Farbgebung preußischer Armee-Fahrzeuge 1806

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  • Da Capo
    Erfahrener Benutzer
    Adjudant
    • 23.10.2006
    • 909

    #16
    #7 - ja und nicht nur leicht. Beim warum muss ich etwas ausholen. Meine "Heimat" ist die sächsische Armee, da denke ich nach über 30 Jahren auch Dank der Bestandserschließungen im HStA Dresen einen guten Überblick zu haben. Bei Preußens war und bin ich auch jetzt noch absoluter Laie und nähere mich damit dem Thema mit einer erfahrungsgemäß angebrachten Vorsicht. Natürlich gibt es die bekannte Literatur mit Jany, Malinowski/Bonin, Guddat, Saueracker etc. pp. Aber verstehe ich das richtig, was da geschrieben wird? Wie seriös sind die Quellen? und gibt es Quellen, die ich nicht kenne? Warum ist die preußische Armee dieser Zeit so arm an zeitgenössischen Bildern?
    Und obwohl nicht meine Armee, muss ich mich mit der preußischen beschäftigen, weil wir mal wieder ein Diorama bauen wollen. Meine Aufgabe ist es dabei, einen Teil der Recherchearbeiten zu leisten und sie Geschütze und Fahrzeuge für dieses Diarama zu liefern. Die Frage grau oder blau ist daher für mich keine theoretische sondern eine reale. Ich frage nicht, weil ich Langeweile habe. Und Deine Antwort "Logisch kenne ich Jany, aber ich bleibe bei blau" ist dann eben doch nicht das, was ich mir erhoffte.

    Natürlich ist bei der Größe der preußischen Armee alles möglich, auch eine Verschiedenheit in den Anstrichen. Auch die Frage, wie oft angestrichen wurde. Einen Hinweis gibt der Traindirektor Capitain Herzberg in seinem Feldzugbericht für 1806. Dort schreibt dieser, der gerade seine Kolonne nach der Mobilmachung von 1805 in Magdeburg wieder einmottete und dabei den Befehl zur erneuten Mobilmachung erhalten hatte, von einer Meldung an das Ober-Kriegs-Kollegium "daß ich mit dem Retablissement bis auf das Anstreichen der Wagen fertig wäre". Dies kann bedeuten, dass die Wagen bei jeder Mobilmachung neu angestrichen wurden.

    Auch steht die Frage zur Zusammensetzung und Haltbarkeit der blauen Ölfarbe sowie den damit verbundenen Kosten. Es wird Gründe für ein Umschwenken auf grau gegeben haben.

    Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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    • Tom
      Erfahrener Benutzer
      Chef de Bataillon
      • 03.10.2006
      • 1133

      #17
      Hallo Jörg, besten Dank für die Zusammenfassung! Zu den wichtigen preußischen Artilleriequellen betr. 1792-1815 würde ich noch Schöning (Historisch-biographische Nachrichten zur Geschichte der brandenburgisch-preussischen Artillerie), die beiden Bücher von Strotha - später preuß. Kriegsminister - (zur dritten Art.-Brigade und zur reitenden Artillerie) sowie die Veröffentlichungen von Vogel (zu den Belagerungen von Torgau / Wittenberg und zur Theilnahme der Königl. Preuss. Artillerie an dem Kampfe des Befreiungskrieges) zählen. Ferner gibt es dazu auch einiges an Memoiren / Biografien: Bardeleben, Burg, Hüser, Jenichen, Mente, Pz. August v. Preußen, Reuter u.a. (s. www.Napoleonzeit.de ). Viele Grüße, Tom

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      • Sans-Souci
        Erfahrener Benutzer
        Colonel
        • 01.10.2006
        • 2015

        #18
        Zur Häufigkeit des Anstrichs habe ich bisher nur etwas über die russische Artillerie in späterer Zeit gefunden (Brix, Beschreibung des Materials und der Organisation der Kaiserlich Russischen Feld-Artillerie. Berlin, 1856. S. 40):

        Das Material [der russischen Feld- und Gebirgsartillerie im Jahre 1856, nachdem es an die Batterien verabfolgt worden ist] wird alle Jahre ein Mal angestrichen, mit Ausnahme der Trainwagen, die nur alle 5 Jahre einmal angestrichen werden.​
        Zur Farbzubereitung gibt es ein Rezept hier, von 1825, aus dem ich aber nicht schlau werde:

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        • HKDW
          Erfahrener Benutzer
          Colonel
          • 02.10.2006
          • 3120

          #19
          Ich kann leider auch nichts nach 1792 finden, hier eben der oft erwähnte Saueracker
          Abhandlung Von der Eintheilung, Bespannung und Transport des Geschutzes, auch anderer Fahrzeuge, nicht minder der Artilleristen, Schirrbediente, Knechte und Pferde, bei Kriegeszeiten in der Königlich Preussischen Armee
          desgleichen Theoretischer Unterricht. Derer im Jahr 1780. bei der Preussischen Artillerie angewiesenen Hülfs-Mittel, welche man sich während dem March, bei zerbrochenen oder sonst schadhafft gewordenen Fahrzeugen bedienen kan ; nebst Anweisung Von Bepakkung der Vorraths-Affuiten mit denen zum Vorrath dienenden Sachen, &c. Mit 4 Kupfern
          Verfasser
          Saueracker, Heinrich Wilhelm
          Impressum
          Breda : Van Bergen, 1792
          Den gibt es ja zum runterladen, da steht eben auf Seite 14 was über die Munitionswagen - blaue Oehlfarbe doppelt angestrichen - Brodwagen, wie alle bei der Bäkerey und Proviantfuhrwesen befindlichen Wagens mit zwillich überzogen, und 2 mahl mit Oehlfarbe roth angestrichen.

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          • Spaen
            Erfahrener Benutzer
            Tambour-Major
            • 26.04.2020
            • 281

            #20
            Aber verstehe ich das richtig, was da geschrieben wird? Wie seriös sind die Quellen? und gibt es Quellen, die ich nicht kenne? Warum ist die preußische Armee dieser Zeit so arm an zeitgenössischen Bildern?
            Zur Beantwortung dieser Frage dürfte der hier zur Verfügung stehende Raum nicht ausreichen. Die Begrenzung unseres Forum auf die Napoleonische Zeit lassen für eine dafür notwendige Herleitung außerhalb des gesetzten Zeitraumes keinen Spielraum.
            Durch das Hauptstaatsarchiv und andere aktuell bestehende Einrichtungen in Sachsen ist es um Einiges leichter an Originalquellen zu kommen als dies für das altpreußische Militär möglich ist.
            Hier ist man weitgehend auf Sekundärquellen angewiesen. Die sächsischen Kriegsverluste halten sich z.B. im 2.WK in engeren Grenzen.
            Nimmt man beispielhaft die Zeit nach der Niederlage 1806, bestand der Sächsische Staat ohne große Einbußen weiter, der Preußische Staat dagegen brach fast völlig auseinander. Dazu kam die Unsitte in Preußen alle Regimentsakten mit ins Feld zu nehmen. Nur wenige Regimenter in Festungsnähe deponierten ihre Akten in den Festungen. Aber auch diese gingen fast vollständig verloren Stichwörter: Küstrin und Magdeburg. usw. usf.
            Die Frage zu den Bildquellen lässt sich insofern vordergründig mit der unterschiedlichen Popularität in der Bevölkerung auf Grund der sozialen Zusammensetzung beider Armeen beantworten.
            Hier war doch die Sächsische Armee durch ihr Landrekrutensystem in der allgemeinen Gesellschaft viel mehr verankert als die preußische mit ihrem hohen Ausländeranteil.

            Die Aufzählung von Tom könnte man noch um einiges erweitern. So liefern z.B. die alten Train-und Artillerie-Regimentsgeschichten oder die Veröffentlichungen des Großen Generalstabes weiteres interessantes Material.

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            • Tom
              Erfahrener Benutzer
              Chef de Bataillon
              • 03.10.2006
              • 1133

              #21
              @HDKW: Zwillichüberzug wurde ja auch weiter oben angesprochen (Abdeckung preuß. Protzkästen), scheint also weit verbreitet gewesen zu sein. - Die gewachsten Tuche wurden vmtl. zuerst von den Engländern verwendet: Es gibt eine Beschreibung eines "kugelsüchtigen" engl. Generals (Stewart, wenn ich nicht irre) in der Schlacht bei Dresden 1813, der im dicksten Regen mit einem solchen Umhang im Gefecht umherreitet.
              Zuletzt geändert von Tom; 12.01.2025, 07:27.

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              • Tom
                Erfahrener Benutzer
                Chef de Bataillon
                • 03.10.2006
                • 1133

                #22
                @Spaen: Danke für den Hinweis zu den Generalstabsveröffentlichungen, da findet man u.a. Übersichten zur komplizierten org. Entwicklung der einzelnen Batterien. Von den preuß. Regimentsgeschichten (Fuß- und Feldartillerie) habe ich einige (elektr.), da wäre ich aber noch an einer Übersicht / Liste interessiert, soweit es spätere Brigaden / Regimenter mit Kompanien, die bereits Stämme in 1813-1815 hatten, betrifft (Hirsch ist bekannt - aber welche Fuß- und Feldartillerie-Rgt. sind hier relevant?). - Eine weitere wichtige Quelle ist das Archiv für die Offiziere der Königl. Preuß. Artillerie- und Ingenieur-Korps, später wohl Archiv für die Artillerie - und Ingenieur-Offiziere des Deutschen Reichsheeres.

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                • Da Capo
                  Erfahrener Benutzer
                  Adjudant
                  • 23.10.2006
                  • 909

                  #23
                  Herzlichen dank erst einmal an Euch alle.

                  #18 nimmt man die Anstrichperiode von 5 Jahren für die preuß. Wagen als gültig an, so müssten diese zwischen 1796 und 1806 zumindest 1x neu angestrichen worden sein. Preußen ist im April 1795 aus den ersten Koalitionskrieg ausgestiegen, so dass die Konservierung der zurückkehrenden Fahrzeuge durchaus noch in blau stattgefunden haben kann, wobei nicht bekannt ist, ob ein Anstrich beim Einmotten und/oder beim Ausmotten stattfand.
                  Vielen Dank für die Farbzusammenstellug von 1825. Ich lese darin folgendes: Die obere Tabelle beinhaltet Kosten und Material für die Herstellung geriebener weißer Steinfarbe (60 Pfund Bleiweiß und je 6 Pfund Firnis und Terpentinöl), 2 Arten geriebener schwarzer Steinfarbe (was immer gerieben Steinfarbe ist; evtl. weil das Pigment Bleiweiß oder Kohle als "Stein" geliefert und zerrieben werden muss?) und Kitt.
                  Die untere Tabelle gibt die Herstellung verdünnter (weil die Farbe der oberen Tabelle so nicht gut streichfähig war?) schwarzer, blauer und grauer Farbe, indem die in der oberen Tabelle beschriebene Farbe nochmals mit Firnis verdünnt wurde. Das Blau (leider wird das Pigment dieser Farbe nicht genannt) muss ein helleres Blau gewesen sein (Mischungsverhältnis 4xBlau:2,5xWeiß).

                  #17 + #20 vielen dank für die Literaturhinweise.
                  Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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                  • Sans-Souci
                    Erfahrener Benutzer
                    Colonel
                    • 01.10.2006
                    • 2015

                    #24
                    Als blaue Pigmente wurden 1825 Blau (Mineralblau) und Blauholz (= Blutholz) verwendet:



                    Außerdem noch (S. 281) Disbacher Blau, das nach der Quelle hier die feinste Sorte des Berlinerblau ist:



                    Leider habe ich keine Angabe gefunden, welche blauen Farbstoffe für welchen Zweck verwendet wurden, oder ob sie alle für den Holzanstrich benutzt wurden und frei untereinander austauschbar waren.

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                    • Blesson
                      Erfahrener Benutzer
                      Adjudant
                      • 03.10.2006
                      • 799

                      #25
                      Ich empfehle, auch beim Ribbentrop, unserem schreibwütigen Generalkriegskommissar nachzusehen. Da steht wenigstens, was vorgeschrieben war.

                      Im göttinger Digitalisierungszentrum sind alle Bände zu haben, so auch dieser hier:

                      grafik.png
                      Do, ut des

                      http://www.ingenieurgeograph.de

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                      • Blesson
                        Erfahrener Benutzer
                        Adjudant
                        • 03.10.2006
                        • 799

                        #26
                        Nach dem ersten Durchblättern habe ich nur Hinweise auf Malerarbeiten entdeckt, was sich aber eher auf den Anstrich der Fuhrwerke beziehen dürfte.

                        Hier ist der Link https://gdz.sub.uni-goettingen.de/id/PPN839223153

                        Zuletzt geändert von Blesson; 11.02.2025, 22:33.
                        Do, ut des

                        http://www.ingenieurgeograph.de

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                        • Sans-Souci
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                          Colonel
                          • 01.10.2006
                          • 2015

                          #27
                          Welche Seite(n) genau im Ribbentrop ?

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                          • Blesson
                            Erfahrener Benutzer
                            Adjudant
                            • 03.10.2006
                            • 799

                            #28
                            Ich habe den LTR-Reprint der Ausgabe von 1816, Seitenangaben nützen also nix für die Ausgabe 1819. Jedenfalls gehen die Vorschriften bis ins das Jahr 1806 zurück.
                            Do, ut des

                            http://www.ingenieurgeograph.de

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                            • Da Capo
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                              Adjudant
                              • 23.10.2006
                              • 909

                              #29
                              Besten Dank für den Verweis auf Ribbentrop, den 1819er hatte ich noch nicht.
                              Wie in den anderen Ribbentrops sind aber auch im 1819er keine Spezifizierungen zur Farbe enthalten.

                              Schön ist auf S.694 die Bestätigung der Kontinuität des roten Anstrichs für die Fuhrwerke des Kommissariats (hier ein Kassenwagen) von 17xx bis weit nach 18Leipzig.

                              Soweit ich das allerdings verstehe, ist die 1819er Ausgabe der Uni Göttingen die Fortsetzung der 1816er Ausgabe (hier habe ich auch die LTR-Ausgabe), denn diese endet mit Ziffer CXXVII und S.580, währen die 1819er mit Ziffer CXXVIII auf S.581 beginnt.
                              Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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                              • Sans-Souci
                                Erfahrener Benutzer
                                Colonel
                                • 01.10.2006
                                • 2015

                                #30
                                Ribbentrop hat die meisten seiner verschiedenen "Sammlungen" mit "Fortsetzungen" bis 1819 immer weitergeführt, die Sammlung zur Bekleidung sogar bis 1820. Diese schließen sich von der Numerierung der Seiten und der Aktenstücke jeweils an den vorhergehenden Band an. Der letzte Band ist eine 1821 erschienene Sammel-Ausgabe für sämtliche Teilbereiche (XXXVI + 704 Seiten).

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