Uniformierung der Westphälischen Kürassier-Regimenter ab 1811

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Sans-Souci
    Erfahrener Benutzer
    Colonel
    • 01.10.2006
    • 2049

    Uniformierung der Westphälischen Kürassier-Regimenter ab 1811

    Im Feuilleton oder Supplement des Westphälischen Moniteurs. No. 28. Kassel, Sonntag den 7ten April 1811, S. 293, ist zu lesen:

    Kassel. Vorigen Montag war auf dem großen Forst Revüe und Manövre in Feuer. Wir sahen bei dieser Gelegenheit zum erstenmale einen Theil des neuerrichteten 2ten Kuirassier-Regiments. Die Westphälischen Kuirassiere haben gegenwärtig ganz die blaue Uniform und die Kuirasse der Kaiserlich französischen erhalten.
    Das entspricht dem königlichen Dekret vom 6. Dezember 1810, das für beide Regimenter einen königsblauen (bleu Royal) Rock mit orangefarbenen (orange) Abzeichen einführte, mit einer Reihe von 9 Knöpfen auf der Brust. Die beiden Regimenter sollten sich nur durch die weißen Knöpfe mit Granaten, auf denen die Regimentsnummer stand, unterscheiden (Boutos blancs à Grenades, portant le Numéro du Régiment). Auch auf dem messingnen Koppelschloß sollte sich eine Granate mit Nummer (plaque en Cuivre, avec grenade et numéro) befinden.

    Laut demselben Dekret sollte das 1. Kürassier-Regiment seine Uniformen nach Ablauf der Tragedauer seiner gegenwärtigen Bekleidung entsprechend abändern. Seine Errichtung war am oder kurz vor dem 10. März 1808 befohlen worden (Westphälischer Moniteur No. 32, vom 10. März 1808). Die Tragedauer eines kleinen Uniform-Rocks der westphälischen Linien-Kavallerie war ab dem 1. Januar 1811 auf 2½ Jahre angesetzt, frühere Bestimmungen zur Tragedauer habe ich nicht gefunden. Einen großen Uniformrock der Kürassiere (mit farbigen Rabatten) gab es ab dem 1. Januar 1811 nicht (nicht mehr?) (Verordnungsmäßige Instruction vom 5. Oktober 1810). Bei den westphälischen Gardes du Corps, die 1811 die große Uniform behielten, sollte letztere eine Tragedauer von 3 Jahren und der kleine Uniformrock eine Tragedauer von 1½ Jahren haben. Falls auch das westphälische 1. Kürassier-Regiment eine doppelte Bekleidung (großer und kleiner Uniformrock) gehabt hatte, wären bei einer Tragedauer von 3 Jahren neue Uniformröcke ab März oder April 1811 fällig geworden.

    Pinhas zeigt in einer im Oktober 1811 angekündigten Tafel noch einen Offizier des 1. Kürassier-Regiments in weißer Uniform mit dunkelroten Abzeichen, einen des 2. Kürassier-Regiments in dunkelblau mit hellroten oder dunkelorangfarbenen Abzeichen.

    Eine der 1812 erschienenen Weiland-Tafeln, die einen Kürassier-Offizier darstellen, hat blaßorangefarbene Abzeichen. Möglicherweise stammt diese Tafel aus der Ausgabe 1809. Die anderen Varianten dieser Tafel, die ich kenne, zeigen alle dunkelrote Abzeichen. Im Text dazu heißt es: "Tab. 94 zeigt die Uniform eines Officiers vom 1. Regiment, die Cuirassiers tragen rothe Epaulets, und weisses Bandelierzeug. Das 2. Regiment welches erst neu errichtet worden, hat ganz die Uniform der Französischen Cuirassiers, mit Cuirassen erhalten, und wie es heisst, soll das 1. Regiment eben so uniformirt werden."

    Im sogannten "Eid auf die Westphälische Fahne", wohl 1813 beendet bzw abgebrochen, scheint der Kürassier-Offizier orangefarbene Kragen, aber blaßrote Schoßumschläge zu haben ? Die einzige Tafel des Offiziers des 1. Kürassier-Regiment von Pinhas, die ich kenne, hat auch dunkelroten Kragen und blaßrote Schoßumschläge. Daß hier die Küraßmanschette unten auf einer Seite auch blaßrot zu sein scheint, liegt wohl nur daran, daß hier die Farbe der weißen Borte in das Rot der Manschette verlaufen ist. Nach dem Dekret vom 6. Dezember 1810 sollte das Schoßfutter (doublure) orange sein, mit blauen Granaten auf den Schoßumschlägen (Offiziere wohl silberne Granaten).

    094 - Königl. Westphäl. Cürassier Officier E.jpg



    Eid auf die Westphälische Fahne 1810 (König Lustik, S. 71, 106, 275-276) D.jpg
    Angehängte Dateien
  • Sans-Souci
    Erfahrener Benutzer
    Colonel
    • 01.10.2006
    • 2049

    #2
    Es hat sich ein Abrechnungsbuch für das 1. Kürassier-Regiment erhalten. Es enthält die Zahlungen an das Regiment während des ganzen Jahres 1811, größtenteils Sold- und verwandte Zahlungen. Aber es gibt auch diesen interessanten Eintrag:

    Ausbezahlt Macherlohn für die Montirungsstücke während des Monats April d. J. [1811] von denen die Zeit der Dauer verstrichen ist, die Summe von Vier Hundert Achtzehn F[ran]cs. nemlich

    a) baar 409,64
    2,) durch Abzug von 2p% 8,36
    # 418

    zu Hersfeld am 19ten Jun. 1811
    Vom General-Einnehmer
    Dunker
    Der Abzug von 2 Prozent, der bei allen Zahlungen aufgeführt wird, geschah zu Nutzen der Invaliden-Kasse (Dekret von 29. Juni 1808, Art. 3):



    Da nur der Macherlohn bezahlt wird, scheinen die Materialien (Tuch, Leinen, Knöpfe) in natura geliefert worden zu sein. Leider findet sich kein Hinweis darauf, um welche Art Montierungsstücke es sich handelte. Seit Errichtung des Regiments waren ziemlich genau 3 Jahre verstrichen. Über die Höhe des Macherlohns für einzelne Montierungsstücke in der Westphälischen Armee habe ich bisher keine Angaben finden können.

    Man kann einen Vergeich mit der preußischen Armee versuchen. Dort wurden als Macherlohn für ein Kavallerie-Kollett 13 Groschen bezahlt (Ribbentrop 1814). Der preußische Reichstaler zerfiel in 24 Groschen und jeder Groschen in 20 Pfennige. Für einen preußschen Reichstaler bekam man zum offiziellen Wechselkurs etwa 3,60 Francs (der westphälische Franc zerfiel wie der französische in 100 Centimes). Die oben aufgeführten 418 Francs entsprachen somit etwa 116 Reichstaler oder 2784 Groschen. Das hätte in Preußen für etwa 214 Kavallerie-Kollets gereicht, also für weniger als die Hälfte der Sollstärke eines Westphälischen Kürassier-Regiments, die nach dem Dekret vom 6. Dezember 1810: 569 Unteroffiziere und Kürassiere betrug. Doch wurden im August 1811 nur für 420 Mann des 1. Kürassier-Regiments neue Epauletten angeschafft (siehe unten). Vielleicht war der Rest beurlaubt, so daß die Tragedauer der Epauletten dieser Männer "pausierte" und sie deshalb noch nicht erneuert werden mußten.

    Der Macherlohn für eine Stalljacke in Preußen betrug 7 Groschen 6 Pfennige, also etwas mehr als die Hälfte des Macherlohns für ein Kollett. Möglich wäre also auch, daß für das ganze 1. Kürassier-Regiment neue Stalljacken angefertigt wurden.

    Zumindest haben wir ein sicheres Datum, ab wann das 1. Kürassier-Regiment Federbüsche an den Helmen trug:

    Ausbezahlt:

    1. Für die an die Casquets befestigten Röhrchen zum Tragen der Federbüsche Zwey Hundert Zwanzig Sieben F[ran]cs. Sechszig C[en]t[ime]s. nemlich:

    baar 223,05
    durch Abzug von 2p% 4.55
    [Summe:] 227.60

    2. Zur Wiederanschaffung der 420 Paar Epaulletten deren Dauer im Jahr 1810 verflossen, Ein Tausend Sechs Hundert Fünfzig Neun F[ran]cs. wovon

    baar 1025,82
    durch Abzug von 2p% 33,18
    [Summe:] 1659,00

    3. Für Verpflegungs-Kosten der gefährlich Kranken [...]

    4. Lazarethkosten für die nicht gefährlich Kranken [...]

    zu Hersfeld am 18ten August 1811
    Vom Gl-Einnehmer

    Kommentar

    • Sans-Souci
      Erfahrener Benutzer
      Colonel
      • 01.10.2006
      • 2049

      #3
      Hier noch ein Selbstportrait eines Fahnenschmieds (Hufeisen auf dem Oberarm) vom 2. Kürassier-Regiment. Leider habe ich das Bild nicht in besserer Auflösung.

      Die Schoßumschläge sind vom selben Farbton wie Kragen und Aufschläge (im Kontrast zu den eher blaßroten Küraßmanschetten). Interessant auch die kombinierte Schaffell- und Tuchschabracke sowie das Brandzeichen.

      Der verstörte Blick des Pferdes ist vielleicht darauf zurückzuführen, daß ihm die Klinge des Pallaschs gegen den Hals schlägt.

      Königlicher Westphälischer Cuirassier Fahnenschmitt
      Johann Gottlieb Nicolani
      Vom 2ten Regiment 7te Compagnie
      Bin ich gleich nicht selber hier,
      Stell ich doch mein Bildniß hier.
      Kürassiere 2 - Fahnenschmied (WLMKuK Münster, Inv.Nr. K 70-53 LM).jpg

      Kommentar

      Lädt...
      X