Hallo Jörg, ich kann leider kein russisch. Was mich an deinem Beitrag überrascht, ist das Krasnow bereits am 6. September tödlich verwundet worden sein soll. An dem Tag gab es angeblich überhaupt keine Gefechte. Ich wäre dir dankbar, wenn du den entsprechenden Teil in deiner Quelle übersetzen würdest.
Schlacht bei Borodino - Nafziger, Mikaberidze, usw.
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Hallo Gunter,
kannst du mir etwas zu Jonathan Gingerich sagen? Ich kenne diese Liste, aber ich weiß nicht, wie seriös Gingerich als Quelle ist. Natürlich gibt es Fehler bei Mikaberidze, aber was besseres gibt es im Moment nicht. Jedenfalls nicht in einer westlichen Sprache. Als gebürtiger Georgier bringt er im Westen unbekannte russische Quellen, die das Bild der Schlacht von Borodino vollkommen verändern.
Die Stärke der russischen Armee betrug bis zu 157.000 Mann und das stammt aus neueren russischen Quellen, die Mikaberidze auch namentlich nennt. Ältere Zahlen beinhalten nur die Stärke der regulären russischen Armee. Die irregulären Truppen (Milizen) wurden nicht mitgerechnet. Die russische Armee war bei Borodino auch keineswegs so heldenhaft, wie es die Propaganda vermitteln will. Die Milizen standen mit Piken hinter den russischen Soldaten, auch um Desertionen zu verhindern. Sie übernahmen die Bergung von Verwundeten, damit sich Soldaten nicht nach hinten verdrückten, mit dem Argument, Verletzte ins Lazarett zu bringen, was damals auf beiden Seiten ein Problem war.
Grüße
Dieter
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Zitat von Gunter Beitrag anzeigenKrasnow-I wurde am 5. schwer verwundet und starb am 6. Wieso er als gefallen geführt wird, bleibt ein Rätsel, ist eben "nur" ein Tag dazwischen gewesen.
Grüße
Gunter
ich habe das gerade nachgelesen und du hast recht. Bisher gab es in der Geschichte keinen russischen General, der bei Schewardino tödlich verletzt wurde. Ich finde das alles sehr merkwürdig und glaube da noch immer an Propaganda. Nehmen wir mal Tutschkow IV. Seine Leiche wurde nie gefunden. Rein theoretisch könnte er auch desertiert sein, was allerdings mehr als unwahrscheinlich ist. Damit solche Gerüchte erst garnicht aufkommen, hat man ihn für tot erklärt, obwohl er eigentlich in die Liste der vermissten Personen gehört.
Gruß
Dieter
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Zitat von KDF10 Beitrag anzeigenHallo Jörg, ich kann leider kein russisch. Was mich an deinem Beitrag überrascht, ist das Krasnow bereits am 6. September tödlich verwundet worden sein soll. An dem Tag gab es angeblich überhaupt keine Gefechte. Ich wäre dir dankbar, wenn du den entsprechenden Teil in deiner Quelle übersetzen würdest.
Weder in den Generals-Listen der Eremitage-Galerie, noch in den Listen der Regimentskommandeure gibt es einen Krasnov (möglicherweise, weil er "nur" Kosak war.
Gruß
JörgThe light at the end of the tunnel
is from an oncoming train.
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Hallo Dieter,
zum Hintergrund von Jonathan Gingerich kann ich dir jetzt auch nichts sagen. Er hat auf seiner kleinen Seite praktisch die Essenz der neusten russischen Erkenntnisse auf Englisch zusammengestellt und dabei arbeitet er sehr akribisch. Ich habe mit ihm auch schon zusammengearbeitet.
Die Kosaken zählten immer extra, nicht zuletzt hatten sie eine eigene Rangliste. Das liegt daran, dass die Kosaken mit wenigen Ausnahmen als irreguläre, eigene Teilstreitkraft zählten. Hat sich schon jemand gewundert, warum Platow bei Borodino nicht die Gesamtführung über den Raid im Norden hatte? Er war doch General der Kavallerie - aber eben nur Kosak.
Grüße
Gunter
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@Dieter,
wie überall waren die Russen auch nicht alle Helden. Man nehme nur das Beispiel des Generals, der nach Austerlitz im Tross seines Regiments im Beisein seiner Frau angetroffen wurde. Der wurde zum Gemeinen degradiert. Auch von einem Leibgardeoffizier bei Borodino gibt es eine ähnlich unrühmliche Geschichte. Selbst von dem im Umgang mit Untergebenen äußerst rüden und rachsüchtigen Araktschejew, der gleichwohl praktisch keine Felderfahrung hatte, wurde erzählt, dass er sich bei Beschuss zügig nach hinten verdrückt hat. Allzu menschlich eben.
Das mit den Generalsverlusten hatte damals eine andere Bedeutung als für uns heute. Generale galten als Trophäen, die man lieber gefangen nahm als tötete. Waren von ihnen viele außer Gefecht gesetzt, dann hatte das immerhin eine propagandistische Wirkung. Heute interessiert uns vielmehr, wie stark die Führungsstruktur durch hohe Verluste gestört worden sein mag.
Grüße
Gunter
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Zitat von joerg.scheibe Beitrag anzeigenDieter, guck mal S.205 unten in "The Russian Officer Corps", das kannst auch Du
Weder in den Generals-Listen der Eremitage-Galerie, noch in den Listen der Regimentskommandeure gibt es einen Krasnov (möglicherweise, weil er "nur" Kosak war.
Gruß
Jörg
Mit kyrillisch kann ich mich momentan leider nur nebenbei beschäftigen. Das Dorf, in dem ich lebe, wird 2022 1.000 Jahre alt. Dazu gibt es einen Arbeitskreis und es soll eine Chronik geben. Ich schlage mich bereits mit alten lateinischen Urkunden rum (pueris sind Kinder und pullos sind Hühner) und mit Urkunden in mittelhochdeutscher Sprache. Eine Schlacht in der Nähe des Dorfes konnte ich bereits datieren, da es dazu eine Urkunde vom 3. Juni 1319 gibt. Aus Sicht dieses Forums war das wohl keine Schlacht. Ich schätze mal, dass da maximal 500 Leute beteiligt waren. Und ein Munikehusen war auch dabei. Später nannte sich die Familie Münchhausen. Die gab es tatsächlich.
Gruß
Dieter
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Zitat von Gunter Beitrag anzeigenHallo Dieter,
zum Hintergrund von Jonathan Gingerich kann ich dir jetzt auch nichts sagen. Er hat auf seiner kleinen Seite praktisch die Essenz der neusten russischen Erkenntnisse auf Englisch zusammengestellt und dabei arbeitet er sehr akribisch. Ich habe mit ihm auch schon zusammengearbeitet.
Die Kosaken zählten immer extra, nicht zuletzt hatten sie eine eigene Rangliste. Das liegt daran, dass die Kosaken mit wenigen Ausnahmen als irreguläre, eigene Teilstreitkraft zählten. Hat sich schon jemand gewundert, warum Platow bei Borodino nicht die Gesamtführung über den Raid im Norden hatte? Er war doch General der Kavallerie - aber eben nur Kosak.
Grüße
Gunter
danke für die Informationen zu Jonathan Gingerich. Viele Kosaken wurden 1812/13 von russischen Offizieren kommandiert, das nannte man Streifkorps, aus denen man später Partisanen machte. Ich will hier nicht wieder mit dem WW II anfangen, aber dass Kosaken nach der Oktoberrevolution 1917 auch für die Weißen, also für den Zaren, kämpften, hat ihrem Ruf in der damaligen Sowjetunion massiv geschadet. Deshalb wird ihre Rolle im Russlandfeldzug 1812 oft vernachlässigt.
Gruß
Dieter
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Zitat von Gunter Beitrag anzeigen@Dieter,
wie überall waren die Russen auch nicht alle Helden. Man nehme nur das Beispiel des Generals, der nach Austerlitz im Tross seines Regiments im Beisein seiner Frau angetroffen wurde. Der wurde zum Gemeinen degradiert. Auch von einem Leibgardeoffizier bei Borodino gibt es eine ähnlich unrühmliche Geschichte. Selbst von dem im Umgang mit Untergebenen äußerst rüden und rachsüchtigen Araktschejew, der gleichwohl praktisch keine Felderfahrung hatte, wurde erzählt, dass er sich bei Beschuss zügig nach hinten verdrückt hat. Allzu menschlich eben.
Das mit den Generalsverlusten hatte damals eine andere Bedeutung als für uns heute. Generale galten als Trophäen, die man lieber gefangen nahm als tötete. Waren von ihnen viele außer Gefecht gesetzt, dann hatte das immerhin eine propagandistische Wirkung. Heute interessiert uns vielmehr, wie stark die Führungsstruktur durch hohe Verluste gestört worden sein mag.
Grüße
Gunter
wenn dir Kanonenkugeln um die Ohren fliegen, ist das natürlich menschlich, wenn du abhaust. Das würde ich auch tun. Araktschejew wurde als Feigling dargestellt, dass ist mir bekannt. Jermolow war ein Intrigant und Bagration ein Nörgler, der ein Problem mit Deutschen in der russischen Armee hatte. Der hat nie begriffen, was wirklich vorging. Aber sie wurden zu Helden gemacht. Kutusow ist ein ganz besonderer Fall. Manche glauben immer noch, dass er 1813 tödlich verwundet wurde. Toll berichtet nur, dass er krank war. Vermutlich war es ein Schlaganfall. Ich glaube es war Presser, der schrieb, dass Kutusow den erlitt, nachdem er mit einer 15jährigen Polin ins Bett stieg.
Grüße
Dieter
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Zitat von KDF10 Beitrag anzeigenVielen Dank für die Info Jörg. Um ehrlich zu sein, ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit dem kyrillischen Alphabet. Ich habe einige russische Karten gefunden, allerdings keine besonders alten, und da möchte ich schon die Ortsnamen lesen können. Hast du eventuell links zu alten russischen Karten? Ideal wären natürlich welche zum Feldzug von 1812.
Mit kyrillisch kann ich mich momentan leider nur nebenbei beschäftigen. .....
Das betrifft sowohl einzelne Buchstaben, als auch Redewendungen, die sehr oft mittlerweile gar nicht mehr bekannt sind.
Vielleicht kann ich dich da unterstützen, wenn Du mir mal ein Textfragment zukommen lässt !?
KlausTu´ im Kriege das, was der Gegner für unmöglich hält.
Alexander W. Suworow
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Zitat von Suworow Beitrag anzeigenDas ist auch nicht so einfach, da das Russisch der besagten Zeit sich teilweise sehr deutlich von der Gegenwartssprache abhebt.
Das betrifft sowohl einzelne Buchstaben, als auch Redewendungen, die sehr oft mittlerweile gar nicht mehr bekannt sind.
Vielleicht kann ich dich da unterstützen, wenn Du mir mal ein Textfragment zukommen lässt !?
Klaus
Hallo Klaus,
wie erwähnt, meine Karten zu Russland sind nicht besonders alt, deshalb dürften die noch auf der Gegenwartssprache beruhen. Es sind zum Teil amerikanische Karten, die vom CIA erstellt wurden. Basis der Karten sind Unterlagen der Wehrmacht. In den USA ist alles gemeinfrei, was von Staatsangestellten während ihrer Arbeitszeit erstellt wurde. Die Karten findest du bei der University of Texas in der Perry Castanedas Bibliothek.
Karten von Russland, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden sind, gibt es massenweise bei der Uni Greifswald. In beiden Fällen komme ich ganz gut mit meinen spärlichen Kyrillisch-Kenntnissen zurecht. Ich kann die Karten lesen. Karten von 1812 habe ich ich nicht. Danach suche ich.
Gruß Dieter
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