Bayerischer Kartuschkasten für Offiziere der Kavallerie Modell 1837?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • vizenz
    Benutzer
    Tambour
    • 17.06.2012
    • 46

    #16
    Hallo,

    Ich habe versucht etwas über die Herstellermarkierungen des eingangs gezeigten Stückes herauszufinden. Allerdings sind das keine typischen Herstellerkürzel wie wir sie z.B. von Orden und Ehrenzeichen aus späterer Zeit kennen, sondern es ist eine klassische Silberpunze. Das „E.W.“ ist das sogenannte „Meisterzeichen“, also das Kürzel des Betriebes, eines wirklichen Silberhandwerker-Meisters oder evtl. sogar nur von einem Gesellen der dieses Stück geschaffen hat. Das Wappen in der Draufsicht rechts oben wäre die Stadtmarke (Beschauzeichen), also das Zeichen der Gilde der dieser Handwerker zugehörig war. Leider ist letzteres kaum zu erkennen. Vielleicht ist es ja möglich davon noch ein besseres Bild zu machen, dann werde ich gerne noch mal versuchen etwas dazu zu finden. Allerdings scheint die Marke selber nicht sehr deutlich geschlagen zu sein. Und auch die Literatur zum Thema ist sehr karg. Über Silberpunzen bis zum 18.Jahrhundert gibt es viel Literatur die teilweise kostenfrei zugänglich ist, und auch die Zeichen nach 1888 sind dokumentiert. Dazwischen klafft (zumindest für mich) eine Lücke, deshalb kann ich nicht versprechen dass ich selbst mit guten Bildern auf den Hersteller stoßen werde.

    Besten Gruß,
    Andreas

    Kommentar

    • Gardekosak
      Erfahrener Benutzer
      Sergent-Major
      • 24.03.2015
      • 210

      #17
      Hallo Andreas,
      ich habe mich auch schon intensiv mit den Silberpunzen beschäftigt. Das oben rechts ist sicher die Stadtmarke. Leider ist diese Punze ziemlich verschlagen und läßt sich kaum lesen. Für wahrscheinlich halte ich München, die Silberschmiedemarke dieser Zeit sah ähnlich schildförmig aus (siehe PDF).
      Andere Stadtmarken Bayerns zu dieser Zeit sahen völlig anders aus.

      Falls der Kartuschkasten in München hergestellt wurde, könnte die Abkürzung „E.W.“ für des Silberschmied „Eduard Wollenweber“ stehen der dort in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts tätig war. So weit meine Theorie.

      Beste Grüße

      Axel
      Angehängte Dateien

      Kommentar

      • vizenz
        Benutzer
        Tambour
        • 17.06.2012
        • 46

        #18
        Hallo,

        Literatur ist eingetroffen und hat meinen Verdacht zumindest teilweise bestätigt.

        Den Hinweis darauf hat Axel in einem Nebensatz wo er auf das Bayerische Bürgermilitär verwies selbst gegeben.

        Das Problem dabei ist, dass nach 1826 keine allgemein gültigen Bekleidungsvorschriften mehr verfasst wurden. Dadurch dass die Bayerische Landwehr auch organisatorisch nicht dem Militär angehörte finden sich grundlegende Erlasse auch nur (wenn man weiß wonach man sucht) in den allgemeinen bayerischen Verwaltungsanordnungen usw.

        Vom Prinzip her wurden grundlegende Erlaubnisse (die tatsächlich meist auf die Anfrage einzelner Landwehrverbände zurückgingen) und die von königlicher Seite genehmigt werden mussten in Verwaltungsvorschriften oder Gesetzblättern abgedruckt. Die daraus folgenden Einzelbestimmungen und Detailausarbeitungen gingen aber direkt an die einzelnen Landwehrkreise und wurden dort umgesetzt. Diese Kreise erließen dann wieder ihre eigenen Anordnungen usw. Beispielsweise erließ das „K.Kreis-Commando der Landwehr von Unterfranken, Aschaffenburg und Würzburg“ eine eigene Bekleidungsvorschrift für ihren Bereich als „Uniformierung und Armierung der neuzugehenden Landwehrmänner der Infanterie“ und fasste die Punkte die sie gerne bei ihren Landwehrverbänden umgesetzt sehen wollten zusammen. Recherchetechnisch ist das ein Albtraum, da diese Kreisvorschriften nicht zwingend nach Uniformänderungen erschienen und natürlich auch Anordnungen unterschiedlich auslegten. Und man muss sie überhaupt erst einmal finden!


        Nachweisen kann ich sicher das Säbelgehänge für Offiziere von 1848.

        Verschiedene Abdrucke die Uniformänderungen der Landwehr von 1848 betreffend habe ich unten angehängt.

        Am 20.Juli 1848 wurde den Infanterie und Artillerie Offizieren gestattet den Säbel – zuerst an einem schwarzen Säbelgehänge zu tragen.

        Das wurde am 14.November 1848 um die Trageerlaubnis des „silberbortierten“ Gehänges erweitert.

        Die bereits oben angesprochene Bekleidungsvorschrift für Unterfranken, Aschaffenburg und Würzburg vom 3.Juni 1851 gibt an: „Oberoffiziere Schwingkoppel mit Silberbortenbesatz wie beim Heer zu Paraden und Aufwartungen. Bei Füsilieren mit schwarzem Saffian gefüttert, bei Schützen mit grünem.“

        Soweit ich das nachvollziehen kann bekamen die wenigen Grenadierkompanien die Erlaubnis das Säbelgehänge mit rotem Saffian gefüttert zu tragen. Auch Unterlagen zur Landwehr in Weissenburg bestätigen die drei verschiedenen Saffian-Farben für die unterschiedlichen Infanterie Zweige.

        Andreas S.Lüneburg gibt auf der Website www.bayern-buergerwehr.de an (leider ohne Quelle), dass auch die Kavallerie dieses Gehänge mit schwarzem Saffian gefüttert tragen hätte dürfen.

        Es gibt auch einige Fotos von Infanterie-Landwehroffizieren die so um 1860 bis 1865 entstanden sind, die alle dieses Parade-Säbelgehänge zeigen. Damit sollte dieses Rätsel gelöst sein.




        Für den Kartuschkasten mit Bandelier kann ich das bisher nur ableiten. 1826 wurde das Gurtzeug der Landwehr Kavallerie schwarz. Für die Offiziere der Kavallerie hieß es: „Kartusche an schwarzem Bandelier mit weißmetallenem Beschlag, Säbelkoppel schwarz, Beschlag weiß.“

        Dietrich Monten hat so einen Offizier 1836 gemalt der diese Kartusche mit Bandelier zeigt. Leider kann ich über alles danach nur raten, weil es mir bisher nicht gelungen ist eine Uniformvorschrift für die Landwehrkavallerie ausfindig zu machen. Die meisten Landwehr Kavallerie Eskadrons haben sich um 1840 aus Kostengründen aufgelöst (der Landwehrmann musste das Pferd auf eigene Kosten stellen). Da es aber oben genannte Hinweise gibt dass auch für die Kavallerie das „silberbortierte“ Säbelgehänge erlaubt war vermute ich dass auch das zugehörige Bandelier mit Kartusche in dieser Ausführung erlaubt wurde. Hier geht die Suche weiter. Im Grunde würde schon ein Foto eines Landwehr-Kavallerie Offiziers der Kartusche und Bandelier in Paradeausführung trägt reichen um die Zuordnung zu bestätigen. Abschließend passt das auch zu der von Axel genannten Beobachtung dass die schwarze Belederung zwischen 1848 und 1870 vorkommt. Wie oben gezeigt wurde sie 1848 eingeführt und die bisherige Bayerische Landwehr wurde in der Zeit 1868 bis 1870 aufgelöst und in die bestehenden Militärstrukturen überführt.


        Besten Gruß,
        Andreas
        Angehängte Dateien

        Kommentar

        • Gardekosak
          Erfahrener Benutzer
          Sergent-Major
          • 24.03.2015
          • 210

          #19
          Hallo Andreas,

          vielen Dank für die interessante Informationen. Kannst Du die Abbildungen bitte etwas größer machen, ich habe etwas Schwierigkeiten es zu lesen. Bezüglich der Säbelgehänge Modell 1848 aus schwarzem Leder denke ist das Rätsel gelöst. Das klingt alles sehr plausibel.

          Ob das auch für die Kartuschkästen der Fall war ist noch die Frage. Anbei ein Bild eines Offiziers der bayerischen Landwehrkavallerie nach 1848. Die Bandolierbeschläge scheinen identisch mit der des regulären Militärs. Aber der Kartuschkasten hat das aussehen des Modells 1812 für Artillerie und Gendarmerie. Nur sind alle Beschläge aus weißem Metall und nicht aus Messing.


          Gruß Axel

          Angehängte Dateien

          Kommentar

          • vizenz
            Benutzer
            Tambour
            • 17.06.2012
            • 46

            #20
            Hallo Axel,
            das ist ein einfacher Kavallerist und kein Offizier. Es fehlen ein paar Details (wie zum Beispiel das Herrschermonogram auf der Schabracke usw.). Zu datieren ist er nach 1850 (Einführung des Helms für die LW-Kavallerie).
            Darf ich fragen woher die Abbildung stammt und ob es mehr davon gibt?

            Besten Gruß,
            Andreas

            Neuer Versuch mit den Anhängen... (Edit:. hat geklappt. Anscheinend mag das System hier keine png Dateien.)
            Angehängte Dateien
            Zuletzt geändert von vizenz; 27.06.2025, 18:30.

            Kommentar

            • Gardekosak
              Erfahrener Benutzer
              Sergent-Major
              • 24.03.2015
              • 210

              #21
              Landwehr München.jpg Hallo Andreas,

              vielen Dank für die größeren Kopien. Ich war überzeugt das der abgebildete Reiter ein Offizier ist. Ein Bandelier mit Räumnadelbeschlägen und ein Säbelgehänge mit Löwenkopfschließen trugen beu der regulären Kavallerie nur Offiziere. War das bei der Landwehr anders?

              Die Abbildung stammt aus einem Buch mir mehreren Zeichnungen der Münchner Landwehr aus dem Jahr 1851 (siehe Bild).

              Beste Grüße

              Axel

              Kommentar

              • vizenz
                Benutzer
                Tambour
                • 17.06.2012
                • 46

                #22
                Hallo Axel,
                danke für den Hinweis. Ich habe das Buch gefunden und bewundere die schönen Abbildungen. Leider zeigt es aber für Kavallerie und Artillerie keine Offiziere.
                Landwehr-Kavalleristen trugen Säbelgehänge mit Löwenkopfschließen und Bandeliere mit Räumnadelbeschlägen. Von letzteren gab es aber anscheinend Unterschiedliche. Ich kenne Stücke die nicht diese Wappenform der Zeichnung, sondern ein einfaches oval aufweisen.
                Neben einer ganzen Reihe Kleinigkeiten ist der Reiter am einfachsten am leeren Kragen als einfacher Soldat zu erkennen. Als Offizier würde er dort entsprechende Rangabzeichen tragen.

                Besten Gruß,
                Andreas

                Kommentar

                • Gardekosak
                  Erfahrener Benutzer
                  Sergent-Major
                  • 24.03.2015
                  • 210

                  #23
                  Hallo Andreas,

                  wenn ich mir die Abbildung des Reiters der Münchner Landwehr genau anschaue, müsste der Kartuschkasten samt Bandelier in etwa so ausgeschaut haben.

                  Was meinst Du?

                  Gruß Axel
                  7fbd5105-fc5e-46b1-8234-b1400073d8e0.jpg 10a81f4a-b5fe-4fdb-82ef-b1400073d5b1.jpg b70cd685-bb1f-41d2-9765-b1400073d449.jpg

                  Kommentar

                  • Gardekosak
                    Erfahrener Benutzer
                    Sergent-Major
                    • 24.03.2015
                    • 210

                    #24
                    Hallo Andreas,




                    dieses Bild scheint Deine Vermutung bezüglich der Kartuschkästen und Bandeliere der Landwehrkavallerie zu bestätigen. Es trägt auf dem Rahmen die Inschrift „ "Philipp von Mühlhäuser, Gutsbesitzer Vilshofen, 1801-1865". Das Bandelier hat das selbe aussehen wie das der Offiziere der Linienkavallerie. Also so der Kartuschkasten (leider nicht abgebildet) wohl identisch aus.

                    Gruß Axel
                    Philipp_von_Mühlhäuser.jpg

                    Kommentar

                    • vizenz
                      Benutzer
                      Tambour
                      • 17.06.2012
                      • 46

                      #25
                      Hallo Axel,
                      es ist großartig wenn zwei Leute nach dem Gleichen suchen. Jeder findet ganz eigene Bruchstücke! Auch das ist wieder ein wunderbar detailliertes Gemälde! Man sieht schön den Kavallerie-Helm hinter dem Säbel des Majors stehen. Mittlerweile finde ich gefallen an der Landwehr Recherche!
                      Schade dass der Kartuschkasten komplett im Schatten liegt. Ich habe gestern Abend noch einen ähnlichen Fund gemacht, allerdings als Fotografie. Das besondere an dem Bild ist, dass es sich um einen Oberleutnant der LW-Artillerie handelt! Damit dürfte bestätigt sein dass auch diese Offiziere die Paradeausführung von Kartusche und Bandelier tragen durften. Leider ist aber auch hier die Kartusche selbst überhaupt nicht zu sehen. Rein nach der Waffenfarben Logik würde ich hier allerdings rotes Leder als Unterlage vermuten.

                      Ich denke mit dem ersten Bandelier mit Kartuschkasten liegst du richtig. Es sieht auch so aus als wären die Monogramme gewechselt worden. Allerdings sind hier verschiedene Varianten denkbar. Anders als bei der Armee scheint man bei der Landwehr versucht zu haben sich im Rahmen der Möglichkeiten von anderen Einheiten zu unterscheiden. Monten zeigt (allerdings 20 Jahre früher) zum Beispiel die Jägerformationen von München, Nürnberg und Würzburg, und obwohl alle theoretisch gleich aussehen sollten sieht jede Einheit im Detail anders aus. Ich bin die letzte Tage sogar irgendwo über einen Infanteristen gestolpert der an der Patronentasche ein Schildchen in Wappenform für die Räumnadel nach Muster der Kavallerie-Bandeliere trug.
                      Die Suche geht auf jeden Fall weiter. Zum einen möchte ich natürlich den Kartuschkasten M1837 noch bildlich oder schriftlich bei der Landwehr nachweisen. Zum anderen habe ich in den letzten Tagen für mich selbst einen Fragenkatalog zur Uniformierung aufgebaut und auch einige Hinweise auf Landwehrformationen bei mir im Umfeld entdeckt denen ich nachgehen möchte.

                      Besten Gruß,
                      Andreas
                      Angehängte Dateien

                      Kommentar

                      • Gardekosak
                        Erfahrener Benutzer
                        Sergent-Major
                        • 24.03.2015
                        • 210

                        #26
                        Hallo Andreas,

                        das ist ja auch ein interessantes Thema. Was sagst Du zu diesem Bandelierbeschlag. Ich hatte vermutet er gehört ebenfalls zu Landwehr. Das Motto auf dem Schild würde jedenfalls dazu passen.
                        Beste Grüße
                        Axel DSC00163.jpg

                        Kommentar

                        • Gardekosak
                          Erfahrener Benutzer
                          Sergent-Major
                          • 24.03.2015
                          • 210

                          #27
                          Hallo Andreas,

                          kannst Du mir eventuell Deinen Fragenkatalog übermitteln. Vielleicht kann ich Dir bei der Beantwortung helfen.
                          Gruß Axel

                          Kommentar

                          • vizenz
                            Benutzer
                            Tambour
                            • 17.06.2012
                            • 46

                            #28
                            Zitat von Gardekosak Beitrag anzeigen
                            ... Ich hatte vermutet er gehört ebenfalls zu Landwehr. Das Motto auf dem Schild würde jedenfalls dazu passen.
                            Hallo Axel,
                            dem ersten Eindruck nach schon. Allerdings irritiert mich das weiße Lederzeug. Und dieser Spruch war soweit verbreitet dass ich ihn in erster Linie nicht auf Bayern beziehen würde. Gerade in späterer Zeit wurde dieses Motto ja u.a. hauptsächlich von der Preußischen Landwehr benutzt.

                            Besten Gruß,
                            Andreas

                            Kommentar

                            • Gardekosak
                              Erfahrener Benutzer
                              Sergent-Major
                              • 24.03.2015
                              • 210

                              #29
                              Hallo Andreas,
                              die Räumnadelbeschläge in Preussen hatten eine ovale Form. Der Beschlag befindet sich an einem Bandelier in der typischen bayerischen Form (Löwenköpfe zur Befestigung am Kartuschkasten). Mit der weißen Farbe des Leders hast Du recht. Ich kenne das auch nur vom Lederzeug von Mannschaften. Deswegen war meine Gedanke Landwehr oder eventuell auch freiwillge Jäger?

                              Gruß Axel

                              DSC00157.jpg DSC00153.jpg

                              Kommentar

                              • vizenz
                                Benutzer
                                Tambour
                                • 17.06.2012
                                • 46

                                #30
                                Hallo Axel,
                                du bist der Fachmann zu Realien. Ich vergleiche nur was sich darüber in der Literatur und in Abbildungen finden lässt. Ich befasse mich jetzt erst seit wenigen Tagen überhaupt mit der Bayerischen Landwehr und es lassen sich Skizzen und Abbildungen mit abweichenden Plaketten/Beschlägen am Lederzeug finden. Da würde dieses Stück theoretisch ganz gut ins Schema passen. Was aber überhaupt nicht passt ist die weiße Lederfarbe. 1807 war dieses zwar weiß für die LW-Kavallerie, aber irgendwie möchte ich diesen Spruch in die Befreiungskriege oder später verorten. Und bereits 1813/14 findet sich nur noch schwarzes Lederzeug. Für das National-Chevauleger-Regiment und die Ulanen ist so ein Beschlag auch nicht beschrieben.
                                Was sagt dir deine Erfahrung zur Datierung?
                                Besten Gruß,
                                Andreas

                                Kommentar

                                Lädt...
                                X