preußische Modderbrücken 1806

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  • Da Capo
    Erfahrener Benutzer
    Adjudant
    • 23.10.2006
    • 916

    preußische Modderbrücken 1806

    Kann mir ganz zufällig jemand sagen, ob und wo nähere Informationen über das Aussehen der preußischen Modderbrücken zu finden sind?
    Schöning sowie Malinowski/Bonin erwähnen diese Modderbrücken und geben die Besetzung der Modderbrückenkolonnen seitens der Artillerie-Regimenter an, aber über das Aussehen geschweige denn Bemaßung schweigen sie sich aus.

    Evtl. liegt die Lösung ja im Friderizianischen, wovon ich nun überhaupt keine Ahnung habe.

    Danke.
    Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.
  • Sans-Souci
    Erfahrener Benutzer
    Colonel
    • 01.10.2006
    • 2072

    #2
    Hab bei Google Books einen Hinwies gefunden, leider kann man die Seite nur im Auszug sehen:

    Die Kriege Friedrichs des Grossen
    Grosser Generalstab. Kriegsgeschichtliche Abteilung II.
    Veröffentlicht von E. S. Mittler, 1910
    Teil 3, Bd. 8, S. 66, Fußnote:

    Zu diesem Entschlusse trug auch der Umstand bei, daß Dohna nicht an jeder beliebigen Stelle den Fliuß überschreiten konnte, weil die Pontons der Lehwaldtschen Armee den Russen bei Marienwerder in die Hände gefallen waren. Dohne verfügte infolgedessen nur über eine sogenannte Modderbrücke, die nur Gewässer von höchstens 24 Fuß Breite überspannen konnte. Dohna an den König 11. 8. ...
    Im Krünitz:



    werden sogenannte Hand-Brücken beschrieben (Teil VII; S. 59 f.), möglicherweise sind das die gesuchten Modder-Brücken ?

    <7, 59> Wo Brücken nur über kleine Flüsse und Feld= oder andere kleine Graben zu unterhalten sind, da thut man besser, wenn man, soviel als möglich ist, nach und nach die viel Holz verderbenden hölzernen Brücken gänzlich abschaffet, und statt deren lauter gemauerte von Ziegeln oder Steinen bauet. In 100 Jahren kostet eine hölzerne Brücke wenigstens sechsmal soviel, als eine steinerne, obgleich der erste Anbau schwer fällt. Der Land=Mann braucht indessen auch kleine schmale Brücken, die mit wenigen Kosten verfertiget, an Ort und Stelle hin und wieder weggeführet, daselbst aber von einem einzigen Menschen über einen tiefen Graben, Fluß, Schleuse, u. d. gl. welche 6, 7, 8, 9, 10 Ellen breit ist, geschlagen, auch sofort wieder herüber genommen, sonst aber doch so breit seyn kann, daß eine Person darüber nebst einem Schiebkarren zu gehen und zu fahren Raum hat. Diese sehr bequeme Art von Hand=Brücken wird folgendergestallt verfertiget. Man nimmt 2 dreizehn= oder vierzehn=ellige trockne Bäume, die doch aber in der Spitze nicht gar zu schwach seyn müssen, füget solche Steg oder Brücken=Ruthen, mit 3 bis 4, etwa 5/4 Ellen langen und starken Balken oder Speichen, vest, wie eine Leiter, zusammen. Nur muß die andere Speiche, von dem dicken Ende der Bäume an, sehr dick und stark, überdem aber unten mit einem eisernen Bande, welches auf beiden Seiten die Bäume mit fasset und zusammenhält, beschlagen seyn, welches Band in der Mitte mit einem eisernen, runden, unten kolbigt und glatt gemachten, etwa 1 Spanne langen und 1 1/2 Zoll im Diameter starken, Zapfen dergestallt versehen ist, damit das Gerüste, wenn es auf diesem Zapfen oder auf dieser Angel ruhet oder herumgedrehet wird, in Ansehung der Breite wagerecht stehe. Auf dieses Gerüste nun werden leichte Bretter genagelt, so ist das Hauptstück fertig. Hiernächst nimmt man einen eichenen gesunden Klotz, etwa 1/2 Elle hoch, und ins Gevierte 1 Elle breit, <7, 60> läßt in der Mitte der Breite ein Loch, und darein zu obgemeldeter Angel sich in Ansehung der Weite und ihrer kolbigten Glätte accurat, jedoch aber räumlich, schickende, und um 2 Zoll weniger tiefe Mutter, als die Angel lang ist, senken, und durch die daran befindlichen Bänder, an den Klotz bevestigen. Will man nun diesen Drehsteg brauchen, so führet man Klotz und Steg an das eine Ufer, setzt den Klotz gewiß, hebt die Angel in die Mutter, schmiert sie mit etwas Oel, legt auf das kurze und dicke Ende des Steges einen schweren Stein, damit ein Mann, wenn er sich darauf lehnet, den Steg nunmehr auf seiner Angel desto leichter dadurch in die Höhe heben, und das lange und schwächere Ende des Steges über den Fluß hinüber an das andere Ufer schwenken oder drehen könne. Hierauf kann er hinüber auf und in seinem Acker, Garten, Werder, Insel etc. fahren und gehen. Nur muß man Acht haben, daß die schwache Spitze des Stegs auf dem andern Ufer gleich gewiß, und nicht so knapp zu liegen komme. Wenn er nun nichts mehr auf jener Seite zu thun hat, so kann er diesen Drehsteg eben auf die Art wieder hinüber schwenken, und denselben entweder an eine vestgemachte Säule bei dem schwachen Ende anschließen, damit kein anderer den Steg hinüber drehen könne, oder aber nach Gefallen, sonderlich im Winter, wenn nichts mehr darüber zu thun ist, die ganze Brücke, die mit der jeztgedachten Säule aus 3 leichten Stücken bestehet, hinwegfahren, oder von ein Paar Leuten tragen, solche aber bis zu weiterm Gebrauch im Trocknen verwahren laßen.

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    • joerg.scheibe
      Erfahrener Benutzer
      Capitaine
      • 02.10.2006
      • 596

      #3
      Danke Oli,

      spätestens hier zeigt sich der Sinngehalt des Spruches,
      das die Zeichnung die Sprache des Ingenieurs ist

      Jörg
      The light at the end of the tunnel
      is from an oncoming train.

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      • Da Capo
        Erfahrener Benutzer
        Adjudant
        • 23.10.2006
        • 916

        #4
        Hallo Oli,

        vielen Dank für Deine Erklärungsversuche.

        Die von Dir aufgeführte Handbrücke ist leider eher eine Beschreibung zum Selbstbau einer tragbaren Zug- bzw. Klappbrücke (Jörg – der Ing. braucht die Zeichnung auch manchmal nur virtuell in seiner „Rübe“ ), die mit den Modderbrücken wohl eher nichts zu tun hat, da das Modderbrückenmaterial fertig bearbeitet und auf Wagen verpackt der Armee folgte.

        Mit der Bezeichnung kann ich noch einen Draufsetzen. So soll die sächsische Armee mindestens eine Kolonnen- oder gesprengte Brücke im Feldzug von 1806 beigehabt haben.
        Gesprengte Brücke wohl von Sprengwerk (eher aufwendige Holzkonstruktion), deren Anwendung ich mir im Feld gleich gar nicht vorstellen kann und die im Endeffekt aber sicher auch nichts anderes waren als die genannten Modderbrücken (die ich nun eher im Bereich Laufbrücken angesiedelt hätte).

        Juhu, mal wieder Verwirrung ohne Ende.
        Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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        • Sans-Souci
          Erfahrener Benutzer
          Colonel
          • 01.10.2006
          • 2072

          #5
          R. v. L. [= Rühle von Lilienstern], Handbuch für den Offizier, 2 Bde., Berlin 1817, schreibt (Bd. 1, S. 255):

          186. Für den schnellen Uebergang über so schmale Gewässer, wo es der Mühe nicht lohnen würde, eine ordentliche Pontonbrücke zu schlagen, hat man die Kolonnenbrücken eingeführt. Sie bestehen gewöhnlich aus einer hinlänglichen Anzahl 28 Fuß langer Balken, 14 Fuß langer Dielen, und einigen starken Brückenböcken mit 5 Beinen; alles zusammen auf 2 oder 3 Wagen geladen, die dann auf dem Marsch an der Spitze der Kolonnen fahren.
          Den Begriff "Modderbrücke" habe ich bei ihm nicht gefunden. Er führt aber noch an (Bd. 1, S. 241):

          179. Bei der Passirung von Schluchten, Gräben und schmalen Flüssen bedient man sich der Laufbrücken, welche, wenn man keine dergleichen fertige bei sich führt, auch aus Baumstämmen und Pfosten, die man aus den nächsten Dörfern und Gehöften nimmt, verfertigt werden können. [...]
          Im Unterschied zu den Kolonnenbrücken haben diese Laufbrücken keine Böcke, sind also nur für schmalere Hindernisse geeignet. Vermutlich hast Du mit Deiner Vermutung recht, daß eine Laufbrücke und eine Modderbrücke dasselbe sind, zumal man diese Laufbrücken anscheinend manchmal auch fertig mitführte.

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          • Sans-Souci
            Erfahrener Benutzer
            Colonel
            • 01.10.2006
            • 2072

            #6
            Eine Systematik verschiedener Brücken findet sich in dieser Rezension hier:

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            • Da Capo
              Erfahrener Benutzer
              Adjudant
              • 23.10.2006
              • 916

              #7
              Herr Bonin führt in seiner Geschichte der preuß. Ingenieure und Pioniere aus, dass eine solche Brückenkolonne aus jeweils 8 Wagen bestand. Jede dieser Kolonnen verfügte über 4 Strecken (= jede Strecke - und hier paßt das evtl. das friderizianische wieder 28 Fuß (ca. 8,80m) für Gewässer bis 24 Fuß (ca. 7,53m) Breite) so genannter Modderbrücken (Anm. Bonin leichte Feldbrücken). Jede Kolonne wurde von 1 Zimmermeister und 8 Gesellen begleitet.

              Die Brücken dürften bei einer Breite von 14 Fuß (ca. 4,40m) wohl 5 Balken gehabt haben. Da jeweils zwei Wagen zu einer Strecke gehörten, scheinen Balken und Böcke auf einem sowie der Belag auf dem anderen Wagen transportiert worden sein.
              Böcke müssen sie schon 1806 (und auch früher) gehabt haben, da sonst die Zusammenstellung von 4 Strecken in einer Kolonne wenig Sinn machen würde.

              Na da sind wir doch dank Oli schon wieder eine Ecke schlauer geworden.
              Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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              • Blesson
                Erfahrener Benutzer
                Adjudant
                • 03.10.2006
                • 804

                #8
                Meine Lieben,

                Ich habe den Thread erst jetzt entdeckt, sonst hätte ich mich schon früher zu Wort gemeldet.

                Die Zuständigkeit der pr. Pontonieres, die ja bis zur Armeereform zur Artillerie gehörten, legt die Annahme nahe, daß derlei Brücken für die Feldartillerie passierbar sein mußten. Mithin scheiden die o.g. genannten Laufbrücken aus, da zu schmal und nicht tragfähig genug(hatten wir schon einmal), und es bleiben eigentlich nur die Bockbrücken (in der Funktion als Kolonnenbrücken), da diese weder eine Gründung der Pfähle noch Pontons benötigen, und auch Böcke und streckbalken leicht transportiert werden können. Andere Kriegsbrücken, die sich auf Faschinen und/ oder Schanzkörben gründen, scheiden aus Gründen der Verfügbarkeit aus. Meines Wissens kamen diese nur bei Belagerungen zumEinsatz, wo das Material ohnehin in großen Mengen verfügbar war. Weiter ist zu prüfen, ob mit den Modderbrücken nicht auch sog. Knüppeldämme gemeint sind, die durch sumpfiges Terrain gelegt wurden. Als Untergrund kommen Balken, Knüppel, Bretter oder Faschinen in Frage.

                Werde heute abend im Blesson und Birago nachlesen, ob die etwas über Modderbrücken schreiben.

                LB
                Zuletzt geändert von Blesson; 19.08.2008, 20:35.
                Do, ut des

                http://www.ingenieurgeograph.de

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                • Blesson
                  Erfahrener Benutzer
                  Adjudant
                  • 03.10.2006
                  • 804

                  #9
                  Zitat von Da Capo Beitrag anzeigen
                  Hallo Oli,

                  Gesprengte Brücke wohl von Sprengwerk (eher aufwendige Holzkonstruktion), deren Anwendung ich mir im Feld gleich gar nicht vorstellen kann und die im Endeffekt aber sicher auch nichts anderes waren als die genannten Modderbrücken (die ich nun eher im Bereich Laufbrücken angesiedelt hätte).
                  ICH kann mir eine solche Verwendung bei großen Ströhmen sehr gut vorstellen, um nämlich die Bögen gesprengter Steinbrücken provisorisch zu schließen. Üblicherweise wurde nur ein bogen (unter der Kappe) gesprengt, er mußte also nur mit hölzernem Sprengwerk ergänzt werden, da die Lager in aller Regel nicht beschädigt waren (außer man sprengte den Pfeiler). Siehe Augustusbrücke 1813 in Dresden.
                  Do, ut des

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                  • Blesson
                    Erfahrener Benutzer
                    Adjudant
                    • 03.10.2006
                    • 804

                    #10
                    Meine Lieben,

                    die Vermutung über die Knüppeldämme war schon ganz richtig. Blesson muß einfach nur Blesson lesen; es doch immer wieder schön, wenn man sich nach 180 Jahren selbst zitieren darf:

                    Louis Blesson: Feldbefestigungskunst für alle Waffen, Berlin, 1825, Abschnitt 142, S. 174 ff.

                    Modderbrücken: Bei sumpfigen Flußufern oder bei Sümpfen überhaupt, ist, - im ersten Fall um bis zur Brücke zu gelagen, im zweiten um übergehen zu können,- eine Ueberbrueckung nöthig [...]. Bei festerren Sümpfen ist es zuweilen hinlänglich, eine Menge Reisig wild auszustruen, zuweilen muß es zu Bündeln, oder auch zu Faschinen zusammengebunden, und diese kreuweis und so übereinandergelegt werden, daß ein tüchtiger Verband herauskomme. Es muß nie Fuge neben Fuge, beim Zusammenstoßen der Faschinen treffen. Das Ganze wird endlich mit Hurten überdeckt. [....]
                    Aber auch einige Modder-Brücken sind in Vorschlag gekommen, die man aus Balken und Bohlen zusammensetzt. [...]
                    Die Modderbrücken sind, modern ausgedrückt, keine Brücken, sondern Dämme, die in ihrer passageren Konstruktion den permanenten Knüppeldämmern entsprechen.

                    LB
                    Zuletzt geändert von Blesson; 21.08.2008, 22:59.
                    Do, ut des

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                    • muheijo
                      Erfahrener Benutzer
                      Capitaine
                      • 01.10.2006
                      • 553

                      #11
                      Werter Blesson,

                      mir ist bekannt, dass die Ausdrucksweise vergangener Zeiten etwas holpriger und anders als heute gestaltet hat.

                      Dennoch komme ich bei deinem zitierten Text zu einer anderen Schlussfolgerung:

                      Zunæchst wird die Knueppeldæmme beschrieben, sowie deren Einsatzort.
                      Danach heisst es: "ABER AUCH einige Modderbruecken sind in Einsatz gekommen...."

                      Das klingt fuer mich eher nach: eigentlich sind die Modderbruecken fuer was anderes vorgesehen, aber man kann sie auch statt der vorher beschriebenen Knueppeldæmme mit Reisig, Faschinen usw. verwenden.

                      Oder interpretiere ich zu frei/falsch?

                      Gruss, muheijo

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                      • Blesson
                        Erfahrener Benutzer
                        Adjudant
                        • 03.10.2006
                        • 804

                        #12
                        Nein, mein Guter, die Beschreibung unter Ziffer 142 ist eindeutig: Sie steht unter dem Stichwort Modder-Brücken, S. 174-176. Die zweite Konstruktionsweise mit Balken ist eindeutig eine Alternative zur erstgenannten, was unschwer aus dem vollen Text hervorgeht.

                        LB
                        Zuletzt geändert von Blesson; 21.08.2008, 23:06.
                        Do, ut des

                        http://www.ingenieurgeograph.de

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                        • Da Capo
                          Erfahrener Benutzer
                          Adjudant
                          • 23.10.2006
                          • 916

                          #13
                          Der kommandierende Genral der sächsischen Truppen im Feldzug von 1806, v.Zeschwitz, beantragte zur „… Überbrückung kleinerer Gewässer…“ die Zuteilung von Brückenmaterial. Dem wurde in der Form stattgegeben, dass dem mobilen Korps 2 Kolonnen- und 1 gesprengte Brücke zugeteilt wurden. Hierfür wurden 10 Knechte und 20 Pferde (ohne Angabe der Fahrzeugzahl / evtl. 5 Stück 4spännige oder jeweils 2 Stück 6- und 4spännige Wagen) bewilligt.

                          In diesem Zusammenhang scheint nun die Verwendung einer gesprengten Brücke auch im Feld (also über das Schließen gesprengter (= kaputt gemachter) Brückenjoche hinaus) stattgefunden zu haben. Allerdings fällt mir – außer einer evtl. höheren Tragfähigkeit – einfach kein Verwendungszweck ein, der nicht auch mit Kolonnenbrücken zu leisten gewesen wäre.
                          Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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