@ muheijo
Ja, und? Ist dafür Napoleon allein verantwortlich?
Napoleon, ein Aggressor?
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Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigenUnd wieder ist der übliche Schuldige benannt. Erzfeind Nr.1 hat Erzfeind Nr.2 den Weg zur Weltherrschaft geebnet (...und Preussen/Deutschland musste draussen bleiben. So gemein).
England ist Weltmacht No.1, kaschiert durch die Balance auf dem europ. Festland.
Gruss, muheijo
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Zitat von Gunter Beitrag anzeigenInsofern war Napoleon indirekt ein weiterer Steigbügelhalten beim Ausbau der britischen Weltmacht.
Diese nun schon von diverser Seite geäusserte Ansicht finde ich einfach nur lächerlich. Auf diesem Argumentationsniveau könnte man genau so gut die kontinentaleuropäischen Gegner Napoleons als Steigbügelhalter beim Ausbau des britischen Empires bezeichnen, mit dem Argument, sie hätten sich andauernd von den Briten kaufen lassen und durch ihre Kriege gegen Napoleon diesen an der geplanten Invasion Englands gehindert. Aber natürlich wissen wir, dass es da auch andere Faktoren gab, wie z.B. das Nichterscheinen von Villeneuves Flotte zur Absicherung der Flottille von Boulogne. Ob das auch passiert wäre, wenn ein Admiral vom Schlage Suffrens das französische Geschwader kommandiert hätte? Oder Admiral Bruix nicht vorzeitig verstorben wäre?
Ursachen und Wirkungen sind in der Regel nicht von Anfang an erkennbar, vorhersehbar oder intendiert. Das Zusammenspiel vieler Faktoren ist dafür verantwortlich, wie sich die Dinge schliesslich entwickeln und kaum etwas musste sich zwangsläufig in einer bestimmten Richtung entwickeln, sondern hätte auch ganz anders kommen können.
Die Nachgeborenen wollen stets, was den Zeitgenossen unmöglich ist, nämlich alles besser wissen.Zuletzt geändert von Tellensohn; 24.03.2012, 10:52.
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Preußen ist da ein Sonderfall, da ging es um die beleidigte Ehre, von der Großmacht zur unbedeutenden Mittelmacht abgestürzt und beinahe von der Landkarte verschwunden zu sein. Beliebt sind Besatzer nirgendwo.
Was man bei der allgemeinen Diskussion nicht vergessen sollte, Napoleons Möglichkeiten waren räumlich mehr oder weniger auf den europäischen Kontinent eingeschränkt. Den wirklichen Griff zur Weltmacht vollzog stattdessen Großbritannien, dem die Kriege gegen Frankreich und seine Verbündeten sehr gelegen kamen, um sich deren Flotten zu entledigen und ihre Kolonien unter den Nagel zu reißen. Insofern war Napoleon indirekt ein weiterer Steigbügelhalten beim Ausbau der britischen Weltmacht.
Grüße
Gunter
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Wir sind eigentlich nicht am Anfangspunkt der Diskussion, nur es gibt zwei Ansichten, die eine - egal welche Argumente die "Gegen"partei bringt - man ignoriert sie, oder die andere - man lernt auf den Argumenten und verändert seine Position (eher die Minderheit).
Napoleon war ein Agressor - aber eben nicht allein.
Wie es sich zum erneuten Krieg 1805 hochgeschauckelt hat - wurde doch deutlich aufgezeigt. Napoleon wollte die Invasion Englands, aber eben nicht einen Krieg gegen Österreich und Rußland.
Zu den "Befreiungskriegen" - ein Preuße wird sich sicherlich mehr unterdrückt gefühlt haben als ein Bayer, aber auch die waren nach 1812 ernüchtert.
Die Bevölkerung (nicht nur in Deutschland) hatte die Nase voll und wollte keine Landeskinder für Napoleonische Ziele abgeschlachtet sehen.
Die arogante Behandlung - mancher nicht französischer Soldaten und Offiziere - trugen ihr weiteres zu, siehe Roos, dem das eigene Verbandsmaterial einfach mit dem Argument das braucht die Grande Nation abgenommen wurde.
Die Anti-Napoleonische Stimmung ist sicherlich nicht auf einen kleinen Kreis von Dichtern zurückzuführen, da steckt mehr dahinter.
Für Preußen war es sicherlich eine Befreiung Napoleon los zu werden - und für die meisten anderen Staaten auch - für Napoleon bedeutete Krieg ohne Ende.
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Bei den ganzen Details fällt es einem hier schwer zu sehen, worum es eigentlich geht.
Das ist ja wohl verständlich.
Trotzdem geht es immer noch um das Prädikat "Aggressor".
Bisher sind jede Menge Vorwürfe geäußert worden, die nach meinem Verständnis einfach nicht richtig sind.
Da wurde Napoleon als verantwortlich bezeichnet für den Italienkrieg 1798, dann wurden ihm kurzum und ohne Unterschied sämtliche Koalitionskriege angelastet. Als Begründung für die Vorwürfe wurden u.a. Hamburg 1813 und die Reparationszahlungen (e.g. Erfurt) genannt.
Ein These von Sans-Gene sieht einen direkten Zusammenhang im damals aufkommenden Nationalismus in Deutschland mit der (nachträglichen) Verteufelung des Korsen.
Zu seiner Zeit wurde er, so denke ich, weitaus differenzierter gesehen, als es heute den Anschein hat.
So werden auch die "Befreiungskriege" nicht unbedingt ihrem Namen gerecht.
Wer wurde befreit von wem und was?
Nach dieser langatmigen Exkursion sind wir nun am Anfangspunkt der Diskussion zurück -
1805 als dem ersten vom Kaiser eigenverantwortlich geführten Krieg.
Angreifer - Provokateur ...er oder die anderen?
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Handelnde Staaten waren England und Frankreich. Aktivitäten kontinentaler Großmächte zur Bedrohung Frankreichs sind nicht erkennbar, dafür eine Bedrohung der Interessen Österreichs und Rußlands.
Daher noch einmal meine Frage: Warum nahm Napoleon im Krieg gegen England einen Vertrauensverlust auf dem Kontinent in Kauf, der dann zur Bildung der 3. Koalition führte?
Und stellen Sie sich doch bitte selbst einmal die Frage, warum sie die Suggestivfrage, warum Napoleon angeblich einen Vertrauensverlust in Kauf genommen hätte, ausgerechnet der kriegserklärten Partei stellen und nicht an die kriegserklärende Partei.
Ist Krieg gegen Frankreich etwa ein Naturgesetz, hingegen Krieg gegen England ein Unglück?
Man, was waren das noch für Zeiten, als man sich bei der Verdehung von Tatsachen in der Geschichte noch richtig Mühe gab!
Der 1. Pariser Frieden sah keine Kriegsentschädigungen Frankreichs vor. Aber das ist ja bekannt.Zuletzt geändert von Sans-Gêne; 21.03.2012, 19:02.
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Bei den ganzen Details fällt es einem hier schwer zu sehen, worum es eigentlich geht. Kurz zur Frage der Reparationen. Wie gewichtig waren denn die geforderten Summen ab 1815? Wurde Frankreich wirklich aus machtpolitischen Gründen geschont und Preußen 1807-13 dagegen finanziell ausgeblutet? Bei Preußen nach Tilsit ist natürlich klar, dass das praktisch keine ernstzunehmende Vertragsmacht mehr war, sondern nur noch aus Russlands Gnaden weiterbestand, wobei dieser Staat nach der gängigen Machtlogik eigentlich aufgelöst gehört hätte. Wollte Napoleon das durch die Zahlungen de facto schleichend erzwingen? Rechnete er überhaupt jemals mit einer Abzahlung?
Ein Vergleich des Pariser Friedens von 1815 mit dem Frankfurter Frieden von 1871 drängt sich auch auf. Schnelle Abzahlung und schwupp - Besatzungsttruppen losgeworden. So einfach soll das gewesen sein?
Falls das hier off-topic sein sollte, dann bitte verschieben.
Grüße
Gunter
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Zitat von Sans-Gêne Beitrag anzeigenIch hatte zudem gelesen, dass Frankreich seine Kriegsreparationen an die Siegernationen in fünf Jahren abzuzahlen hatte. Das war wohl die Bedingung. Da die Summe jedoch bereits in drei Jahren erbracht war, wurde bereits auf dem Aachener Kongress 1818 der Truppenabzug aus Frankreich beschlossen.
Dies bestärkt das Fazit, dass die Kriegslasten (zeitnah berechnet) wohl doch nicht so hoch waren, wie später nachgekartet wurde.
In einem Vertrag mit Frankreich wurden endgültig die Bedingungen festgelegt, die sich aus dem Pariser Frieden von 1815 ergaben. Es wurde der sofortige Abzug der Besatzungstruppen aus Frankreich - ursprünglich erst für 1820 vorgesehen - und die Herabsetzung der Kriegsentschädigungen von 700 auf 265 Millionen Francs bestimmt. In einer Konvention bekräftigten die vier Siegermächte - Russland, Preußen, Österreich und England - ihre Entschlossenheit, das in Frankreich wieder eingesetzte feudale Regime der Bourbonen (Restaurationszeit) notfalls mit Waffengewalt zu stützen.
Der 1. Pariser Frieden sah keine Kriegsentschädigungen Frankreichs vor. Aber das ist ja bekannt.
Grüße
excideuil
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Zitat von excideuil Beitrag anzeigenStellt sich mir die Frage, warum erweiterte Napoleon die natürlichen Grenzen, den französischen Machtbereich? Weil eine kontinentale Bedrohung Frankreichs vorlag? Oder weil diese Maßnahmen - auch das Lager von Boulogne - England treffen sollten? Denn nur mit England lag Napoleon im Krieg! Warum nahm er in Kauf, dass England aus der Isolation von 1801/02 herauskam und 1805 Verbündete auf dem Kontinent finden konnte?
Grüße
excideuil
Zitat von Lavalette Beitrag anzeigenVielleicht ist der Grund darin zu suchen, daß er nicht 1,25 Millionen Pfund pro 100 000 Soldaten jährlich bieten konnte. Die Finanzen Frankreichs waren wegen der Revolution nicht danach. Der überseeische Handel Frankreichs lag darnieder (s. Tulard). Für England war das dagegen schon ein gangbarer Weg, seine Isolation aufzubrechen, zumal sie auch über Kolonialwaren für Deutschland beispielsweise verfügten. Aus Rußland bezog es wohl auch Material für seine Flotte (Einkünfte des russischen Adel) usw. Eine jahrelange Isolierung Englands war also nur schwer möglich. Wie lange brauchte die Kontinentalsperre um in England eine Wirtschaftskrise auszulösen/wesentlich zu verschlimmern? 1809/10/11? Ich denke, für die Diplomatie ein zu langer Zeitraum.Zitat von Sans-Gêne Beitrag anzeigenWeil er die Kriege gewonnen hatte, die auch die andere Seite nicht vermied, wie die Kriegserklärungen zeigen. England und Preußen hätte das im umgekehrten Falle auch getan, wie sich bis 1815 zeigte.
Andere Nationen hatten Kriegspläne, brauchten Geld und England hatte es. DAS war die Grundlage des 3. Koalitionskrieges! Was daran hätte Frankreich denn nicht in Kauf nehmen sollen bzw. ändern können ? Napoleon als Verantwortlicher für die aggressive englische und österreichische Wirtschafts - und Expansions - Politik. Großartig!
Daher sei einmal Wiki zitiert:
Es war für die führenden europäischen Politiker und insbesondere auch für Napoleon klar, dass die Friedensschlüsse von Luneville (1801) und Amiens (1802) keine dauerhafte Lösung darstellten. Zwischen dem von Napoleon beherrschten Frankreich und Großbritannien nahmen bereits seit der zweiten Hälfte des Jahres 1802 die Spannungen wieder zu. Dazu trug bei, dass Napoleon eine aktive Rolle in Westindien spielte. Auch gab es Hinweise, dass er sich erneut für Ägypten und den Nahen Osten interessierte. Es gab Meldungen in französischen Zeitungen in denen es hieß, dass 10.000 Mann genügen würden, um Ägypten zurück zu erobern.
In Italien steigerte Napoleon seinen Einfluss noch, als er die Cisalpinische Republik in die italienische Republik verwandelte und er sich selbst zum Präsidenten machte. Das Piemont hat er an Frankreich angeschlossen. Die französische Armee wurde entgegen dem Friedensvertrag von Amiens nicht aus den Niederlanden abgezogen, vielmehr bekam die batavische Republik eine neue Verfassung nach französischem Vorbild. In enger Abhängigkeit zu Frankreich stand auch die Schweiz. Das Land hatte Napoleon mit der Mediatonsakte eine neue föderalistische Verfassung gegeben. Gleichzeitig hatte sich das Land für fünfzig Jahre politisch an Frankreich binden müssen.
Als indirekte Folge des zweiten Koalitionskrieges und dem Verlust des linksrheinischen Territorium des Heiligen Römischen Reiches kam es mit dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 zur Säkularisation der geistlichen Staaten, mit Ausnahme des Kurfürstentums Mainz. Die meisten Reichsstädte und zahlreiche kleine Reichsstände und Reichsritter wurden mediatisiert und größeren Territorien zugewiesen. Davon profitierten neben Preußen vor allem Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt. Es entstanden vor allem in Süddeutschland mittlere Staaten, die im 19. Jahrhundert den Kern eines Dritten Deutschlands zwischen Preußen und Österreich bildeten. Die vergrößerten Staaten entsprachen Napoleons Kalkül. Sie sollten Österreich schwächen, aber selbst zu schwach sein, um Frankreich zu gefährden.
Die französische Wirtschaft versuchte Napoleon durch Zölle vor der englischen Konkurrenz zu schützen. Die Briten ihrerseits weigerten sich entgegen dem Friedensvertrag, Malta zu räumen und den Johannitern zurückzugeben. Napoleon drohte am 13. März 1803 indirekt mit Krieg, als er gegenüber dem englischen Botschafter Lord Whitworth die britische Verletzung des Friedensvertrages kritisierte. Der Botschafter kehrte nach London zurück, und kurze Zeit später, am 23. Mai, erklärte Großbritannien Frankreich den Krieg. Die Kriegserklärung ging zwar von England aus, aber Napoleons Hegemonialpolitik hat zum Ausbruch des Kriegs stark beigetragen.
In den folgenden beiden Jahren war der Krieg in Europa wenig ereignisreich. Der französische Markt wurde für britische Güter gesperrt und Napoleon ließ das mit Großbritannien in Personalunion verbundene Kurfürstentum Hannover besetzen. Die Briten ihrerseits nahmen französische Schiffe als Prisen und nahmen einen Großteil der französischen Kolonien ein.
Napoleon plante eine Invasion in England selbst und zog dazu bei Boulogne-sur-Mer eine Armee von 150.000 Mann zusammen. Auch wurden zahlreiche Transportschiff gebaut, aber ohne einen starken Flottenschutz war an eine Invasion nicht zu denken. Nachdem Spanien auf Seiten Frankreichs in den Krieg eingetreten war, besserte sich das Kräfteverhältnis zur See. In der Schlacht bei Kap Finisterre wurde die französisch-spanische Flotte besiegt und eine Invasion unterblieb.
Napoleon hatte sich inzwischen am 2. November 1804 selbst zum Kaiser gekrönt. Die Ligurische Republik wurde Frankreich angegliedert. Die Batavische und die Helvetische Republik wurden zu abhängigen Schutzstaaten erklärt. Die Herzogtümer Parma und Piacenza verloren die Unabhängigkeit. Das Königreich Neapel wurde besetzt.
Aber auch auf dem Kontinent verschlechterte sich die diplomatische Konstellation zu Ungunsten Frankreichs. Vor allem wegen Napoleons Ambitionen im Nahen Osten hatte sich Alexander I. von Russland den Briten angenähert. Am 11. April 1805 kam es in St. Petersburg zu einem Bündnis, dessen erklärtes Ziel es war, Frankreich auf die Grenzen von 1792 zu beschränken. Dem Bündnis schlossen sich Österreich, Schweden und Neapel an. Preußen blieb weiterhin neutral.
Auf der anderen Seite baute Napoleon ein Bündnis aus verschiedenen süddeutschen Mitgliedern des Heiligen Römischen Reiches auf. Seine Verbündeten wurden Württemberg, Bayern, Baden und Hanau. Napoleon schloss mit diesen die Verträge von Bogenhausen, Baden-Baden und Ludwigsburg.
Handelnde Staaten waren England und Frankreich. Aktivitäten kontinentaler Großmächte zur Bedrohung Frankreichs sind nicht erkennbar, dafür eine Bedrohung der Interessen Österreichs und Rußlands.
Daher noch einmal meine Frage: Warum nahm Napoleon im Krieg gegen England einen Vertrauensverlust auf dem Kontinent in Kauf, der dann zur Bildung der 3. Koalition führte?
Grüße
excideuil
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Goethe am 13.12.1813 an den Historiker Luden:
Glauben Sie ja nicht, dass ich gleichgültig wäre gegen die großen Ideen Freiheit, Volk, Vaterland. Nein, diese Ideen sind in uns; sie sind ein Teil unseres Wesens, und niemand vermag sie von sich zu werfen. Auch liegt mir Deutschland warm am Herzen >>>>>>>>>>>>>>Setzen wir nun den ersten Fall: Napoleon besiegt seine Feinde. Unmöglich, sagen Sie? So sicher sind wir nicht. Indes halte ich es selbst nicht für wahrscheinlich. Wir wollen also den Fall fallenlassen und ihn für unmöglich erklären. Es bliebe mithin nur übrig, dass Napoleon besiegt würde, gänzlich besiegt. Nun? Was soll nun werden? Sie sprechen von dem Erwachen, von der Erhebung des deutschen Volkes und meinen, dieses Volk werde sich nicht wieder entreißen lassen, was es errungen und mit Gut und Blut teuer erkauft hat, nämlich die Freiheit. Ist denn wirklich das Volk erwacht? Weiß es was es will und was es vermag? >>>>>>>>>>>>>> Der Schlaf ist zu tief gewesen, >>>>>>>>>>>>>> Und ist denn jede Bewegung eine Erhebung? Erhebt sich, wer gewaltsam aufgestöbert wird? Wir sprechen nicht von den Tausenden gebildeter Jünglinge und Männer, wir sprechen von der Menge, von den Millionen. Und was ist denn errungen oder gewonnen worden? Sie sagen, die Freiheit; vielleicht aber würden Sie es richtiger Befreiung nennen, nämlich Befreiung , nicht vom Joch der Fremden, sondern von einem fremden Joch. Es ist wahr: Franzosen sehe ich nicht mehr und nicht mehr Italiener, dafür aber sehe ich Kosaken, Baschkiren, Kroaten >>>>>>>>>>>>>> [Anmerkung Mephisto: Hervorhebungen sind von mir]
Der Preis der Einquartierung in den Schenken ist für 1 Russen 1 fl. 12kr., für 1 Österreicher 52kr (für einen Franzosen war es 48 kr), für 1 Bayer 36kr, für 1 bayrischen Rekruten 24 kr – welcher Gradationsstempel! Der Russe ist aber dreimal teurer als ein bayrischer Rekrut um drei Qualitäten willen: 1. Des Stehlens, 2. Der Läuse, 3. Des entsetzlichen Branntweinsaufens >>> [Anm. Mephisto: Beklaut worden ist der Gute jedoch von einem Österreicher…]>>>>>>>>>>> Die Einquartierung war eine der am härtesten gefühlten Lasten; denn keine Auflage war so stark als sie; was das sonstige des Benehmens betrifft, so versicherte mir neulich eine honette Bürgersfrau, daß sie zwei Russen gehabt, aber lieber sechs Franzosen wollte als ein solches Schwein, und hinwiederum lieber drei Russen als von denen 44 Freiwilligen, die die Stadt neulich gestellt. >>>>>>>>>>>>>>
Sind denn die angefallenen Schulden in Städten wie Erfurt tatsächlich nur der französischen Besatzung geschuldet – oder hat man gar die Besatzung durch Alliierte gleich mitgezählt??? Ist es unerheblich ob beispielsweise Sachsen befreit werden wollte oder nicht? Sind die dabei angefallenen Kosten ebenfalls Frankreich in Rechnung zu stellen gewesen?Zuletzt geändert von Mephisto; 18.03.2012, 10:50.
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@Mephisto
Heute nur kurz (weil das Wetter so schön ist und ein unbewegtes Pferd Tierquälerei wäre) aber um so herzlicheren Dank Für Deine letzten interessanten Beiträge und substanziellen Informationen zu Hamburg und auch Erfurt. Daumen hoch!
Der Vergleich der Betrachtungen der Belagerungen von Kolberg und Hamburg in der preußisch-deutschen Geschichtsschreibung ist grandios auf dem Punkt! Neben den auffälligen Berichterstattungen über das Grauen der Napoleonischen Epoche in den "neupreußischen Ortschroniken", die z.T. weit nach 1830 nachgetragen wurden, rundet sich hier ein bitteres Bild, wie man in Deutschland mit der eigenen Geschichte umgeht.
Noch bitterer, dass man sich heute noch wie Besessen daran klammert!
Sogar die Erfurter Pflastersteuer, die nur für Besitzer auswärtiger Pferde zu zahlen war und der Instandhaltung der Erfurter Straßen gewidmet war, wird zur Kriegseinnahme des pösen Napolium polemisiert.
Ich hatte zudem gelesen, dass Frankreich seine Kriegsreparationen an die Siegernationen in fünf Jahren abzuzahlen hatte. Das war wohl die Bedingung. Da die Summe jedoch bereits in drei Jahren erbracht war, wurde bereits auf dem Aachener Kongress 1818 der Truppenabzug aus Frankreich beschlossen.
Dies bestärkt das Fazit, dass die Kriegslasten (zeitnah berechnet) wohl doch nicht so hoch waren, wie später nachgekartet wurde.
Stellt sich mir die Frage, warum erweiterte Napoleon die natürlichen Grenzen, den französischen Machtbereich?
Denn nur mit England lag Napoleon im Krieg! Warum nahm er in Kauf, dass England aus der Isolation von 1801/02 herauskam und 1805 Verbündete auf dem Kontinent finden konnte?
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@Mephisto
Was schreibt denn Goethe, der ja 1808 in Erfurt weilte, über die zitronenartige Auspressung der Erfurter und deren nahezu spanischem Unabhängigkeitswillen ?
Und wann eigentlich wurden die Sachsen geopolitische Preußen ? Schließlich wandte sich ja Friedrich Wilhelm III. "an mein Volk"?
Schon komisch!
Goethe äusserte sich selten oder gar nicht zur Tagespolitik.
Die Biographen malen allerdings ein trauriges Bild.
Erfurt war seit 1802 preußisch (als Entschädigung für die linksrheinischen Gebiete) und wurde nach der Schlacht bei Jena der „Domaine reservee a l’Empereur“ zugeschlagen. Die Steuern flossen von da an direkt nach Frankreich ab (angebl. 410k zwischen 1809 und 1813). 1814 nahm Preußen die Stadt wieder in Besitz.
Da 1808 Erfurt zum persönlichen Besitz des Kaisers gehörte und Weimar durch verwandtschaftliche Beziehungen mit dem Zaren verbandelt war, war der Erfurter Fürstenkongress eine Art nachbarschaftlicher Besuch.
Der Zar besuchte sozusagen N zu Hause und dieser machte einen Gegenbesuch in Weimar (inkl. Inspektion des Schlachtfeldes von Jena mit anschließender Hasenjagd bei Apolda), den übrigens Goethe auszurichten hatte.
In Erfurt nutzten die hiesigen Bürger die Gunst der Stunde um Petitionen vorzubringen, die die Kontributionen, unbezahlte Zinsen und Pensionen betrafen. Leider löste der Kaiser seine Versprechen der Besserung nicht ein. Der Unmut der Bürger veranlasste daraufhin die Einrichtung einer Geheimpolizei mit Spitzelapparat…L
Die Gesamtverschuldung der Bürger soll sich in der napoleonischen Zeit von 4,15 Mio Reichstaler auf 7,36 Mio fast verdoppelt haben. Angebl. 11 Mio. Übernachtungen samt Verpflegung soll die Stadt zu bezahlen gehabt haben...
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang sicherlich der Umstand, dass der Krieg hier durch staatliche/städtische Gelder sowie die Einführung der Gewerbefreiheit eine Art Konjunkturprogramm für Handwerker und Hausbesitzer begründete. Man kann es als eine Art Umverteilung von oben nach unten sehen.
Die Abzahlung bis ins Jahr 1878 wird mehrfach erwähnt. Leider wird regelmässig vergessen zu ermitteln, ob diese Abbezahlung auch die Altschulden betrifft und ob die Verschuldung bis zu einem gewissen Grade nicht auch ohne Kontributionen eingetreten wäre.
Hier auch noch einmal die Anmerkung: der Sieger Preußen half wohl wenig die städtischen Schulden abzubauen!?!
Meine böse Zunge behauptet, dass die Rückzahlung erst durch die Kriegskontributionen 1871 ermöglich wurden. Als Entschuldigung für die Höhe der eigenen Kontributionen 1871 mussten fingierte (?) Berechnungen der Schulden aus der napoleonischen Zeit herhalten... Und diese werden noch heute immer wieder gerne zitiert...
Zahlenklauberei - Krieg kostet Geld und das zahlen die Bürger hüben wie drüben.
Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst erstellt hast.
Ergo:
Ich schätze, die Franzosen haben sich nicht sonderlich beliebt gemacht.
Aber reichte das für einen Revolution - nein!
Und sie wären 1802, 1806 und 1814 wohl lieber Weimar als Preussen zugeschlagen worden, wie man liest...Zuletzt geändert von Mephisto; 17.03.2012, 10:08.
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Ich denke doch dass die Hamburger am liebsten Hanseatisch Hamburg geblieben wären - zu Davout - ich hab mich nicht dazu geäußert weil ich zu diesem Thema eigentlich zu wenig weiß - sicherlich aber - wurde auch Davout sehr stark negativ stigmatisiert (er war halt radikal effizient erfolgreich) - aber solche Sachen sind immer äußerst reizvoll zu untersuchen, viktimisierte Personen erweisen sich ja beim genaueren Hinsehen ja eher als "sympatisch" - Bernadotte, Moreau, Dupont, Davout, Grouchy,- um mal ein paar aus dem französischen Lager zu nennen.
Zuletzt geändert von HKDW; 17.03.2012, 07:52.
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Noch eine kleine Anmerkung zu dem von HKDW genannten Werk:
Annahme des Verfassers ist, dass wenn Davout die Hansestadt kampflos Bernadotte übergeben hätte,
dieser die Stadt an die Dänen als Kompensation für Norwegen angeboten hätte.
Das hätte möglicherweise die Dänen zum Friedensschluss bewegt.
Hierzu soll es 1813 bereits Vorschläge aus dem russichen HQ gegeben haben.
Er verweist auf das Werk von Gallois "Geschichte", 1867
Welch' Gedankenspiel!
Müsste die Hansestadt dann im Nachhinein gar dem Schinder zu Dank verpfichtet sein?!
Hatte er Hamburg doch vor der dänischen Übernahme gerettet.
(Vorausgesetzt, daß man als Hamburger damals unbedingt "deutsch" bleiben wollte...)Zuletzt geändert von Mephisto; 16.03.2012, 21:47.
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