheinbar blühendes und auf dem Zenit seiner Macht sich befindliches Imperium zum Einsturz bringen können (eine Erörterung der Faktoren, die dies im Falle des Britischen Empire bewirkt haben, kann aber aus wohl für jedermann ersichtlichen Gründen in diesem Forum nicht stattfinden).
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 26.03.2012, 10:12.

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    • Gunter
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 01.10.2006
      • 1377

      Wo liest du, dass ich Napoleon als einzigen Steigbügelhalter des britischen Empires bezeichnet habe? Dass die anderen Mächte ebenfalls ihren Anteil daran hatten schrieb ich bereits und dass der Aufstieg Großbritanniens zur führenden Kolonialmacht schon lange vorher begann ist ein Allgemeinplatz.

      Insgesamt gewinnt man durchaus den Eindruck, dass die britische Seemacht doch wesentlich bedeutsamer war als Napoleon auf dem Kontinent so anstellte, auch wenn das vielleicht im Verlauf der einzelnen Feldzüge nicht so schien. Das Kontinental-Empire war offensichtlich viel fragiler als die Seemacht.

      Grüße

      Gunter

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      • Tellensohn
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 16.02.2011
        • 1253

        Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
        Insofern war Napoleon indirekt ein weiterer Steigbügelhalten beim Ausbau der britischen Weltmacht.
        Ich bezog mich auf diese Aussage. Du sagst nicht, er sei der einzige Steigbügelhalter gewesen, aber du erwähnst ihn allein explizit. Darum geht's. Durch Nichterwähnung der anderen, wird alles Augenmerk auf den einen gelenkt.

        Es ist ein Allgemeinplatz, dass der Aufstieg der Kolonialmacht Grossbritannien schon viel früher begann, und das hat wie gesagt nicht nur damit zu tun, dass es von lauter Steigbügelhaltern umgeben war. Da wie schon im 18. Jahrhundert Frankreichs Marine auch unter Napoleon keine Chance gegen die englische Seemacht hatte (sowenig wie die Marine irgendeiner anderen Nation) und er damit de facto auch nicht Englands Vorherrschaft zur See und die davon abhängige Kontrolle über die Kolonien (welcher Nation auch immer) zu brechen imstande war, konnte doch eigentlich weder er noch irgendein anderer die Briten am Ausbau ihrer weltumspannenden Herrschaft hindern. Sie hätten auf jeden Fall so weitermachen können, jedenfalls solange, bis irgendeiner erfolgreich eine Invasion Englands durchgeführt hätte. Die hätte nach Lage der Dinge damals nur Napoleon durchführen können, und den hat England mit Hilfe der kontinentaleuropäischen Monarchien stoppen können. Warum dann den Namen des angeblichen Steigbügelhalters Napoleon ganz gross an die Wand schreiben, und nicht die der anderen, die tatsächlich welche waren?
        Zuletzt geändert von Tellensohn; 26.03.2012, 12:03.

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        • Gunter
          Erfahrener Benutzer
          Chef de Bataillon
          • 01.10.2006
          • 1377

          Dass die übrigen Marinen so chancenlos waren, war bis 1805 noch nicht endgültig entschieden. Die Amerikaner waren mit ihren wenigen aber guten Einheiten ziemlich erfolgreich gegen die Briten. Die Royal Navy war nämlich nicht in allen Bereichen am besten aufgestellt.
          Napoleon hat durchaus die britische Weltmacht begünstigt, wenn auch nur indirekt, schließlich zog er die anderen Seemächte in den Untergang mit hinein.
          Der Kampf um die Macht in Europa und letztlich über weite Teile der Welt fand aber nicht zwischen Frankreich und Großbritannien statt, denn das war nur ein vorrübergehender Konflikt. Man muss diese ganze Sache nicht immer nur aus einem eurozentrischen oder sogar in einer auf die mitteleuropäischen Kleinstaaten reduzierten Sichtweise betrachten.
          Warum Napoleon hier explizit genannt wird? Hm, der Name des Forums dürfte den Weg weisen...

          Grüße

          Gunter

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          • HKDW
            Erfahrener Benutzer
            Colonel
            • 02.10.2006
            • 2971

            Man kann darin sicher selbstsüchtige Postengschieberei sehen, aber auch die Übernahme gesamteuropäischer Verantwortung.
            Genau solche Aussagen haben Europa über hunderte von Jahren von einem Krieg in den anderen gestürzt, Frankreich braucht natürliche Grenzen, nehmen wir halt den Rhein, egal wer da wohnt, damit Frankreich Gesamteuropäsische Verantwortung übernehmen kann.
            Damit kann ich eben alles legitimieren, Bayern bis an die Alpen, eben auch Insbruck, braucht ja natürliche Grenzen, egal was die Tiroler wollen etc.

            Gesamteuropäische Verantwortung Anfangs des 19.Jhdt?
            Da kommen mir gensauso Zweifel wie Gesamtdeutsche Interessen Anfangs des 19. Jhdt.
            Das sind doch postmortale Politphrasen die damals keine Gültigkeit hatten. Es ging um keine Veranstwortung - sondern wer wird größer - stärker - mächtiger und da war jedes Mittel recht.
            Napoleon wollte und hat seine eigenen Interessen vertreten, die Frankreichs wurden doch immer mehr zweitrangiger.

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            • Tellensohn
              Erfahrener Benutzer
              Chef de Bataillon
              • 16.02.2011
              • 1253

              Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
              Dass die übrigen Marinen so chancenlos waren, war bis 1805 noch nicht endgültig entschieden
              Die übrigen Marinen? Weshalb alle Marinen der Zeit den Engländern unterlegen waren, wurde in diesem Forum auch schon diskutiert. Die Marinehistoriker hüben und drüben sind sich da einig: unter den gegebenen Umständen hatte damals KEINE andere Marine eine Chance gegen die Briten, und vereint - soweit das möglich war - funktionierten sie nicht.

              Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
              Napoleon hat durchaus die britische Weltmacht begünstigt, wenn auch nur indirekt
              Und wieder dieselbe, einseitige plakative Schuldzuweisung...

              Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
              schließlich zog er die anderen Seemächte in den Untergang mit hinein
              Welche "anderen Seemächte"? (s.oben)

              Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
              Der Kampf um die Macht in Europa und letztlich über weite Teile der Welt fand aber nicht zwischen Frankreich und Großbritannien statt, denn das war nur ein vorrübergehender Konflikt. Man muss diese ganze Sache nicht immer nur aus einem eurozentrischen oder sogar in einer auf die mitteleuropäischen Kleinstaaten reduzierten Sichtweise betrachten.
              Ja, zwischen wem fand er dann deiner Meinung nach statt, damals (wir reden hier ja von der napoleonischen Zeit)? Geht es etwas präziser? Ich meine, eines ist ja klar: der eigentliche Kampf fand ja letztlich sowieso nicht zwischen Nationen statt, sondern zwischen divergierenden "Weltanschauungen" betreffend die Gesellschaftsordnung. Die Nationen bzw. jeweiligen Völker sollten ja eigentlich nicht mehr als die nützlichen Idioten der Herrschenden sein und bleiben...

              Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
              Warum Napoleon hier explizit genannt wird? Hm, der Name des Forums dürfte den Weg weisen...
              Ich muss jetzt lachen, oder?


              Sein Empire hatte England letztlich dem immer wieder erfolgreich angewendeten Rezept zu verdanken, seine potentiellen Rivalen gegeneinander auszuspielen und auf dem Kontinent so wenig eigene Truppen wie möglich gegen den jeweiligen Feind ins Feld zu führen, sondern dafür die Truppen williger Koalitionäre zu verheizen, also die eigene Armee personell und kostenmässig knapp zu halten und statt dessen so viel wie möglich für den Ausbau der Marine aufzuwenden (alles, was nicht für Bestechungsgelder draufging ).
              Zuletzt geändert von Tellensohn; 26.03.2012, 14:06.

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              • Gunter
                Erfahrener Benutzer
                Chef de Bataillon
                • 01.10.2006
                • 1377

                Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
                Welche "anderen Seemächte"? (s.oben)
                Spanien und die Niederlande z.B. Spanien hatte selbst sehr gute Gründe gegen Großbritannien Krieg zu führen.

                Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
                Ja, zwischen wem fand er dann deiner Meinung nach statt, damals (wir reden hier ja von der napoleonischen Zeit)? Geht es etwas präziser? Ich meine, eines ist ja klar: der eigentliche Kampf fand ja letztlich sowieso nicht zwischen Nationen statt, sondern zwischen divergierenden "Weltanschauungen" betreffend die Gesellschaftsordnung. Die Nationen bzw. jeweiligen Völker sollten ja eigentlich nicht mehr als die nützlichen Idioten der Herrschenden sein und bleiben...
                Es zeichnete sich bereits damals ein klassischer Ost-West-Konflikt ab, der nur die kontinentaleuropäische Herrschaft Frankreichs für einige Zeit überlagert und beeinflusst wurde. Frankreich war nämlich nicht das geostrategische Equivalent zu Großbritannien - Russland wohl, indem es nämlich eine äußerst schwer angreifbare Position an der europäischen Peripherie einnahm. Bei den Wiener Verhandlungen wurde es offensichtlich, dass Ost- und Westeuropa einander gegenüberstanden. Dass der Konflikt nicht offen ausbrach, lag an der vollkommen asymmetrischen Natur der Kontrahenten, vor allem an der Schwäche des russischen Reiches in vielerlei Hinsicht. Langfristig blieb dieser Grundkonflikt bis heute bestehen. Weltanschauungen spielten dabei doch nur eine oberflächliche Rolle, um die Massen zu manipulieren. Es war immer ein Machtspiel um Profit, weiter nichts.

                Grüße

                Gunter

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                • Tellensohn
                  Erfahrener Benutzer
                  Chef de Bataillon
                  • 16.02.2011
                  • 1253

                  Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
                  Spanien und die Niederlande z.B. Spanien hatte selbst sehr gute Gründe gegen Großbritannien Krieg zu führen.
                  Es geht doch nicht um "Gründe". Spaniens Marine konnte England materiell und personell noch weniger Paroli bieten als jene Frankreichs. Und die Niederländer waren dazu noch weniger in der Lage als die Spanier.

                  Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
                  Es zeichnete sich bereits damals ein klassischer Ost-West-Konflikt ab, der nur die kontinentaleuropäische Herrschaft Frankreichs für einige Zeit überlagert und beeinflusst wurde. Frankreich war nämlich nicht das geostrategische Equivalent zu Großbritannien - Russland wohl, indem es nämlich eine äußerst schwer angreifbare Position an der europäischen Peripherie einnahm. Bei den Wiener Verhandlungen wurde es offensichtlich, dass Ost- und Westeuropa einander gegenüberstanden. Dass der Konflikt nicht offen ausbrach, lag an der vollkommen asymmetrischen Natur der Kontrahenten, vor allem an der Schwäche des russischen Reiches in vielerlei Hinsicht. Langfristig blieb dieser Grundkonflikt bis heute bestehen. Weltanschauungen spielten dabei doch nur eine oberflächliche Rolle, um die Massen zu manipulieren. Es war immer ein Machtspiel um Profit, weiter nichts.
                  Ost-West-Konflikt, Grossbritannien (bei Tocqueville werden es die USA sein) gegen Russland, Osteuropa versus Westeuropa. Da richtest du aber mit der ganz grossen Kelle an.

                  Als ich von "Weltanschauungen" betreffend die Gesellschaftsordnung sprach, meinte ich eigentlich ganz bescheiden den Widerstreit zwischen restaurativen und liberalen Kräften, der in den ersten Jahrzehnten nach Napoleons Sturz in praktisch allen europäischen Nationen in West und Ost ausgetragen wurde. Alles darüber hinausgehende wäre mir dann doch ein bisschen zu weit hergeholt.

                  Kommentar

                  • derHerzog
                    Neuer Benutzer
                    Soldat
                    • 01.02.2012
                    • 26

                    Gesamteuropäische Verantwortung Anfangs des 19.Jhdt?
                    Warum nicht?
                    Gesamteuropäisches Denken war in den Europa beherrschenden Familien bereits seit dem Mittelalter gegeben. Man beachte nur einmal die Heiratspolitik und deren Folgen. Nehmen wir nur mal die Habsburger, die mit der Verheiratung des schönen Philipps an die Infantin Johanna im 15. Jh. die Saat für den folgenden jahrhundertelangen Habsburgisch-Französischen Konflikt legte.

                    Nehmen wir den Westfälischen Frieden, der unter Einbeziehung aller relevanten Mächte in Europa ausgehandelt wurde.
                    Und nicht zu vergessen, den Wiener Kongress und seine Ergebnisse, die ja bewusst wieder zu einem Gleichgewicht der Mächte in Europa führten.

                    Möglicherweise ist es inadequat, in diesem Zusammenhang von "Verantwortung" zu sprechen. Aber das Denken in diesen Kreisen war zweifellos gesamteuropäisch und zwar schon lange vor Napoleon
                    Es ging um keine Verantwortung - sondern wer wird größer - stärker - mächtiger und da war jedes Mittel recht.
                    Eine sehr pauschale Aussage wiederrum. Das Machtstreben will ich gar nicht in Abrede stellen. Hier geht's aber eben darum, ob auch dem Napoleon wirklich "jedes Mittel recht" war (also incl.kriegerischer Aggression)
                    Und hier haben wir festgestellt, dass Napoleon die Koalitionskriege 3,4 und 5 nicht begonnen hatte.
                    Zum zweiten Koalitionskrieg habe ich noch eine Trouvaille auf Wikipedia gemacht:
                    Er (Napoleon) machte vergeblich Friedensangebote auf der Basis des Friedens von Campo Formio. Darauf wollte Österreich nicht eingehen, weil dies mit der Rückgabe der wieder gewonnenen Gebiete aus der ersten Phase des Kriegs verbunden gewesen wäre.
                    Vielleicht kann noch der eine oder andere Experte was dazu sagen, was diese Aussage über ihren "Wischipedia"-Status hinaus adelt....

                    Später wurde Napoleon tatsächlich zum Angreifer. (Spanien, Russland). Das hing hauptsächlich mit der Absicht zusammen, die Kontinentalsperre gegen England durchzusetzen.
                    Nun wäre es zum einen noch interessant zu erfahren, warum er sich darauf einliess.
                    War England tatsächlich so eine Bedrohung, dass es ihm diesen Preis wert war?
                    Warum war es diese Bedrohung?
                    Leider kamen hier bislang nur pauschale Aussagen wie "England war halt auch ein Aggressor" oder "England war der schlimmste Aggressor", aber es kamen keine Belege, warum oder wie England Frankreich bedrohte oder gar angriff, wenn es ja ohnehin keine richtige Armee hatte.

                    Weiterhin stellte ich die Frage, was an der Expansionspolitik Napoleons so verwerflich war, dass man sie als "aggressiv" bezeichnete, wo doch nach den Aussagen einiger Forenteilnehmer eigentlich "jeder" nach mehr Macht und Einfluss strebte. Damit müsste das ja gegenseitig anerkannt sein.

                    Insbesondere bei Beachtung des im Laufe des 18. Jh. labil und fragil gewordenen HRDN ist die Expansion einer stärkeren Macht daneben fast schon eine naturgesetzliche Folge.

                    Frankreich braucht natürliche Grenzen, nehmen wir halt den Rhein, egal wer da wohnt,


                    Eigentlich ja. Es ist egal wer da wohnt. Aus folgenden Gründen:
                    1. Die herrschende Schicht in Frankreich ist in Paris konzentriert. Das drumrum ist eigentlich egal, aber Hauptsache, die Ile de France ist sicher vor Feinden (Ein kleiner Hinweis auf den franz. Zentralismus Muss nicht unbedingt ernst genommen werden)
                    2. Die Rheingrenze war aus militärischer Sicht die Wunschgrenze der Franzosen, weil sie natürlichen Schutz bietet. Napoleon war eben ein Militär. Das Problem ethnischer Unterschiede im Volk ist eher ein innenpolitisches.
                    3. Supranationale Staatsgebilde sind in der Zeit durchaus üblich, sogar noch bis später hinaus (Habsburger Vielvölkerstaat, etc.) Dadurch war die Denkweise der Herrschenden ohnehin von multiethnischen Herrschaftsgebieten geprägt.
                    4. Wird in den linksrheinischen Gebieten einfach Code Civil und Code Napoleon eingeführt und schon sind das auch alles gleichberechtigte citoyens de la France, pas de problem!
                    Was sich schon während des 18. Jh abzeichnete, wurde durch die ersten Koalitionskriege und deren Folgen deutlich: Das HRDN stand vor dem Zusammenbruch. Insbesondere die gewaltigen Veränderungen durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 dürften die Spannungen nochmals gewaltig gesteigert haben. Damit drohte ein gewaltiger Unsicherheitsfaktor vor der Haustür.
                    War es nicht ratsam durch Bündnispolitik und Annektionen günstigere Fakten zu schaffen, anstatt abzuwarten, bis alles mit viel Krach und Krieg in sich zusammenstürzt?
                    Es ist egal, welche Motive Napoleon dazu bewogen haben, waren sie auch noch so selbstsüchtig.
                    Enscheidend ist die Frage, ob diese Umstände die Hegemonialpolitik rechtfertigen, in dem Sinne, dass sie sichernder und stabilisierender wirken kann, als den Dingen ihren Lauf zu lassen.
                    Zuletzt geändert von derHerzog; 26.03.2012, 20:10.

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                    • HKDW
                      Erfahrener Benutzer
                      Colonel
                      • 02.10.2006
                      • 2971

                      Hier geht's aber eben darum, ob auch dem Napoleon wirklich "jedes Mittel recht" war (also incl.kriegerischer Aggression)
                      Also Napoleon war auch nicht besser als seine Zeitgenossen, denen war ja eigentlich auch jedes Mittel recht.
                      Ich weiß nicht was das Hochstilisieren Napoleons soll - er war auch nicht anders als die anderen.

                      Beim wir haben festgestellt - 3 Koalitionskrieg, bitte klammere mich aus - ich kann da keinen eindeutigen Agressor auf der einen und Friedensengel auf der anderen Seite ausmachen.

                      Kommentar

                      • Mephisto
                        Erfahrener Benutzer
                        Capitaine
                        • 01.10.2006
                        • 625

                        Zitat von derHerzog Beitrag anzeigen
                        War England tatsächlich so eine Bedrohung, dass es ihm diesen Preis wert war?
                        Warum war es diese Bedrohung?
                        Leider kamen hier bislang nur pauschale Aussagen wie "England war halt auch ein Aggressor" oder "England war der schlimmste Aggressor", aber es kamen keine Belege, warum oder wie England Frankreich bedrohte oder gar angriff, wenn es ja ohnehin keine richtige Armee hatte.
                        Ich denke, wir waren auch da schon nweiter.
                        Wenn wir die Landung in den Niederlanden 1799 nehmen oder auch später in 1809, sehen wir, dass zumindest Nadelstiche / gemeint sind kleinere militärische Operationen auch innerhalb Europas durchaus im Bereich des Möglichen lagen.
                        Diese allein sind vielleicht schon Begründung genug für einen Gegenangriff der Franzosen. Den Krieg in das gegnerische Land hineintragen war doch immer höchstes Gebot der Militärs.

                        Ausschlaggebend jedoch wird nmE die wiederholte Finanzierung von Stellvertreterkriegen gewesen sein.
                        Gruß
                        Mephisto

                        "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
                        nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

                        Kommentar

                        • Mephisto
                          Erfahrener Benutzer
                          Capitaine
                          • 01.10.2006
                          • 625

                          Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
                          Beim wir haben festgestellt - 3 Koalitionskrieg, bitte klammere mich aus - ich kann da keinen eindeutigen Agressor auf der einen und Friedensengel auf der anderen Seite ausmachen.
                          Auch ich bin ein Anhänger der Deskalation. Trotzdem wird für mich jemand, der nicht deeskaliert - sondern es "darauf ankommen lässt", noch nicht zum Aggressoren. Pazifismus entsprach wohl nicht dem damaligen Weltbild und N war kein Gandhi.

                          1803 hatte England den Krieg erklärt.
                          Der plätscherte schon drei Jahre vor sich hin.
                          Österreich und Rußland hatten - aus Sicht Frankreichs - damit nichts zu tun.
                          Wenn ja, was begründet denn ihren Einfall in Bayern?

                          Fakt ist, daß Bayern - ob Verbündeter Frankreichs oder nicht - angegriffen worden ist.
                          Fakt ist weiter, dass die Russen nicht zum Kampf gegen die Bayern mobilisiert haben.
                          Sehe ich doch richtig???

                          Was hätte N, was hätte Frankreich denn Deiner Meinung nach tun sollen, um bei Dir nicht in der Schublade "Aggressor" zu landen???
                          Hätte er/es in Bologne warten sollen, bis die Koalition anklopft?
                          Hätte er/es offiziell den Plan, England angreifen zu wollen, aufgeben sollen?
                          Hätte er/es die Verbündeten in Deutschland informieren sollen, daß man "wegen Deeskalation geschlossen" hätte?
                          Was für ein Bild hätte so ein Kaiser, Konsul, Staatsoberhaupt im eigenen Lande abgegeben?
                          Was für ein Bild gäbe es heute ab? Ist das Realpolitik?
                          Zuletzt geändert von Mephisto; 26.03.2012, 22:35.
                          Gruß
                          Mephisto

                          "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
                          nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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                          • HKDW
                            Erfahrener Benutzer
                            Colonel
                            • 02.10.2006
                            • 2971

                            @Mephisto
                            Siehe die Aussagen Pressers, der hat es gut zusammengefaßt, nachdem Bonaparte die Armeelager am Ärmelkanal gegründet hatte und dort Truppen speziell für die Invasion Englands auch ausbildete und ausrüstete - blieb ja auch England nicht viel anders übrig als sich irgendwie zu wehren.
                            Ich geb dir natürlich recht dass die Österreicher in Bayern einmarschiert sind, siehe ja auch meine viel frühere Mail wo ich mal die ganze Entwicklung bis zum Krieg versucht habe aufzuschreiben, da gibt es keine Zweifel.
                            Napoleon wäre in einer sehr grüßen Verlegenheit gewesen wenn das die Österreicher nicht gemacht hätten, die Armee d'Ocean und dann nichts, da hätte sich eine drohende Finanzkrise abgezeichnet.

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                            • derHerzog
                              Neuer Benutzer
                              Soldat
                              • 01.02.2012
                              • 26

                              Ich weiß nicht was das Hochstilisieren Napoleons soll
                              Mir geht's hier nicht um das Hochstilisieren Napoleons, schon gar nicht zu einem "Friedensengel". Das war er nun wahrlich nicht.
                              Mir gehts darum, zu hinterfragen, ob man in ihm wirklich den Verursacher der nach ihm benannten Kriege sehen kann.
                              er war auch nicht anders als die anderen
                              Sag ich auch nicht: aber war er denn, sagen wir es mal so, der Kriegstreiber?

                              blieb ja auch England nicht viel anders übrig als sich irgendwie zu wehren
                              Lag nicht vor der Einrichtung des Heerlagers in Boulogne eine Kriegserklärung der Engländer vor? Hab ich schon mal gesagt: Kriegserklärungen sind kein Spass.

                              Was hat sie dazu getrieben, diese Kriegserklärung abzugeben? Wurde sie begründet? Wurde sie mit irgendwelchen Bedingungen versehen?

                              Auf der anderen Seite frage ich auch nach, warum der "Kampf" gegen England nach 1805 weitergeführt werden musste. Eigentlich gab es ja keinen Kampf, sondern die Kontinentalsperre, die aber für Napoleon so bedeutsam wurde, dass er zur Durchsetzung in den Krieg nach Spanien und nach Russland zog.

                              Napoleon wäre in einer sehr grüßen Verlegenheit gewesen wenn das die Österreicher nicht gemacht hätten, die Armee d'Ocean und dann nichts, da hätte sich eine drohende Finanzkrise abgezeichnet.
                              Ja, eben.
                              Die Invasionspläne mussten allerdings schon nach dem 22. Juli 1805 abgeblasen werden, weil damals scheiterte Villeneuve in der Schlacht von Finistere und konnte den Kanal nicht unter seine Kontrolle bringen.
                              --nachtr. Ergänzung:--
                              Aber letztendlich hätte N. das Lager dort noch aufrechterhalten können, es bestand ja schon zwei Jahre.
                              Definitiv gescheitert war die Invasion erst im Oktober bei Trafalgar
                              --Ende Ergänzung---

                              Aber Ende August müssen sich die Ereignisse doch geradezu überschlagen haben und N. hatte sich ja auch wirklich beeilt.
                              Am 25. August wurden bei München die Vertragsverhandlungen zum Bündnisvertrag mit Bayern abgeschlossen.
                              Kurz darauf wurde auch schon die Napoleons Armee Richtung Rhein in Marsch gesetzt. Berücksichtigt man, dass man damals noch nicht über Email, und noch nicht mal über Telegrafen verfügte und angesichts der Tatsache, dass ein Bote die Strecke auch nicht an einem Tag zurücklegen konnte, muss in Napoleons Handlungen sicher eine gewisse Vorwegnahme der Ereignisse liegen.
                              Aber es ging nur darum, die Truppen an den Rhein zu verlegen.
                              Dass ein Bündnisvertrag vorlag, war ihm wichtig, bevor er über den Rhein geht.
                              Ebenso wird er sich die Durchmarscherlaubnis von Baden und Württemberg gesichert haben.

                              Ganz anders die Österreicher: Invasion und Besetzung Bayerns mit dem Ziel, diese in einen Krieg gegen Frankreich zu pressen.
                              Zuletzt geändert von derHerzog; 27.03.2012, 08:27.

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                              • HKDW
                                Erfahrener Benutzer
                                Colonel
                                • 02.10.2006
                                • 2971

                                Die Ziele Österreichs 1805 wären es wert genauer untersucht zu werden, außer sich eine große Scheibe vom bayerischen Küchlein abzuschneiden, haben die wirklich nur so klein gedacht?

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