Sebald Grünschachner: Die Franzosen in Waidhofen, NÖ, 1800/1801, 1805, etc.

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  • Tellensohn
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 16.02.2011
    • 1253

    Sebald Grünschachner: Die Franzosen in Waidhofen, NÖ, 1800/1801, 1805, etc.

    Per Zufall bin ich im Internet auf die Werke eines gewissen Sebald Grünschachner (alternative Schreibweisen: Kren(n)schachner, Grienschachner, Krinschachner; 1777-1824) gestossen. Dieser naive Maler fertigte eine Reihe interessanter Bilder zur Geschichte des Ortes Waidhofen an der Ybbs in Niederösterreich an, u.a. malte er Bilder zur Besetzung des Ortes durch französische Truppen in den Jahren 1800/01 und 1805. Eines dieser Werke (entstanden vermutlich 1808) zeigt den Auszug bzw. Durchzug des Korps Davout am 7. November 1805. Ein auch uniformkundlich recht interessantes Werk, wie mir scheint. U.a. erkennt man unten in der Mitte eine Militärkapelle der Infanterie:




    Zum Maler, seinen Bildern und seinem Umfeld habe ich die beiden folgenden Artikel gefunden:






    Leider ist die Auflösung der Bilder, die ich im Netz gefunden habe, nicht sehr hoch. Daher meine Frage an die Forumsmitglieder speziell aus Österreich: Hat vielleicht jemand hochwertige Fotografien dieses und anderer Werke dieses Künstlers, die er scannen und hier ins Forum stellen könnte? Das wäre super.

    Gruss, T.
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 03.11.2016, 11:12.
  • Tellensohn
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 16.02.2011
    • 1253

    #2
    Ich konnte ein weiteres Bild aus der Grünschachner-Serie finden, leider nur in S/W und auch nicht von bester Qualität. Es zeigt wiederum französische Truppen des Korps Davout, diesmal am 6. November auf dem Waidhofener Stadtplatz:



    Wieder sieht man unten eine Militärkapelle, diesmal eine berittene einer Dragonereinheit. Rigo hat unter Verwendung dieses Bildes eine Tafel mit fünf Musikertypen gemalt, s. Anhang (ich glaube mehr als 5 zu erkennen, nämlich 7, kann aber die weiteren Instrumente nicht sicher identifizieren) und bezeichnet sie als Angehörige des 1. Dragonerregiments. Alle sind in Kampagneuniform, meist mit Mantel, ausser der Klarinettist (ohne Mantel, im Surtout?), bei dem es sich, stimmt Rigos Darstellung, um den Chefmusiker handeln dürfte (Silberlitze an Kragen und Ärmelaufschlägen)*. Alle tragen Helme, laut Rigo mit schwarzen Rossschweifen. Ich kann eigentlich keine sicher erkennen. Allenfalls solche von hellerer Farbe als die der Truppe dahinter (rot oder evtl. weiss, wie für Trompeter üblich?) Neben dem Klarinettisten zeigt Rigo einen schwarzen Beckenschläger, Grosse Trommel, Schellenbaum, Trompete (scheint zuzutreffen). Die weiteren Musiker sind vielleicht mit Fagott und Horn ausgestattet, aber da kann ich nur raten.

    Die Zuordnung zum 1. Dragonerregiment scheint mir fraglich. Rigo gibt rote Kragen (erkennbar beim Klarinettisten) und Ärmelaufschläge, was zum 1. Regiment passen würde. Aber das 1. gehörte zur 1. Dragonerdivision (Klein), die nach den OOBs Nafzigers Anfang November beim Korps Mortier stand. Ich habe allerdings auch schon gelesen, das 1. Dragonerregiment sei zum Korps Davout abkommandiert worden:



    Wann das passiert sein soll und auf welchen Belegen diese Aussage beruht, konnte ich allerdings nicht herausfinden. Gewöhnlich wird für Anfang November die 3. Dragonerdivision (Beaumont) mit Davouts Korps in Verbindung gebracht, so etwa am 31. Oktober / 1.-3. November:



    Zur 3. Dragonerdivision gehörte u.a. das 16. Dragonerregiment, das zwar nicht rote, wohl aber rosarote Kragen und Ärmelaufschläge hatte. Vielleicht war mit dem Regiment, das Grünschachner auf seinem Bild zeigt, also nicht das 1., sondern das 16. gemeint?**

    PS: Ausser der Dragonerkapelle scheint auf dem Bild wenigstens eine weitere Regimentsmusik (der Infanterie) dargestellt zu sein, erkennbar -oder besser, erahnbar - anhand der in der Marschkolonne rechts unterhalb der Bildmitte zu sehenden Grossen Trommel...

    *Alternativ könnte die Silberlitze aber auch einfach auf einen Gagisten hindeuten (keine Gradabzeichen am Unterärmel erkennbar, sofern Rigos Darstellung stimmt), der aber dennoch als Chefmusiker fungiert haben könnte? Der Trompeter war vermutlich ein den Musikern zugeteilter Kompanietrompeter? Die "Janitscharen" vielleicht allesamt musiciens-soldats?

    **In einem Artikel Pigeards über die Liniendragoner des Kaiserreichs findet sich das Foto einer Dragoneruniform des 14. Regiments (Musée de l'Empéri), dessen Abzeichen gleichfalls "rose" waren, die aber, darauf deutet Pigeard explizit hin, recht dunkel erscheinen (in: Tradition Magazine 124/125, S.46). Tatsächlich tendiert der Farbton in Richtung Scharlachrot.
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 03.11.2016, 10:09.

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    • Tellensohn
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 16.02.2011
      • 1253

      #3
      Kurzer Nachtrag zur Identität des von Grünschachner gezeigten Dragonerregiments:

      In der Regimentsgeschichte des 16. Dragonerregiments (http://www.amazon.fr/Historique-Cast.../dp/B001DAIPN0), findet sich S.96 folgendes:

      "Le 2 novembre (11 brumaire), la division [die 3. Dragonerdivision Beaumont] est à Wells et passe sous les ordres du maréchal Davout; elle compte dans ce corps jusqu'à Vienne...
      La division marchant sur Vienne, était le 4 à Steyer, le 6 à Saint-Peter, le 7 à Vaidkofen, le 8 à Gauning..."

      Und bezogen auf das 16. Dragonerregiment selbst (einen Bericht Davouts zitierend):

      «Le 16e avait été à Vaidkofen pour se porter à Burktal, marchant à notre hauteur et lingeant la montagne,...»

      Bis zum Beweis des Gegenteils ist es damit für mich erwiesen, dass das Dragonerregiment auf Grünschachners Bild das 16. darstellen soll und nicht das 1., wie von Rigo behauptet...

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      • Tellensohn
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 16.02.2011
        • 1253

        #4
        12 Bilder, gemalt von Sebald Grünschachner und einem weiteren Zeitgenossen, Johann Engleitner, die aus der sogenannten "Franzosenzeit" Waidhofens stammen, sind hier zu sehen:



        U.a. auch das Bild mit der Dragonerkapelle im Vordergrund. Die Qualität der Fotos lässt leider sehr zu wünschen übrig und die Auflösung gerade dieses Bildes ist ziemlich gering, Details sind also nicht im erwünschten Masse erkennbar. Mir scheint aber, dass abgesehen von den wohl in der Tat 7 Musikern vor dem Baggagewagen, auf dessen anderer Seite weitere Musiker zu sehen sind, vielleicht 5 oder 6. Die Reiter diesseits und hinter dem Baggagewagen sind offenbar keine Musiker. Seltsamerweise scheinen nur die Helmkalotten der Musiker gelb zu sein (also Messing zu repräsentieren), die der übrigen Reiter erscheinen weiss (Eisen?). Es waren aber meines Wissens keine Kürassiere präsent, müssen also doch Dragoner sein. Eine optische Täuschung oder evtl. ein Fehler Grünschachners (man vgl. auch die praktisch ausschliesslich roten Rabatten und Schossumschläge bei der Infanterie...)? Interessant die von einer Vielzahl oder gar allen Reitern getragenen Bärte. Ich vermute, es handelt sich einfach um die ziemlich realistische Darstellung einer sich ohne Unterbruch entweder im Kampf oder auf dem Marsch befindlichen Truppe, was eben kein regelmässiges Rasieren erlaubt...

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        • HKDW
          Erfahrener Benutzer
          Colonel
          • 02.10.2006
          • 2962

          #5
          Wirklich absolute interessante Studien - viel besser geht es kaum, leider nur, die Größe der Fotos ist leider zu klein um sich wirklich mit dieser hochinteressanten Quelle auseinander zu setzen

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          • Tellensohn
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 16.02.2011
            • 1253

            #6
            Nach Rosner (s. letzten Link im ersten Beitrag) dürften Grünschachners Bilder, die den Durchzug Davouts im Jahr 1805 zeigen, erst um 1808 entstanden sein. Diejenigen, die die Besetzung von 1800/01 zeigen, erst nach 1804.

            Interessanterweise ist das Bild, das die Erpressung von Kontributionen im Rathaus am 26. Dezember 1800 zeigt (im Truppendienst-Link das dritte in der Serie), das einzige, das für die Linieninfanterie weisse Rabatten und Schossumschläge zeigt (allerdings ohne rote Vorstösse). Weshalb sie auf allen anderen Gemälden rot sind, bleibt mir ein Rätsel.

            Nun war Grünschachner natürlich kein Uniformkundler. Vielleicht hat er nicht so sehr auf Details der Uniform geachtet und es könnte sein, dass, obwohl er mit Sicherheit selber gesehen hatte, was er später gemalt hat, ihn seine Erinnerung an Einzelheiten der Uniform im Stich gelassen hatte. Vielleicht hat er sich deshalb mit Drucken o.ä., die er vielleicht gerade zur Hand hatte, mit - vielleicht gleichfalls nicht völlig korrekter - Darstellung von französischen Infanteristen, beholfen?

            Weitere Möglichkeit: Gerade der Durchzug der Franzosen im Jahr 1805 ging relativ rasch vonstatten, keine Zeit für akribisches Festhalten von Details: am 6.11. nachmittags um 3 Uhr einmarschiert (im Truppendienst-Link das fünfte in der Serie), am 7.11. frühmorgens schon wieder abgezogen (im Truppendienst-Link das zehnte in der Serie). Es war November, also relativ dunkel, die Darstellung der Bilder zeigt, dass sich alles mehr oder weniger im Schein von Feuern abgespielt hat. Vielleicht erschien da alles rötlich, sogar die weissen Abzeichen der Uniformen, und Grünschachner hat das seinen Eindrücken entsprechend so wiedergegeben? Allerdings sind auch die Uniformen der 1801 abziehenden Franzosen - bei Tageslicht, wie es scheint - mit roten Abzeichen versehen (im Truppendienst-Link das achte in der Serie).

            Eine weitere Möglichkeit ist vielleicht auch, dass die relativ kleinformatigen Darstellungen dem Verschmieren von Farbe Vorschub geleistet haben. Vielleicht hat Grünschachner die weissen Abzeichen mit roten Vorstössen nicht sauber hingekriegt und dann der Einfachheit halber halt alle Abzeichen rot gemalt? Wie gesagt, war ihm dieses Detail wohl auch gar nicht so wichtig. Mehr beeindruckt scheint er von Auffälligerem gewesen zu sein, wie eben der Musik oder den bärtigen Gesichtern der Soldaten...

            Wie gesagt, ich habe nicht wirklich eine Erklärung...


            Von einem Bild konnte ich eine bessere Abbildung in diesem Buch finden (S.319, Artikel von Gudrun Huemer):



            - Abzug der Franzosen am 16. März 1801:




            Von zwei Bildern konnte ich Faksimiles des Archiv Verlags auftreiben:

            - Erpressung von Kontributionen im Rathaus, 26. Dezember 1800:



            - Auszug der Franzosen am 7. November 1805:




            Auf diesen Bildern sind wirklich zahlreiche interessante Details zu sehen, auf die ich an dieser Stelle aber nicht eingehen möchte.
            Zuletzt geändert von Tellensohn; 03.11.2016, 11:10.

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            • Peter Schuchhardt
              Erfahrener Benutzer
              Sergent
              • 19.11.2009
              • 107

              #7
              Sehr schöne Bilder.
              Hat jeand eine Ahnung, wofür die Beschriftung auf den Versorgungswagen auf dem unteren Bild des Abzugs der Franzosen steht (Reg. M. D. N1)? 1. Rgt, aber was heißt dann M. D.?

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              • Tellensohn
                Erfahrener Benutzer
                Chef de Bataillon
                • 16.02.2011
                • 1253

                #8
                Ich habe mich natürlich auch schon gefragt, ob die Bedeutung der Beschriftungen auf den Wagen - beschriftet waren sie sicher - zu eruieren ist. Ich bin da skeptisch. Zunächst muss man sich schon mal die Frage stellen, ob die gezeigten Beschriftungen à la lettre zu nehmen sind. Hat Grünschachner das, was er zeigt, genau erkannt und wiedergegeben? Verstand er die französischen Abkürzungen? Verstand er überhaupt Französisch?. Wusste er, wie das französische Transportwesen organisiert war und nach welchen Regeln die diversen Wagen zu beschriften waren? Ehrlich gesagt, ich denke eher nicht.

                "1. Reg."? Kann sein, weiss aber nicht, ob das so stimmt. Immerhin sind Buchstaben und Zahl durch M. D. getrennt. Muss sich also die Zahl ("N°.1") wirklich auf "Reg." beziehen?

                Ein damit verbundenes Problem: um welches 1. Regiment soll es sich denn da gehandelt haben? Also das 1. Dragonerregiment kann es m. E. nicht gewesen sein, denn aus der Korrespondenz Davouts wird deutlich, dass dieses Regiment nicht vor Ende November zum Korps Davout abgestellt wurde (wer möchte, kann sich hier durchackern: http://lettres.memoires.19e.free.fr/...espondance.htm. Vielleicht habe ich ja etwas übersehen...). Auch sonst gab es damals m. W. kein "1. Regiment" in Davouts Korps. Könnte es sich nicht auch um eine Wagennummer handeln (1. Wagen von n Wagen?)

                "M. D." ? "Maréchal Davout"? Ein(er der) Privattransporter des Marschalls? Alain Pigeard hat in Tradition Magazine 207 einen kurzen Artikel über die Wagen der Grande Armée geschrieben (S.17-21). Darunter erwähnt er auch Beschreibungen der Wagen diverser Kommandeure: General Duprat, General Lasalle, Marschall Murat (soll 40 Wagen für seinen Krimskrams mitgeführt haben), etc. Allein schon diese mögliche? Interpretation setzt aber natürlich schon mal voraus, dass da wirklich "M. D." stand.

                Betreffend die Wagen der Armee im allgemeinen zitiert Pigeard aus dem Reglement vom 14 frimaire an XII (6. Dezember 1803) "sur les équipages affectés aux services des vivres de l'ambulance et du transport des effets de campement", article 4 alinéa 4:

                "Les caissons et forges de campagne seront également marqués du numéro de la brigade et des lettres E. M. et en outre d'un numéro correspondant à celui du contrôle de chaque brigade." (S.18)

                Leider vergisst er zu erwähnen, wofür "E. M." steht ("Équipages Militaires"?). Den betreffenden Artikel habe ich bis jetzt leider noch nicht gefunden.

                Oder steht "E. M." für "État-Major"? Und meint hier "brigade" noch demi-brigade (also Regiment)?
                Zuletzt geändert von Tellensohn; 07.11.2016, 20:27.

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                • Peter Schuchhardt
                  Erfahrener Benutzer
                  Sergent
                  • 19.11.2009
                  • 107

                  #9
                  Interessante Ausführungen, denen ich mich z. T. anschließen könnte. Allerdings neige ich dazu, Grünschachner möglichst wörtlich zu nehmen. Ich glaube schon, dass er das, was er sah, versucht hat, recht genau wiederzugeben.
                  Wie komme ich darauf? Die Aufschrift in der dargestellten Art (erst Hinweis auf ein Rgt, dann die unbekannte Abkürzung M.D. und danach die Nummer) scheint mir zu verzwickt, als dass er sich das ausgedacht haben würde. Wäre dem so, wäre die Beschriftung wohl wesentlich einfacher ausgefallen. Hinzu kommen die Wagen auf dem Bild vom Stadtplatz. Dort sieht man die Wagen nach anderem System beschriftet. Der vordere Wagen lässt zwischen den Dragonern die Beschriftung "Train" erkennen, danach kommt ein weiteres Wort, welches vom rechten Dragoner verdeckt wird. Neben dem rechten Dragoner taucht dann "No. 3" auf (bitte die farbige Abbildung und die schwarz-weiß-Abbildung als PDF vergleichen). Hätte er rein phantasiert, wäre er einer (einfachen) Systematik treu geblieben. Meine Interpretation.
                  Zu der Bezeichnung "Rgt" passen aber weder "Marechal Davout", noch "Equipage Militaire" (wenn man eine falsche Erinnerung annimmt), wenn auch beide Lösungen sehr charmant wären und ich ihnen gerne folgen würde.
                  Es wäre schön, wenn sich eine Einheitenbezeichnung für M. D. finden mit einem 1. Regiment ließe. Aber leider fällt mir keine dazu ein.

                  Noch am schlüssigsten scheint mir die Interpretation mit dem Etat-Major. Würde doch zum 1. Dragonerregiment passen!? Allerdings müsste man da wirklich voraussetzen, dass er die Beschriftung aus der (leicht fehlerhaften) Erinnerung rekonstruiert hat.

                  Kommentar

                  • Tellensohn
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 16.02.2011
                    • 1253

                    #10
                    Ich weiss nicht, ob Grünschachner die Beschriftungen wahrheitsgetreu wiedergegeben hat oder nicht. Jedenfalls ergeben sie für mich zunächst einmal einfach keine erkennbare Bedeutung (was natürlich nichts heissen will).

                    Können wir wirklich beurteilen, wie "verzwickt" die Aufschrift ausgefallen ist? Bloss weil Beschriftungen nicht ohne weiteres zu deuten sind, heisst das ja noch lange nicht, dass sie genau wiedergegeben wurden. Auch gänzlich oder teils frei erfundene Aufschriften können kompliziert aussehen und trotzdem falsch sein...Wie schon erwähnt, gibt es ja bei Grünschachner auch andere Ungereimtheiten. Das reicht von den roten Rabatten und Schossumschlägen der Infanteristen bis zur Bezeichnung des Davout'schen Korps als "Brigade"...

                    Beim Wagen auf dem Bild mit den Dragonern im Vordergrund erkenne ich auch das Wort "Train", darunter etwas Unleserliches, dann "Reg. N° 1." (nicht "3"). Trotzdem sehe ich hier nicht einfach eine französische Abkürzung für "Regiment N° 1.". Eine französische Abkürzung würde meines Erachtens die Regimentsnummer vorwegnehmen, also z.B. "16e Reg. de Dragons", nicht "Dragons Reg. N° 16.". Das ist meines Erachtens deutscher (bzw. österreichischer) Usus.

                    Zum zweiten könnte man wohl auf diesem Bild einen Bezug von "Reg. N° 1." zum gezeigten Dragonerregiment herstellen, wohl kaum aber beim Bild, das den Auszug des Davout'schen Korps zeigt. Da steht der Wagen ja eher mitten im infanteristischen Umfeld und quer in der Landschaft, nicht im Gefolge der hinten abziehenden Dragoner und Infanteristen. Kann nicht sehen, weshalb dieser Wagen mit den abziehenden Dragonern im Hintergrund in Zusammenhang gebracht werden könnte, geschweige denn müsste.

                    Zudem, ich wiederhole mich, gibt es keinen einzigen Beleg für die Anwesenheit des 1. Dragonerregiments in Davouts Korps zu diesem Zeitpunkt. Nur weil man gerne "Regiment N° 1." lesen würde, kann man doch nicht ignorieren, was Davout selber festgehalten hat. Und die Korrespondenz Davouts ist da sehr genau. Das 1. Dragonerregiment der Division Klein wurde erst Ende November seinem Korps zugewiesen, davor war nur die Dragonerdivision Beaumont beim Korps, darunter das 16. Dragonerregiment, das ja auch ausdrücklich als Waidhofen passierendes Dragonerregiment genannt wird.

                    Sollte die Beschriftung "Reg. N° 1." nicht lediglich der Phantasie Grünschachners entsprungen sein, dann könnte sich diese Abkürzung ja auch auf etwas ganz anderes beziehen. Im Reglement von 1803 heisst es doch, dass die Beschriftung nebst der Nummer der "Brigade" (ich lese "Demi-brigade") und der Abkürzung "E. M." ("État-Major" - nämlich der Demi-brigade/des Regiments - erscheint auch mir am plausibelsten), "un numéro correspondant à celui du contrôle de chaque brigade" enthalten soll. Wie genau diese Nummer ausgesehen hat, weiss ich nicht, könnte mir aber vorstellen, dass damit eine Wagennummer gemeint ist. "Reg." könnte ja auch etwas ganz anderes heissen. Wie wär's mit "Registre" (und das schreibt sich erst noch ohne accent aigu, im Gegensatz zu "Régiment"... )? Wäre dann also das im Register (von "M. D."?) als Wagen N°1 geführte Gefährt...Ganz hypothetisch, natürlich, aber was spräche dagegen? Würde mich wundern, wenn wir hier weiterkommen würden. Aber wer weiss...

                    Zu "M. D." fällt mir auch nichts Schlaues mehr ein. Ausser vielleicht noch die römische Ziffer für "1500"...Registre M.D. (=1500) N° 1.?
                    Zuletzt geändert von Tellensohn; 08.11.2016, 08:25.

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                    • HKDW
                      Erfahrener Benutzer
                      Colonel
                      • 02.10.2006
                      • 2962

                      #11
                      Sind das überhaupt französische Wagen? Beutewagen wurden ja oft genutzt

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                      • Tellensohn
                        Erfahrener Benutzer
                        Chef de Bataillon
                        • 16.02.2011
                        • 1253

                        #12
                        Nun ja, selbst Beutewagen wären im Dienst der französischen Armee ja wohl französisch beschriftet worden. Oder bist du jemals auf Quellen gestossen, die von den Franzosen genutzte Trainfahrzeuge mit deutscher Beschriftung zeigen?

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                        • HKDW
                          Erfahrener Benutzer
                          Colonel
                          • 02.10.2006
                          • 2962

                          #13
                          Die Franzosen werden auch kurzfristig auf Beutewägen zurückgegriffen haben, egal nun wie die Beschriftung war, die Train Situation 1805 war ja katastrophal schlecht


                          Le général Songis à l'Empereur:

                          Ludwigsburg, le 13 vendémiarie an XIV (5 octobre 1805)

                          Le corps de M. le maréchal Davout a laissé à Mannheim

                          6 pièces de 12
                          6 pièces de 8
                          3 obusiers
                          27 caissons de 12
                          14 caissons de 8
                          9 caissons d'obusiers
                          60 caissons d'infanterie
                          3 caissons de parc
                          9 forges
                          21 chariots

                          Total : 158 voitures

                          Da wird wohl jeder Wagen, den man während des Feldzuges erbeutete - gleich benutzt worden sein, auf die Beschriftung wird man eher auch keine Rücksicht genommen haben.

                          Kommentar

                          • HKDW
                            Erfahrener Benutzer
                            Colonel
                            • 02.10.2006
                            • 2962

                            #14
                            Hab ich zufälligerweise entdeckt

                            Instructions for the Conduct of Infantry on Actual Service.
                            April 1792
                            Section 1
                            Article 13. In each demi-brigade, there shall be allowed a suttler, with
                            a wagon drawn by four good horses.
                            Article 15. All other suttlers attached to a demi-brigade, shall have
                            only bât horses, at the rate of four for each battalion, including the
                            horses belonging to the washerwomen.
                            Article 18, The carriages must be marked with the number of the
                            demi-brigade, and with the designation of the person they belong to, or must
                            have on them the specific use for which they are assigned.
                            Section XXIII
                            Article 5 The Commander of the National Guard will, previously to the
                            commencement of a Campaign, minutely inspect the Equipage, Waggons, Harness,
                            &c. of the Suttlers, taking especial care, that they have only Vehicles with
                            four wheels, drawn by four good, and serviceable Horses, or by Bât-Horses.
                            He will have all Waggons and Carriages numbered, and the name of the
                            Suttler to whom each belongs, written, or printed on it, in large
                            characters.
                            Article 6 He will deliver an accurate Return of all Waggons, thus
                            marked and numbered, to the Baggage, or Waggon-Master-General, in order that
                            forage may be furnished, and that the movement of the Waggons may be
                            regulated by the Return; and also, that by means of it, he may be enabled to
                            know, and seize, or cause to be seized, all Suttlers, and their Waggons that
                            may not be authorised as above.
                            Article 7 He will keep a Roll, List, or Roster accurately specifying
                            the Suttlers, Merchants, and all others having permission to follow the
                            Army. In this Register will be entered the numbers marked on Waggons,
                            professions, or branch of particular employment, the number of Servants and
                            of Horses belonging to each of the above descriptions of Camp-followers, and
                            other circumstances calculated to establish and keep up a perfect knowledge
                            of each.

                            Kommentar

                            • Tellensohn
                              Erfahrener Benutzer
                              Chef de Bataillon
                              • 16.02.2011
                              • 1253

                              #15
                              Sehr interessant.

                              Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
                              Da wird wohl jeder Wagen, den man während des Feldzuges erbeutete - gleich benutzt worden sein, auf die Beschriftung wird man eher auch keine Rücksicht genommen haben.
                              Wenn dem im Fall der von Grünschachner gezeigten Wagen so gewesen wäre, hätten die Beschriftungen ohnehin keinen Bezug zu einem bestimmten französischen Regiment erkennen lassen, d.h. es wäre vergebene Liebesmüh, herausfinden zu wollen, welcher französischen Einheit oder welcher französischen Person die Wagen zuzuordnen sind. Persönlich denke ich allerdings, dass Grünschachner sehr wohl französische Aufschriften zeigen wollte, fragt sich nur, inwieweit die korrekt wiedergegeben wurden.


                              Aus dem Reglement von 1792, die relevanten Passagen:

                              Article 18, The carriages must be marked with the number of the
                              demi-brigade, and with the designation of the person they belong to, or must
                              have on them the specific use for which they are assigned.

                              Article 5 ...
                              He will have all Waggons and Carriages numbered, and the name of the
                              Suttler to whom each belongs, written, or printed on it, in large
                              characters.

                              Article 7 He will keep a Roll, List, or Roster accurately specifying
                              the Suttlers, Merchants, and all others having permission to follow the
                              Army. In this Register will be entered the numbers marked on Waggons,
                              professions, or branch of particular employment, the number of Servants and
                              of Horses belonging to each of the above descriptions of Camp-followers, and
                              other circumstances calculated to establish and keep up a perfect knowledge
                              of each.


                              Also wenn "M. D." nicht einfach die Initialen eines Marketenders o.ä. sind (war das in der Kaiserzeit noch opportun?), dann halt vielleicht doch "Maréchal Davout"...Der Wagen - die N° 1 der ihm zustehenden Fahrzeuge... "Reg." - Registre - könnte auch sein, oder?

                              Der französische Originaltext - Hast du den evtl. auch zur Hand? Link?
                              Zuletzt geändert von Tellensohn; 09.11.2016, 11:59.

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