Kennzeichnung von Artillerie- und sonstigen Militärfahrzeugen

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  • Da Capo
    Erfahrener Benutzer
    Adjudant
    • 23.10.2006
    • 829

    Kennzeichnung von Artillerie- und sonstigen Militärfahrzeugen

    Aktuell bin ich mal wieder über das Thema Kennzeichnung von Fahrzeugen gestolpert.

    bei den Sachsen ist es folgendermaßen:
    Bei den Geschützen ist die Nummer des Rohres die Nummer des Geschützes, z.B. 6pfd. No 1. Die Rohre sind nach Kaliber und Modellserie durchnummeriert.
    Alle größeren Anbauteile (z.B. Räder) und das Zubehör (Eimer, Wischer, Speichen etc.) werden genauso gekennzeichnet.
    Bei der Kastenprotze befindet sich diese am Kasten auf der Protznagelseite.
    Bei Protzen ohne Kasten vermutlich auf einem der Scheerbäume.
    Die Munitionswagen waren auf beiden Längsseiten des Kastens mit dem Inhalt beschriftet (z.B. 4pfd. Gr. für 4pfündige Granaten). Die Wagennummer befand sich im rückwärtigen Giebel des Deckels. Letzteres galt auch für alle Deckelwagen.
    Reinhold zeigt noch Spezialbeschriftung auf dem Deckel mit "Feld-Apotheke".

    Wie wurde das bei anderen Armee gehandhabt?
    Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.
  • admin
    Administrator
    Colonel
    • 30.09.2006
    • 2692

    #2
    Na, das ist ja wohl wirklich eine harte Nuss, denn so gut mit Archivmaterial wie Du mit den Sachsen sind die meisten wohl nicht (ich auf jeden Fall). Aber fangen wir mal mit den Württembergern an, mit deren Geschütz- und Wagenpark ich mich auseinandersetzen darf.

    Leider gibt das ansonsten exzellente Werk des Strack von Weißenbach nichts in dieser Richtung her; zwar werden Geschütze, Lafetten, Protzen und Wagen recht ausführlich beschrieben, aber auf eine Beschriftung wird nicht eingegangen. Auch im Faber du Faur, immerhin ein Artillerieoffizier der Zeit, findet sich auf keiner der dargestellten württembergischen Geschütze oder Wagen eine Beschriftung.

    Im WGM Rastatt befinden sich mehrere Modelle zur württembergischen Artillerie, die im Katalog zur großen Baden-Württemberg-Ausstellung zur Napoleonischen Zeit abgebildet sind. Da findet sich ein Munitionswagen für 6-Pfünder-Geschütze mit einer Beschriftung "6# Munit" - aber ich vermute, diese war eher zur Identifikation des Stückes und entspricht weniger der damaligen Notation

    WÜ_Munitionswagen6Pfünder.jpg

    Was ich jedoch im Faber du Faur gefunden habe, ist die Abbildung eines von französischer Gardeinfanterie bewachter Munitionswagen in Moskau 1812 - dort findet sich deutlich sichtbar ein kaiserlicher Adler auf dem Deckel.

    image_5695.jpg

    Als Nächstes schau' ich mal, ob ich zu den Bayern etwas mehr finde - z.B. in der mehrbändigen Regimentsgeschichte von Xylander oder auf Adam-Bildern.

    Schöne Grüße
    Markus Stein
    "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben

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    • HKDW
      Erfahrener Benutzer
      Colonel
      • 02.10.2006
      • 2971

      #3
      da gibt es schon ein paar Sachen, aber ich kenne kein Reglement Wurst - 1800 - A.jpg

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      • HKDW
        Erfahrener Benutzer
        Colonel
        • 02.10.2006
        • 2971

        #4
        oder auch aus den sogenannten Camp de Dresde Pulver und Kugelwagen, CdD.jpg

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        • HKDW
          Erfahrener Benutzer
          Colonel
          • 02.10.2006
          • 2971

          #5
          auch Geißler bei Leipzig, leider hab ich da keine bessere Abbildung 1813 schlacht bei Leipzig Fuhrpark Geißler.jpg

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          • HKDW
            Erfahrener Benutzer
            Colonel
            • 02.10.2006
            • 2971

            #6
            nochmal 1813 Ranstädter Tor1813 Voelkerschlacht_vor_dem_Ranstaedter_Tor_am_20._Oktober_1813_89b0822833.jpg

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            • Sans-Souci
              Erfahrener Benutzer
              Major
              • 01.10.2006
              • 1850

              #7
              Hier eine etwas bessere Abbildung. Ob auf den Wagen tatsächlich "Gardes Impériales" stand, statt "Garde Impériale" ?

              0003860.jpg

              Von: https://www.mehlis.eu/media/catalog/...60/0003860.jpg

              Und, in schwarz-weiß: https://upload.wikimedia.org/wikiped...t_Panorama.jpg
              Angehängte Dateien

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              • admin
                Administrator
                Colonel
                • 30.09.2006
                • 2692

                #8
                Bei den Bayern findet sich in der auch Geschütz- und Wagenpark sehr ausführlich beschreibenden mehrbändigen Regimentsgeschichte Xylanders (Bände 1 und 2 für unsere Zeit relevant) kein Hinweis auf eine einheitliche Bezeichnung / Nummerierung der diversen Bestandteile. Einzig der Hinweis wird bei der Beschreibung des für die Bayerischen Armee der Napoleonischen Zeit durchgängig genutzten Manson'schen Systems, dass die Geschützrohre neben Angaben zum Gewicht, des Herstellungsjahres noch einen Namen aus den Bereichen der Mythologie, Geografie und Geschichte. In der Fußnote dazu schreibt Xylander im ersten Band auf Seite 296:

                Z.B. hatte die 1. l. Batt. im Jahre 1812 folgende Geschütze: "Albert V, Falkenberg, Hatzfeld, Rantzau, die Liebkosung, Passau"; die 4. l. Batt.: "Der Erschüttere, Pan, Isadas, Marius, Memnon, das Irrlicht". Schmölzl 1812
                Eine Beschriftung der Munitionswagen ähnlich den o.a. Abbildungen wird ausdrücklich nicht im Xylander angegeben, daher nehme ich an, dass diese nicht angebracht wurde. Dies bestätigt sich auch bei zwei Gemälden Kobells, die in der Residenz hängen ... nämlich zu Brieg 1806 und Polozk 1812. Ich hänge Fotos von Details aus dem Hintergrund der beiden Gemälde an.

                BY_Kobell_Brieg1806_Hintergrund.jpg

                BY_Kobell_Polozk1812_Hintergrund.jpg

                ABER: im "Versuch eines Handbuchs für die Königl. bayerische Artillerie" aus dem Jahre 1847 von Joseph Hütz und Joseph Schmölzl (der oben aus einer Handschrift von ihm zitiert wird), findet sich ein auf Seite 163 ein Abschnitt "Untersuchung der Verbindung der einzelnen Theile, dann ihre Stellung im zusammengesetzten Fahrzeuge"; dort werden Hinweise für das Testen der einzelnen Bestandteile gegeben und am Schluss findet sich folgender Text:

                Nach geschehener Untersuchung sind die als gut erkannten Laffeten, Protzen und Fuhrwerke (unbedeutende Fehler sind sogleich zu verbessern) anzustreichen, zu numerieren und nachdem die Farbe getrocknet ist, weiter zu besehen, ob sie die vorgeschriebene Farbe haben, die allenfalls vorhandenen kleinen Risse ausgekittet und ob si richtig nummeriert und bezeichnet sind.
                Dieses Verfahren könnte auch schon unter Manson Gültigkeit gehabt haben, zumal er 1801 ein Reglement für das Zeughaus und die dort tätigen Handwerker veröffentlichen ließ.

                Ein kleines Bonbon habe ich da auch noch gefunden: im folgenden Abschnitt "Anstrich und Bezeichnung" sind genaue Angaben zu finden, wie die Farben für die Artillerie und den Fuhrpark herzustellen sind - und diese dürften auch zur Napoleonischen Zeit Gültigkeit gehabt haben, da damals auch alles in Silbergrau einzufärben war. Hier dieser Ausschnitt:

                BY_HandbuchArtillerie1847_Farbmischungen.jpg

                Schöne Grüße
                Markus Stein
                "Wenn wir geboren werden, weinen wir, weil wir diese große Narrenbühne betreten" (King Lear) ... jedem also sein ganz persönliches (Hof-) Narrenleben

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                • Spaen
                  Erfahrener Benutzer
                  Sergent-Major
                  • 26.04.2020
                  • 195

                  #9
                  Ich habe zusätzlich die relativ ausführliche Regimentsgeschichte des bayerischen Artillerie-Regiments " Königin Mutter", sowie die Geschichten der Artillerie-Regimenter Garde und 1-25 und noch einige andere in Bezug auf das in Rede stehende Thema durchgeblättert, ohne einen Hinweis auf eine vorgeschriebene Kennzeichnung des Materials zu finden. Auch die Geschichte des Sächsischen Artillerie-Regiments oder die einschlägige Fachliteratur wie Schöning, Müller, Decker oder Malinowski/ Bonin enthalten keinen diesbezüglichen Hinweis. (Wenn nicht überlesen!)
                  Übrigens, das Zeughaus- Reglement von Manson enthält dazu auch keine Angaben.

                  Letztendlich kann man den Sinn dieser Maßnahme durchaus bezweifeln.
                  Im Frieden erhöht es den Aufwand in den Zeughäusern hinsichtlich Zuordnung, Platzbedarf und Organisation. Z.B. in Preußen besetzen die Artillerie-Kompanien erst während der Mobilmachung in unterschiedlicher Weise die Batterien. Die Batterie- Fahrzeuge werden dann entsprechend zugeteilt. Im Kriege ist ständiger Austausch von defektem Material, Geschützen und Fahrzeugen durch die Reserve- Batterien notwendig. Die Friedensorganisation der Artillerie war in Preußen ständigen Änderungen unterworfen, so dass eine geregelte Zuordnung über einen längeren Zeitraum kaum Bestand hatte. Im 19. Jh. bestand darüber hinaus bei den Batterien ein Gemenge aus unterschiedlichem Material. Z.B. wurde noch 1866 teilweise das Material C 16 benutzt.
                  Grundsätzlich soll aber damit nicht eine individuelle, nicht reglementierte Materialkennzeichnung gänzlich ausgeschlossen werden.
                  Einzelne Regiments-oder Batterievorschriften, die mir nicht zur Verfügung stehen, könnten dabei eventuell weiterhelfen.


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                  • Da Capo
                    Erfahrener Benutzer
                    Adjudant
                    • 23.10.2006
                    • 829

                    #10
                    Jede Armee lebte, lebt und wird weiterhin von Listen und Protokollen leben.

                    Jeder, der in einer Armee etwas übergibt oder übernimmt, quittiert dafür.

                    Ein Beispiel:

                    Der Kolonnen-Kommandant einer preußischen Trainkolonne soll im Jahre 1806 mindestens 35, maximal 45 Fahrzeuge übernehmen. Das meisten Fahrzeuge transportieren Artilleriemunition, aber es sind auch Wagen mit Infanteriemunition, 1 Gewehrstein-, 2 Schanzzeug-, 1 Wagenschmier-, und 1 Train- und 2 Train-Brotwagen dabei.

                    Dazu muss zuvörderst der Depotkommandant wissen, wieviel Wagen welcher Art sich im Depot befinden, welche Arbeiten an welchem Wagen noch auszuführen sind und welcher Wagen wie zu beladen ist.

                    Für jeden Wagen ist ein Laderegister zu fertigen, damit die Depotbediensten jeden einzelnen Wagen richtig beladen. Meist werden nicht alle Wagen gleich beladen, da Wagenheber, Schaufel, Radehauen, Notachsen etc. Dinge sein können, die evtl. nur auf jeden zweiten, dritten oder vierten Wagen geladen werden. Hinterher muss die Beladung kontrolliert und protokolliert werden.

                    Dann werden die Wagen vom Depot an den Kolonnen-Kommandanten mittels detailliertem Übergabeprotokoll übergeben, da ab der Übergabe der Kolonnen-Kommandant für das Ganze responsabel ist.

                    Unterwegs fallen u.U. Arbeiten an einzelnen Wagen an, die der Kolonnen-Kommandant aus den ihm übergebenen Berechnungsgeldern zu bestreiten hat. Hierfür erhält er eine Quittung.

                    Nach beendigtem Feldzug rückt die Kolonne wieder im Depot ein. Der Kolonnen-Kommandant übergibt die Kolonne bzw. das, was davon noch vorhanden ist ans Depot. Dabei hat er den Verlust, Neubeschaffungen, Reparaturen etc. pp. bis ins kleinste nachzuweisen.

                    Wie hält man in diesem Prozess die Wagen auseinander?
                    Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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                    • Spaen
                      Erfahrener Benutzer
                      Sergent-Major
                      • 26.04.2020
                      • 195

                      #11

                      Wie hält man in diesem Prozess die Wagen auseinander?

                      Da muss schon mal zeitabhängig unterschieden werden werden zwischen den Batterien mit ihren Fahrzeugen (Fußbatterie 6), dem Artillerietrain und dem Armeetrain. Falls mit dem vorstehenden Beitrag der Artillerietrain gemeint ist, gliedert der sich in eine Parkkolonne mit 26 Fahrzeugen, in eine Laboratorien-Kolonne mit 6 Fahrzeugen ohne eigenes Pferdematerial und der Handwerker-Kolonne mit 7-8 Fahrzeugen mit entsprechendem Führungspersonal. (eventuell Brückenkolonne mal außen vor) Durch die verschiedenen Verantwortlichkeiten innerhalb einer Kolonne dürfte die Gesamtübersicht eher kein größeres Problem darstellen.
                      Der Armeetrain der sich vom Artillerie-Train unterschied, unterstand bekanntlich dem Generalintendanten bzw. nach Tilsit dem General-Kriegs-Kommissariat. Es gibt zwar vielfältige konkrete Anweisungen durch Ribbentrop für alle seine Verantwortungsgebiete, aber zu Wagenkennzeichnungen habe ich bisher bei meinen, doch eher unvollständigen, Unterlagen nichts gefunden.
                      Natürlich wurde Alles in sogenannten "Büchern" festgehalten und bestätigt und bei Notwendigkeit sogar gestempelt. Vermutlich handelt es sich bei den "Büchern" um ähnliche individuelle Unterlagen wie die bei allen Einheiten geführten "Regimentsbücher".
                      Bis zur endgültigen Nachweiserbringung muss man weiterhin davon ausgehen, dass in Preußen eine Wagenkennzeichnung nicht reglementiert, vielleicht sogar nicht üblich war.

                      In Sachsen scheinen mir die Verhältnisse besonders nach der Armee-Reform 1810 durch die Unterstellung des Hauptzeughauses unter die Artillerie und die Besetzung der Batterien durch nur eine konkrete Kompanie um einiges einfacher zu sein. Daneben ist die Angliederung der Handwerkerkompanie an das Zeughaus gewiss auch als zusätzlichen Vorteil zu sehen.

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                      • Spaen
                        Erfahrener Benutzer
                        Sergent-Major
                        • 26.04.2020
                        • 195

                        #12
                        Beim Durchblättern der Offiziersausgabe des 10. Bayerischen Infanterie-Regiments von 1904, II. Teil, Band 5 ist mir folgende Angabe aufgefallen, die zum Thema passt:

                        1813: " Der Marschall gab daher strenge Befehle heraus (Oudinot, um die Disziplin der Bayern während des Waffenstillstandes wieder zu heben) .....um die Aufsicht bei den Wagen zu erleichtern, läßt er alle mit Schildern und Nummern versehen."

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