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Nee, Danzig war "Freie Stadt" und eine "Republik", faktisch allerdings von einem frz. Gouverneur verwaltet.
Gruss, muheijo
Der französische Gouverneur war General Jean Rapp,Elsässer(daher zweisprachig), Adjutant Napoleons,gebürtig aus Colmar(wo ein schönes Denkmal
zu seinen Ehren steht) und der ebenfalls SEHR interessante Memoiren hinter-
lassen hat.
Auf dem Bild von Lefebvre,zu Austerlitz,das sich in der Schlachtengalerie von Versailles befindet,sieht man Rapp von links herbeistürmend,der den Sieg über
die russische Kaisergarde an Napoleon meldet.
Rapp war ein geradliniger,ehrlicher Haudegen,der sich kein Blatt vor den Mund
nahm-und eben deshalb auch von Napoleon geschätzt wurde.Daher sind auch
seine Memoiren wertvoll,da ungeschminkt.
Gruss,
IRENE.
Danzig war auch eine der letzten Festungen,die 1814 vor den Alliierten kapituliert hat.
Der Schwerpunkt des Zitats, der für das Thema hier relevant ist, lag nicht "nationalistische deutsche Geschichtsschreibung" sondern auf der Preußen auferlegten Stellung von Seeleuten. Die Stellung von Soldaten zur Grande Armée war ja wohl eher bekannt. Was die Häfen angeht, geht es nicht um Handelshäfen, Handelsschiffe hatten in der Regel nicht den Tiefgang von Linienschiffen. Bordeaux war vor der Revolution ein großer Handelshafen und dennoch wurden dort keine Linienschiffe gebaut.
Verstehe ich nicht. Ein voll beladenes Handelsschiff hatte sicherlich einen größeren Tiefgang als manches Kriegsschiff. Es geht hier auch weder um Handelshäfen noch um Linienschiffe. Der Punkt ist einfach nur, dass man auch in Handelshäfen Kriegsschiffe bauen kann, weil es dort Werften und die entsprechenden Handwerker gibt. Die gab es auch in Danzig. Was die Marine betrifft hatte Napoleon absolut keine Ahnung. Sein Bruder Jerome war ja nicht nur König von Westphalen, sondern seit 1807 auch Admiral der französischen Kriegsflotte. Kann man bei Napoleonwiki nachlesen.
Der französische Gouverneur war General Jean Rapp,Elsässer(daher zweisprachig), Adjutant Napoleons,gebürtig aus Colmar(wo ein schönes Denkmal
zu seinen Ehren steht) und der ebenfalls SEHR interessante Memoiren hinter-
lassen hat.
Auf dem Bild von Lefebvre,zu Austerlitz,das sich in der Schlachtengalerie von Versailles befindet,sieht man Rapp von links herbeistürmend,der den Sieg über
die russische Kaisergarde an Napoleon meldet.
Rapp war ein geradliniger,ehrlicher Haudegen,der sich kein Blatt vor den Mund
nahm-und eben deshalb auch von Napoleon geschätzt wurde.Daher sind auch
seine Memoiren wertvoll,da ungeschminkt.
Gruss,
IRENE.
Danzig war auch eine der letzten Festungen,die 1814 vor den Alliierten kapituliert hat.
Persönliche Memoiren mögen zwar wertvoll sein, aber objektiv sind sie nicht. Niemand gibt gern Fehler zu.
Persönliche Memoiren mögen zwar wertvoll sein, aber objektiv sind sie nicht. Niemand gibt gern Fehler zu.
Memoiren werden gegeneinander abgeglichen in der Beurteilung einer Sachlage.
Ansonsten werden und sollen sie gelesen werden.
Und ob objektiv oder nicht,davon war hier nicht die Rede.
Und von dem Eingeständnisse von Fehlern,schon gar nicht.
Verstehe ich nicht. Ein voll beladenes Handelsschiff hatte sicherlich einen größeren Tiefgang als manches Kriegsschiff. Es geht hier auch weder um Handelshäfen noch um Linienschiffe. Der Punkt ist einfach nur, dass man auch in Handelshäfen Kriegsschiffe bauen kann, weil es dort Werften und die entsprechenden Handwerker gibt. Die gab es auch in Danzig. Was die Marine betrifft hatte Napoleon absolut keine Ahnung. Sein Bruder Jerome war ja nicht nur König von Westphalen, sondern seit 1807 auch Admiral der französischen Kriegsflotte. Kann man bei Napoleonwiki nachlesen.
Das stimmt eben nicht. Korvetten konnte man in Handelshäfen bauen. Der wesentliche Bestandteil der damaligen Kriegsflotten waren aber die Linienschiffe, die je nach Rang und Ladung 7 bis 9 m Tiefgang hatten (60 bis 70m Länge). 74 bis 120 Kanonen mit meist größerem Kaliber als die der Feldartillerie und 800 bis 1100 Mann Besatzung verursachten einen wesentlich bedeutenderen Tiefgang als bei den dagegen recht kleinen Handelsschiffen. Der Tiefgang war wie bei heutigen Häfen ein Problem. Napoleons Kriegsschiffe in Antwerpen wurden meist erst flussabwärts mit der Artillerie beladen. Die Werften für Kriegsschiffe gelten als eine der größten organisatorischen Leistungen vor der industriellen Revolution. Man sollte also sehr vorsichtig sein, wenn man Napoleon "Unbedarftheit in maritimen Sachen" vorwirft. Ich sehe keinen Zusammenhang mit Jérôme. Napoleon hatte diesen, lange bevor er Kaiser wurde, persönlich zur Marineschule gebracht. Jérôme war immerhin in der Lage ein Linienschiff zu führen. Ich bezweifle, dass viele Benutzer dazu heute in der Lage wären.
Das stimmt eben nicht. Korvetten konnte man in Handelshäfen bauen. Der wesentliche Bestandteil der damaligen Kriegsflotten waren aber die Linienschiffe, die je nach Rang und Ladung 7 bis 9 m Tiefgang hatten (60 bis 70m Länge). 74 bis 120 Kanonen mit meist größerem Kaliber als die der Feldartillerie und 800 bis 1100 Mann Besatzung verursachten einen wesentlich bedeutenderen Tiefgang als bei den dagegen recht kleinen Handelsschiffen. Der Tiefgang war wie bei heutigen Häfen ein Problem. Napoleons Kriegsschiffe in Antwerpen wurden meist erst flussabwärts mit der Artillerie beladen. Die Werften für Kriegsschiffe gelten als eine der größten organisatorischen Leistungen vor der industriellen Revolution. Man sollte also sehr vorsichtig sein, wenn man Napoleon "Unbedarftheit in maritimen Sachen" vorwirft. Ich sehe keinen Zusammenhang mit Jérôme. Napoleon hatte diesen, lange bevor er Kaiser wurde, persönlich zur Marineschule gebracht. Jérôme war immerhin in der Lage ein Linienschiff zu führen. Ich bezweifle, dass viele Benutzer dazu heute in der Lage wären.
Jerome ist wohl der einzige Fall in der Geschichte, bei dem ein fahnenflüchtiger Marineoffizier später Admiral wurde. So einen macht man nicht zum Admiral. Das war für alle französischen Marineoffiziere ein Schlag ins Gesicht. Dass ihm jegliche miltärischen Fähigkeiten fehlten hat Jerome 1812 in Russland bewiesen. Noch einmal, es geht hier nicht um Linienschiffe, sondern um maritime Versäumnisse Napoleons. In der Ostsee gab es Häfen wie Lübeck, Wismar, Stettin, Rostock, usw. Da gab es Werften und Fachleute, die Schifffe bauen konnten. Auch Kriegsschiffe. Sind da Kriegsschiffe gebaut worden? Hat man Küstenbatterien in Dänemark errichtet, um die Eingänge zur Ostsee zu überwachen?
Nun ja, unbedarft wäre Napoleon gewesen, hätte er in preussischen Häfen Kriegsschiffe bauen lassen wollen. Absurd ist schon die Annahme, Preussen und Russland hätten nach 1807 gewissermassen als verlässliche Partner Kriegsschiffe für Frankreich bauen können. Schliesslich handelte es sich um besiegte bzw. nur vorübergehend ruhig gestellte Feinde, nicht um liebe Freunde.
Zur Frage, ob in preussischen Häfen ganz allgemein Kriegsschiffe hätten gebaut werden können. Sicher. Korvetten wurden schon genannt, aber sicher auch die um ein Vielfaches wichtigeren Fregatten und sogar 74- und 80-Kanonen Linienschiffe. Dazu hätte es aber sicher neuer Schwimmdocks und tieferer Hafenbecken bedurft, möglicherweise hätte man für den Bau von Zweideckern sog. "Schiffskamele“ verwendet, so wie dies die Holländer seit dem späten 17. Jahrhundert taten. Nicht einmal sie haben es aber geschafft, die technischen Voraussetzungen für den Bau von. Dreideckern zu schaffen. Dreidecker wären in Häfen mit relativ flachen Gewässern trotz "Schiffskamelen" also wohl kaum zu bauen gewesen.
Entsprechende Ausbauten der Häfen hätten aber materiell und personell immense Kosten verursacht, denn die Ostsee wurde ja von feindlichen (die Royal Navy war dort) und potentiell feindlichen (v.a. Russlands Baltische Flotte) Seestreitkräften kontrolliert. Meerseitig hätten also auch die Befestigungen massiv ausgebaut werden müssen, um sich vor Überfällen zu schützen. Mit gutem Grund. Man denke bspw. an das Schicksal Kopenhagens 1801 und 1807, aber auch französisch-flämischer Häfen wie Walcheren/Antwerpen und Rochefort, 1809). Landseitig hätten die Verteidigungsanlagen augfrund der gestiegenen Bedeutung der preussischen Häfen gleichfalls ausgebaut werden müssen, was wiederum eine massive und permanente Aufstockung der französischen Garnison bedingt hätte – mit Franzosen und Truppen zuverlässiger Verbündeter Frankreichs. Wie gesagt, man befand sich de facto in Feindesland. Eine preussisch-russisch-britische Zusammenarbeit hätte das Ende jeglichen französischen Ostsee-Kriegshafens bedeutet und den Gegnern Napoleons zudem eine schöne Kriegsbeute frei Haus geliefert.
Weiter wäre es nötig gewesen (um die Preussen anzuleiten/anzulernen), französische Schiffsingenieure und Handwerker aus Frankreich abzuziehen, wo sie dringend benötigt wurden, denn selbstverständlich hätten auch in Ostsee-Häfen gebaute Schiffe nach französischen Spezifikationen (in erster Linie nach dem System Sané) für die französische Flotte gebaut werden müssen. Und die hätten dort auch armiert werden müssen – mit französischen Schiffskanonen. Unbewaffnete Schiffe hätte man ja schwerlich in die Arme der wartenden gegnerischen Flotten laufen lassen können. Und die Kanonen hätte man entweder aus Frankreich über Land herbeischaffen oder an Ort in eigens neu erstellten Manufakturen herstellen müssen. Wie hätte das denn gehen sollen? Unvorstellbar.
Und dann die Besatzungen. Nicht, dass die von Preussen zu stellenden Seeleute vorab Angehörige der Handelsmarine waren, wäre das Problem gewesen. Auch die französischen Seeleute der französischen Marine wurden bevorzugt in der Handelsmarine rekrutiert. Das Problem wäre gewesen, dass eine französische Ostseeflotte ausschliesslich Matrosen einer besiegten und feindlich gesinnten Nation zur Verfügung gehabt hätte (Frankreich konnte keinen einzigen Matrosen entbehren). Da hätte man eine ganze Menge französischer Regimenter als Seesoldaten abstellen müssen, um eine ganze Flotte mit zwangsrekrutierten Seeleuten unter Kontrolle zu halten. Was passiert wäre, wenn man die in Richtung Atlantik beordert hätte, um französische Einheiten zu treffen, und dabei auf eine oder mehrere britische Flotte(n) gestossen wäre, lässt sich ja leicht ausmalen.
Nein, Napoleon war keinesfalls völlig unbedarft in maritimen Fragen. Sein Ziel war eine starke französische Kriegsmarine, um den Briten weltweit die Seeherrschaft und damit die Herrschaft über die Kolonien, ihr wirtschaftliches Rückgrat, streitig zu machen. Dafür kurbelte er ein neues Flottenbauprogramm an. Gebaut werden sollten die neuen Schiffe (und wurden sie auch, soweit man sie fertig stellen konnte) vorab in den französisch-flämischen Atlantik-Kriegshäfen (einige auch in Toulon und italienischen Häfen). Diese Häfen hatten die Kapazität und die Infrastruktur, die dafür nötig waren. Sicher, einiges musste ausgebaut oder erneuert werden, aber das wesentliche war vorhanden. Der Grossteil der Befestigungen war gebaut, die Häfen lagen zumeist im eigenen Land oder einigermassen freundlich gesinnten Nachbarländern. Auch die Holländer waren so franzosenfeindlich nicht. Schliesslich waren es die Briten, die seit dem 17. Jahrhundert der erbittertste und ungeliebteste Rivale der Kolonialmacht Holland waren. Geliebt hat man die Engländer sicher nicht.
Und von französischen Häfen, wären solche neue Flotten auch ausgelaufen.
Wenn Napoleons Absichten im Sand verliefen, dann weil zu viel zu schnell gebaut werden sollte, bspw. auch das Baumaterial minderwertig war (etwa zu wenig lang gelagertes Holz), v.a. aber natürlich deshalb, weil er selber immer wieder seine eigenen Pläne sabotierte (Streichung finanzieller Mittel zugunsten der Armee, massiver Entzug von Personal infolge Zuweisung zur Armee, etc.), wobei man aber fairerweise nicht vergessen darf, dass Frankreich halt nun einmal nicht nur Seemacht war (immerhin zweitstärkste Flotte nach England), sondern auch Landmacht. Beidem zugleich gerecht zu werden, hat keine französische Regierung je geschafft, auch nicht unter weniger aggressiven Regimes.
Fazit: Die Idee, dass man im feindlichen und auf Rache sinnenden, bei der ersten Gelegenheit mit den Engländern und Russen zur Kooperation bereiten Preussen französische Kriegsschiffe von preussischen Handwerkern bauen und mit preussischen Seeleuten hätte bemannen wollen oder können, ist geradezu hirnrissig. Was Napoleon brauchte und auch von allen befreundeten, besetzten oder besiegten Nationen, die dazu in der Lage waren, einforderte, war das, was Frankreich am meisten fehlte: Seeleute. Preussen hatte welche, also wollte er sie. Und zwar, um französische, in französischen Häfen gebaute, von französischen Häfen auszulaufende neue Flotten zu bemannen. Es ist nicht anzunehmen, dass er ganze Schiffe mit preussischen Seeleuten bemannt hätte, obschon es französische Flottenpolitik war, Schiffsbesatzungen möglichst einheitlicher Herkunft zu bilden. Das geschah innerfranzösisch z.B. dadurch, dass Schiffe wenn immer möglich nur mit Bretonen, oder nur mit Provençalen bemannt wurden. De facto wurde das System aber oft durchbrochen: zu viele Ausfälle, zu wenige Reserven. Einzelne Schiffe wurden scheinbar auch wenn nicht gänzlich so doch mehrheitlich mit Seeleuten befreundeter Nationen bemannt (z.B. Holländer, Dänen). Aber den Preussen, als zwangsrekrutierte und natürlicherweise unzuverlässige Angehörige einer besiegten Feindnation, wäre dieses Privileg wohl kaum zugestanden worden.
Zuletzt geändert von Tellensohn; 01.03.2014, 18:10.
Danke Tellensohn für diesen wirklich ausführlichen und interessanten Beitrag. Leider vergisst du eins. Die baltische Flotte der Russen spielte in der Planung Napoleons überhaupt keine Rolle. Wie sonst ist das zu erklären, dass die Russen 1812, als Pfand für Kredite aus Großbritannien, 20 ihrer Kriegsschiffe in der Ostsee den Briten überließen?
Mich würde auch mal interessieren, warum man einen fahnenflüchtigen Marineoffizier, dessen einzige Qualifikation darin besteht, dass er der Bruder von Napoleon war, zum Admiral macht?
Mich würde auch mal interessieren, warum man einen fahnenflüchtigen Marineoffizier, dessen einzige Qualifikation darin besteht, dass er der Bruder von Napoleon war, zum Admiral macht?
Hallo Muheljo!
Ja,Jérôme hat in den USA Fahnenflucht begangen.Er war in der französischen
Marine,als sein Schiff in den USA (Baltimore) anlegte und er sich in eine Miss Patterson verliebt ( und auch geheiratet) hatte,verließ er sein Schiff.Er kehrte
aber nach Frankreich zurück,Napoleon war wütend auf ihn und hat ihn zur Scheidung gezwungen.Später musste er dann Katharina von Würtemberg
heiraten.Obwohl er Katharina dauernd betrogen hat war es eine gute Ehe und
beide wurden zu den "Stammeltern" der heutigen Bonaparte Familie.
Was Miss Patterson anbelangt,so musste sie in England sitzen bleiben,Einreise
in Frankreich wurde ihr(meines Wissens) nicht gestattet,Ausserdem wurde sie
von Jérôme geschieden.Interessanterweise hat sie das Alles Napoleon garnicht
übelgenommen und bewunderte ihn angeblich weiterhin.
Allerdings wurde sie auch zur Stammmutter der "amerikanischen" Bonapartes,
sie gebar einen Sohn und einer der Nachfahren wurde zum Mitbegründer der
CIA.Die amerikanischen Bonapartes sind aber ausgestorben.
Wenn Du vielleicht die große Gedenkausstellung in Kassel(2008)gesehen hast-
schöner Katalog!- dort war ein schönes großes Porträt von ihr(mitsamt Sohn)
zu sehen.
Was den Admiralstitel anbelangt.....!? Titelwirtschaft ! Ich glaube,Murat und
Joseph bekamen den auch!
Viele Grüsse,
IRENE.
P.S.IRRTUM MEINERSEITS: Korrektur:
Jérôme hat sein Schiff schon in den Antillen verlassen,hat sich in die USA begeben und in Baltimore Miss Patterson geheiratet.
Auguste Thomazi
LES MARINS DE NAPOLEON
Bibliotheque Napoleonnienne
Jules Tallandier,1978.
Geschrieben von einem anerkannten Marineoffizier,aus altem Seefahrergeschlecht.
Grüsse,
IRENE.
Auguste Thomazi (1873-1959) war Marinehistoriker. Es gibt von ihm mehrere Bücher zur französischen Marine. Unter anderem auch zu Trafalgar. Das von Irene erwähnte Buch gibt es hier http://www.amazon.de/Les-marins-Napo.../dp/2847341374
Nun, was immer Thomazi auch geschrieben haben mag (ich kenne ihn nicht), die Geschichte, wie sie hier ziemlich verkürzt erzählt wird, stimmt so nicht. Der Schreiberling, der den Artikel über Jérôme Bonaparte für die deutsche Wikipedia verfasst hat, fabuliert übrigens einen unglaublichen Stuss zusammen:
1. Die Brigg "L'Épervier", die Jérôme kommandiert hatte, wurde erst im Juli 1803 gekapert, da befand sich Jérôme längst in den USA. Und zwar mit Billigung des Vizeadmirals Villaret-Joyeuse. Es ging ja gerade darum, Jérôme nicht in Hände der Briten fallen zu lassen. So, wie es der Wiki-Schreiberling formuliert, hätte Jérôme in englische Hände fallen müssen...
2. Jérôme wurde tatsächlich nicht 1803 "fahnenflüchtig", sondern 1806, als er sich unbefugt vom Geschwader des Konteradmirals Willaumez absetzte.
3. Willaumez's Kampagne von 1806 wird noch nicht einmal ordentlich erwähnt ("...nach der Schlacht von Trafalgar...". Die war am 21. Oktober 1805!).
4. Jérôme kehrte erst Ende August 1806 nach Frankreich zurück, wurde im September noch rasch zum Konteradmiral ernannt und verliess die Marine (spätestens) Ende Februar 1807.
Über die Umstände der "Fahnenflucht" Jérômes findet sich in der Literatur Abweichendes. Jean Vichot (L'Album de l'Amiral Willaumez, Paris: Musée de la Marine, 1973(?), o.S.) etwa schreibt folgendes:
"...le 1er août 1806, on s'aperçut que pendant la nuit [ich verstehe: während der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August], le Vétéran. commandé par le prince Jérôme Bonaparte, avait abandonné l'escadre. Willaumez lança ses bâtiments à sa recherche, mais en vain. Dans la nuit du 19 août un terrible ouragan s'abattit sur eux: la plupart furent désemparés et l'on ne put ensuite les rallier..."
Dagegen heisst es bei Pierre Jullien ("Jérôme Bonaparte. Capitaine de Vaisseau de la Marine Impériale 1800-1806", in: Neptunia 124 (1976), S.37-50), dass Jérômes Vétéran bereits am 29. Juli ("Le lendemain [des "28 juillet"]) durch einen heftigen Orkan von Willaumez Geschwader getrennt worden sei und Jèrôme das genutzt habe, um sich abzusetzen (S.48).
Bei Vichot also erst Jérômes Absetzen, dann der Sturm, bei Jullien erst der Sturm, dann Jérômes Absetzen.
Wie auch immer. Einigkeit besteht offensichtlich darüber, dass Jérômes Handlungsweise nicht legitimiert war. Eines scheint sicher: mit Feigheit hatte Jérômes "Fahnenflucht" nichts zu tun. Der junge Jérôme Bonaparte war - nach Ansicht so ziemlich aller Zeitgenossen - schlicht ein fauler, eitler, anmassender, verantwortungsloser Tunichtgut, der glaubte, sich wegen der Stellung seines Bruders Napoleon so ziemlich alles herausnehmen zu können. Napoleon hatte ihn zur Marine geschickt in der Hoffnung, er würde dort so etwas wie Disziplin lernen. Weit gefehlt. Nicht geholfen hat aber auch, dass Napoleon (zu) schnell bereit war, jeden auch nur im entferntesten "positiv" klingenden Bericht über Jérômes Benehmen und Leistungen überzubewerten. Daher dessen ziemlich unverdiente "Karriere" in der Marine. In der Tat, ein schlagendes Beispiel für "Familienklüngelei".
Im Anhang die relevanten Auszüge aus Julliens Artikel über Jérômes Werdegang in der Marine (Jullien: als dieser Artikel publiziert wurde, Commissaire général de la Marine und Membre de l'Académie de Marine). Der Artikel enthält auch etliche Details zur Patterson-Affaire, die ich aber weggelassen habe, weil hier nicht relevant. Sorry wegen der Schnipselei. Ich hoffe, es ist trotzdem einigermassen leserlich.
Zuletzt geändert von Tellensohn; 02.03.2014, 22:35.
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