Napoleon, ein Aggressor?

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  • Sans-Gêne
    antwortet
    @Mephisto
    Dass Napoleon in der Konsequenz der aggressiven Politik Englands, auch während des Friedens von Amiens, diesen Frieden um jeden Preis zu halten beabsichtigte, hat auch niemand behauptet.
    Was ich mit meinem Beitrag lediglich vom Kopf auf die Füße stellen wollte ist diese Aussage:

    Aber - durch das Zusammenziehen einer Invasionsarmee am Ärmelkanal bedrohte er sehr stark die Sicherheit Englands.
    welche den Anschein erweckt als habe es erst das Camp de Boulogne gegeben und dann erst habe England mit unfriedlichen Mitteln gegen Frankreich reagiert und sich Verbündete gesucht. Dies ist jedoch nicht richtig.

    Ich bin bisher davon ausgegangen, dass es hier darum ging zu erforschen, ob Napoleon ein Aggressor war. Daher halte ich es für hilfreich zu schauen, was zur Kriegserklärung führte und durch wen diese erfolgte. Ob Napoleon danach Hannover besetzte oder England Malta nicht mehr heraus gab, dürfte daher wohl nicht mehr relevant sein, oder?

    Tatsächlich soll es sich "nur" um zwei Schiffe gehandelt haben, die vor der Kriegserklärung
    an der Bretonischen Küste aufgebracht worden sind.
    Kann sein. Aber selbst über die Zahl der Soldaten im Camp de Boulogne gibt es unterschiedlich Angaben. Der von mir zitierte Wiki - Link spricht von 60 000 Soldaten in zwei Lagern, weil er sich wohl auf Boulogne selbst beschränkt. Andere sprechen von 150 000 oder 200 000 Soldaten in sechs Lagern, in Bezug auf des Camp de Boulogne. Was jedoch sicher auf die Zahl der Soldaten an der gesamten französischen Kanalküste bis 1805 zutrifft. Und warum soll ich schreiben was nicht bei Wiki zu lesen ist, wenn ich diese Seite schon mal aus anderem Grund (nämlich der chronologischen Korrektur) auf die Schnelle zitiere?

    Und auch diese Schilderung ist mindestens ungenau:

    Statt eines Aufblühen des englischen Handels – erschwerte Bonaparte die englischen Einfuhren in Frankreich, Holland und Italien.
    Denn:

    Der Frieden von Amiens mit England hatte allerdings einen Zustand geschaffen, der es gestattete, die Waffen für eine Frist beiseite zu legen, aber er hatte keine dauernde Ruhe verbürgt.
    Wir kennen die Stimmen, die sich gegen ihn im britischen Parlament erhoben und nachdrücklich betonten, dass man Napoleon Italien und damit die Herrschaft über den Kontinent eingeräumt habe
    Während das englische Volk erschöpft von dem langen und kostspieligen Krieg, den Präliminarfrieden von 1801 mit Jubel begrüßt hatte, begegneten die geschäftlichen Kreise dem definitiven Abschluss im März 1802 bereits mit weit weniger Enthusiasmus.
    Aus guten Gründen. Denn die Hoffnung der Engländer die Kampfesruhe für ihren Handel ausnützen zu können, erwies sich schon nach wenigen Monaten als Täuschung.
    Napoleon war zwar anfangs auf die gewünschten Verhandlungen eingegangen, sie scheiterten aber gleich an seiner ersten Forderung: der Ausfuhr französischer Waren nach England im gleichen Wert, des britischen Imports nach Frankreich(1).
    (1)
    S. Driault, La politique extérieur du Premier Consul, 1800-1803, p 302 über die Sendung Coqueberts nach London mit dem Auftrag, dort zu erklären :
    Die französische Regierung würde den Import aller englischen Waren in Frankreich zulassen, doch nur unter der Bedingung, der sofortigen Ausfuhr französischer Waren des gleichen Wertes“.
    Die Mission Coqueberts würde eine eingehendere Schilderung verdienen, da die Weigerung des englischen Ministers Hawksbury und dessen Verlangen nach einer wenigstens zeitweiligen Rückkehr zum Handelsvertrag von 1786 , der Frankreich ungünstig gewesen war, die Schwierigkeiten einleiteten die dann zum Bruche führten. *
    Also ging es der französischen Seite darum, einen für Frankreich nachteiligen Handelsvertrag mit England zu verhindern, der den Vorschlägen der Engländer zugrunde lag.
    Wie man auch außerhalb von Wiki und Edouard Desbrière nachlesen kann, lag die Schuld für den nicht zustande gekommenen Handelsvertrag mit England durchaus nicht nur auf Seiten Frankreichs.
    Denn:

    Schon nach dem Abschluss der Präliminarien hatte ein erfahrener Staatsmann, Eduard Cook, ein Sendschreiben an Castlereagh veröffentlicht, in dem es hieß:
    „Wir gestatten dem durch Belgien vergrößerten Frankreich, ein handelspolitisches System mit Holland, Spanien, der Schweiz und Italien zu begründen, wir geben ihn seinen Verkehr mit den Antillen zurück und damit verschwinden siebzig Millionen Pfund.
    Wir hatten mit allen diesen Ländern Handelsverträge; wir haben nur noch einen mit Neapel. Den Kommerz der uns entgeht, wird Frankreich monopolisieren; es wird unsere Industrie ruinieren.
    Der Krieg dagegen würde unser Handelsmonopol, unsere Oberhoheit in den Kolonien und unsere Produktion weite Absatzgebiete erhalten.
    Zitiert bei Sorel, VI, 168. In einem Brief aus dem Jahre 1806 heißt es über die Kriegsursache: „Der Kaiser glaubt nicht, dass irgend ein Artikel des Vertrages von Amiens den neuen Krieg verursacht hat. Er ist vielmehr überzeugt, dass die wahre Ursache in seiner Weigerung lag, einen der Industrie seines Landes nachteiligen Handelsvertrag zu schließen.
    Zitiert v. Heymann, Napoleon und die großen Mächte, 1806. (1910) S 32. *
    @HKDW gebe ich jedoch ohne Abstriche darin recht, wenn er sagt:

    Wurde Napoleon in einen Krieg gegen Österreich getrieben - bzw. - mußte er reagieren - ja. .........

    Ich seh weder bei Napoleon - noch bei England - einen ernsten Versuch die kommende Konfrontation diplomatisch unkriegerisch zu lösen.
    Napoleon war sich schließlich klar darüber, dass beide Seiten wussten wohin die Reise geht, wenn man hinsichtlich der Handelsverträge nicht zu einer Einigung kam.
    Die Kriegserklärung kam jedoch 1803 aus England. Und der Angriff auf das verbündete Kurfürstentum Bayern, bekanntermaßen durch das mit England verbündete Österreich. Insofern ist Frankreich keineswegs hinsichtlich des dritten Koalitionskrieges eine Aggressor.

    Napoleon liess im Gegenzug zur Aufbringung der beiden Schiffe alle Engländer zwischen 18 und 60 Jahre im eigenen Lande als Kriegsgefangene festsetzen. Ein bis dahin beispielloses Vorgehen.
    Napoleon ließ 2000 Engländer die sich in Paris aufhielten, in Verdun unterbringen. Liest man deren Berichte über den Aufenthalt dort, möchte man das Bundesjustizministerium wegen der Einführung der elektronischen Fußfessel bei der UN wegen Menscherechtsverletzungen anklagen.
    Bei einem Besuch Napoleons in Verdun huldigten sie dem Kaiser und er war "ohne Bedeckung unter uns". Zudem begab er sich bei der Flussüberfahrt über die Meuse, in die "Gewalt" von 50 englischen "internierten" Seeleuten.
    Der Wein der Gegend soll nach deren Aussagen schon zu dieser Zeit sehr gut gewesen sein.

    (* "NAPOLEON I." eine Biographie von August Fournier, 4 Auflage 1922, Hölder-Pichler-Tempsky A.G. Wien / G. Freytag GmbH / Leipzig)
    Zuletzt geändert von Sans-Gêne; 13.03.2012, 12:31.

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  • Lavalette
    antwortet
    Der englisch-französische Gegensatz ist doch in diesen Jahren das entscheidenden Moment. Nicht nur militärisch, sondern vor allem wirtschaftlich. Seit der Französischen Revolution war dem englischen Bürgertum im französischen Bürgertum ein gleichartiger, wenn auch nicht ebenbürtiger Gegner erwachsen. Soweit kann man es in mehreren Büchern lesen (Tulard, Furet&Richet, Madeline etc.). Die französische Industrie konnte zwar nicht die englische während der der Kontinentalsperre in Europa ersetzen (weshalb die die franz. "Verbündeten" ziemlich unzufrieden waren - Rußland 1812 beispielsweise), aber das französische Bürgertum berherrschte die Pariser Politik und suchte sich eben einen Repräsentanten an der Spitze des Staates - Napoleon. Insofern konnte er auch m.E. nicht viel anders handeln, denn dieser Klasse fühlte er sich verpflichtet. 1810 mit der zweiten Heirat und dem Wandel am Hof und in der Politik entfremdete er sich dem Bürgertum und seinen Zielen. Selbst 1815 versuchte er diese Leute für sich zu gewinnen. Wenn der wirtschaftliche Gegensatz zwischen England und Frankreich nicht so gravierend gewesen wäre, hätte Napoleon eine friedlichere Politik betreiben können. Doch wäre er dann Kaiser geworden?

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  • Mephisto
    antwortet
    Richtig ist vielmehr, dass am 16. Mai 1803 trotz des Friedens von Amiens und ohne vorherige Kriegserklärung, durch die britische Regierung 100 französische Schiffe und Boote beschlagnahmt wurden. Die englische Kriegserklärung folgte erst zwei Tage später. Nämlich am 18. Mai 1803.
    Hallo Sans-Gene,
    Tatsächlich soll es sich "nur" um zwei Schiffe gehandelt haben, die vor der Kriegserklärung
    an der Bretonischen Küste aufgebracht worden sind.
    Ropes bestreitet den 16.Mai und gibt den 18. statt dessen als den Tag der Aufbringung an.
    Wenn man den 18ten zugrunde legt, dann geschah das 3 Tage nach dem Embargo auf alle Englischen Schiffe in franz. Häfen
    und 7 Tage nach dem Emgargo auf alle Englischen Schiffe in den toskannischen Häfen (Corresp. Vol. VIII No. 6743).

    Napoleon liess im Gegenzug zur Aufbringung der beiden Schiffe alle Engländer zwischen 18 und 60 Jahre im eigenen Lande als Kriegsgefangene festsetzen. Ein bis dahin beispielloses Vorgehen.

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  • HKDW
    antwortet
    Der Friede von Amiens hatte viele Streifragen zwischen Frankreich und England offen gelassen.

    Statt eines Aufblühen des englischen Handels – erschwerte Bonaparte die englischen Einfuhren in Frankreich, Holland und Italien.
    England dagegen weigerte sich Malta zu räumen.
    Dafür annektierte Bonaparte das Piemont und Elba.

    Am 8. März 1803 verlangte das englische Parlament Mittel zur Verteidigung gegen die drohende Landung wegen angeblicher Rüstungen Frankreichs in französischen und holländischen Häfen.
    Als ein englisches Ultimatum nicht angenommen wurde, verließ der englische Gesandt am 12. Mai Paris.

    Bonaparte begann sofort mit großen Vorbereitungen zur Landung in England – die anfangs im Herbst 1803 geplant war. Eine Armee von 150 000 Mann wurde in sechs Lagern konzentriert.
    Holland musste seine Flotte in Frankreichs Diensten stellen – auch Spanien und Portugal wurden gezwungen Bonaparte Heerfolge zu leisten.

    Auch beantwortete Bonaparte die Kriegserklärung Englands mit dem Ende Mai erfolgten Einmarsch in Hannover, das besetzt wurde.

    Als England sich an den Kaiser wandte – damit er als Oberhaupt des deutschen Reiches intervenierte – lehnte dieser ab.
    Wien sah auch Hannover lieber in französischen Händen als in preußischen.

    Überdies rückten französische Truppen in Neapel ein und besetzten alle Häfen.

    Ich seh weder bei Napoleon - noch bei England - einen ernsten Versuch die kommende Konfrontation diplomatisch unkriegerisch zu lösen.

    Was besseres als Wikipedia muss es ja geben - über die Lager an der Kanalküste - und deren Absichten wie

    1793 - 1805
    Projects et Tentatives
    De
    Debarquement aux Iles Britaniques
    von Eduard Desbriere, Paris 1900 - 1902, Band 1 - Band IVb

    Besonders von Interesse der Band 3 - wo Desbriere sehr schön das Hochschaukeln darlegt, wobei die Engländer wahrlich keine Kinder des Friedens sind - der erste Konsul läßt sich aber auch nicht lumpen.
    Aber das ist meine Interpretation, es wäre schön wenn noch ein paar andere Interessanten diesen Band lesen würde und ihr Sicht der Dinge mitteilen würden

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  • Sans-Gêne
    antwortet
    Aber - durch das Zusammenziehen einer Invasionsarmee am Ärmelkanal bedrohte er sehr stark die Sicherheit Englands.
    Richtig ist vielmehr, dass am 16. Mai 1803 trotz des Friedens von Amiens und ohne vorherige Kriegserklärung, durch die britische Regierung 100 französische Schiffe und Boote beschlagnahmt wurden. Die englische Kriegserklärung folgte erst zwei Tage später. Nämlich am 18. Mai 1803.
    Erst jetzt richtet Napoleon I. das Camp de Boulogne als Militärlager ein, welches vorher seit der Zeit Louis IV. bereits ein befestigter Hafen und seit der Revolutionszeit, mit zusätzlichen Küstenbatterien versehen war, mit dem Ziel der Invasion in England.
    Hier lehnt er sich übrigens historisch im Gedanken an das 1. Camp de Boulogne an, welches von den Römern bereits zur Invasion von England an dieser Stelle angelegt war und er unterstreicht damit den imperialen Nimbus seiner Absicht.
    Erst im Laufe der Zeit bis 1805 gelingt es die Französische Armee hier auf 60 000 Mann zu konzentrieren und es entstehen zwei Lager.
    In dieser Chronologie war also die richtige Abfolge der Ereignisse!



    Napoleon hatte also aufgrund des englischen Übergriffes vom 16. Mai 1803 und der später folgenden englischen Kriegserklärung die Pflicht als Staatsoberhaupt, sich vor den englischen Schiffen an dieser Stelle zu schützen, ein Eindringen der Engländer in französische Häfen oder deren Beschießung (vor allem der Werften) zu verhindern und eine oparative Initiative vorzubereiten. Die Franzosen erwarteten dies sogar von ihm.



    Seit wann die Engländer jedoch ihre österreichischen Bundesgenossen aus dem ersten Koalitionskrieg wieder aufrüsteten, wäre noch zu erörtern.

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  • HKDW
    antwortet
    1805 plante Napoleon ernsthaft die Invasion Englands auszuführen, die Vorberreitungen dazu liefen lange, der Angriff - so nenne ich das mal, war geplant.
    Er braucht ja wohl kaum Angst haben von England aus überfallen zu werden.
    Auf keinen Fall wollte er einen Krieg mit Österreich oder gar Österreich und Rußland.
    Nachdem die Österreicher in Bayern einmarschiert waren, blieb Napoleon nichts mehr anderes übrig als gegen die Österreicher ins Feld zu ziehen.
    Wurde Napoleon in einen Krieg gegen Österreich getrieben - bzw. - mußte er reagieren - ja.
    Aber - durch das Zusammenziehen einer Invasionsarmee am Ärmelkanal bedrohte er sehr stark die Sicherheit Englands.
    Dass diese nun Bündnispartner gesucht haben - um sich vor so einer Invasion zu schützen - ist doch sicherlich auch legitim - oder sollten sie darauf warten bis französische Soldaten in Dover ans Land gingen und dann erst zu reagieren?

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  • Chasseur
    antwortet
    Dennoch, die Frage ist Ernst gemeint, weil es hilfreich ist, wenn man bei einer Diskussion die Wertevorstellung und die Bewertungsmaßstäbe eines Teilnehmers kennt.
    Nichts gegen eure Beurteilung, aber ich warte immer noch auf die Antwort von KDF10, an den sie gerichtet war.

    Chasseur

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  • Voltigeur
    antwortet
    Ist doch eigendlich logisch, kein Mensch würde das als Angriff bezeichnen.

    Jetzt wird die Disskusion etwas dumm.

    Grüsse vom Voltigeur

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  • Sans-Gêne
    antwortet
    Das ist deiner Meinung nach ein Angriffskrieg?
    Manche haben eben auch auf Seite 15 den Unterschied zwischen einem Offensivkrieg und einer taktischen Offensive noch nicht begriffen.

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  • Chasseur
    antwortet
    Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
    Ja, ein Verteidigungskrieg hätte an der französischen Grenze begonnen. Die Diskussion gab es hier übrigens schon mal.
    Nun habe ich eine Verständnisfrage: Ein Verbündeter wird Überfallen, man erfüllt seine Bündnispflicht, hilft bei der Verteidigung gegen diesen Angriff.
    Das ist deiner Meinung nach ein Angriffskrieg?

    Chasseur
    Zuletzt geändert von Chasseur; 10.03.2012, 18:57.

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  • KDF10
    antwortet
    Zitat von muheijo Beitrag anzeigen
    ???

    Ich dachte, wir wæren schon einen Schritt weiter:

    1805 --> England ist mit Frankreich im Krieg und sucht Verbuendete, die es auch bekommt:

    "Am 11. April 1805 kam es in St. Petersburg zu einem Bündnis, dessen erklärtes Ziel es war, Frankreich auf die Grenzen von 1792 zu beschränken. Dem Bündnis schlossen sich Österreich, Schweden und Neapel an."

    "Der Krieg begann mit einem Angriff Österreichs auf Bayern am 8. September. Die Kriegserklärung an Frankreich folgte am 23. September."

    (beides zitiert aus Wiki, aber dennoch richtig )

    Das ist ein Angriffskrieg Napoleons?

    Gruss, muheijo
    Ja, ein Verteidigungskrieg hätte an der französischen Grenze begonnen. Die Diskussion gab es hier übrigens schon mal.

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  • Sans-Gêne
    antwortet
    Ich hoffe, aus Deinen Zeilen keine grundlegende Verkennung Friedrichs und seiner Fähigkeiten heraus gelesen zu haben.
    Deine herablassenden Bemerkungen sind der Argumentation geschuldet, oder?!?
    Deine Hoffnung trügt Dich nicht. Auch wenn ich für Friedrich II. wenig Sympathien habe (im Gegensatz zu seinem Vater), hab ich kein Problem damit, dessen staatsgestalterischen Fähigkeiten zu loben.
    (Die standen aber nicht im Fokus meiner Kritik und zur Debatte.............weil es daran wenig zu kritisieren gibt)
    Im Hinblick jedoch auf seinen Umgang mit den unmittelbaren Nachbarn, (Sachsen und Polen......."Sachsen ist wie ein Mehlsack, so oft man drauf schlägt, kommt etwas heraus; Zitat: Friedrich II.) vor allem aber seine kleinliche wie unerbittliche Rache und Verleumdung am unbestechlichen Heinrich von Brühl, entziehen ihm meine Sympathien. Hier kommt nämlich meiner Meinung nach das durch, was ich bereits ansprach: seine Gegner nach einer Niederlage noch in den Staub zu treten.
    Und hier sehe ich den grundlegenden Unterschied zu Napoleon I.

    Dies ist aber nur ein Grund, warum ich ihn als Staatsmann nicht mit Napoleon vergleichen würde. Die Herausforderungen waren für Friedrich II., der zwar Voltaire bewunderte, aber zu wesentlichen humanistischen Reformen des Staates nicht bereit war andere als für Napoleon, der in die Politik einstieg, als der Umbruch einer ganzen Gesellschaft bereits in verschiedene widerstreitende Strömungen eine Eigendynamik angenommen hatte. Verbunden mit allen Segnungen und Exzessen die man sich denken kann.
    Deshalb verglich ich Fritze Zwo auch nicht mit Napi, sondern den Feldherrn (weil er ja immer als erster genannt wird, wenn das Stichwort Friedrich II. fällt) mit dem Feldherrn Moritz von Sachsen, ausschließlich in Bezug auf die Rezeption deren beider Feldherrenleistung in der deutschen Militär - Geschichte.
    Und dieser Vergleich ist für mich keineswegs ehrenrührig oder falsch gezogen. Friedrich II. hätte sich wahrscheinlich allein durch den Vergleich geehrt gefühlt (wenn auch nicht durch das Fazit.......oder doch?) Verstand sich doch Friedrich II. nach eigenem Verständnis als "ersten Diener des Staates". Und dies war Moritz von Sachsen auch als Feldherr. Und Letzterer war nur deshalb nicht mehr als "Diener des Staates", weil eine Stelle als Thronfolger für ihn nicht vorgesehen war. Jedoch ohne mit seinem Schicksal lange zu hadern, stellte er sich treu in den Dienst der Verbündeten Sachsens. Das hat weniger mit Söldnertum zu tun, als mit Disziplin und Treue meine ich, denn ein Söldner stellt sich in den Dienst dessen, der am meisten zahlt und gewöhnlich ist es ihm dabei egal, ob er die Fronten mehrfach wechselt.
    Und ich meine aus der Bemerkung Friedrichs nach der Schlacht bei Freiberg herauszulesen, dass er seine Leistungen als Feldherr kritischer und ehrlicher einschätzte, als dies mancher Bewunderer heute tut.

    Der König lobte seinen Bruder für die Siegesnachricht: „Die guten Botschaften haben mich um zwanzig Jahre verjüngt; gestern war ich sechzig, heute bin ich achtzehn Jahre alt. Sie leisten dem Staate so schwerwiegende Dienste, dass ich nicht genug danken kann und mir vorbehalte, dies persönlich zu tun.“ Zudem stellt er fest: „Durch diesen Sieg werden Sie den Ruhm für sich in Anspruch nehmen können, der österreichischen Hartnäckigkeit den letzten Stoß versetzt zu haben.“
    Sie gehören meiner Meinung nach einfach nicht in einen Topf mit Friedrich oder N..
    Ich bemühe mich eigentlich immer das zu vergleichen, was vergleichbar ist. Weshalb ich nicht den Staatsmann Friedrich mit dem Feldherrn Moritz verglich. Schade wenn es nicht gelungen wäre, dies deutlich zu machen.

    Wer weiß / denkt im Zusammenhang mit dem Feldzug von 1815 an die Meuterei sächsischer Soldaten, den Steinwürfen gegen Blücher, der öffentlichen Verbrennung der sächsischen Fahne, der Erschiessung von 11 (?) Meuterern, dem Rücktritt des sächsischen Kommandeurs?
    Auch daran dachte ich. Aber man muss ja nicht immer die volle Breitseite bringen, wenn ein gezielter Schuss reicht. Aber jetzt ist der Kartuschkasten der Argumente, gegen das unmögliche Begriffskonglomerat "Befreiungskriege" (fast) leer.
    Zuletzt geändert von Sans-Gêne; 10.03.2012, 11:00.

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  • Marie
    antwortet
    Zitat von Mephisto Beitrag anzeigen
    Der Grund für die Umwidmung ist wohl eher pekuniärer Natur – wie prosaisch...
    Danke! So kann man sich täuschen. Vl. war das der Grund, dass ich davon vorher noch nie gehört hatte...
    Ich kann meiner Vorrednerin nur zustimmen: Ich habe hier viel gelernt und immer ein offenes Ohr für meine Fragen gefunden. Mein Napoleonbild hat sich gewandelt und ist jetzt greifbarer - gerade auch durch die Negativzeichnungen. Das macht ihn für mich nur menschlicher.
    Und inzwischen habe ich auch verstanden, dass eine hitzige Diskussion nicht unbedingt einen persönlichen Angriff bedeutet und durchaus zielführend sein kann. :-)
    Zuletzt geändert von Marie; 10.03.2012, 05:34.

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  • KSkreativ
    antwortet
    Ich kann nur dazu sagen, dass ich in diesem Forum gerade auch durch diese Diskussionen mehr gelernt habe über die napoleonische Zeit, wie durch das Studium diverser Geschichtsbücher. Natürlich gibt es in solchen Verbalschlachten auch mal den einen oder anderen Ausrutscher, aber hey, das ist menschlich, oder?
    Napoleon und seine Zeit sind, finde ich, viel zu interessant als dass man das ausschließlich nur wissenschaftlich betrachten kann. Ist mit den zahlreichen Biografien ja auch nicht anders, auch diese spiegeln irgendwo auch immer die Meinung des Schreibers, seine Sichtweise auf Napoleon wider.
    Was das eigentliche Thema angeht, war Napoleon ein Agressor, kann ich nur so viel dazu sagen: Welcher Herrscher der damaligen Zeit war das eigentlich nicht?

    LG, Karin

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  • Mephisto
    antwortet
    Zitat von Bataaf Beitrag anzeigen
    Nur scheint mir das auf beiden Seiten sich kleine Diktatoren aufhalten, die die Meinung der Oppositionellen für unzulässig halten. Davon halte ich nicht viel. Die letzte Zeit beschäftige ich mich mit die Parteigänger der Französische Revolution auf Napoleonwiki, und da sieht man wohin zufiel Intoleranz geleitet hat. Dafür soll man sich hüten. Zwei Meinungen wird es immer geben. Besser wäre es etwas Besseres aufzubieten, statt immer das Schlechtere zu betonen.
    Hallo Bataaf,

    Auf der Suche nach der rein wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema bist Du hier falsch, so denke ich.
    Hier soll diskutiert werden. So habe ich das Forum verstanden.
    Wenn ich alles relativiere, dann verliert die Diskussion an Kontur und Gehalt.
    Dementsprechen erwarte ich auf Extreme zu treffen und mich ihnen (bisweilen genauso extrem) zu stellen.
    Ich erinnere an unserern "Mutter-Russland-Erwache!-Besucher.
    Da ist nichts Falsches dabei. Ein ordentlicher Streit reinigt die Luft, sagt man.
    Die "Weichspülerei" unserer Politiker müssen wir hier im Forum nicht kopieren, oder!?!
    Zuletzt geändert von Mephisto; 10.03.2012, 00:58.

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