Napoleon und Indien

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  • excideuil
    antwortet
    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    Das ist doch Quatsch.
    Gut, okay, wie Mon. meinen.

    Zitat von Mephisto Beitrag anzeigen
    Zumindest soll Talleyrand den Egypten-Ausflug aktiv unterstützt haben. Sein späteres Leugnen lässt sich heute nicht mehr vertreten.
    Warum er dann aber abgesprungen ist - indem er den letzten entscheidenden Schritt nicht getan hat, ist mir schleierhaft.
    Er ist entgegen den Absprachen 1798 nicht in diplomatischer Mission nach Konstantinople gereist.
    Da kann evtl. excideuil weiterhelfen - im Ägypten-Thread?.
    So schleierhaft ist das nicht. Welchen Ägypten-Thread meinst du? Oder ist der noch zu eröffnen?

    Grüße
    excideuil

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  • KDF10
    antwortet
    Ich muss das erst einmal verdauen, mit so einer Resonanz habe ich nicht gerechnet. Ich melde mich noch dazu. Ich schreibe auch in der Wikipedia, da muss man sich mit Leuten rumprügeln, die keine Ahnung haben. Was für ein Unterschied, ich fühl mich hier wohl, weil die Benutzer wirklich Ahnung haben.

    Ich wollte eigentlich gar nicht in der Wikipedia schreiben. Ich habe Ende 2008 nach Informationen über Napoleons Russlandfeldzug 1812 gesucht. Was habe ich gefunden? Einen Artikel mit dem Namen "Vaterländischer Krieg" und Weisheiten aus Schulbüchern der DDR. Dann habe ich mir gedacht, mit so einem Blödsinn willst du nichts zu tun haben. Ich hab lange nachgedacht und kam zu dem Entschluss, so ein Blödsinn kann nicht stehen bleiben. Heute heisst der Artikel "Russlandfeldzug 1812", nach mehr als einem Jahr Diskussion. Im nächsten Jahr jährt sich der Russlandfeldzug zum 200sten Mal, und in der Wikipedia steht dazu soviel Blödsinn. Ein Micky-Maus-Lexikon. Nicht generell, es gibt auch sehr viel gute Artikel.

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  • Tellensohn
    antwortet
    @exicdeuil

    Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
    Die Ausgangsfrage hieß: "Wollte Napoleon nach Indien marschieren?

    Eine Meinung wäre gewesen:
    "Ja, die Absicht hatte er, weil ..."
    Zur Belegung wäre ein Zitat von N. oder eines Zeitgenossen hilfreich.

    Oder nein, weil Napoleon hat gesagt:" ... Zitat ..."
    Das ist doch Quatsch. Die Quellen, die belegen, dass Napoleon gesagt hat, dass er nach Indien marschieren wolle, sind ja da. Das ist eine Tatsache, die man einfach zu akzeptieren hat. Da kann doch niemand eine "Meinung" dafür oder dagegen haben. Folgerichtig habe ich zu keinem Zeitpunkt behauptet, Napoleon habe nicht nach Indien marschieren wollen. Und folglich habe ich auch nicht nach entsprechenden "Belegen" gesucht.

    Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
    Subjektive Betrachtungsweise:
    Die Idee als hinrissig hinstellen, weil es ja 1000 Probleme Richtung Indien gäbe und keine Marine da wäre ... etc.

    Die subjektive Betrachtung gibt im übrigen keine Antwort auf die Frage.
    Die Taxierung der Idee als "hirnrissig" ist eine Meinung, und eine Meinung folgt immer aus einer subjektiven Betrachtungsweise. Die Frage "Wollte Napoleon nach Indien marschieren?" kann aufgrund der Tatsache, dass es dafür eindeutige Belege gibt, nicht Gegenstand einer Meinung sein und jegliche subjektive Betrachtungsweise hat daher ja auch gar nicht eine Antwort auf diese Frage zu geben.



    Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
    Wo bitteschön habe ich spekuliert?
    Ich habe lediglich mit der Skizzierung der machtpolitischen Situation vor dem Rußlandlandfeldzug und der Konsequenzen eines schnellen franz. Sieges - dass dieser Plan N. gewesen ist, darf wohl getrost unterstellt werden - deutlich gemacht, dass ich die Idee wie Mephisto nicht für absurd halte.
    Da Kontinentaleuropa zwischen Frankreich und Rußland aufgeteilt war, konnte es nur in eine außereuropäische Richtung gehen.
    Jede daraus folgende Spekulation habe ich mit den Worten: "Wer, wann, mit welchen Kräften auf welchen Etappen bleibt natürlich Spekulation", vermieden, weil Gedanken dazu auch völlig unnötig sind.
    Dein Spekulieren beginnt schon mit der von Dir und anderen vorausgesetzten Kooperationsbereitschaft Russlands (ab Tilsit bis vor 1812), die dann zwangsläufig in eine (von den Russen tolerierte oder sogar zusammen mit ihnen durchgeführte?) Expansion in den aussereuropäischen Raum hätte münden müssen, da Kontinentaleuropa ja zwischen Frankreich und Russland aufgeteilt gewesen sei. Wenn aber schliesslich das erkennbar nicht mehr kooperationswillige, widerspenstige Russland von 1812 "zermalmt" worden wäre, dann wäre die "Zweiteilung" Europas ja beseitigt gewesen. D.h., eine Expansion in den aussereuropäischen Raum hätte sich doch gar nicht mehr aufgedrängt, wohl aber die Notwendigkeit, das eroberte russische Territorium zu sichern. Glaubst du wirklich, dass da (auch im Hinblick auf die Situation in Spanien und die labile Lage in Mitteleuropa) noch Truppen für eine weitere Expansion nach Indien zur Verfügung gestanden hätten?
    Halten wir noch einmal fest, dass die "Meinung", die Idee eines Indienfeldzugs sei nicht so absurd gewesen, auf einer "subjektiven Betrachtungsweise" basiert, die z.B. völlig ausser acht lässt, dass Napoleon zu keinem Zeitpunkt - nicht 1808 und nicht 1812 - jene absolute Überlegenheit zur See gehabt hat, die für eine Zerschlagung des britischen Kolonialreichs oder auch nur für eine erfolgreiche und dauerhafte Einnahme Britisch-Indiens unabdingbar gewesen wäre. Ferner ignoriert sie völlig die möglichen militärischen und diplomatischen Reaktionen der Briten und der einheimischen Fürsten. Du verdrängst ferner, dass der Tilsiter Frieden für die Russen ein unbefriedigender Friede war und dass die "Liebe" zwischen Napoleon und dem Zar eine ziemlich einseitige Angelegenheit blieb. Alexander mochte Napoleon nicht und welche Vorstellungen auch immer Napoleon in Sachen Indien gehabt haben mochte, Alexander hatte ganz offensichtlich keine Lust, ihm als Steigbügelhalter zur Seite zu stehen (vgl. dein oben angeführtes Zitat aus Herre 1989, 301. Keine Quelle, sondern Literatur). Ausserdem hatte sich Napoleon gerade im Jahr 1808 mit Spanien ein neues riesiges Problem aufgehalst, einen Krieg, der ihn im Laufe der Jahre zunehmend mehr Kräfte kostete. Mehr als ein weiteres militärisches Grossabenteuer dieser Art hätte er nicht wagen können. Alexander hat ihm die Entscheidung schliesslich abgenommen: Indien nur über Russlands Leiche. Das waren zwei militärische Grossabenteuer mit ungewissem Ausgang auf einmal, das erste real, das zweite gedacht, und schon das erste war eines zuviel, wie die Geschichte gezeigt hat. Darüber zu sinnieren, was geschehen wäre wenn, gleich ob 1808 nach Tilsit oder eben erst nach einem nie erfolgten Sieg Napoleons 1812, das nenne ich "Spekulation".

    Soll doch jeder für sich entscheiden, ob er meine "subjektive Betrachtungsweise", die die tatsächlich gegebenen Verhältnisse berücksichtigt, für spekulativer hält als deine auf rein fiktiven Annahmen beruhende. Fiktiv sind deine Annahmen selbst wenn man vom Jahr 1808 ausgeht, denn die "Zweiteilung" Europas zwischen Frankreich und Russland entsprach schon damals vor allem dem Wunschdenken Napoleons. Spanien und bald darauf auch Österreich liessen das schon bald sehr deutlich werden.


    Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
    Aber prompt kommst du und spekulierst kräftig weiter, unterstellst ganz nebenbei nichtgesagtes ...
    Da kann man nur schmunzeln...

    Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
    Na, ja, dass man die Ideen und Visionen eines N. nicht mit denen eines Normalbürgers vergleichen kann, dazu hat Mephisto bereits genügend ausgeführt.
    Ich bekenne mich dazu, ein Normalbürger zu sein, und ein skeptischer dazu. Schwärmerei liegt mir nicht. Aber es gibt natürlich auch Normalbürger, die sich ungefragt in den Dunstkreis irgendwelcher "genialer" Persönlichkeiten begeben, und sei es nur gedanklich, um sich selber auch ein bisschen wie ein Genie vorzukommen...

    Salute, T.
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 04.06.2011, 16:39.

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  • Marie
    antwortet
    @ Marie
    Du zitierst Ch. Herold.

    Wenn Du Dich mit dem Ägypten-Feldzug beschäftigst, dann empfehle ich Dir sein Werk „Bonaparte in Egypt“.
    Ist schon länger bestellt, hat aber leider 2-5 Wochen Lieferzeit Bin schon ganz gespannt.

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  • Mephisto
    antwortet
    Nov 1807
    Instruktionen an Caulaincourt zitiert nach Vandal „Napoleon et Alexandre I.“ in Fournier:

    „Man wird jetzt [ – d.h. wo ganz Europa gegen England steht – ] an eine Expedition nach Indien denken können [on pourra songer]; je mehr sie als Chimäre erscheint, um so mehr wird sie, wirklich unternommen – und was könnten Russland und Frankreich nicht unternehmen! – die Engländer in Angst versetzen. Vierzigtausend Franzosen, denen die Pforte den Durchmarsch durch Konstantinopel gestatten würde, in Verbindung mit vierzigtausend Russen, die über den Kaukasus [also nicht über den Bosporus?] herankommen, würden genügen, um in Asien Schrecken zu verbreiten und es zu erobern. Unter den gleichen Gesichtspunkten hat der Kaiser seinen Gesandten [es war General Gardane] nach Persien geschickt.“


    @ Marie
    Du zitierst Ch. Herold.
    Wenn Du Dich mit dem Ägypten-Feldzug beschäftigst, dann empfehle ich Dir sein Werk „Bonaparte in Egypt“.

    @Muheijo
    Talleyrand hatte damit høchstens zu tun, indem er es dem Zaren weitervermittelte/vermitteln sollte - da wissen sicher die Talleyrand-Spezialisten mehr dazu. Ich vermute ganz stark, dass er (aktiv?) dagegen war.
    Zumindest soll Talleyrand den Egypten-Ausflug aktiv unterstützt haben. Sein späteres Leugnen lässt sich heute nicht mehr vertreten.
    Warum er dann aber abgesprungen ist - indem er den letzten entscheidenden Schritt nicht getan hat, ist mir schleierhaft.
    Er ist entgegen den Absprachen 1798 nicht in diplomatischer Mission nach Konstantinople gereist.
    Da kann evtl. Excideuil weiterhelfen - im Ägypten-Thread?.
    Zuletzt geändert von Mephisto; 03.06.2011, 22:32.

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  • excideuil
    antwortet
    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    Wo liegt denn deiner Meinung nach der Unterschied zwischen "Meinung" und "subjektiver Betrachtungsweise"?
    Die Ausgangsfrage hieß: "Wollte Napoleon nach Indien marschieren?

    Eine Meinung wäre gewesen:
    "Ja, die Absicht hatte er, weil ..."
    Zur Belegung wäre ein Zitat von N. oder eines Zeitgenossen hilfreich.

    Oder nein, weil Napoleon hat gesagt:" ... Zitat ..."

    Subjektive Betrachtungsweise:
    Die Idee als hinrissig hinstellen, weil es ja 1000 Probleme Richtung Indien gäbe und keine Marine da wäre ... etc.

    Die subjektive Betrachtung gibt im übrigen keine Antwort auf die Frage.

    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    Siegreicher Feldzug gegen die Russen im Jahr 1812 möglich, die Russen mit Indien gewissermassen "entschädigen"? Da wäre Napoleon ja schön blöd gewesen, eine solche Goldgrube an diejenigen abzugeben, die er gerade besiegt hatte. Oder hat er den Alexander vielleicht so lieb gehabt? Und dann die militärischen Möglichkeiten und Reaktionen der Briten und der einheimischen Völker einfach aussen vor lassen. Ziemlich herablassend. Oder auch die sich laufend verschlechternde Lage der Franzosen in Spanien mit keinem Wort erwähnen.

    Deine Überlegungen sind rein spekulativ und daher völlig irrelevant. Da möchte ich jetzt aber gerne auch noch eine irrelevante Überlegung gratis und franko hinterherschicken. Während Franzosen und Russen gemeinsam in Indien die Briten ins Meer treiben, halten sich diese schadlos, indem sie zusammen mit den Spaniern in Frankreich einmarschieren. In ihrem Schlepptau die französischen Emigranten. Das kriegsmüde Volk ist begeistert - Ludwig XVIII. besteigt den Thron bereits im Jahre 1812. Aber nein, ich vergass, die begeisterten Napoleonfreunde aus Preussen und Österreich hätten dies als Ersatztruppe im Westen natürlich zu verhindern gewusst, nicht wahr?

    Ich dachte, es gehe allein um die Frage, ob Napoleon nach Indien marschieren wollte. Wenn Überlegungen zur Frage, ob so ein Unternehmen auch erfolgreich hätte durchgeführt werden können, "nicht zielführend" bzw. "irrelevant" sind, warum sind es dann Überlegungen zu den möglichen Gründen für so ein Unternehmen nicht auch? Gilt das Verdikt der "Kaffeesatzleserei" nur für diejenigen, deren Überlegungen auf damals nachweisbar herrschenden Umständen beruhen - etwa der de facto massiven Überlegenheit der britischen Flotte und der damit verbundenen Unmöglichkeit für Napoleon (erst recht für die Russen), das britische Kolonialreich zu zerstören bzw. zu übernehmen und zu halten? Gelten dagegen die "Überlegungen" anderer, die aufgrund rein hypothetischer Annahmen, etwa eines von Napoleon gewonnenen Russlandfeldzugs, spekulieren, ein Marsch der Franzosen (und Russen) nach Indien hätte möglich sein können, als "zielführend" und "relevant"? Doppelte Standards waren mir schon immer ein Greuel..
    Wo bitteschön habe ich spekuliert?
    Ich habe lediglich mit der Skizzierung der machtpolitischen Situation vor dem Rußlandlandfeldzug und der Konsequenzen eines schnellen franz. Sieges - dass dieser Plan N. gewesen ist, darf wohl getrost unterstellt werden - deutlich gemacht, dass ich die Idee wie Mephisto nicht für absurd halte.
    Da Kontinentaleuropa zwischen Frankreich und Rußland aufgeteilt war, konnte es nur in eine außereuropäische Richtung gehen.
    Jede daraus folgende Spekulation habe ich mit den Worten: "Wer, wann, mit welchen Kräften auf welchen Etappen bleibt natürlich Spekulation", vermieden, weil Gedanken dazu auch völlig unnötig sind.

    Aber prompt kommst du und spekulierst kräftig weiter, unterstellst ganz nebenbei nichtgesagtes ...

    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    Ich bleibe übrigens bei meiner irrelevanten Einschätzung, dass Napoleons Planspielereien in Sachen Indien hirnrissig waren.
    Salut, T.
    Na, ja, dass man die Ideen und Visionen eines N. nicht mit denen eines Normalbürgers vergleichen kann, dazu hat Mephisto bereits genügend ausgeführt.

    Damit Marie - und alle Interessierten - auch noch etwas zu lesen bekommt(en) noch ein paar Quellen:

    "Selten waren Napoleons Diplomaten in der Türkei, in Persien und Ägypten so fieberhaft tätig gewesen wie in den Jahren 1811-1812. Gerade in diesen Jahren reiste der französische Konsul Nersia in offizieller Mission und mit geheimen Aufträgen durch Syrien und Ägypten, um alle notwendigen Erkundungen für eine künftige, neue französische Expedition in diese Gebiete durchzuführen. Auch aus Syrien und Ägypten sollte zu gegebener Zeit eine Hilfsbewegung gegen Indien beginnen, dieselbe Bewegung, die 1799 vor Akka abgebrochen worden war." [1]

    Vor Erfurt 1808:
    „und endlich kam ein Brief von Napoleon selbst. Dieser Brief lautete ganz versöhnlich, wenigstens in Bezug auf Schlesien, auf das der Kaiser verzichtete. Zugleich brachte er aber wieder die Teilung der Türkei in Anregung und außerdem noch seinen lang geplanten Feldzug nach Indien gegen England… Man darf hier nicht übersehen, dass Napoleon wieder, und ganz im allgemeinen, von einer Teilung der Türkei sprach und gar nicht weiter auf die Sache einging. Also erfuhr der Zar nichts Neues, nur das jetzt Indien noch dazukam… " [2]

    Zur Situation vor dem Rußlandfeldzug:

    „Alexander drängte nach Westen und Napoleon nach Osten. Peter der Große hatte dem einen den Weg gewiesen, und der andere hatte sich, seit seinem Ägyptenabenteuer, Alexander den Großen zum Vorbild genommen. Er werde sich Indiens bemächtigen, erklärte Napoleon, und vorher Rußland, das im Wege stehe, zermalmen.“ [3]

    „Es muss festgestellt werden, dass Napoleons Äußerungen sich im Verlaufe des Jahres 1812 in bemerkenswerter Weise änderten. In Smolensk sagte er das eine, vom Kreml aus, den Brand Moskaus betrachtend, sprach er anders und zur Zeit des Rückzugs der Großen Armee wieder anders. Doch damals, zu Beginn des Feldzuges, zwischen Dresden und dem Übergang über den Njemen, schweiften seine Gedanken ganz klar dem Lieblingsgegenstand seiner Träume zu – dem Osten, der Eroberung Indiens und jenen Plänen, auf die er am 20. Mai 1799 verzichtet hatte, als er seiner Armee befahl, die Belagerung der Festung Akka aufzuheben und aus Syrien zurück nach Ägypten zu marschieren: „Alexander von Mazedonien erreichte den Ganges, nachdem er seinen Feldzug an einem ebenso weit entfernten Punkt begonnen hatte, wie Moskau es ist … Nehmen Sie (Narbonne) an, Moskau ist genommen, Rußland unterworfen, der Zar ergibt sich oder er kommt bei irgendeiner Verschwörung am Hofe um. Sagen Sie mir, ist es dann für die französische Armee und die Hilfstruppen nicht möglich, den Ganges zu erreichen? Und es genügt, den Ganges mit der Spitze des des französischen Schwertes zu berühren, um das Gebäude der Handelsgroßmacht (England) zum Einsturz zu bringen.““[4]

    Grüße
    excideuil

    [1] Tarlé, Eugen: „Napoleon“, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 1972, Seite 321
    [2] Talleyrand: „Memoiren des Fürsten Talleyrand“, herausgegeben mit einer Vorrede und Anmerkungen von Herzog de Broglie, Original Ausgabe von Adolf Ebeling, Köln und Leipzig, 1891 Bd. 1, Seite 295
    [3] Herre, Franz: „Napoleon Bonaparte – Wegbereiter des Jahrhunderts“, C. Bertelsmann Verlag, München, 1989, Seite 301
    [4] [1] Seite 320

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  • Tellensohn
    antwortet
    Zitat von Marie Beitrag anzeigen
    Das glaube ich auch! Findet sich sehr schön in diesem Zitat von 1805 über Akkon:
    [If I had] been able to take Acre [in 1799], I would have put on a turban, I would have made my soldiers wear big Turkih trousers, and I would have exposed them to battle only in case of extreme necessity. I would have made them into a Sacred Battalion-my Immortals. I would have finished the war against the Turks with Arabic, Greek, and Armenian troops. Instead of a battle in Moravia, I would have won a Battle of Issus, I would have made myself emperor of the East, and I would have returned to Paris by way of Constantinople
    Zitiert nach: Napoleon Bonaparte, “On Religions” in The Mind of Napoleon: A Selection from His Written and Spoken Words, ed. J. Christopher Herold (New York: Columbia University Press, 1955), 49. (Ich kenne leider das Buch nicht, nur dieses Zitat)

    Bezieht sich zwar wieder nicht direkt auf Indien, aber auch dort hätte er m.E. auch nicht groß eingegriffen, sondern sich angepasst. Soweit ich weiß überlegte er wärend seiner Zeit in Ägypten sogar den Glauben zu wechseln, weil er sich davon Vorteile versprach.
    Und Konstantinopel als eines seiner Ziele wurde ja schon angesprochen.
    "Emperor of the East" tönt super. Als Kaiser von Indien hätte er sich dann wie genannt? "Maha-Moghul-Maha-Maha-Raja-Padshah"? Und als erster Gesamtherrscher Indiens wäre er natürlich zum Hinduismus und zum Islam gleichzeitig konvertiert, wobei er sich zu Sunna und Schia gleichermassen bekannt hätte, und ausserdem wäre er auch noch Buddhist und Chef-Schamanist geworden, kein Problem für Napoleon, allenfalls für sein neues Volk (bestehend aus vielen Völkern), aber die Sichtweise des Volkes hat ihn ja bekanntlich nie sonderlich interessiert. Das versteht ja die grösseren Zusammenhänge sowieso nicht...


    @ Mephisto: Du meinst, ich hätte vor dem Verfassen obiger Beiträge vielleicht selber ein paar Flaschen hervorragenden Chambertins kippen sollen? ...Da ist was dran ;-)

    Gruss, T.
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 03.06.2011, 10:54.

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  • Marie
    antwortet
    Nach dem was ich über N zu wissen glaube, wäre die Wirkung auf die lokale Gesellschaft und Kultur auch kein primäres Ziel von Napoleon in Indien gewesen.

    Das glaube ich auch! Findet sich sehr schön in diesem Zitat von 1805 über Akkon:
    [If I had] been able to take Acre [in 1799], I would have put on a turban, I would have made my soldiers wear big Turkih trousers, and I would have exposed them to battle only in case of extreme necessity. I would have made them into a Sacred Battalion-my Immortals. I would have finished the war against the Turks with Arabic, Greek, and Armenian troops. Instead of a battle in Moravia, I would have won a Battle of Issus, I would have made myself emperor of the East, and I would have returned to Paris by way of Constantinople
    Zitiert nach: Napoleon Bonaparte, “On Religions” in The Mind of Napoleon: A Selection from His Written and Spoken Words, ed. J. Christopher Herold (New York: Columbia University Press, 1955), 49. (Ich kenne leider das Buch nicht, nur dieses Zitat)

    Bezieht sich zwar wieder nicht direkt auf Indien, aber auch dort hätte er m.E. auch nicht groß eingegriffen, sondern sich angepasst. Soweit ich weiß überlegte er wärend seiner Zeit in Ägypten sogar den Glauben zu wechseln, weil er sich davon Vorteile versprach.
    Und Konstantinopel als eines seiner Ziele wurde ja schon angesprochen.
    @Excideuil

    Vielen Dank für Deine Quellen.
    Damit kann Marie sicher noch etwas anfangen


    Ja, das kann ich. Geht zwar an meinem momentanen Thema Ägypten vorbei, ist aber trotzdem spannend. Doch ich rücke ja auch mit meinen Recherchen in der Zeitlinie nach vorne und spätestens dann wird es relevant.
    Gruß Marie

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  • Mephisto
    antwortet
    @Tellensohn

    Zu Deinen Ausführungen zur Marine:
    Nach Trafalgar war von der franz. Marine nicht mehr viel übrig.
    Napoleon rüstete nun permanent nach.
    Doch der Aufbau einer neuen schlagkräftigen Waffe kostet Zeit.
    Das er den Kampf im Grossen in den ihm verbliebenen 10 Jahren nicht wieder versucht hat,
    spricht nmE eher für als gegen ihn.
    Napoleon scheint sich Deine Meinung angeeignet zu haben. ;-)

    Wenn man die Briten auf See aber nicht schlagen konnte, musste man versuchen, sie an Land zu besiegen – zBsp. in Indien.
    Den Status Quo erhalten zu wollen und sich selbst zur Ruhe zu setzen, nehme ich als Option hier mal raus. :-)

    Napoleon hat den Marsch nun aber nie angetreten. Warum nicht?
    Weil man andere Kriegsschauplätze zu beachten hatte; weil keine Truppen übrig waren; weil die Perser allein zur Unterstützung nicht ausgereicht hätten,…usw.
    Alles Gründe, die auch Du aufführst.
    Der einzelne Artikel im Vertrag mit den Persern half ihm gar nichts. Genauso wenig wie der Artikel im Vertrag von Tilsit. Das waren nur einzelne Mosaiksteine.
    Das wusste auch ein Napoleon.
    Dass er seine Pläne nicht umgesetzt hat, beweist aber nicht deren Unmöglichkeit.

    Im Nachhinein können wir feststellen, dass die notwendigen Mindest-Voraussetzungen bis 1815 nie gegeben waren.
    Er konnte das aber nicht wissen. Niemand konnte das.

    Aber das die Briten Ihr Kolonialreich in Amerika, die USA, vor gar nicht langer Zeit verloren hatten, dass wusste man.
    Und sie hatten es mit franz. Hilfe verloren.
    Die Voraussetzungen für einen möglichen Volksaufstand in Indien waren jederzeit gegeben.

    Den Alexander magst Du nicht so gerne. Kein Problem.
    Unhaltbar finde ich den Vergleich trotzdem nicht.
    Du sprichst von „Siegen ohne nachhaltige Wirkung auf Gesellschaft und Kultur der unterworfenen Völker.“
    Das ist nun zwar sehr traurig – oder eben auch nicht?!? – aber Er war da. Er hatte es geschafft!
    …und das fasziniert einige Menschen.
    Damals hat es Napoleon fasziniert.
    Nach dem was ich über N zu wissen glaube, wäre die Wirkung auf die lokale Gesellschaft und Kultur auch kein primäres Ziel von Napoleon in Indien gewesen.
    Insofern könnte man ihm den mangelnden sozialpolitischen Umkrempelungs-Erfolg bei einer angenommenen Eroberung ja wohl auch kaum vorwerfen – vor allem dann nicht, wenn man nicht sicher ist, ob der AUS HEUTIGER SICHT wirklich wünschenswert wäre...

    Was das Wort „Schnapsidee“ angeht, kann man (und ist man :-) geteilter Meinung sein.
    War / ist nicht auch 1798 für viele eine Schnapsidee?
    Und ja, man hat sich nur 3 Jahre halten können.
    Trotzdem ist man die Sache angegangen, hat es versucht und hat es geschafft.
    Und trotz des letztendlichen Misserfolges - was hatte man nicht trotzdem alles erreicht!?!
    Hätte man die Schnapsidee damals beiseite gelegt, würde ich heute nicht fasziniert von der Schlacht an den Pyramiden oder den Denon lesen.
    Zu solchen „Schnapsideen“ gehört eine gehörige Portion Begeisterungsfähigkeit.
    Die hat nicht jeder.
    Ein Skeptiker geht mit solchen Ideen nun einmal ganz anders um als ein Optimist.
    Und ja, ein Skeptiker müsste ein paar Flaschen Chambertin intus haben – ein Napoleon wohl eher nicht ;-)

    P.S.
    Willms in seiner N-Bio hält die Indien-Idee übrigens auch für Phantastereien.
    Du befindest Dich also zumindest in Gesellschaft.

    @Excideuil

    Vielen Dank für Deine Quellen.
    Damit kann Marie sicher noch etwas anfangen.
    Zuletzt geändert von Mephisto; 02.06.2011, 21:56.

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  • Tellensohn
    antwortet
    Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
    Und falsch, deine Meinung ist nicht irrelevant, nur dein subjektive Betrachtungsweise.
    Wo liegt denn deiner Meinung nach der Unterschied zwischen "Meinung" und "subjektiver Betrachtungsweise"?



    Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
    Als Grund für den Krieg gegen Rußland wird gern das Zurückdrängen Rußlands in das System der Kontinentalsperre angegeben. Aber war das überhaupt realistisch? Hätte ein schneller Sieg Frankreichs die Rückkehr zum Vertrag von Tilsit bedeuten können? Wohl kaum, da dies die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Rußlands nicht beseitigt hätte.
    Es hätte einen Ausgleich für Rußland geben müssen, aber wo? In Europa? Richtung Westen? Ausgeschlossen, das wäre ja einer Niederlage N. gleichgekommen. In Europa also kein Ausgleich, aber wo dann?

    Und schon bekommt die Idee Indien Konturen. Wer, wann, mit welchen Kräften auf welchen Etappen bleibt natürlich Spekulation, machtpolitisch ist diese Idee bei einem anderen Verlauf des Krieges von 1812 nicht von der Hand zu weisen.

    Siegreicher Feldzug gegen die Russen im Jahr 1812 möglich, die Russen mit Indien gewissermassen "entschädigen"? Da wäre Napoleon ja schön blöd gewesen, eine solche Goldgrube an diejenigen abzugeben, die er gerade besiegt hatte. Oder hat er den Alexander vielleicht so lieb gehabt? Und dann die militärischen Möglichkeiten und Reaktionen der Briten und der einheimischen Völker einfach aussen vor lassen. Ziemlich herablassend. Oder auch die sich laufend verschlechternde Lage der Franzosen in Spanien mit keinem Wort erwähnen.

    Deine Überlegungen sind rein spekulativ und daher völlig irrelevant. Da möchte ich jetzt aber gerne auch noch eine irrelevante Überlegung gratis und franko hinterherschicken. Während Franzosen und Russen gemeinsam in Indien die Briten ins Meer treiben, halten sich diese schadlos, indem sie zusammen mit den Spaniern in Frankreich einmarschieren. In ihrem Schlepptau die französischen Emigranten. Das kriegsmüde Volk ist begeistert - Ludwig XVIII. besteigt den Thron bereits im Jahre 1812. Aber nein, ich vergass, die begeisterten Napoleonfreunde aus Preussen und Österreich hätten dies als Ersatztruppe im Westen natürlich zu verhindern gewusst, nicht wahr?

    Ich dachte, es gehe allein um die Frage, ob Napoleon nach Indien marschieren wollte. Wenn Überlegungen zur Frage, ob so ein Unternehmen auch erfolgreich hätte durchgeführt werden können, "nicht zielführend" bzw. "irrelevant" sind, warum sind es dann Überlegungen zu den möglichen Gründen für so ein Unternehmen nicht auch? Gilt das Verdikt der "Kaffeesatzleserei" nur für diejenigen, deren Überlegungen auf damals nachweisbar herrschenden Umständen beruhen - etwa der de facto massiven Überlegenheit der britischen Flotte und der damit verbundenen Unmöglichkeit für Napoleon (erst recht für die Russen), das britische Kolonialreich zu zerstören bzw. zu übernehmen und zu halten? Gelten dagegen die "Überlegungen" anderer, die aufgrund rein hypothetischer Annahmen, etwa eines von Napoleon gewonnenen Russlandfeldzugs, spekulieren, ein Marsch der Franzosen (und Russen) nach Indien hätte möglich sein können, als "zielführend" und "relevant"? Doppelte Standards waren mir schon immer ein Greuel.

    Ich bleibe übrigens bei meiner irrelevanten Einschätzung, dass Napoleons Planspielereien in Sachen Indien hirnrissig waren.

    Salut, T.
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 02.06.2011, 18:13.

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  • excideuil
    antwortet
    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    Na schön, die ursprüngliche Frage war, ob Napoleon nach Indien marschieren wollte. Die Antwort ist ja. Und meine Meinung dazu ist völlig irrelevant. Genauso wie Napoleons hirnrissige Pläne für einen Indienfeldzug völlig irrelevant geblieben sind. Man muss sich ja nicht zu jeder sich anbietenden "what if"-Spinnerei hinreissen lassen. Mein Fehler.
    Gruss, T.
    Napoleons Idee ist nicht umgesetzt worden, damit bleibt sie eine Idee, hirnrissig ist subjektiv.
    Und falsch, deine Meinung ist nicht irrelevant, nur dein subjektive Betrachtungsweise.

    Zitat von Mephisto Beitrag anzeigen
    Ich denke tatsächlich, letzterer Gedanke, der Gedanke an einen Marsch nach Indien hat Napoleon Zeit seines Lebens begleitet.
    Und ich halte ihn nicht für absurd.
    Ich auch nicht.
    Betrachtet man die Situation auf dem Kontinent, die zum Feldzug gen Rußland geführt hat, dann kann festgestellt werden, dass es nur noch 2 Mächte gab: Frankreich und Rußland.

    Rußland war wegen der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen aus der Kontineltalsperre ausgeschert, suchte Vergrößerungen (z.B. Finnland) und Verbündete (z.B. Schweden, die Pforte).

    Als Grund für den Krieg gegen Rußland wird gern das Zurückdrängen Rußlands in das System der Kontinentalsperre angegeben. Aber war das überhaupt realistisch? Hätte ein schneller Sieg Frankreichs die Rückkehr zum Vertrag von Tilsit bedeuten können? Wohl kaum, da dies die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Rußlands nicht beseitigt hätte.
    Es hätte einen Ausgleich für Rußland geben müssen, aber wo? In Europa? Richtung Westen? Ausgeschlossen, das wäre ja einer Niederlage N. gleichgekommen. In Europa also kein Ausgleich, aber wo dann?

    Und schon bekommt die Idee Indien Konturen. Wer, wann, mit welchen Kräften auf welchen Etappen bleibt natürlich Spekulation, machtpolitisch ist diese Idee bei einem anderen Verlauf des Krieges von 1812 nicht von der Hand zu weisen.

    Grüße
    excideuil

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  • Tellensohn
    antwortet
    Zitat von excideuil Beitrag anzeigen
    In der Betrachtung Napoleon - Indien ist nur zielführend, was Napoleon von der Idee hielt. Ob du es als Schnapsidee, als unausgereift oder abstrus empfindest, ist - mit Verlaub - völlig irrelevant.
    Reine Kaffeesatzleserei und damit entbehrlich sind deine Ausführungen zu den Schwierigkeiten, die ein Zug nach Indien hätte bringen können.
    Na schön, die ursprüngliche Frage war, ob Napoleon nach Indien marschieren wollte. Die Antwort ist ja. Und meine Meinung dazu ist völlig irrelevant. Genauso wie Napoleons hirnrissige Pläne für einen Indienfeldzug völlig irrelevant geblieben sind. Man muss sich ja nicht zu jeder sich anbietenden "what if"-Spinnerei hinreissen lassen. Mein Fehler.

    Gruss, T.
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 02.06.2011, 13:34.

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  • excideuil
    antwortet
    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    Napoleon hat einige Schnapsideen zu Papier gebracht. Von allen scheint mir diejenige, das britische Kolonialreich zerschlagen und damit das Fundament britischer Macht zerstören zu wollen, indem man nach Indien marschiert, die unausgereifteste. Ich kann Briefe wie den an Alexander nur einem besonderen euphorischen Zustand nach dem Tilsiter Frieden zuschreiben, oder vielleicht dem Genuss von zwei bis drei Flaschen zwölfjährigen Chambertins, oder dem Versuch, sich bei seinem neuen "Bruder", dessen "Freundschaft" er vielleicht nicht so sehr vertraute, anzubiedern, oder einfach nur der Absicht, mal dessen Meinung zu bestimmten Ideen abzuklopfen .Tatsächlich halte ich die Vorstellung Napoleons, man könne, so man nur mit den Persern eine entsprechende vertragliche Abmachung trifft, ungehindert nach Indien marschieren und dieses politisch, religiös und kulturell doch recht zersplitterte Land in kürzester Zeit erobern, auf jeden Fall für ein abstruses Hirngespinst.


    Noch ein Wort zu Alexander dem Grossen. Es war ja vorhersehbar, dass dieser Mythos irgendwann mal bemüht werden würde. Ich muss sagen, der Mythos "Alexander" geht mir langsam auf den Geist. Von daher bitte keine weiteren unhaltbaren Vergleiche mit Alexander dem Grossen (den ich persönlich übrigens für nicht so "Gross" halte). Man dankt.

    Gruss, T.
    An dieser Stelle seien mir ein paar Anmerkungen gestattet:

    In der Betrachtung Napoleon - Indien ist nur zielführend, was Napoleon von der Idee hielt. Ob du es als Schnapsidee, als unausgereift oder abstrus empfindest, ist - mit Verlaub - völlig irrelevant.
    Reine Kaffeesatzleserei und damit entbehrlich sind deine Ausführungen zu den Schwierigkeiten, die ein Zug nach Indien hätte bringen können.

    Dass Napoleon die Idee Indien verfolgte, gab er noch 1817 in die Feder Gourgauds:

    „Als ich in Ägypten war, … Ich hätte eine Kerntruppe von 60000 bis 70000 Mann haben können. In der Wüste hätte ich Tagemärsche von 10 Lieues gemacht, und zwar in drei Kolonnen, die sich staffelförmig folgten, damit sie in den Brunnen genug Wasser fänden. Kamele hätte ich so viel haben können, wie ich brauchte. Meine Kranken, die Munitionsvorräte wären auf diesen Tieren befördert worden. Fahrzeuge hätte ich nur für die Geschütze benutzt. Vor dem Betreten bewohnter Gegenden hätte ich die ganze Streitmacht erst gesammelt. Auf diese Weise wäre ich an den Indus gelangt und hätte die Macht der Engländer zerstört. Es sind ungefähr 1000 Lieues. Ich hätte eine große Rast am Euphrat gemacht, an anderen Orten je nach den Umständen. Ich hätte an Stationen so viel Reis, Mehl Kaffee auf Kamelen mitgenommen, dass jeder Mann täglich ein Pfund empfangen konnte.
    Gourgaud: Wir haben von Paris nach Moskau auch 800 Lieues gemacht!
    Napoleon: Nun ja, und das war ein Spaziergang für mich! Was wollen Sie mit Ihrer Bemerkung sagen?
    Gourgaud: Sire, die Engländer haben 160000 Mann in Indien!
    Napoleon: Ich hätte mich sofort mit den Mahratten verbündet, die eine ausgezeichnete Reiterei gestellt haben würden. Übrigens sind die Siphoys Hindus, und die Engländer hatten große Furcht vor meiner Unternehmung. Deshalb haben hatten sie zuletzt Alexandriens bemächtigt. Aber wir werden später sehen, wie es ihnen mit den Russen geht! Diese haben keinen weiten Weg nach Indien; sie sind schon in Persien. Rußland ist die Macht, die mit der größten Sicherheit und mit den größten Schritten der Weltherrschaft entgegengeht.“ 15. Mai 1817 [1]

    Du siehst, Napoleon hatte sogar konkrete Vorstellungen. (Erstaunlich auch, dass er 1817 einen Zug Rußlands nach Indien für möglich hielt!) Man kann seine Idee aus heutiger Sicht als fantastisch empfinden, aber das ist - richtig - irrelevant.

    Was deine Sicht zu Alexander angeht, so sei sie dir unbenommen. Aber auch hier gilt, entscheidend ist nur, auf wessen Spuren Napoleon selbst zu wandeln gedachte.

    Grüße
    excideuil

    1] (Gourgaud): „Napoleon – Erinnerungen und Gedanken – St. Helena 1815 -1818“, bearbeitet von Heinrich Conrad, Wilhelm Goldmann Verlag, München, 1961, Seiten 36-37

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  • Tellensohn
    antwortet
    Hallo Mephisto,

    Napoleon hat einige Schnapsideen zu Papier gebracht. Von allen scheint mir diejenige, das britische Kolonialreich zerschlagen und damit das Fundament britischer Macht zerstören zu wollen, indem man nach Indien marschiert, die unausgereifteste. Ich kann Briefe wie den an Alexander nur einem besonderen euphorischen Zustand nach dem Tilsiter Frieden zuschreiben, oder vielleicht dem Genuss von zwei bis drei Flaschen zwölfjährigen Chambertins, oder dem Versuch, sich bei seinem neuen "Bruder", dessen "Freundschaft" er vielleicht nicht so sehr vertraute, anzubiedern, oder einfach nur der Absicht, mal dessen Meinung zu bestimmten Ideen abzuklopfen .Tatsächlich halte ich die Vorstellung Napoleons, man könne, so man nur mit den Persern eine entsprechende vertragliche Abmachung trifft, ungehindert nach Indien marschieren und dieses politisch, religiös und kulturell doch recht zersplitterte Land in kürzester Zeit erobern, auf jeden Fall für ein abstruses Hirngespinst.

    Zunächst einmal hat Napoleon einfach nicht verstanden, dass eine schlagkräftige Kriegsmarine unabdingbare Voraussetzung für eine Besetzung Indiens gewesen wäre. Diese Marine hatte er nicht. Zwar liess er nach Trafalgar ein umfassendes Programm zur Erneuerung der französischen Kriegsmarine anlaufen, aber so schnell, wie er sich das ausmalte, konnte man eben keine guten neuen Schiffe bauen und die dann auch noch mit den erforderlichen Besatzungen versehen, von geeigneten Kommandeuren gar nicht zu reden. Man kann eben nicht einfach in die Wälder gehen, soviel Holz schlagen wie man für den Bau von so und so vielen Schiffen benötigt und ein Jahr später über drei oder vier einsatzbereite neue Geschwader verfügen. Ich bin kein Fachmann für Schiffsbau, aber meines Wissens muss Holz für diesen Zweck über lange Zeit (Jahre?) gelagert und getrocknet werden, ansonsten sich die Rümpfe verziehen und die Segeleigenschaften massiv beeinträchtigt werden. Viele noch in der Zeit des Kaiserreichs gebaute und fertiggestellte Schiffe mussten deshalb schon nach kurzer Zeit wieder abgewrackt werden. Andere hat man schon gar nicht fertiggestellt. Kommt dazu das Problem der ausreichenden Bemannung. Napoleon wäre gar nicht in der Lage gewesen, ausreichend Besatzungen aufzubieten, einerseits, weil schon viele Seeleute gefallen und noch mehr in Kriegsgefangenschaft geraten waren, andererseits, weil er selber die Marine immer wieder sabotierte, indem er Matrosen für die Armee und seine Feldzüge en masse "requirierte". An geeigneten Kommandeuren mangelte es sowieso.
    Die Herrschaft der Briten über Indien war nicht gottgegeben, keine Frage, aber die Existenz einer schlagkräftigen britischen Marine hat zusammen mit geschickter britischer Diplomatie diese Herrschaft überhaupt erst ermöglicht. Das Meer bot den Briten den nötigen rückwärtigen Raum vor Ort, den sie dank ihrer Marine unangefochtenen unter ihrer Kontrolle hielten. Keine fremde Armee, keine einheimischen Fürsten konnten ihnen dieses Réduit streitig machen und sie von der Aussenwelt abschneiden. Umgekehrt konnten sie bei Bedarf ungehindert Nachschub an Truppen und Waffen heranbringen. Für eine über den Landweg nach Indien marschierende Armee hätte es diese Sicherheit nicht gegeben. Man müsste natürlich wissen, auf welcher Route sie dann letztendlich tatsächlich marschiert wäre, aber ein Bündnisvertrag mit den Persern allein hätte ein Gelingen des Unternehmens niemals garantiert. Wer sagt denn, dass die Perser sich an diesen Vertrag gehalten hätten? Es darf auch bezweifelt werden, dass der Schah wirklich die Kontrolle über all die Gebiete hatte, die er nominell für sich beanspruchte. Lokalen Widerstand aus welchen Gründen auch immer, hätte es auf der ganzen Wegstrecke immer wieder geben können, spätestens in Indien selber. Die Annahme, die dortigen Fürsten hätten sich freudig den Franzosen unterworfen, weil diese sie von den Briten "befreit" hätten, ist wohl etwas zu naiv. Manche Fürsten kooperierten eben ganz gerne mit den Briten, weil zu ihrem Vorteil. Tipoo Sultan war zwar ein mächtiger Fürst und knallharter Gegner der Briten (als Sahib, also "Kronprinz", war er schon zu Zeiten des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges mit den Franzosen gegen die Briten ins Feld gezogen), aber er war eben nicht der einzige Fürst in Indien, sondern hatte gerade auch wegen seiner besonderen Stellung so manchen weniger mächtigen Rivalen zum Feind. Es ist doch klar, dass die Briten bei einem Einmarsch der Franzosen alle Möglichkeiten ausgeschöpft hätten, ihnen gegenüber loyale Fürsten gegen die Invasoren zu mobilisieren. Und einen Tipoo Sultan brauchten sie ohnehin nicht mehr zu fürchten, den hatten sie ja 1799 erledigt. Ich bin tatsächlich der Meinung, dass eine Besetzung Indiens durch die Franzosen ein aussichtsloses Unterfangen gewesen wäre. Sie hätten keinen von ihnen allein kontrollierten rückwärtigen Raum gehabt, in den sie sich hätten in Sicherheit bringen können bzw. über den sie problemlos Nachschub hätten heranführen können. Die Briten, mit ihnen verbündete einheimische Fürsten, möglicherweise auch unabhängig operierende indische Gegner jeglicher Fremdherrschaft hätten den Franzosen das Leben zur Hölle gemacht. Und die Russen, Friedensvertrag hin oder her, hätten sich sicher auch nicht lange bitten lassen, wenn sie die Gelegenheit bekommen hätten, einen Beitrag zur Zerschlagung einer napoleonischen Indienarmee zu leisten.

    Noch ein Wort zu Alexander dem Grossen. Es war ja vorhersehbar, dass dieser Mythos irgendwann mal bemüht werden würde. Ich muss sagen, der Mythos "Alexander" geht mir langsam auf den Geist. Tatsache ist doch, dass Alexander zwar einen rasanten und siegreichen Feldzug durch das Persische Reich und darüberhinaus unternommen und seine Gegner überall besiegt hatte, aber im wesentlichen blieben seine Siege doch ohne nachhaltige Wirkung auf Gesellschaft und Kultur der unterworfenen Völker. Die bestehenden lokalen Verhältnisse wurden unterm Strich nicht umgekrempelt. Das trifft im wesentlichen auch auf Indien unter britischer Vorrherrschaft zu, aber anders als die Briten und andere Europäer in Indien blieben die Makedonen nicht unter sich. Sie passten sich den Verhältnissen in den eroberten Gebieten an. Die Makedonen, an vordester Stelle Alexander selbst, und erst recht seine Nachfolger, hatten keine Chance (und auch nicht den Willen), aus Orientalen Hellenen zu machen, sie wurden im Gegenteil zu Orientalen. Sie wurden zu akzeptierten neuen Herrschern der unterworfenen Völker, weil sie sich den Gepflogenheiten der unterworfenen Völker unterwarfen. Sie heirateten einheimische Fürstentöchter, wurden dadurch zu legitimen Nachfolgern der vormaligen nichthellenistischen Herrscher, übernahmen das politische System, das Hofzeremoniell, das Tributwesen, und hinterliessen im Gegenzug nicht mehr als eine paar hellenistisch geprägte Kunstdenkmäler, Waffen und Kleiderformen. Anders gesagt: Die Makedonen konsolidierten ihre Herrschaft über eine andere Kultur, indem sie selber Teil dieser Kultur wurden. Ganz anders die europäischen Kolonialherren und Imperialisten, die sich immer eingebildet haben, etwas besseres zu sein, "Herrenmenschen" eben. Von daher bitte keine weiteren unhaltbaren Vergleiche mit Alexander dem Grossen (den ich persönlich übrigens für nicht so "Gross" halte). Man dankt.

    Gruss, T.
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 02.06.2011, 11:33.

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  • Mephisto
    antwortet
    Hallo Tellensohn,

    Ich glaube, ich sehe, worauf Du hinaus willst, und ich denke, die Antwort muss lauten „sowohl als auch“.
    Kolonialpolitik der Realpolitik - Eroberungsgedanken der Phantasie Napoleons geschuldet

    Ich denke tatsächlich, letzterer Gedanke, der Gedanke an einen Marsch nach Indien hat Napoleon Zeit seines Lebens begleitet.
    Und ich halte ihn nicht für absurd.

    Nehmen wir 1799 die Korrespondenz mit Tipoo Sahib.
    Sicherlich sehr hochtrabend – doch was hatte das kleine französische Häuflein nicht schon alles ertragen und geleistet!?!
    Du sprichst von einem ausgeklügelten Beziehungs- und Bündnisgeflecht mit den indischen Fürsten. Wie fragil dieses war, haben der Aufstand 1799 als auch die späteren Aufstände der 1840er Jahre gezeigt. Die Herrschaft der Briten in Indien war nicht gottgegeben und auch nicht unerschütterlich. Der/die richtigen Männer an der Spitze, eine Vision und eine Horde von Zufällen. Willst Du die Möglichkeit eines Erfolges mit Sicherheit ausschließen?
    Ohne Mut, viel Phantasie und ebensoviel Glück wären auch ein Alexander (und viele andere) nicht weit gekommen.

    Der Auftrag an Decaen 1803 hingegen war rein kolonialer Politik geschuldet und hatte keine geplante Invasion in Nebengedanken. Da sehe ich das zweite (aggressive) realpolitische Standbein (und das in Friedenszeiten!).

    1807 hatten Abgeordnete des Schahs in Schloss Finckenstein den Kaiser besucht und einen Vertrag gegen den Zaren geschlossen.
    Artikel 12 lautet:
    „Wenn der Kaiser der Franzosen zu Land eine Armee gegen die englischen Besitzungen in Indien senden wollte, so würde der Schah von Persien ihr freien Durchzug gewähren und in einer besonderen Konvention über deren Marschroute die Mittel zu ihrer Erhaltung und Beförderung und über die zu stellenden Hilfstruppen mit der französischen Regierung übereinkommen.“

    Gardane wurde nach Teheran entsandt. Er und sein Stab sollten einen Vertrag zwischen der Pforte und dem Schah gegen Russland initiieren, und einen Weg nach Indien ausspionieren.
    Darüber hinaus sollten mögliche Häfen für die Anlandung von Truppen und Material inn Persien geprüft werden. 12.000 Mann sollten vom Schah mit französichen Waffen ausgerüstet werden und nach Besiegung der Russen als Hilfskorps für den Einmarsch nach Indien dienen.
    20.000 Franzosen waren für den Marsch vorgesehen. Gardanne sollte die Mahratta-Prinzen auf den Einmarsch vorbereiten und gegen England aufhetzen.
    Gegen Ende 1807 dann berichtet Gardane dem Kaiser über den möglichen Weg von Syrien zum Ganges.
    Er empfiehlt eine Route Bir-Mardin-Teheran-Herat-Cabul-Peshawar.
    Tatsächlich würden 40-50.000 Franzosen plus 30-40.000 Perser gebraucht.

    Der Krieg 1807 gegen Russland war mittlerweile beigelegt.

    In dem Brief an den Kaiser nun spiegelt sich nmE die Mission Gardanes wieder im Verweis auf den
    Article Huitieme des Vertrags von Tilsit.
    Hier war die Pforte schon als Durchmarschstation reserviert worden.
    Für mich ist das ein Zeichen der Kontinuität im Denken Napoleons.

    Ich bin kein Spezi ,was die Kolonialpolitik anbelangt.
    Meine Ausführungen habe ich zumeist zusammengesucht aus Fournier und Rose.

    Quellen, die immer wieder auftauchen und die mich interessieren würden, wären:
    Driault, « La Politique Orientale de Napoleon I. » sowie Roloffs Studie « Napoleons Plan eines Feldzuges nach Indien »
    Zuletzt geändert von Mephisto; 01.06.2011, 22:41.

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