Napoleon, ein Aggressor?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • Mephisto
    antwortet
    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
    Die Ziele Österreichs 1805 wären es wert genauer untersucht zu werden, außer sich eine große Scheibe vom bayerischen Küchlein abzuschneiden, haben die wirklich nur so klein gedacht?
    Genau!
    Österreichs Hauptinteresse war wohl Italien.
    Hatte der Frieden von Amiens wohl "friedliche" Veränderungen des Status Quo nicht vorgesehen.
    Diesen Mangel hatte N sich wohl zunutze gemacht.
    War man dadurch gar ins Hintertreffen geraten?

    Soweit ich zusammenlesen konnte, gingen die Kriegsziele lt. Petersburger Vertrag sogar noch weiter.
    Hier ging es in den Geheimklauseln wohl eher um die Wiederherstellung des Zustandes von 1791.

    Einen Kommentar schreiben:


  • derHerzog
    antwortet
    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
    Die Ziele Österreichs 1805 wären es wert genauer untersucht zu werden, außer sich eine große Scheibe vom bayerischen Küchlein abzuschneiden, haben die wirklich nur so klein gedacht?
    Soweit ich weiss, ging es den Österreichern nicht nur um eine grosse Scheibe, sondern um das ganze bayerische Küchlein.

    Aber insbesondere wollten sie zuerst die bayerische Armee eingliedern, weil sie diese zum Krieg führen gegen Napoleon brauchten.

    Dazu die Aufmarschpläne im Eintrag zum 3. Koalitionskrieg
    Die Alliierten planten, dass die Hauptauseinandersetzung in Italien stattfinden sollte. An der Etsch befanden sich Truppen unter Karl von Österreich-Teschen. Diese Armee war 64.000 Mann stark. Weitere 17.000 Mann standen in Südtirol. In Nordtirol und Vorarlberg befand sich eine Armee unter Johann von Österreich aus 24.000 Mann. Eine russisch-englische Armee von 30.000 Mann sollte von Malta und Korfu kommend im Königreich Neapel landen. In Süddeutschland befand sich eine Armee unter dem anfänglich offiziellen Befehl des Kaisers aus 70.000 Mann. Weitere 20.000 Mann waren dazu bestimmt in Bayern einzumarschieren. Diese Armee sollte durch eine russische Armee verstärkt werden. Ein weiteres russisches Korps sollte durch Schweden verstärkt werden und durch Pommern in Richtung Hannover marschieren. Kaiser Franz ging Mitte September über den Inn Er übergab die Truppen an Erzherzog Johann und General Karl Mack von Leiberich. Diese wollten in einer ausgedehnten Stellung mit 60.000 Mann an der Donau bei Ingolstadt und Ulm und der Iller bis Kempten die russische Unterstützungsarmee abwarten.

    Dazu aus Wikipedia zur Schlacht bei Ulm:


    Noch bevor die französische Armee ihre Lager an der Küste verließ, gelang es Frankreich mit dem Kurfürstentum Bayern am 25. August 1805 einen geheimen Bündnisvertrag abzuschließen, in dem der Kurfürst sich verpflichtete, Frankreich im Kriegsfall eine Armee von 20.000 Mann zu stellen.[7] Kurz vor Ausbruch der Kämpfe schloss Baden ebenfalls einen Bündnisvertrag mit Frankreich ab (am 5. September). Der Kurfürst von Württemberg dagegen folgte dem Bündnisangebot erst, als französische Truppen bereits seine Residenz erreicht hatten (am 5. Oktober in Ludwigsburg).

    Einen Kommentar schreiben:


  • derHerzog
    antwortet
    Gründe für die Kriegserklärung Englands 1803

    Auslöser für die englische Kriegserklärung war laut Wikipediaeintrag zur Seeschlacht vor Kap Finisterre:
    Der instabile Friedensvertrag von Amiens aus dem Jahre 1802 hielt nur bis zum 18. Mai 1803, als Napoleon den italienischen Staat Piemont annektierte. Daraufhin erklärte Großbritannien Frankreich erneut den Krieg.
    Das Piemont war aber ohnehin bereits Tochterrepublik Frankreichs und unter dessen Einfluss.
    Zu den subtileren, aber wohl entscheidenden Gründen
     
    Aus Johannes Willms: Napoleon, eine Biographie, 2009, S 350 f.
    Motivation für den Frieden von Amiens:
    Trotzdem verschärfte sich Englands Dilemma, denn die Kosten des Krieges, an der rapide wachsenden Staatsverschuldung abzulesen, überstiegen bei weitem die Handelsgewinne.
    Dieses Verhältnis umzukehren, erklärte sich England zum Friedensschluss mit Frankreich bereit, mit dem es seinen politischen Einfluss auf dem Kontinent um den Preis aufgeben wollte, seinen Exportmarkt zurückzugewinnen.
    ...
    Der Frieden von Amiens war für ihn ein System, das auf gegenseitigen Kompensationen und Gebietsrückerstattungen gründete.
    Fragen der künftigen Gestaltung der Handelsbeziehungen waren im Vertrag von Amiens nicht geregelt....

    Die französische Haltung - was im Friedensvertrag von Amiens nicht explizit vereinbart sei, konnte auch nicht eingeklagt werden,
    Bonaparte hatte richtig kalkuliert: Das System der europäischen Friedensschlüsse schuf die Voraussetzung für die geplante konfliktfreie Expansion...

    Frankreich zog mithin aus dem Frieden von Amiens alle Vorteile, während England, das stillschweigend darauf vertraute,mit Handelserleichterungen honoriert zu werden, sich in dieser Entwicklung nicht nur enttäuscht sah, sondern auch einen Rückgang seiner Exporte erlebte.
    Damit ging es den Engländern hauptsächlich um Handelsinteressen.

    Der Status des Piemont wurde durch die Annektion nur unwesentlich verändert. (Erobert, besetzt und abhängig von Frankreich war die Gegend ohnehin schon)
    Insbesondere tangierte es England nicht direkt.

    Es bleibt die Frage, ob eine Kriegserklärung auf die gegebene Situation wirklich angemessen ist.

    Allgemeiner gesehen, hatte Napoleon vor, auf Basis der Ergebnisse des 2. Koalitionskrieges seine Macht in Europa ohne weitere Konflikte zu entfalten.

    Einen Kommentar schreiben:


  • Gunter
    antwortet
    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    Ost-West-Konflikt, Grossbritannien (bei Tocqueville werden es die USA sein) gegen Russland, Osteuropa versus Westeuropa. Da richtest du aber mit der ganz grossen Kelle an.

    Als ich von "Weltanschauungen" betreffend die Gesellschaftsordnung sprach, meinte ich eigentlich ganz bescheiden den Widerstreit zwischen restaurativen und liberalen Kräften, der in den ersten Jahrzehnten nach Napoleons Sturz in praktisch allen europäischen Nationen in West und Ost ausgetragen wurde. Alles darüber hinausgehende wäre mir dann doch ein bisschen zu weit hergeholt.
    Dieser Ost-West-Konflikt zieht sich durch die gesamte Geschichte Europas.
    Am deutlichsten wurde diese Konfliktkonstellation dann im Krimkrieg. Da gab es keine zentraleuropäische Macht mehr, die es zu bekämpfen galt, womit der Konflikt direkt gegen Russland geführt wurde. Später war das Deutsche Reich dann die zentraleuropäische Macht, die einerseits die Rolle des gegen den Osten kämpfenden Westens einnahm, zugleich aber die von Westeuropa bekämpfte Zentralmacht war. Frankreich kam diese Rolle während der napoleonischen Zeit das letzte Mal zu. Auffällig ist, dass diese Zentralmächte immer nur für vergleichsweise kurze Zeit dominant auftreten konnten und dann erheblich zurechtgestutzt wurden, nicht so die Peripheriemächte.
    Das ist durchaus essentiell für europäische Friedenskonzepte. Heute haben wir keine solche Zentralmacht und es herrscht Frieden. Dennoch schwelen zwischen Westen und Osten eine Reihe von Unstimmigkeiten, die lange Tradition haben. Wie weit da wirklich Mentalitäten eine Rolle spielten ist noch die Frage.

    Grüße

    Gunter

    Einen Kommentar schreiben:


  • HKDW
    antwortet
    Die Ziele Österreichs 1805 wären es wert genauer untersucht zu werden, außer sich eine große Scheibe vom bayerischen Küchlein abzuschneiden, haben die wirklich nur so klein gedacht?

    Einen Kommentar schreiben:


  • derHerzog
    antwortet
    Ich weiß nicht was das Hochstilisieren Napoleons soll
    Mir geht's hier nicht um das Hochstilisieren Napoleons, schon gar nicht zu einem "Friedensengel". Das war er nun wahrlich nicht.
    Mir gehts darum, zu hinterfragen, ob man in ihm wirklich den Verursacher der nach ihm benannten Kriege sehen kann.
    er war auch nicht anders als die anderen
    Sag ich auch nicht: aber war er denn, sagen wir es mal so, der Kriegstreiber?

    blieb ja auch England nicht viel anders übrig als sich irgendwie zu wehren
    Lag nicht vor der Einrichtung des Heerlagers in Boulogne eine Kriegserklärung der Engländer vor? Hab ich schon mal gesagt: Kriegserklärungen sind kein Spass.

    Was hat sie dazu getrieben, diese Kriegserklärung abzugeben? Wurde sie begründet? Wurde sie mit irgendwelchen Bedingungen versehen?

    Auf der anderen Seite frage ich auch nach, warum der "Kampf" gegen England nach 1805 weitergeführt werden musste. Eigentlich gab es ja keinen Kampf, sondern die Kontinentalsperre, die aber für Napoleon so bedeutsam wurde, dass er zur Durchsetzung in den Krieg nach Spanien und nach Russland zog.

    Napoleon wäre in einer sehr grüßen Verlegenheit gewesen wenn das die Österreicher nicht gemacht hätten, die Armee d'Ocean und dann nichts, da hätte sich eine drohende Finanzkrise abgezeichnet.
    Ja, eben.
    Die Invasionspläne mussten allerdings schon nach dem 22. Juli 1805 abgeblasen werden, weil damals scheiterte Villeneuve in der Schlacht von Finistere und konnte den Kanal nicht unter seine Kontrolle bringen.
    --nachtr. Ergänzung:--
    Aber letztendlich hätte N. das Lager dort noch aufrechterhalten können, es bestand ja schon zwei Jahre.
    Definitiv gescheitert war die Invasion erst im Oktober bei Trafalgar
    --Ende Ergänzung---

    Aber Ende August müssen sich die Ereignisse doch geradezu überschlagen haben und N. hatte sich ja auch wirklich beeilt.
    Am 25. August wurden bei München die Vertragsverhandlungen zum Bündnisvertrag mit Bayern abgeschlossen.
    Kurz darauf wurde auch schon die Napoleons Armee Richtung Rhein in Marsch gesetzt. Berücksichtigt man, dass man damals noch nicht über Email, und noch nicht mal über Telegrafen verfügte und angesichts der Tatsache, dass ein Bote die Strecke auch nicht an einem Tag zurücklegen konnte, muss in Napoleons Handlungen sicher eine gewisse Vorwegnahme der Ereignisse liegen.
    Aber es ging nur darum, die Truppen an den Rhein zu verlegen.
    Dass ein Bündnisvertrag vorlag, war ihm wichtig, bevor er über den Rhein geht.
    Ebenso wird er sich die Durchmarscherlaubnis von Baden und Württemberg gesichert haben.

    Ganz anders die Österreicher: Invasion und Besetzung Bayerns mit dem Ziel, diese in einen Krieg gegen Frankreich zu pressen.
    Zuletzt geändert von derHerzog; 27.03.2012, 08:27.

    Einen Kommentar schreiben:


  • HKDW
    antwortet
    @Mephisto
    Siehe die Aussagen Pressers, der hat es gut zusammengefaßt, nachdem Bonaparte die Armeelager am Ärmelkanal gegründet hatte und dort Truppen speziell für die Invasion Englands auch ausbildete und ausrüstete - blieb ja auch England nicht viel anders übrig als sich irgendwie zu wehren.
    Ich geb dir natürlich recht dass die Österreicher in Bayern einmarschiert sind, siehe ja auch meine viel frühere Mail wo ich mal die ganze Entwicklung bis zum Krieg versucht habe aufzuschreiben, da gibt es keine Zweifel.
    Napoleon wäre in einer sehr grüßen Verlegenheit gewesen wenn das die Österreicher nicht gemacht hätten, die Armee d'Ocean und dann nichts, da hätte sich eine drohende Finanzkrise abgezeichnet.

    Einen Kommentar schreiben:


  • Mephisto
    antwortet
    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
    Beim wir haben festgestellt - 3 Koalitionskrieg, bitte klammere mich aus - ich kann da keinen eindeutigen Agressor auf der einen und Friedensengel auf der anderen Seite ausmachen.
    Auch ich bin ein Anhänger der Deskalation. Trotzdem wird für mich jemand, der nicht deeskaliert - sondern es "darauf ankommen lässt", noch nicht zum Aggressoren. Pazifismus entsprach wohl nicht dem damaligen Weltbild und N war kein Gandhi.

    1803 hatte England den Krieg erklärt.
    Der plätscherte schon drei Jahre vor sich hin.
    Österreich und Rußland hatten - aus Sicht Frankreichs - damit nichts zu tun.
    Wenn ja, was begründet denn ihren Einfall in Bayern?

    Fakt ist, daß Bayern - ob Verbündeter Frankreichs oder nicht - angegriffen worden ist.
    Fakt ist weiter, dass die Russen nicht zum Kampf gegen die Bayern mobilisiert haben.
    Sehe ich doch richtig???

    Was hätte N, was hätte Frankreich denn Deiner Meinung nach tun sollen, um bei Dir nicht in der Schublade "Aggressor" zu landen???
    Hätte er/es in Bologne warten sollen, bis die Koalition anklopft?
    Hätte er/es offiziell den Plan, England angreifen zu wollen, aufgeben sollen?
    Hätte er/es die Verbündeten in Deutschland informieren sollen, daß man "wegen Deeskalation geschlossen" hätte?
    Was für ein Bild hätte so ein Kaiser, Konsul, Staatsoberhaupt im eigenen Lande abgegeben?
    Was für ein Bild gäbe es heute ab? Ist das Realpolitik?
    Zuletzt geändert von Mephisto; 26.03.2012, 22:35.

    Einen Kommentar schreiben:


  • Mephisto
    antwortet
    Zitat von derHerzog Beitrag anzeigen
    War England tatsächlich so eine Bedrohung, dass es ihm diesen Preis wert war?
    Warum war es diese Bedrohung?
    Leider kamen hier bislang nur pauschale Aussagen wie "England war halt auch ein Aggressor" oder "England war der schlimmste Aggressor", aber es kamen keine Belege, warum oder wie England Frankreich bedrohte oder gar angriff, wenn es ja ohnehin keine richtige Armee hatte.
    Ich denke, wir waren auch da schon nweiter.
    Wenn wir die Landung in den Niederlanden 1799 nehmen oder auch später in 1809, sehen wir, dass zumindest Nadelstiche / gemeint sind kleinere militärische Operationen auch innerhalb Europas durchaus im Bereich des Möglichen lagen.
    Diese allein sind vielleicht schon Begründung genug für einen Gegenangriff der Franzosen. Den Krieg in das gegnerische Land hineintragen war doch immer höchstes Gebot der Militärs.

    Ausschlaggebend jedoch wird nmE die wiederholte Finanzierung von Stellvertreterkriegen gewesen sein.

    Einen Kommentar schreiben:


  • HKDW
    antwortet
    Hier geht's aber eben darum, ob auch dem Napoleon wirklich "jedes Mittel recht" war (also incl.kriegerischer Aggression)
    Also Napoleon war auch nicht besser als seine Zeitgenossen, denen war ja eigentlich auch jedes Mittel recht.
    Ich weiß nicht was das Hochstilisieren Napoleons soll - er war auch nicht anders als die anderen.

    Beim wir haben festgestellt - 3 Koalitionskrieg, bitte klammere mich aus - ich kann da keinen eindeutigen Agressor auf der einen und Friedensengel auf der anderen Seite ausmachen.

    Einen Kommentar schreiben:


  • derHerzog
    antwortet
    Gesamteuropäische Verantwortung Anfangs des 19.Jhdt?
    Warum nicht?
    Gesamteuropäisches Denken war in den Europa beherrschenden Familien bereits seit dem Mittelalter gegeben. Man beachte nur einmal die Heiratspolitik und deren Folgen. Nehmen wir nur mal die Habsburger, die mit der Verheiratung des schönen Philipps an die Infantin Johanna im 15. Jh. die Saat für den folgenden jahrhundertelangen Habsburgisch-Französischen Konflikt legte.

    Nehmen wir den Westfälischen Frieden, der unter Einbeziehung aller relevanten Mächte in Europa ausgehandelt wurde.
    Und nicht zu vergessen, den Wiener Kongress und seine Ergebnisse, die ja bewusst wieder zu einem Gleichgewicht der Mächte in Europa führten.

    Möglicherweise ist es inadequat, in diesem Zusammenhang von "Verantwortung" zu sprechen. Aber das Denken in diesen Kreisen war zweifellos gesamteuropäisch und zwar schon lange vor Napoleon
    Es ging um keine Verantwortung - sondern wer wird größer - stärker - mächtiger und da war jedes Mittel recht.
    Eine sehr pauschale Aussage wiederrum. Das Machtstreben will ich gar nicht in Abrede stellen. Hier geht's aber eben darum, ob auch dem Napoleon wirklich "jedes Mittel recht" war (also incl.kriegerischer Aggression)
    Und hier haben wir festgestellt, dass Napoleon die Koalitionskriege 3,4 und 5 nicht begonnen hatte.
    Zum zweiten Koalitionskrieg habe ich noch eine Trouvaille auf Wikipedia gemacht:
    Er (Napoleon) machte vergeblich Friedensangebote auf der Basis des Friedens von Campo Formio. Darauf wollte Österreich nicht eingehen, weil dies mit der Rückgabe der wieder gewonnenen Gebiete aus der ersten Phase des Kriegs verbunden gewesen wäre.
    Vielleicht kann noch der eine oder andere Experte was dazu sagen, was diese Aussage über ihren "Wischipedia"-Status hinaus adelt....

    Später wurde Napoleon tatsächlich zum Angreifer. (Spanien, Russland). Das hing hauptsächlich mit der Absicht zusammen, die Kontinentalsperre gegen England durchzusetzen.
    Nun wäre es zum einen noch interessant zu erfahren, warum er sich darauf einliess.
    War England tatsächlich so eine Bedrohung, dass es ihm diesen Preis wert war?
    Warum war es diese Bedrohung?
    Leider kamen hier bislang nur pauschale Aussagen wie "England war halt auch ein Aggressor" oder "England war der schlimmste Aggressor", aber es kamen keine Belege, warum oder wie England Frankreich bedrohte oder gar angriff, wenn es ja ohnehin keine richtige Armee hatte.

    Weiterhin stellte ich die Frage, was an der Expansionspolitik Napoleons so verwerflich war, dass man sie als "aggressiv" bezeichnete, wo doch nach den Aussagen einiger Forenteilnehmer eigentlich "jeder" nach mehr Macht und Einfluss strebte. Damit müsste das ja gegenseitig anerkannt sein.

    Insbesondere bei Beachtung des im Laufe des 18. Jh. labil und fragil gewordenen HRDN ist die Expansion einer stärkeren Macht daneben fast schon eine naturgesetzliche Folge.

    Frankreich braucht natürliche Grenzen, nehmen wir halt den Rhein, egal wer da wohnt,


    Eigentlich ja. Es ist egal wer da wohnt. Aus folgenden Gründen:
    1. Die herrschende Schicht in Frankreich ist in Paris konzentriert. Das drumrum ist eigentlich egal, aber Hauptsache, die Ile de France ist sicher vor Feinden (Ein kleiner Hinweis auf den franz. Zentralismus Muss nicht unbedingt ernst genommen werden)
    2. Die Rheingrenze war aus militärischer Sicht die Wunschgrenze der Franzosen, weil sie natürlichen Schutz bietet. Napoleon war eben ein Militär. Das Problem ethnischer Unterschiede im Volk ist eher ein innenpolitisches.
    3. Supranationale Staatsgebilde sind in der Zeit durchaus üblich, sogar noch bis später hinaus (Habsburger Vielvölkerstaat, etc.) Dadurch war die Denkweise der Herrschenden ohnehin von multiethnischen Herrschaftsgebieten geprägt.
    4. Wird in den linksrheinischen Gebieten einfach Code Civil und Code Napoleon eingeführt und schon sind das auch alles gleichberechtigte citoyens de la France, pas de problem!
    Was sich schon während des 18. Jh abzeichnete, wurde durch die ersten Koalitionskriege und deren Folgen deutlich: Das HRDN stand vor dem Zusammenbruch. Insbesondere die gewaltigen Veränderungen durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 dürften die Spannungen nochmals gewaltig gesteigert haben. Damit drohte ein gewaltiger Unsicherheitsfaktor vor der Haustür.
    War es nicht ratsam durch Bündnispolitik und Annektionen günstigere Fakten zu schaffen, anstatt abzuwarten, bis alles mit viel Krach und Krieg in sich zusammenstürzt?
    Es ist egal, welche Motive Napoleon dazu bewogen haben, waren sie auch noch so selbstsüchtig.
    Enscheidend ist die Frage, ob diese Umstände die Hegemonialpolitik rechtfertigen, in dem Sinne, dass sie sichernder und stabilisierender wirken kann, als den Dingen ihren Lauf zu lassen.
    Zuletzt geändert von derHerzog; 26.03.2012, 20:10.

    Einen Kommentar schreiben:


  • Tellensohn
    antwortet
    Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
    Spanien und die Niederlande z.B. Spanien hatte selbst sehr gute Gründe gegen Großbritannien Krieg zu führen.
    Es geht doch nicht um "Gründe". Spaniens Marine konnte England materiell und personell noch weniger Paroli bieten als jene Frankreichs. Und die Niederländer waren dazu noch weniger in der Lage als die Spanier.

    Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
    Es zeichnete sich bereits damals ein klassischer Ost-West-Konflikt ab, der nur die kontinentaleuropäische Herrschaft Frankreichs für einige Zeit überlagert und beeinflusst wurde. Frankreich war nämlich nicht das geostrategische Equivalent zu Großbritannien - Russland wohl, indem es nämlich eine äußerst schwer angreifbare Position an der europäischen Peripherie einnahm. Bei den Wiener Verhandlungen wurde es offensichtlich, dass Ost- und Westeuropa einander gegenüberstanden. Dass der Konflikt nicht offen ausbrach, lag an der vollkommen asymmetrischen Natur der Kontrahenten, vor allem an der Schwäche des russischen Reiches in vielerlei Hinsicht. Langfristig blieb dieser Grundkonflikt bis heute bestehen. Weltanschauungen spielten dabei doch nur eine oberflächliche Rolle, um die Massen zu manipulieren. Es war immer ein Machtspiel um Profit, weiter nichts.
    Ost-West-Konflikt, Grossbritannien (bei Tocqueville werden es die USA sein) gegen Russland, Osteuropa versus Westeuropa. Da richtest du aber mit der ganz grossen Kelle an.

    Als ich von "Weltanschauungen" betreffend die Gesellschaftsordnung sprach, meinte ich eigentlich ganz bescheiden den Widerstreit zwischen restaurativen und liberalen Kräften, der in den ersten Jahrzehnten nach Napoleons Sturz in praktisch allen europäischen Nationen in West und Ost ausgetragen wurde. Alles darüber hinausgehende wäre mir dann doch ein bisschen zu weit hergeholt.

    Einen Kommentar schreiben:


  • Gunter
    antwortet
    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    Welche "anderen Seemächte"? (s.oben)
    Spanien und die Niederlande z.B. Spanien hatte selbst sehr gute Gründe gegen Großbritannien Krieg zu führen.

    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    Ja, zwischen wem fand er dann deiner Meinung nach statt, damals (wir reden hier ja von der napoleonischen Zeit)? Geht es etwas präziser? Ich meine, eines ist ja klar: der eigentliche Kampf fand ja letztlich sowieso nicht zwischen Nationen statt, sondern zwischen divergierenden "Weltanschauungen" betreffend die Gesellschaftsordnung. Die Nationen bzw. jeweiligen Völker sollten ja eigentlich nicht mehr als die nützlichen Idioten der Herrschenden sein und bleiben...
    Es zeichnete sich bereits damals ein klassischer Ost-West-Konflikt ab, der nur die kontinentaleuropäische Herrschaft Frankreichs für einige Zeit überlagert und beeinflusst wurde. Frankreich war nämlich nicht das geostrategische Equivalent zu Großbritannien - Russland wohl, indem es nämlich eine äußerst schwer angreifbare Position an der europäischen Peripherie einnahm. Bei den Wiener Verhandlungen wurde es offensichtlich, dass Ost- und Westeuropa einander gegenüberstanden. Dass der Konflikt nicht offen ausbrach, lag an der vollkommen asymmetrischen Natur der Kontrahenten, vor allem an der Schwäche des russischen Reiches in vielerlei Hinsicht. Langfristig blieb dieser Grundkonflikt bis heute bestehen. Weltanschauungen spielten dabei doch nur eine oberflächliche Rolle, um die Massen zu manipulieren. Es war immer ein Machtspiel um Profit, weiter nichts.

    Grüße

    Gunter

    Einen Kommentar schreiben:


  • Tellensohn
    antwortet
    Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
    Dass die übrigen Marinen so chancenlos waren, war bis 1805 noch nicht endgültig entschieden
    Die übrigen Marinen? Weshalb alle Marinen der Zeit den Engländern unterlegen waren, wurde in diesem Forum auch schon diskutiert. Die Marinehistoriker hüben und drüben sind sich da einig: unter den gegebenen Umständen hatte damals KEINE andere Marine eine Chance gegen die Briten, und vereint - soweit das möglich war - funktionierten sie nicht.

    Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
    Napoleon hat durchaus die britische Weltmacht begünstigt, wenn auch nur indirekt
    Und wieder dieselbe, einseitige plakative Schuldzuweisung...

    Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
    schließlich zog er die anderen Seemächte in den Untergang mit hinein
    Welche "anderen Seemächte"? (s.oben)

    Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
    Der Kampf um die Macht in Europa und letztlich über weite Teile der Welt fand aber nicht zwischen Frankreich und Großbritannien statt, denn das war nur ein vorrübergehender Konflikt. Man muss diese ganze Sache nicht immer nur aus einem eurozentrischen oder sogar in einer auf die mitteleuropäischen Kleinstaaten reduzierten Sichtweise betrachten.
    Ja, zwischen wem fand er dann deiner Meinung nach statt, damals (wir reden hier ja von der napoleonischen Zeit)? Geht es etwas präziser? Ich meine, eines ist ja klar: der eigentliche Kampf fand ja letztlich sowieso nicht zwischen Nationen statt, sondern zwischen divergierenden "Weltanschauungen" betreffend die Gesellschaftsordnung. Die Nationen bzw. jeweiligen Völker sollten ja eigentlich nicht mehr als die nützlichen Idioten der Herrschenden sein und bleiben...

    Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
    Warum Napoleon hier explizit genannt wird? Hm, der Name des Forums dürfte den Weg weisen...
    Ich muss jetzt lachen, oder?


    Sein Empire hatte England letztlich dem immer wieder erfolgreich angewendeten Rezept zu verdanken, seine potentiellen Rivalen gegeneinander auszuspielen und auf dem Kontinent so wenig eigene Truppen wie möglich gegen den jeweiligen Feind ins Feld zu führen, sondern dafür die Truppen williger Koalitionäre zu verheizen, also die eigene Armee personell und kostenmässig knapp zu halten und statt dessen so viel wie möglich für den Ausbau der Marine aufzuwenden (alles, was nicht für Bestechungsgelder draufging ).
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 26.03.2012, 14:06.

    Einen Kommentar schreiben:


  • HKDW
    antwortet
    Man kann darin sicher selbstsüchtige Postengschieberei sehen, aber auch die Übernahme gesamteuropäischer Verantwortung.
    Genau solche Aussagen haben Europa über hunderte von Jahren von einem Krieg in den anderen gestürzt, Frankreich braucht natürliche Grenzen, nehmen wir halt den Rhein, egal wer da wohnt, damit Frankreich Gesamteuropäsische Verantwortung übernehmen kann.
    Damit kann ich eben alles legitimieren, Bayern bis an die Alpen, eben auch Insbruck, braucht ja natürliche Grenzen, egal was die Tiroler wollen etc.

    Gesamteuropäische Verantwortung Anfangs des 19.Jhdt?
    Da kommen mir gensauso Zweifel wie Gesamtdeutsche Interessen Anfangs des 19. Jhdt.
    Das sind doch postmortale Politphrasen die damals keine Gültigkeit hatten. Es ging um keine Veranstwortung - sondern wer wird größer - stärker - mächtiger und da war jedes Mittel recht.
    Napoleon wollte und hat seine eigenen Interessen vertreten, die Frankreichs wurden doch immer mehr zweitrangiger.

    Einen Kommentar schreiben:

Lädt...
X